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L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art117 Abs5Leitsatz
Zulässigkeit der Anfechtung der bescheidmäßigen Aberkennung eines Gemeindevorstandsmandates; Rechtsverletzungsbehauptung keine Prozessvoraussetzung im Verfahren über die Aberkennung eines Mandates; verfassungswidrige Auslegung des Tatbestandes des nachträglichen Verlusts der Wählbarkeit als Voraussetzung für die Aberkennung eines Mandates bei Austritt aus einer politischen Partei; Gleichsetzung der Begriffe "politische Partei" und "Wahlpartei" ausgeschlossenSpruch
Der Anfechtung wird Folge gegeben und der Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5.3.2001, soweit er den Anfechtungswerber seines Mandates als Mitglied des Gemeindevorstandes der Gemeinde Hofkirchen im Mühlkreis für verlustig erklärt, aufgehoben.
Das Land Oberösterreich ist schuldig, dem Anfechtungswerber zu Handen seines Rechtsvertreters die mit 2.143,68 Euro bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5.3.2001 wurde der Anfechtungswerber seines Mandates als Mitglied des Gemeindevorstandes und als Obmann des Ausschusses für örtliche Umweltfragen der Gemeinde Hofkirchen im Mühlkreis (im Folgenden: Hofkirchen) für verlustig erklärt.
1.1.2. Der Bescheid, der sich auf §23 Abs2, §30 Abs3 litb und Abs4 sowie §33 Abs8 Oberösterreichische Gemeindeordnung 1990 (GemO), LGBl. 1990/91, idF 2000/7, stützt, wurde wie folgt begründet:
"Herr F K wurde bei der am 5. Oktober 1997 stattgefundenen Wahl des Gemeinderates der Marktgemeinde Hofkirchen i.M. auf der Liste der Österreichischen Volkspartei in den Gemeinderat und in der Gemeinderatssitzung vom 17. Oktober 1997 zum Mitglied des Gemeindevorstandes und in der Gemeinderatssitzung vom 5. November 1997 zum Obmann des Ausschusses für örtliche Umweltfragen gewählt. Mit Schreiben vom 27. Juni 2000, Gem-206-2000, hat die Marktgemeinde Hofkirchen i.M. im Sinne des §29 Abs7 Oö. Gemeindeordnung 1990 berichtet, dass Herr F K aus der Österreichischen Volkspartei ausgetreten sei.
Gemäß §30 Abs3 litb Oö. GemO 1990 wird ein Mitglied des Gemeindevorstandes seines Mandates verlustig, wenn bei ihm ein Umstand eintritt, der seine Wählbarkeit in den Gemeindevorstand gehindert hätte, oder wenn ein solcher Umstand nachträglich bekannt wird. Den Verlust hat gemäß §30 Abs4 in Verbindung mit §23 Abs2 Oö. GemO 1990 die Landesregierung in einem von Amts wegen abzuführenden Verfahren mit Bescheid auszusprechen. Gemäß §33 Abs1 Oö. GemO 1990 sind für die Wahl der Mitglieder (Ersatzmitglieder) der Ausschüsse die Bestimmungen über die Wahl der Mitglieder des Gemeindevorstandes sinngemäß anzuwenden, sofern der Gemeinderat nicht einstimmig etwas anderes beschließt. Für die Erledigung des Mandates eines Mitgliedes (Ersatzmitgliedes) eines Ausschusses gelten gemäß §33 Abs8 Oö. GemO 1990 die Bestimmungen des §30 - jedoch mit Ausnahme des Abs3 litc und e - sowie der §§31 und 32 sinngemäß. Zu Mitgliedern des Gemeindevorstandes können gemäß §28 Abs1 Oö. GemO 1990 nur Mitglieder des Gemeinderates gewählt werden, die, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, einer im Gemeinderat vertretenen Wahlpartei, der ein Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand zukommt, angehören und von dieser Wahlpartei vorgeschlagen werden, oder einer auf Vertretung im Gemeindevorstand nicht anspruchsberechtigten Wahlpartei angehören und bei einer Wahl gemäß §26 von einer anspruchsberechtigten Wahlpartei gemeinsam mit der Wahlpartei, der sie angehören, vorgeschlagen werden.
