TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/22 2006/19/0366

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Veröffentlicht am 22.06.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie die Hofräte Dr. Nowakowski und Mag. Nedwed, die Hofrätin Dr. Pollak und den Hofrat Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil, über die Beschwerde des S, geboren 1982, vertreten durch Dr. Harry Fretska, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 22/5, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. August 2005, Zl. 254.909/0-IV/44/04, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Indien, beantragte am 4. Oktober 2004 in Österreich Asyl und gab bei seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt am 8. Oktober 2004 an, dass er am 11. April 2004 nach Österreich eingereist sei, um seinen in Wien aufhältigen Onkel zu besuchen. Die Einreise erfolgte auf Grund eines ihm von der Österreichischen Botschaft in New Delhi mit Gültigkeitsdauer bis 10. Juli 2004 erteilten Touristenvisums. Er sei Sympathisant der Bharatiya Janata Party (BJP). Er habe vor den Parlamentswahlen in Indien im April 2004 Wahlwerbung für die BJP betrieben. Im Februar und März 2004 sei er von zwei Mitgliedern der Kongresspartei aufgefordert worden, bei dieser mitzuarbeiten und für den Fall der Weigerung mit dem Tod bedroht worden. Er habe die Drohungen nicht so ernst genommen. Kurz vor seiner für den 8. Juli 2004 beabsichtigten Rückreise nach Indien sei er von Freunden aus Indien angerufen und darüber informiert worden, dass er von Mitgliedern der Kongresspartei wegen seiner Teilnahme an der Wahlwerbung für die BJP gesucht werde. Dabei habe er auch erfahren, dass man ihn töten wolle. Man habe bei Freunden und seiner Familie nach seinem aktuellen Aufenthaltsort gefragt. Er habe nun größere Furcht als bei den ihm gegenüber persönlich geäußerten Drohungen.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 23. Oktober 2004 den Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III). Es schenkte den Angaben des Beschwerdeführers keinen Glauben; selbst wenn man aber davon ausgehen würde, dass er verfolgt worden wäre, so bestünde die Verfolgungsgefahr aus näher dargelegten Gründen nicht im gesamten Heimatland.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid "gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 8 Abs. 2 AsylG abgewiesen" wurde. In der Berufungsverhandlung sei - so die Begründung der belangten Behörde - zu Tage getreten, dass dem Beschwerdeführer nicht einmal bekannt gewesen sei, wer für die BJP in seinem Wahlkreis in Amritsar bei den Parlamentswahlen im April 2004 kandidiert habe. Er habe lediglich den Spitzenkandidaten der Kongresspartei und vormaligen Inhaber des diesem Wahlkreis zugeordneten Parlamentssitzes nennen können. Auch habe er nicht gewusst, dass seitens der BJP in seinem Wahlkreis in Amritsar nur ein Kandidat aufgestellt worden sei und bei den indischen Parlamentswahlen aus jedem Wahlkreis ein Kandidat für einen Sitz gewählt werde. Daraus ergebe sich, dass die behauptete Aktivität des Beschwerdeführers im Rahmen der Wahlwerbung für die BJP eine bloße Konstruktion darstelle und dies somit ebenso für die darauf aufbauenden Angaben über seine behauptete Bedrohungssituation durch zwei Angehörige der Kongresspartei gelten müsse. Ginge man jedoch davon aus, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Bedrohungssituation tatsächlich bestünde, könne er sich dieser auch durch Veränderung seines Aufenthaltsortes innerhalb Indiens entziehen. Somit komme weder dem Asylantrag des Beschwerdeführers Berechtigung zu, noch sei diesem Refoulementschutz zu gewähren. Im Übrigen sei - aus näher dargestellten Gründen - mit einer Ausweisung gemäß § 8 Abs. 2 AsylG vorzugehen gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Gründe, aus denen die belangte Behörde den Behauptungen des Beschwerdeführers keinen Glauben geschenkt hat, sind ausreichend nachvollziehbar und halten der auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränkten Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof - auch bei Bedachtnahme auf die Beschwerdebehauptungen über den schlechten Gesundheitszustand des Beschwerdeführers - stand.

Insoweit sich die Beschwerde gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides richtet, kann sie daher nicht erfolgreich sein.

Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruches über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die unveränderte Bestätigung von Spruchpunkt III des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Ausmaß des Begehrens gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 22. Juni 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006190366.X00

Im RIS seit

21.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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