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L92101 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Burgenland;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Senatspräsidenten Dr. Novak und Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführerin Mag. Hofer, in der Beschwerdesache des mj. M in N, vertreten durch die Kindesmutter N, diese vertreten durch Philipp & Partner, Rechtsanwälte und Strafverteidiger OEG in 7210 Mattersburg, Brunnenplatz 5c, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 9. Dezember 2003, Zl. 6-SO-60900130-8/23-2003, betreffend Pflegegeld und Nachsicht von der österreichischen Staatsbürgerschaft i. A. der Gewährung von Pflegegeld, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 2002, Zl. 98/03/0348, verwiesen.
Mit (Ersatz-)Bescheid der Burgenländischen Landesregierung (belangte Behörde) vom 9. Dezember 2003 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Pflegegeld gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. a des Burgenländischen Pflegegeldgesetzes, LGBl. Nr. 58/1993 (in der Folge: Bgld. PGG), abgewiesen. Die Nachsicht von der Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 3 Abs. 4 leg. cit. wurde neuerlich nicht erteilt.
Nach der Begründung besitze der mj. Antragsteller (Beschwerdeführer) die jugoslawische Staatsangehörigkeit. Gemäß § 3 Abs. 1 Bgld. PGG sei unter anderem die österreichische Staatsbürgerschaft Voraussetzung für die Leistung eines Pflegegeldes. Diese Voraussetzung könne gemäß § 3 Abs. 4 Bgld. PGG nachgesehen werden, wenn das auf Grund der persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Fremden zur Vermeidung einer sozialen Härte geboten erscheint. Auf der Grundlage ins Einzelne gehender Feststellungen vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass eine soziale Härte nicht vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich dabei (u.a.) in seinem Recht auf Gewährung von Pflegegeld und fehlerfreie Ermessensentscheidung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Nach § 1 Bgld. PGG hat das Pflegegeld den Zweck, in Form eines Beitrages pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, um pflegebedürftigen Personen soweit wie möglich die notwendige Betreuung und Hilfe zu sichern sowie die Möglichkeit zu verbessern, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen.
Voraussetzung für die Leistung eines Pflegegeldes nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes ist gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. a, dass der Anspruchswerber die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Die Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 lit. a kann gemäß § 3 Abs. 4 leg. cit. nachgesehen werden, wenn das auf Grund der persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Fremden zur Vermeidung einer sozialen Härte geboten erscheint. § 19 Abs. 3 und § 23 Abs. 2 sind nicht anzuwenden.
Gemäß § 3 Abs. 3 Bgld. PGG sind bestimmte Fremde (der Beschwerdeführer zählt nicht zu dieser Personengruppe) österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt.
Nach § 19 Abs. 3 Bgld. PGG kann nach Erlassung eines Bescheides nach diesem Gesetz beim Landesgericht Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht Klage erhoben werden.
Gemäß § 23 Abs. 2 Bgld. PGG haben Bescheide auf die Möglichkeit, eine Klage beim Landesgericht Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht einzubringen, auf die dabei einzuhaltende Frist, die Form der Einbringung und auf das Erfordernis des hinreichend bestimmten Klagebegehrens hinzuweisen.
Nach Ausweis der Verwaltungsakten - und vom Beschwerdeführer ausdrücklich zugestanden - wurde dem Vater des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 9. November 2000 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen und diese auch auf den Beschwerdeführer erstreckt. Mit Bescheid vom 26. März 2001 wurde dem Beschwerdeführer ab 1. Dezember 2000 ein Pflegegeld der Stufe 4 zuerkannt, das mit Bescheid vom 29. Oktober 2001 auf Stufe 6 erhöht worden ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zwischen der Gewährung von Pflegegeld mit der Beurteilung der dafür erforderlichen Voraussetzungen und der Nachsicht von der österreichischen Staatsbürgerschaft mit der Beurteilung der dafür erforderlichen Voraussetzungen zu unterscheiden. Der Bescheid über den Anspruch auf Pflegegeld, der (nur) mit Klage beim Arbeits- und Sozialgericht bekämpft werden kann, ist von dem in einem anderen Regelungszusammenhang stehenden Bescheid über die Nachsicht vom Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft zu unterscheiden. Ist die Behörde der Auffassung, einem Fremden sei die Nachsicht von der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht zu erteilen und es könne ihm wegen des Fehlens der Staatsbürgerschaft Pflegegeld nicht zuerkannt werden, so hat sie zwei Bescheide zu erlassen, und zwar den Bescheid über die Verweigerung der Nachsicht und den Bescheid betreffend die Abweisung des Pflegegeldantrages (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 15. September 2003, Zl. 2003/10/0153, mwH). Die Behörde kann diese Bescheide in getrennten Ausfertigungen erlassen, es besteht jedoch kein Hindernis, sie - wie im vorliegenden Fall - in einer Ausfertigung zusammen zu fassen.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung des Pflegegeldes richtet, war sie wegen der insofern gemäß § 19 Abs. 3 Bgld. PGG bestehenden sukzessiven Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichtes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (vgl. das bereits genannte Erkenntnis vom 15. September 2003).
Die Beschwerde ist aber auch im Umfang der Verweigerung der Nachsicht von der Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft unzulässig.
Das Burgenländische Pflegegeldgesetz bietet für eine rückwirkende Erteilung der Nachsicht von der Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach § 3 Abs. 1 Z. 1 lit. a keine Rechtsgrundlage (vgl. auch dazu das bereits genannte, zum Niederösterreichischen Pflegegeldgesetz ergangene Erkenntnis vom 15. September 2003). Wird in Ausübung des behördlichen Ermessens die Nachsicht von der Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft erteilt, so liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld erst ab dem Zeitpunkt der Erteilung der Nachsicht vor.
Im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung mit Bescheid vom 9. November 2000 erfolgte Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an den Vater des Beschwerdeführers und deren Erstreckung auf den Beschwerdeführer war die Beschwerde mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit gleichfalls gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer konnte im geltend gemachten Recht auf Gewährung der Nachsicht für den beantragten Zeitraum nicht verletzt werden, weil die - allein mit Wirkung ex nunc mögliche - Erteilung der Nachsicht von der Voraussetzung der österreichischen Staatsbürgerschaft im Hinblick auf den mittlerweile erfolgten Erwerb der Staatsbürgerschaft schon begrifflich nicht in Frage kommt.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 Wien, am 23. Juni 2006
Schlagworte
Ermessen VwRallg8 Ermessen besondere Rechtsgebiete Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Trennbarkeit gesonderter Abspruch Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004100025.X00Im RIS seit
29.08.2006