Die Ermittlungen, ob im vorliegenden Fall der Mandatsverlusttatbestand nach den bereits wiedergegebenen Bestimmungen des §30 Abs3 litb Oö. GemO 1990 bzw. des §33 Abs8 in Verbindung mit §30 Abs3 litb Oö. GemO 1990 erfüllt ist, haben Folgendes ergeben:
Laut dem Bericht der Marktgemeinde Hofkirchen i.M. vom 27. Juni 2000, Gem-206-2000, ist Herr F K aus der Österreichischen Volkspartei ausgetreten. Mit Schreiben vom 15. Jänner 2001 hat die ÖVP Landesparteileitung mitgeteilt, dass Herr F K mit Datum vom 4. Februar 2000 die Beendigung der Mitgliedschaft zur ÖVP Oberösterreich erklärt hat.
Im Ermittlungsverfahren wurde Herrn F K mit unserem Schreiben Gem-30261/4-2000-Ra vom 5. September 2000 Gelegenheit gegeben, zu diesem Sachverhalt Stellung zu nehmen. Herr F K hat sich hiezu bisher nicht geäußert.
Bei der Sach- und Rechtslage war somit der Verlust des Mandates im Gemeindevorstand und im Ausschuss für örtliche Umweltfragen auszusprechen.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass durch den Verlust der oben genannten Funktionen im Gemeindevorstand und im Ausschuss das Mandat als Mitglied des Gemeinderates nicht berührt wird."
1.2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, von einem Rechtsanwalt eingebrachte und der Sache nach auf Art141 Abs1 lite B-VG gestützte Eingabe vom 24.4.2001, in der die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides, und zwar insoweit der Anfechtungswerber seines Mandates als Mitglied des Gemeindevorstandes für verlustig erklärt wird, begehrt wird.
1.2.2. Im Antrag finden sich die folgenden Ausführungen:
Am 5.10.1997 fand die Gemeinderatswahl in der Marktgemeinde Hofkirchen im Mühlkreis statt. Der Anfechtungswerber war Kandidat auf der Liste der Österreichischen Volkspartei für den Gemeinderat. Er wurde als Gemeinderat angelobt und in der Gemeinderatssitzung vom 17.10.1997 zum Mitglied des Gemeindevorstandes gewählt. In weiterer Folge beendete er seine Mitgliedschaft zur ÖVP Oberösterreich, was von der Marktgemeinde Hofkirchen mit Schreiben vom 27.6.2000 der Oberösterreichischen Landesregierung mitgeteilt wurde. Auch die Landesparteileitung der ÖVP Oberösterreich gab dies mit Schreiben vom 15.1.2001 der Oberösterreichischen Landesregierung bekannt. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5.3.2001 wurde der Anfechtungswerber seines Mandates als Mitglied des Gemeindevorstandes und als Obmann des Ausschusses für örtliche Umweltfragen für verlustig erklärt.
