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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Bedenken gegen die Werbebeschränkung für Ärzte im Hinblick auf den Gleichheitssatz und die Meinungsäußerungsfreiheit; keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung der Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises über einen als medizinisch-wissenschaftlicher Leiter einer Firma für medizinische Geräte tätigen Arzt wegen Unterlassung zumutbarer Vorkehrungen zur Verhinderung unzulässiger Werbeinserate dieses UnternehmensSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist Arzt für Allgemeinmedizin in St. Veit/Glan und daneben als wissenschaftlich-medizinischer Leiter einer GmbH tätig, die ihren Sitz in Leibnitz hat und deren Betriebsstätte er durchschnittlich einmal wöchentlich aufsucht. Diese Gesellschaft produziert Geräte, die bei der sogenannten Magnetfeldtherapie Verwendung finden.
1.2. Bereits anläßlich eines 1999 gegen ihn wegen standeswidriger Werbung anhängigen Disziplinarverfahrens hatte der Beschwerdeführer bei der Geschäftsführerin der GmbH interveniert, worauf diese - laut Beschwerdevorbringen - den Marketingleiter der Gesellschaft angewiesen habe, nur "rechtlich einwandfrei mit der Ärztekammer abgesprochene Texte und Bilder zu schalten".
1.3. Dennoch erschien in der Kärntner Ausgabe der Kronen Zeitung am 21.5.2000 und am 4.6.2000 jeweils ein ganzseitiges, mit den Worten "Magnetfeldtherapie - Ärzte und Patienten begeistert!"
überschriebenes Inserat. Beide Inserate zeigten ein Lichtbild des
Beschwerdeführers mit den Untertiteln "Dr. ... (Name des
Beschwerdeführers), St. Veit/Glan" (Inserat vom 21.5.2000) bzw.
"Dr. med. ... (Name des Beschwerdeführers), St. Veit/Glan: 'Die
moderne Technik ermöglicht uns, die Errungenschaften der Magnetfeldtherapie bequem und preisgünstig daheim zu nutzen.'" (Inserat vom 4.6.2000) und enthielten weiters Abbildungen von für die Behandlung notwendigen Geräten, einen die Qualität der Produkte der GmbH betreffenden Text, ein Lichtbild des Tennisspielers Thomas Muster mit dem Hinweis, daß dieser die Magnetfeldtherapie aus eigener Erfahrung empfehle, sowie Beschreibungen der Techniken und deren Wirksamkeit bei verschiedenen Erkrankungen. Nach dem Beschwerdevorbringen war die Einschaltung dieser Inserate durch den Marketingleiter der GmbH veranlaßt worden; am 12.6.2000 sei er unter anderem wegen dieses - eigenmächtigen - Vorgehens "fristlos gekündigt" worden.
2. Mit Bescheid des Disziplinarrates der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Steiermark und Kärnten, vom 6.12.2000 wurde der Beschwerdeführer wegen dieser Inserate des Disziplinarvergehens nach §136 Abs1 Z2 ÄrzteG 1998 für schuldig erkannt und ihm hierfür gemäß §139 Abs1 Z1 ÄrzteG 1998 ein schriftlicher Verweis erteilt sowie gemäß §163 Abs1 ÄrzteG 1998 der Ersatz der mit S 18.418,-- bestimmten Kosten des (erstinstanzlichen) Disziplinarverfahrens auferlegt.
Der Disziplinarrat ging davon aus, daß der Beschwerdeführer nicht alle ihm zumutbaren Vorkehrungen zur Verhinderung von unzulässigen Werbeinseraten getroffen habe, da er konkrete Hinweise auf verbotene Werbeinhalte und deren ausdrückliches Verbot unterlassen habe, obwohl er sich als wissenschaftlich-medizinischer Leiter des Unternehmens regelmäßig einmal wöchentlich am Firmensitz in Leibnitz aufgehalten habe und aufgrund seiner bisherigen Erfahrungen im Zusammenhang mit Beanstandungen wegen standeswidriger Werbung zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit hinsichtlich der Werbeinitiativen des Unternehmens verpflichtet gewesen wäre. Nach Ansicht des Disziplinarrates hätte er darauf bestehen müssen, daß ihm seinen Wirkungsbereich betreffende Inserateinschaltungen vor der Veröffentlichung zur Kontrolle bzw. Genehmigung vorgelegt werden; dieser Verpflichtung habe er nicht entsprochen.
3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies der Disziplinarsenat der Österreichischen Ärztekammer beim Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen mit Bescheid vom 11.6.2001 als unbegründet ab und verpflichtete den Beschwerdeführer zum Ersatz der mit S 13.564,-- bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens. Der Disziplinarsenat erblickte in den verfahrensgegenständlichen Inseraten im Hinblick auf deren Aufmachung und die Gesamtbedeutung der darin enthaltenen Aussagen einen Verstoß gegen Art3 litc der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" und schloß sich in der Frage der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers den Ausführungen des Disziplinarrates an.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK), auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG) sowie auf Freiheit der Meinungsäußerung (Art13 StGG, Art10 EMRK) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheids beantragt wird.
5. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.
II. Die zur Beurteilung des vorliegenden Falles maßgebenden Rechtsvorschriften des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I 169/1998, lauten:
"Werbebeschränkung und Provisionsverbot
§53. (1) Der Arzt hat sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten.
(2) (...)
(4) Die Österreichische Ärztekammer kann nähere Vorschriften über die Art und Form der im Abs1 genannten Informationen erlassen.
2. Abschnitt
Disziplinarvergehen
§136. (1) Ärzte machen sich eines Disziplinarvergehens schuldig, wenn sie im Inland oder im Ausland
1. (...)
2. die Berufspflichten verletzen, zu deren Einhaltung sie sich anläßlich der Promotion zum Doctor medicinae universae oder zum Doctor medicinae dentalis verpflichtet haben oder zu deren Einhaltung sie nach diesem Bundesgesetz oder nach anderen Vorschriften verpflichtet sind.
(2) (...)
4. Abschnitt
Disziplinarstrafen
§139. (1) Disziplinarstrafen sind
1.
der schriftliche Verweis,
2.
die Geldstrafe bis zum Betrag von 500 000 S,
3.
die befristete Untersagung der Berufsausübung,
4.
die Streichung aus der Ärzteliste.
(2) (...)"
Art3 der auf §53 Abs4 ÄrzteG 1998 beruhenden Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" der Österreichischen Ärztekammer idF vom 28.6.2000 lautet auszugsweise:
"Artikel 3
Das Standesansehen beeinträchtigend ist eine Information, wenn sie Ehre und Ansehen der Ärzteschaft gegenüber der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen herabsetzt. Eine standeswidrige Information liegt insbesondere vor bei
a) (...)
c) Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte, sowie für deren Hersteller und Vertreiber. Dies gilt nicht für sachliche und wahre Informationen über Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte an die eigenen Patienten und an Kollegen;
d) (...)"
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. In der Beschwerde wird zunächst die Verfassungswidrigkeit der den Bescheid tragenden "Bestimmungen des Ärztegesetzes" bzw. der "zugrundeliegende(n) Richtlinie 'Arzt und Öffentlichkeit'" im Hinblick auf den Gleichheitssatz, die Erwerbsausübungsfreiheit und die Freiheit der Meinungsäußerung behauptet und begründend vorgebracht, daß durch die disziplinarrechtlichen Regelungen ungleiche Bedingungen für Wahlärzte und Ärzte mit Kassenverträgen geschaffen würden. Wahlärzte seien nämlich darauf angewiesen, viel stärker in der Öffentlichkeit in Erscheinung zu treten als Kassenärzte, die stets ausreichend Patienten hätten, weshalb auch das Recht auf freie Meinungsäußerung bei Wahlärzten "weiter auszulegen" sei.
1.2. In seiner bisherigen Judikatur hat der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die dem Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften des ÄrzteG gehegt (vgl. VfSlg. 12.580/1990, 14.037/1995, 15.543/1999 zu den vergleichbaren Regelungen des ÄrzteG 1984). Auch die vorliegende Beschwerde ist nicht geeignet, solche zu erwecken: Der Verfassungsgerichtshof vermag nicht zu erkennen, daß die allenfalls unterschiedliche faktische Situation von Wahlärzten und Kassenärzten einen jeweils anderen Maßstab der erlaubten Werbung erforderlich machte, zumal Ärzten ohnedies nur unsachliche, unwahre oder das Standesansehen beeinträchtigende Informationen untersagt sind. Eine Benachteiligung von Wahlärzten oder eine unzulässige Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung kann in dieser - für alle Ärzte geltenden - Regelung nicht erblickt werden.
1.3. Vor dem Hintergrund des Eingriffstatbestands des "Schutzes der Gesundheit" in Art10 Abs2 EMRK hegt der Verfassungsgerichtshof auch keine Bedenken gegen das in Art3 litc der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" statuierte Verbot der Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte, zumal insbesondere dem Informationsbedürfnis der Patienten durch den zweiten Satz dieser Bestimmung ausreichend Rechnung getragen wird.
