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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FSG 1997 §24 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Estermann & Partner KEG Rechtsanwälte in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 16. Jänner 2006, Zl. UVS-34/10.454/9-2006, betreffend Nachschulung und Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, insoweit mit ihm dem Beschwerdeführer die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker bei einer behördlich hiezu ermächtigten Stelle auf eigene Kosten aufgetragen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Vorstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 17. August 2005 war gegenüber dem Beschwerdeführer Folgendes angeordnet worden:
"Gemäß § 24 Abs. 1 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, i.d.g.F., wird die (dem Beschwerdeführer) ... erteilte Lenkberechtigung für die Klassen A und B ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheines, das ist der 9.7.2005, auf die Dauer von neun Monaten entzogen.
Gemäß § 32 Abs. 1 Ziff. 1 FSG wird (dem Beschwerdeführer) ab Zustellung des Mandatsbescheides das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen verboten.
Gemäß § 24 Abs. 3 leg. cit. wird angeordnet, dass (der Beschwerdeführer) auf eigene Kosten eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker bei einer behördlich hiezu ermächtigten Stelle zu absolvieren und ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen hat.
Die Entzugsdauer der Lenkberechtigung sowie das Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen endet somit frühestens mit Ablauf des 9.4.2006, gemäß § 24 Abs. 3 FSG nicht jedoch vor Befolgung der Anordnungen.
Gemäß § 64 Absatz 2 AVG wird die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen."
Dem lag im Wesentlichen zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 9. Juli 2005 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,55 mg/l) gelenkt hatte. Die erstinstanzliche Behörde führte aus, auf Grund dieser Tatsache und ihrer Wertung ("zweimaliges Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand innerhalb von zwei Jahren, letztmalig mit einem Atemalkoholgehalt von 0,55 mg/l sowie Begehung einer Verwaltungsübertretung am 28.8.2004 gemäß § 14 Abs. 8 FSG") sei zu erwarten, dass der Beschwerdeführer die Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf eines Zeitraumes von neun Monaten ab vorläufiger Abnahme des Führerscheines wieder erlangen würde. Die Nachschulung sei anzuordnen gewesen, weil der Beschwerdeführer offenbar aus der nach der Entziehung der Lenkberechtigung vom 28. Oktober 2003 angeordneten Nachschulung "keine persönlichen Lehren gezogen" habe, wie der Umstand zeige, dass er danach wiederum zweimal wegen Alkohol am Steuer beanstandet worden sei. Zudem bestehe der begründete Verdacht, dass der Beschwerdeführer zu übermäßigem Alkoholkonsum neige und diesen nicht so weit unter Kontrolle habe, um nur im nüchternen Zustand ein Fahrzeug zu lenken.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde gab diese der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht Folge und bestätigte diesen mit der Maßgabe, dass dessen dritter Satz folgendermaßen zu lauten habe:
"Gemäß § 24 Abs 3 erster Satz FSG wird angeordnet, dass (der Beschwerdeführer) ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen hat und, falls die gesundheitliche Eignung attestiert wird, danach eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker bei einer behördlich hiezu ermächtigten Stelle auf eigene Kosten zu absolvieren hat."
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die vom Beschwerdeführer bereits absolvierte Nachschulung offenbar nicht den erwünschten Erfolg erbracht habe, weshalb sie zu wiederholen gewesen sei. Bei einer derartigen Häufung von Alkoholfahrten in kurzen Abständen bestünden auch begründete Bedenken hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung, weshalb auch die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers angebracht gewesen sei. Diesbezüglich sei der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides aber zu modifizieren gewesen, weil dieses Gutachten "sinnvollerweise als vorrangige Maßnahme (analog zu § 24 Abs. 3a FSG) vorzuschreiben" sei. Sollte sich nämlich auf Grund des Gutachtens herausstellen, dass der Beschwerdeführer gesundheitlich nicht geeignet sei, wäre dies dann "Grund für ein weitergehendes Einschreiten der Führerscheinbehörde und würde eine Nachschulung keinen Sinn mehr machen". Hingegen habe die von der erstinstanzlichen Behörde angeordnete "eigenständige Anführung" einer verkehrspsychologischen Stellungnahme entfallen müssen, weil diese gemäß § 24 Abs. 3 dritter Satz FSG "im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens" aufgetragen werden könne, wenn also von ärztlicher Seite die Einholung einer derartigen Stellungnahme für erforderlich erachtet werde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen lediglich in Ansehung der Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und der Absolvierung einer Nachschulung erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Führerscheingesetzes, BGBl. I Nr. 120/1997 idF BGBl. I Nr. 15/2005 (FSG) lauten (auszugsweise) wie folgt:
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
2.
verkehrszuverlässig sind (§ 7),
3.
gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
...
Verkehrszuverlässigkeit
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.
...