Der bekämpfte Bescheid stützt sich auf §30 Abs3 litb OÖ. Gemeindeordnung 1990. Verwiesen wird weiters auf §23 Abs2 OÖ. Gemeindeordnung. Demnach wird ein Mitglied des Gemeindevorstandes eines Mandates verlustig, wenn bei ihm ein Umstand eintritt, der seine Wählbarkeit in den Gemeindevorstand gehindert hätte, oder wenn ein solcher Umstand nachträglich bekannt wird. Gemäß §28 OÖ. Gem0 können nur Mitglieder des Gemeinderates zu Mitgliedern des Gemeindevorstandes gewählt werden. Wie auch der bekämpfte Bescheid bestätigt, bin ich nach wie vor Mitglied des Gemeinderates. Wählbar in den Gemeindevorstand sind nur solche Mitglieder des Gemeinderates, die einer im Gemeinderat vertretenen Wahlpartei, der ein Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand zukommt, angehören und von dieser Wahlpartei vorgeschlagen werden. Der Wahlpartei Österreichische Volkspartei steht nach wie vor ein Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand zu und wurde ich tatsächlich von dieser Wahlpartei als Mitglied des Gemeindevorstandes vorgeschlagen. Zwischenzeitig ist keine Wahlanfechtung erfolgt, die die Zusammensetzung der Mandate der Wahlparteien im Gemeindevorstand verändert hätte. Der seinerzeit von der Wahlpartei Österreichische Volkspartei erstattete Vorschlag ist weder nichtig noch ungültig gewesen. Der im Jahr 1997 nicht vorhersehbare Austritt des Anfechtungswerbers aus der politischen Partei ist kein Umstand, der die Wählbarkeit in den Gemeindevorstand gehindert hätte. Es ist durchaus möglich, auch Gemeinderatsmitglieder in den Gemeindevorstand zu entsenden, die keiner politischen Partei angehören, sondern bloß einer im Gemeinderat vertretenen Wahlpartei. Beim Anfechtungswerber ist bloß mit dem Austritt aus der Landesorganisation Oberösterreich ein Umstand eingetreten, der möglicherweise im Jahr 1997 seine Wählbarkeit in den Gemeindevorstand behindern hätte können. Die Oberösterreichische Landesregierung verwechselt in ihrem Bescheid die Begriffe 'politische Partei' und 'Wahlpartei'. Die Beendigung der Mitgliedschaft zur ÖVP Oberösterreich ist kein Umstand im Sinne des §30 Abs3 litb OÖ. Gemeindeordnung 1990.
Da der Ausspruch über den Verlust des Mandates im Gemeindevorstand rechtswidrig war, stellt der Anfechtungswerber den Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge der Anfechtung Folge geben und den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5.3.2001 insoferne aufheben, als er den Mandatsverlust hinsichtlich des Gemeindevorstandes betrifft."
1.3. Die Oberösterreichische Landesregierung als belangte Behörde erstattete unter Vorlage der Bezug habenden Akten eine Gegenschrift, in der Folgendes ausgeführt wird:
Gemäß §71a Abs5 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 sind - von den Sondervorschriften in Abs1 bis 4 leg.cit. abgesehen - auf das Verfahren betreffend die Anfechtung eines Mandatsverlustsbescheides 'im übrigen' die Bestimmungen des §82 Abs3 und 4, der §§83, 84 Abs1, 86 und 88 sinngemäß anzuwenden. Gemäß §82 Abs2 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, dessen Inhalt ursprünglich im Abs3 leg.cit. enthalten war und auf den sich der soeben zitierte Verweis daher bezieht, hat die Beschwerde den Sachverhalt genau darzulegen und anzugeben, ob sich der Beschwerdeführer in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt erachtet. Auch wenn man den Befehl 'zur sinngemäßen Anwendung' mit dem Verfassungsgerichtshof dahingehend versteht, dass sich dessen Überprüfung nicht auf die Vereinbarkeit des Mandatsverlustsbescheides mit verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten des betroffenen Funktionärs beschränken kann (vgl. VfSlg. 2890/1955), bleibt doch zu bemerken, dass der Anfechtungswerber in seinem Schriftsatz vom 24. April 2001 auf das Vorliegen einer Verletzung in subjektiven Rechten in keiner wie auch immer gearteten Weise Bezug nimmt, sondern sich mit der Behauptung einer objektiven Rechtswidrigkeit des Aberkennungsbescheides begnügt. Da im Schriftsatz auch keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angewendeten generellen Rechtsgrundlagen auszumachen sind, scheint die Anfechtung den Vorgaben des sinngemäß anzuwendenden §82 Abs2 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 nicht zu entsprechen und sollte daher nach unserer Ansicht zurückgewiesen werden.
...
Da gemäß §28 Abs1 Oö. Gemeindeordnung 1990 zu Mitgliedern des Gemeindevorstandes nur Mitglieder des Gemeinderates gewählt werden können, die einer im Gemeinderat vertretenen Wahlpartei angehören, zieht der Austritt oder Ausschluss eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes aus seiner Wahlpartei nach §30 Abs3 litb Oö. Gemeindeordnung 1990 den Verlust des Mandates eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes nach sich.
