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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Nowakowski, Dr. Pelant und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde der Bundesministerin für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. Oktober 2003, Zl. 234.472/5-I/01/03, betreffend § 32 Abs. 2 i.V.m. § 5 Asylgesetz 1997 (mitbeteiligte Partei: B K, geboren 1972, derzeitiger Aufenthalt unbekannt), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Der Mitbeteiligte, ein Staatsangehöriger von Mazedonien, reiste im Oktober 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl.
Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 9. Jänner 2003 gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 1997 i.d.F. vor der AsylG-Novelle 2003 (AsylG) zurück, sprach aus, nach dem Dubliner Übereinkommen sei Deutschland für die Prüfung des Antrages zuständig, und wies den Mitbeteiligten nach Deutschland aus.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Bundesasylamtes statt. Sie behob gemäß § 32 Abs. 2 AsylG den erstinstanzlichen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurück.
Dagegen richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde der Bundesministerin für Inneres, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass zwar Deutschland - wie vom Bundesasylamt angenommen - nach dem Dubliner Übereinkommen für die Prüfung des Antrages zuständig, wegen der familiären Beziehung des Mitbeteiligten zu einem in Österreich lebenden Cousin aber im Sinne des Art. 8 EMRK ein Selbsteintritt gemäß Art. 3 Abs. 4 des Dubliner Übereinkommens geboten sei.
Dieser Begründung des angefochtenen Bescheides tritt die Beschwerde - nach Ausführungen über das zusätzliche Erfordernis einer Abwägung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK - vor allem mit dem Argument entgegen, die Feststellungen über die familiäre Nahebeziehung des Mitbeteiligten zu seinem in Österreich lebenden Cousin reichten nicht aus, um diese Nahebeziehung, insoweit sie durch die Ausweisung nach Deutschland beeinträchtigt würde, als Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK werten zu können.
Dem ist - unter Bedachtnahme auf das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - für das hier zu beurteilende Verhältnis zwischen erwachsenen Cousins im Ergebnis schon deshalb beizupflichten, weil der im Zeitpunkt der Einreise nach Österreich dreißigjährige Mitbeteiligte und sein etwas älterer Cousin sich nach den Feststellungen der belangten Behörde seit 1990, als der Cousin des Mitbeteiligten nach Österreich gekommen war, nur mehr bei dessen gelegentlichen Besuchen in Mazedonien und einmal bei einem Besuch des Mitbeteiligten in Österreich gesehen und ab 1997 auch keine solchen Besuche mehr stattgefunden hatten.
Die Aufnahme des Mitbeteiligten durch seinen Cousin nach der Einreise im Oktober 2002 reicht unter diesen Umständen auch in Verbindung mit finanziellen Unterstützungen in den Jahren zuvor und damit, dass der Mitbeteiligte und seine Familie in Mazedonien mit der im Jahr 1997 dorthin zurückgekehrten Frau seines Cousins und deren Kindern in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben sollen, nicht aus, um die Ausweisung nach Deutschland als Eingriff in die Ausübung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK erscheinen zu lassen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Wien, am 8. Juni 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003010600.X00Im RIS seit
17.07.2006