(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:
1.
wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,
2.
wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder
3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960.
Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder wurde bei diesen Maßnahmen die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.
(3a) Stellt sich im Laufe des gemäß Abs. 3 zweiter und vierter Satz durchgeführten Entziehungsverfahrens heraus, dass der Betreffende von Alkohol abhängig ist, ist von einer Anordnung oder Absolvierung der noch nicht durchgeführten Untersuchungen oder Maßnahmen abzusehen.
(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen
oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.
...
Dauer der Entziehung
§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. ...
(2) Bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist die Dauer der Entziehung auf Grund des gemäß § 24 Abs. 4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. ...
Sonderfälle der Entziehung
§ 26. (1) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gem. § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, wenn es sich nicht um einen Lenker eines Kraftfahrzeuges der Klasse C oder D handelt und zuvor keine andere der in § 7 Abs. 3 Z 1 und 2 genannten Übertretungen begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. Wenn jedoch
1. auch eine der in § 7 Abs. 3 Z 3 bis 6 genannten Übertretungen vorliegt, oder
2. der Lenker bei Begehung dieser Übertretung einen Verkehrsunfall verschuldet hat,
so hat die Entziehungsdauer mindestens drei Monate zu betragen. § 25 Abs. 3 zweiter Satz ist in allen Fällen sinngemäß anzuwenden.
..."
Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung, BGBl. II Nr. 322/1997 idF BGBl. II Nr. 427/2002 (FSG-GV) von Bedeutung:
"Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen
§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
...
Gesundheit
§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:
...
4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:
a)
Alkoholabhängigkeit oder
b)
andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
...
Alkohol, Sucht- und Arzneimittel
§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, daß sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.
(2) Lenker von Kraftfahrzeugen, bei denen ein Alkoholgehalt des Blutes von 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Atemluft von 0,8 mg/l oder mehr festgestellt wurde, haben ihre psychologische Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische Stellungnahme nachzuweisen.
(3) Personen, die ohne abhängig zu sein, in einem durch Sucht- oder Arzneimittel beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt haben, darf eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden, es sei denn, sie haben ihre Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch eine verkehrspsychologische und eine fachärztliche Stellungnahme nachgewiesen.
...
Verkehrspsychologische Stellungnahme
§ 17. (1) Die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs. 2 FSG ist im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht
1.
auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder
2.
auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung
erwecken. Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde, oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 bestraft wurde.
..."
Gegen die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führt der Beschwerdeführer zunächst ins Treffen, es bestünden keine ausreichenden Bedenken an seiner gesundheitlichen Eignung im Sinne des § 24 Abs. 4 FSG. Dem ist entgegenzuhalten, dass im Beschwerdefall nicht ein Aufforderungsbescheid im Sinne des § 24 Abs. 4 FSG erlassen wurde, der unabhängig von einer gleichzeitig erfolgten Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung dann zulässig ist, wenn Bedenken bestehen, dass die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2005, Zl. 2003/11/0167).
Vielmehr hat die belangte Behörde im Grunde des § 24 Abs. 3 erster Satz FSG die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens angeordnet. Nach dieser Bestimmung kann die Behörde "bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung" begleitende Maßnahmen (wie eine Nachschulung) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Nach dem zweiten Satz des § 24 Abs. 3 FSG hat die Behörde (verpflichtend) u.a. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960 eine Nachschulung anzuordnen.
Ausgehend davon, dass im Hinblick auf den bei ihm festgestellten Alkoholisierungsgrad von 0,55 mg/l (Übertretung des § 99 Abs. 1b StVO 1960) die Anordnung einer begleitenden Maßnahme nicht zwingend gewesen sei, vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die Voraussetzungen für die Anordnung der Absolvierung einer Nachschulung wie auch der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens hätten im Beschwerdefall nicht bestanden.