Die belangte Behörde ist im Bescheid aus folgenden Gründen davon ausgegangen, dass der Mandatsverlusttatbestand nach §30 Abs3 litb Oö. Gemeindeordnung 1990 mit dem Austritt aus der politischen Partei erfüllt ist:
Unter dem vom Gesetzgeber im §28 Abs1 der Oö. Gemeindeordnung 1990 gebrauchten Begriff der 'Wahlpartei' kann nicht die für die Teilnahme an der Gemeinderatswahl gebildete Wahlpartei gemeint sein, weil wahlwerbende Parteien über keine Mitglieder im eigentlichen Sinn verfügen und außerdem die Wahlpartei nach Lehre und Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes regelmäßig nach Abschluss des Wahlverfahrens untergeht (VfSlg. 2714/1954). Unter Wahlpartei ist auch nicht die Gemeinderatspartei im Sinn der Gemeinderatsfraktion zu verstehen, da gemäß §18 a Abs1 Oö. Gemeindeordnung 1990 die auf Grund der Wahlvorschläge ihrer Wahlpartei gewählten Gemeinderatsmitglieder für die Dauer der Funktionsperiode des Gemeinderates jeweils eine Fraktion bilden und daher rechtlich weder der Austritt noch der Ausschluss aus der Gemeinderatsfraktion möglich ist. (Fröhler/Oberndorfer, Das Österreichische Gemeinderecht (Loseblattsammlung) 3.6 sowie die darin zitierten Ausführungen von Hundegger 'Zur Wahl eines fraktionsfremden Gemeinderatsmitgliedes in den Gemeindevorstand', ÖGZ 1979, 456). Da im Motivenbericht zu §30 Oö. Gemeindeordnung 1990 seinerzeit ausdrücklich hervorgehoben wurde, dass 'der Ausschluss eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes aus seiner Wahlpartei nach §30 Abs3 litb den Verlust des Mandates nach sich zieht', könnte diese Passage - angesichts der angesprochenen Unmöglichkeit des Ausscheidens aus einer Gemeinderatsfraktion - als Indiz dafür gewertet werden, dass der Gesetzgeber seinerzeit den Begriff 'Wahlpartei' nicht dermaßen technisch gesehen hat, wie dies bei grammatikalisch-systematischer Auslegung heute den Anschein haben mag. Unter dem vom Gesetzgeber im §28 Abs1 Oö. Gemeindeordnung 1990 bezeichneten Wort 'Wahlpartei' ist daher offensichtlich die politische Partei zu verstehen. Der Verfassungsgerichtshof hat zu den in den Gemeinderechtsquellen früher häufig enthaltenen - später vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig (VfSlg. 3560/1959) erkannten - Bestimmungen über den Verlust des Gemeinderatsmandates bei Ausscheiden aus der 'Partei' stets judiziert, dass unter den 'Parteien' die auf Dauer mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten und deshalb fortbestehenden politischen Parteien zu verstehen sind (VfSlg. 2158/1951, 2714/1954, 2802/1955, 3114/1956). Durch den Austritt F K aus der 'Wahlpartei' ÖVP ist somit ein Umstand eingetreten, der die ursprüngliche Wählbarkeit in den Gemeindevorstand gehindert hätte. F K war daher seiner Funktion im Gemeindevorstand verlustig zu erklären."
Abschließend wird beantragt, die Anfechtung als unzulässig zurückzuweisen; in eventu als unbegründet abzuweisen.
1.4. Die hier vor allem maßgeblichen Bestimmungen der §§28 und 30 GemO haben folgenden Wortlaut:
"§28
Passives Wahlrecht in den Gemeindevorstand
(1) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, können zu Mitgliedern des Gemeindevorstandes nur Mitglieder des Gemeinderates gewählt werden, die
a) einer Wahlpartei angehören, der ein Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand zukommt und von dieser Wahlpartei vorgeschlagen werden, oder
b) einer Wahlpartei angehören, der kein Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand zukommt, und bei einer Wahl gemäß §26 von einer anspruchsberechtigten Wahlpartei gemeinsam mit der Wahlpartei, der sie angehören, vorgeschlagen werden; ein derart Vorgeschlagener ist auf die Liste der anspruchsberechtigten Wahlpartei anzurechnen.
