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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1997 §61 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4/29, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 26. Juli 2004, Zl. III- 1173019/FrB/04, betreffend Anordnung der Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Senegal. Er wurde nach der Aktenlage am 5. Juli 2004 wegen des Verdachts der Überlassung von Suchtgift an Dritte festgenommen, in der Folge wurde über ihn die gerichtliche Untersuchungshaft verhängt. Bei einer polizeilichen Befragung am 16. Juli 2004 führte er aus:
"Ich nehme zur Kenntnis, dass das Fremdenpol. Büro beabsichtigt, gegen mich ein Aufenthaltsverbot zu erlassen und mich nach Beendigung der Gerichtshaft in Schubhaft zu nehmen. Zuletzt bin ich vor drei Monaten mit einer span.
Aufenthaltsgenehmigung und meinem Pass, der sich bei der Polizei befindet, nach Österreich gereist. Ich bin verheiratet und habe Sorgepflichten für drei Kinder. Zu Österreich bestehen weder familiäre noch berufliche Bindungen. Ich bin nicht gemeldet und nicht versichert. Dzt. bin ich nicht im Besitz von Barmittel. Sollte ich in meine Heimat abgeschoben werden, so habe ich weder mit strafrechtlichen noch mit politischen Problemen zu rechnen. Ich befinde mich in U-haft und bin nicht in Kenntnis meines HV-Termines."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Juli 2004 ordnete die belangte Behörde gemäß § 61 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 FrG bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 33 FrG und der Abschiebung (§ 56 FrG) an, wobei sie aussprach, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft eintreten.
Begründend führte sie, nach zusammenfassender Wiedergabe der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 16. Juli 2004 und der Rechtslage aus, das zur Festnahme und zur Verhängung der Untersuchungshaft führende Verhalten des Beschwerdeführers lasse klar erkennen, dass er nicht gewillt sei, österreichische Rechtsvorschriften einzuhalten. Nach Abwägung der maßgeblichen öffentlichen Interessen gegen seine Privatinteressen fielen die öffentlichen Interessen erheblich schwerer ins Gewicht. Da der Beschwerdeführer keinerlei private oder persönliche Bindungen "zum Bundesgebiet" habe, müsse die Interessenabwägung zu seinem Nachteil ausfallen. Eine Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 66 Abs. 1 FrG komme nicht in Betracht, weil auf Grund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers die Annahme gerechtfertigt sei, dass er sich dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde und der Zweck der Schubhaft somit nicht (anders) erreicht werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass das Landesgericht für Strafsachen Wien über den Beschwerdeführer wegen § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 erster Fall SMG mit Urteil vom 10. August 2004 eine einjährige Freiheitsstrafe (davon acht Monate bedingt nachgesehen) verhängt hat. Das Urteil ist am 10. August 2004 in Rechtskraft erwachsen. Aus dem Akteninhalt geht weiters hervor, dass die belangte Behörde deshalb gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 22. September 2004 gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 FrG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen hat.
Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft als gegeben erachtete.
Angesichts der unstrittigen und - entgegen der in der Beschwerdeschrift vertretenen Ansicht - schwer wiegenden Delinquenz des Beschwerdeführers - der diesbezügliche dringende Tatverdacht hat zur Verhängung von Untersuchungshaft geführt - sowie seiner (oben wiedergegebenen) von ihm selbst dargestellten familiären und privaten Verhältnisse war die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes schon im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides als berechtigte Annahme in Betracht zu ziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 2005, Zl. 2004/21/0316). Die spätere strafgerichtliche Verurteilung oder die Erlassung des Aufenthaltsverbotes mussten somit nicht abgewartet werden. Das Sicherungsinteresse ergab sich aus der selbst zugestandenen weit gehenden Mittellosigkeit des Beschwerdeführers und dem Fehlen seiner sozialen Integration in Österreich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2005, Zl. 2004/21/0183).
Der Beschwerdeführer bestreitet die Notwendigkeit, ihn nach der Entlassung aus der Strafhaft in Schubhaft zu nehmen. Er sei mit Personen, die sich in Österreich aufhielten, zwar nicht "familiär verwachsen", verfüge jedoch über einen großen Freundeskreis. Auch habe er an der Anschrift seines ausgewiesenen Rechtsvertreters eine Zustelladresse, sodass die Verhängung der Schubhaft unangemessen erscheine.
Selbst durch einen großen Freundeskreis in Österreich wird jedoch keine Unzulässigkeit der Schubhaft dargetan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2005, Zl. 2004/21/0239). Auch ist nicht ersichtlich, inwieweit alleine die - zudem jederzeit, etwa durch Auflösung des Mandates, beendbare - Möglichkeit einer Zustellung im Wege des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers am Fehlen dessen sozialer und wirtschaftlicher Integration in Österreich etwas ändern könnte.
Schließlich macht der Beschwerdeführer geltend, Asylwerber zu sein, sodass sich die Verhängung der Schubhaft als rechtswidrig erweise. Bei diesem Vorbringen handelt es sich jedoch um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung. Auch war die Stellung eines Asylantrages selbst durch - nach der Beschwerdeerhebung erfolgte - Nachforschungen der belangten Behörde nicht verifizierbar.
Dem angefochtenen Bescheid haftet somit insgesamt keine Rechtswidrigkeit an, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. Juni 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004210236.X00Im RIS seit
18.07.2006