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ist die Anordnung der begleitenden Maßnahme und der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens nicht rechtswidrig. Der Beschwerdeführer selbst räumt ein, vor dem Vorfall vom 9. Juli 2005, der zum gegenständlichen Entziehungsverfahren geführt hat, bereits im Oktober 2003 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,62 mg/l) gelenkt zu haben, was zur Entziehung der Lenkberechtigung für drei Monate und zur Anordnung einer Nachschulung geführt hatte, und am 28. August 2004 mit einem Atemluftalkoholgehalt von 0,25 mg/l ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, was zur Verhängung einer Geldstrafe geführt hatte. Die belangte Behörde hat zutreffend die in der Vergangenheit begangenen einschlägigen Straftaten erwähnt und hervorgehoben, dass die im Zusammenhang mit der Entziehung der Lenkberechtigung für die Zeit von 11. Oktober 2003 bis 11. Jänner 2004 vom Beschwerdeführer absolvierte Nachschulung nicht den gewünschten Erfolg erzielt habe, weil der Beschwerdeführer relativ knapp nach Wiederausfolgung des Führerscheines am 11. Jänner 2004, nämlich am 28. August 2004, wiederum in alkoholisiertem Zustand ein Fahrzeug gelenkt habe, und es schon ein knappes halbes Jahr nach der Verhängung der Geldstrafe wegen dieser Übertretung (1. Februar 2005) zu dem "Anlassfall" vom 9. Juli 2005 gekommen sei. Zu beachten ist auch, dass der Alkoholisierungsgrad des Beschwerdeführers bei der am 9. Juli 2005 begangenen Übertretung nur knapp unter der Grenze von 0,60 mg/l lag, ab der entsprechend § 24 Abs. 3 zweiter Satz dritter Fall FSG (Übertretung gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960) zwingend eine Nachschulung anzuordnen ist. Entsprechend § 17 Abs. 1 FSG-GV ist mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung (mit der Konsequenz der Notwendigkeit der Vorlage einer verkehrspsychologischen Stellungnahme) "jedenfalls" dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde, oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 bestraft wurde. Die festgestellten gravierenden Verstöße gegen Verkehrsvorschriften des Beschwerdeführers berechtigten in ihrem Zusammenhang die belangte Behörde im Rahmen der Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs. 3 FSG, vom Beschwerdeführer die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und die Absolvierung einer Nachschulung zu verlangen, auch wenn diese Maßnahmen auf Grund des "Anlassfalles" allein noch nicht zwingend anzuordnen waren.
Dennoch kommt der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Anordnung einer Nachschulung richtet, im Ergebnis Berechtigung zu:
Die belangte Behörde hat die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und die Anordnung einer Nachschulung insofern miteinander verknüpft, als die Nachschulung nach der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und nur für den Fall, dass "die gesundheitliche Eignung attestiert wird", aufgetragen wurde.
Der Beschwerdeführer rügt, dass es für eine derartige Verknüpfung an einer gesetzlichen Grundlage fehle und es ihm damit unmöglich gemacht würde, vor Ablauf der Entziehungszeit sowohl das amtsärztliche Gutachten vorzulegen als auch die Nachschulung zu absolvieren, weshalb die Anordnung rechtswidrig sei. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht:
Die von der belangten Behörde gewählte zeitliche Vorgabe und inhaltliche Verknüpfung derart, dass die Beibringung eines "positiven" (die gesundheitliche Eignung attestierenden) amtsärztlichen Gutachtens als Bedingung für die Anordnung einer Nachschulung gesetzt wird, ist dem FSG nicht zu entnehmen. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde bedarf es einer derartigen Verknüpfung auch nicht etwa deshalb, weil gemäß § 24 Abs. 3a FSG in dem der belangten Behörde offenbar vorschwebenden Fall, dass wegen gesundheitlicher Nichteignung auch eine Nachschulung "keinen Sinn mehr machen" würde, von einer Absolvierung der noch nicht durchgeführten Untersuchungen oder Maßnahmen abzusehen ist. Aus dieser Bestimmung kann nicht abgeleitet werden, dass im Spruch des Bescheides, in dem die Nachschulung angeordnet wird, die Beibringung eines positiven amtsärztlichen Gutachtens als Bedingung zu setzen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt klargestellt, dass die nachträgliche Anordnung einer begleitenden Maßnahme nicht so spät erfolgen darf, dass daraus eine Verschlechterung der Rechtsstellung des Betreffenden gegenüber jener bei gleichzeitiger Anordnung resultiert (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 2001, Zl. 2000/11/0233, und vom 24. April 2001, Zl. 99/11/0108, mwN). Stand dem Betreffenden bei Erlassung der Nachschulungsanordnung noch ausreichend Zeit zur Verfügung, dieser Anordnung bis zum Ablauf der Entziehungszeit nachzukommen, wurde eine Rechtsverletzung nicht angenommen.
Zu einer derartigen - zu vermeidenden - Verschlechterung der Rechtsposition des Lenkberechtigten kann es nicht nur bei einer nachträglichen Anordnung einer begleitenden Maßnahme kommen, sondern auch dann, wenn - wie im Beschwerdefall - die Beibringung eines positiven amtsärztlichen Gutachtens als Bedingung für die Teilnahme an einer Nachschulung angeordnet wird. Dies kann nämlich dazu führen, dass der Beschwerdeführer erst zu einem späteren Zeitpunkt als dem Ablauf der Entziehungszeit wieder eine Lenkberechtigung erlangen könnte. Die von der belangten Behörde angeordnete begleitende Maßnahme steht mit dem Gesetz daher nicht im Einklang.
Der angefochtene Bescheid war deshalb in Ansehung der verfügten Absolvierung einer Nachschulung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 20. Juni 2006
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006110040.X00Im RIS seit
26.07.2006Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008