(2) Voraussetzung für die Wählbarkeit in den Gemeindevorstand ist überdies die österreichische Staatsbürgerschaft.
..."
"§30
Erledigung des Mandates eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes
(1) Das Mandat eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes wird erledigt:
a) durch Mandatsverzicht (Abs2);
b) durch Mandatsverlust (Abs3).
(2) Ein Mitglied des Gemeindevorstandes kann auf sein Mandat verzichten. Der Verzicht ist schriftlich zu erklären und wird mit dem Einlangen beim Gemeindeamt wirksam.
(3) Ein Mitglied des Gemeindevorstandes wird seines Mandates verlustig:
a) mit dem Enden seines Mandates als Mitglied des Gemeinderates;
b) wenn bei ihm ein Umstand eintritt, der seine Wählbarkeit in den Gemeindevorstand gehindert hätte, oder wenn ein solcher Umstand nachträglich bekannt wird;
c) wenn es die Angelobung nicht in der im §24 Abs4 vorgeschriebenen Weise leistet;
d) durch Abberufung (§31 und §31a);
e) durch Amtsverlust (§61 Abs4).
(4) Der Verlust des Mandates tritt im Falle des Abs3 lita von Gesetzes wegen ein. In den Fällen des Abs3 litb bis d gilt §23 Abs2 (Den Verlust des Mandates hat die Landesregierung in einem von Amts wegen abzuführenden Verfahren mit Bescheid auszusprechen...) sinngemäß.
(5) Das Mandat als Mitglied des Gemeinderates wird durch die Erledigung des Mandates als Mitglied des Gemeindevorstandes - ausgenommen den Fall des Abs3 lita - nicht berührt."
2. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
2.1.1. Gemäß Art141 Abs1 lite B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof ua. über die Anfechtung von Bescheiden, durch die der Verlust eines Mandates in einem mit der Vollziehung betrauten Organ einer Gemeinde (Gemeindevorstand) ausgesprochen wurde, soweit in den die Wahlen regelnden Bundes- oder Landesgesetzen die Erklärung des Mandatsverlustes durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde vorgesehen ist. Diese Voraussetzungen treffen hier insoweit zu, als der Anfechtungswerber mit dem bekämpften Bescheid gemäß §30 Abs3 litb und Abs4 iVm §23 Abs2 GemO seines Mandates als Mitglied des Gemeindevorstandes der Gemeinde Hofkirchen verlustig erklärt wurde (vgl. VfSlg. 7678/1975, 13.060/1992, 14.804/1997).
2.1.2. Nach §71a Abs1 VfGG kann die Anfechtung des Bescheides einer Verwaltungsbehörde, mit dem ua. der Verlust der Funktion in einem Gemeindevorstand ausgesprochen wird, nur nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides erhoben werden. Der Verfassungsgerichtshof hat der Anfechtung stattzugeben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit tatsächlich unterlief (Abs4 leg. cit.; sh. VfSlg. 2890/1955, 13.060/1992, 14.804/1997).
2.1.2.1. Die Oberösterreichische Landesregierung steht nun auf dem Standpunkt, dass die Anfechtung deshalb unzulässig sei, weil sich der Anfechtungswerber mit der Behauptung einer objektiven Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides begnüge anstatt eine subjektive Rechtsverletzung zu behaupten; der (in Folge §71a Abs5 VfGG) sinngemäß anzuwendende §82 Abs2 VfGG schreibe aber vor, dass der Einschreiter ua. anzugeben habe, ob er sich in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt erachte.
2.1.2.2. Dieser Zulässigkeitseinwendung kann schon in Ansehung der Bestimmung des §71a Abs4 VfGG nicht beigepflichtet werden. Nach dieser Vorschrift hat der Verfassungsgerichtshof einer auf Art141 Abs1 lite B-VG gestützten Anfechtung stattzugeben (und den angefochtenen Bescheid aufzuheben), "wenn die behauptete Rechtswidrigkeit stattgefunden hat". Dies schließt die sinngemäße Anwendung des von der Oberösterreichischen Landesregierung genannten Tatbestandselementes in §82 Abs2 VfGG im vorliegenden Zusammenhang von vornherein aus (arg: §71a Abs5 VfGG "... im übrigen ..."). In die gleiche Richtung weist auch der diesbezüglich unterschiedliche Wortlaut des Art141 Abs1 und des Art144 Abs1 B-VG: Während der Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 Abs1 B-VG über Beschwerden gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden erkennt, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, enthält Art141 Abs1 lite B-VG das Erfordernis für den Einschreiter zu behaupten, in seinen (subjektiven) Rechten verletzt zu sein, gerade nicht.
2.1.3. Da die Anfechtung auch rechtzeitig erhoben wurde, ist sie somit insgesamt zulässig.
2.2.1. Nach dem unbestritten gebliebenen Anfechtungsvorbringen - auch der bekämpfte Bescheid geht davon aus - kandidierte der Anfechtungswerber bei der am 5.10.1997 stattgefundenen Wahl zum Gemeinderat der Gemeinde Hofkirchen auf der Parteiliste der ÖVP. Er wurde als Mitglied des Gemeinderates angelobt und in der Gemeinderatssitzung am 17.10.1997 zum Mitglied des Gemeindevorstandes gewählt. In weiterer Folge beendete der Anfechtungswerber seine Mitgliedschaft zur ÖVP Oberösterreich. Dies teilte die Gemeinde Hofkirchen (mit Schreiben vom 27.6.2000) der Oberösterreichischen Landesregierung mit; auch die Landesparteileitung der ÖVP Oberösterreich gab diesen Umstand der Landesregierung (mit Schreiben vom 15.1.2001) bekannt.
2.2.2.1. Gemäß §28 Abs1 lita GemO können - soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist - zu Mitgliedern des Gemeindevorstandes nur Mitglieder des Gemeinderates gewählt werden, die "einer Wahlpartei angehören, der ein Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand zukommt", und von dieser vorgeschlagen werden. Nach §30 Abs3 litb GemO wird ein Mitglied des Gemeindevorstandes seines Mandates verlustig, wenn bei ihm ein Umstand eintritt, der seine Wählbarkeit in den Gemeindevorstand gehindert hätte. Einen solchen Mandatsverlust, durch welchen das Gemeindevorstandsmandat erledigt wird (§30 Abs1 litb GemO), hat die Landesregierung mit Bescheid auszusprechen (§§30 Abs4 iVm 23 Abs2 GemO).
Der Anfechtungswerber steht nun zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass die Beendigung seiner Mitgliedschaft zur ÖVP Oberösterreich kein Umstand iSd §30 Abs3 litb GemO sei; die belangte Behörde verwechsle vielmehr die Begriffe "politische Partei" und "Wahlpartei". Die Oberösterreichische Landesregierung wieder vertritt - in ihrer Gegenschrift - die Auffassung, dass unter dem vom Gesetzgeber in §28 Abs1 GemO verwendeten Wort "Wahlpartei" die "politische Partei" zu verstehen sei und durch den Austritt des Anfechtungswerbers aus der - wie die Oberösterreichische Landesregierung formuliert - "Wahlpartei ÖVP" somit ein Umstand eingetreten sei, der die ursprüngliche Wählbarkeit in den Gemeindevorstand gehindert hätte, weshalb er seiner Funktion im Gemeindevorstand verlustig erklärt werden musste.
2.2.2.2. Der Anfechtungswerber ist aus den folgenden Erwägungen im Recht:
In seinem Erkenntnis VfSlg. 13.643/1993 führte der Verfassungsgerichtshof zu Art117 Abs5 B-VG (über die Bestellung des Gemeindevorstandes) aus:
"Art117 Abs5 B-VG spricht von '(i)m Gemeinderat vertretene(n) Wahlparteien'. Wenn auch die 'wahlwerbenden Parteien' im strengen Sinn im Zeitpunkt der Bestellung des Gemeindevorstandes nicht mehr existieren (müssen), so deutet der Ausdruck 'Wahlpartei' doch unmissverständlich darauf hin, dass es sich hier nicht um beliebig zusammengestellte Fraktionen handelt, sondern um Personengruppen, die im engen Zusammenhang mit einer wahlwerbenden Partei stehen, und zwar einer Partei, die auf Grund des Wahlergebnisses in den Gemeinderat einzog. Demgemäß stellt die Vorschrift des Art117 Abs5 B-VG auf die letzte Gemeinderatswahl ab (Putschögl, Wahl der Mitglieder des Gemeindevorstandes (des Bürgermeisters) und der Gemeinderatsausschüsse, in: Fröhler/Oberndorfer, Das österreichische Gemeinderecht, 3.6 (1982) 15: 'die aus demselben Wahlvorschlag für gewählt erklärten Gemeinderatsmitglieder'); sie hat den Zweck, dem Wähler bei der Gemeinderatswahl mittelbar auch einen Einfluss auf die Zusammensetzung des Gemeindevorstandes einzuräumen. Die Gemeindevorstandssitze dürfen danach nur auf jene im Gemeinderat vertretenen Parteien aufgeteilt werden, die als solche aus der Gemeinderatswahl hervorgegangen sind, und nur nach Maßgabe ihrer bei der Ge-meinderatswahl erreichten Stärke. Daraus folgt nicht nur, dass zwei oder mehrere Fraktionen sich insoweit nicht zu einer neuen, gelegentlichen Wahlpartei zusammenschließen dürfen, sondern zugleich auch, dass sie nicht gespalten oder verkleinert werden können, weil die Zugehörigkeit zu einer derartigen Wahlpartei nicht von (späteren) Willenserklärungen abhängt, sondern sich von der Kandidatur auf derselben Liste ableitet."
Angesichts dessen ist es von Verfassungs wegen ausgeschlossen, den Begriff der "Wahlpartei" iSd §28 Abs1 lita GemO mit dem Begriff der "politischen Partei" gleichzusetzen, wovon die belangte Behörde aber ausgeht. Sie legte daher dem im vorliegenden Fall herangezogenen Verlusttatbestand des §30 Abs3 litb GemO einen verfassungswidrigen Inhalt bei. Wenn - nach dem oben zitierten Erkenntnis - die Zugehörigkeit zu einer derartigen Wahlpartei nicht von (späteren) Willenserklärungen abhängt, sondern sich von der Kandidatur auf der(selben) Liste ableitet, dann widerspricht dem jedenfalls eine Auslegung der in Rede stehenden Bestimmung, wonach der Austritt aus einer "politischen Partei" für den Betreffenden den Verlust seines Mandates im Gemeindevorstand zur Folge hat.
Somit unterstellte die belangte Behörde dem (verfassungskonform auslegbaren) Verlusttatbestand des §30 Abs3 litb GemO einen verfassungswidrigen - weil gegen Art117 Abs5 B-VG verstoßenden - Inhalt.
2.2.3. Aus diesen Gründen war der Anfechtung Folge zu geben und der Bescheid, soweit er den Anfechter seines Mandates als Mitglied des Gemeindevorstandes der Gemeinde Hofkirchen verlustig erklärt, aufzuheben.
2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §71a Abs5 iVm §88 VfGG. Von den zugesprochenen Kosten entfallen 181,68 Euro auf die Eingabegebühr und 327 Euro auf die Umsatzsteuer.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung ergehen.
Schlagworte
Auslegung verfassungskonforme, Gemeinderecht, Gemeindevorstand, Partei politische, VfGH / Formerfordernisse, Wahlen, Wahlrecht passives, MandatsverlustEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:WII1.2001Dokumentnummer
JFT_09979693_01W0II01_00