2.1. Der Beschwerdeführer rügt weiters eine Verletzung des durch Art6 EMRK gewährleisteten Rechts auf ein faires Verfahren, weil die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer beantragte Zeugin - die Geschäftsführerin der GmbH - nicht einvernommen hat, obwohl dieser im Verfahren nach Ansicht des Beschwerdeführers eine bedeutende Rolle zugekommen wäre. Der Beschwerdeführer habe sich anläßlich einer im September 1999 erschienenen Anzeige in einer Tageszeitung mit der Geschäftsführerin der GmbH unverzüglich in Verbindung gesetzt, woraufhin diese ihm zugesagt habe, daß diese Anzeige abgeändert werde. Vom Beschwerdeführer sei im Zuge des damals anhängigen Disziplinarverfahrens mehrfach darauf hingewiesen worden, daß von der Gesellschaft "inkriminierende und den Beschwerdeführer belastende Werbeeinschaltungen zu unterlassen" seien. Dennoch sei es zu weiteren Inseraten gekommen.
Da es auch noch am 18.10.2000 - zeitlich nach den dem vorliegenden Disziplinarverfahren zugrundeliegenden Inseraten - erneut zu einer Einschaltung mit Lichtbild und angeblichen Äußerungen des Beschwerdeführers gekommen sei, sei die GmbH durch den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers - nach der Aktenlage erstmals schriftlich - aufgefordert worden, die Einschaltung solcher Inserate zu unterlassen. Auch habe der Beschwerdeführer der Geschäftsführerin der GmbH anläßlich einer Unterredung im November 2000 mitgeteilt, daß eine weitere Zusammenarbeit nur unter Einhaltung dieser "Bedingungen" möglich sei. Dadurch, daß die belangte Behörde die Geschäftsführerin nicht als Zeugin einvernommen hat, diese jedoch bestätigen hätte können, daß der Beschwerdeführer "sämtliche ihm zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um die (...) Inserate zu verhindern", sei der Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) verletzt worden.
2.2. Eine Verletzung des Art6 EMRK liegt jedoch nicht vor. Der Beschwerdeführer übersieht, daß die belangte Behörde ihrer Entscheidung den Sachverhalt zugrundegelegt hat, den der Beschwerdeführer selbst angibt und zu dem die Geschäftsführerin der GmbH auch bereits von der Behörde erster Instanz als Zeugin einvernommen worden war. Festzuhalten ist, daß nicht der Sachverhalt, der auslösend für das Disziplinarverfahren war, strittig ist, sondern daß über dessen rechtliche Würdigung unterschiedliche Auffassungen bestehen. Dazu kommt, daß ausschließlich die Inserate vom 21.5.2000 und vom 4.6.2000 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Der vom Beschwerdeführer sichtlich intendierte Nachweis, daß er alles ihm Zumutbare unternommen habe, um "rechtlich nicht einwandfreie" Inserate zu verhindern (etwa durch Schreiben seines Rechtsvertreters vom 19.10.2000), ist für den im Zusammenhang mit der vorliegenden Beschwerde zu beurteilenden Sachverhalt nicht maßgeblich, zumal die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ohnehin auch im Hinblick auf die beiden hier relevanten Inserate nur Fahrlässigkeit vorwirft.
Der Verfassungsgerichtshof vertritt daher die Auffassung, daß die belangte Behörde durch die Unterlassung der neuerlichen Ladung einer Zeugin zur Erörterung eines unbestrittenen Sachverhalts und der daraus folgenden rechtlichen Würdigung kein aus Art6 EMRK erfließendes Recht verletzt hat.
3.1. Nach dem Beschwerdevorbringen verletze der angefochtene Bescheid auch das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung, da er den Beschwerdeführer der Gefahr aussetze, "jedes Mal bestraft zu werden, wenn die (...) GmbH ohne sein Wissen Inserate in der Zeitung schaltet" und im ÄrzteG 1998 Disziplinarstrafen bis zur Streichung aus der Ärzteliste vorgesehen sind.
3.2. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird mit Rücksicht auf den in Art6 StGG enthaltenen Gesetzesvorbehalt nur verletzt, wenn einem Staatsbürger durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird, ohne daß ein Gesetz die Behörde zu einem solchen die Erwerbstätigkeit einschränkenden Bescheid ermächtigt, oder wenn die Rechtsvorschrift, auf die sich der Bescheid stützt, verfassungswidrig oder gesetzwidrig ist, oder wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides ein verfassungsmäßiges Gesetz oder eine gesetzmäßige Verordnung in denkunmöglicher Weise angewendet hat (zB VfSlg. 10.413/1985).
3.3. Im vorliegenden Fall ist aber nicht ersichtlich, inwieweit der angefochtene Bescheid, der lediglich die Erteilung eines schriftlichen Verweises zum Gegenstand hat, überhaupt in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung eingreift. Der bloße Umstand, daß im ÄrzteG 1998 grundsätzlich Disziplinarstrafen bis zur Streichung aus der Ärzteliste vorgesehen sind, vermag nichts daran zu ändern, daß dem Beschwerdeführer durch die im konkreten Fall verhängte Strafe weder der Antritt noch die Ausübung einer bestimmten Erwerbstätigkeit untersagt wurde.
4.1. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz infolge Willkür wird in der Beschwerde vorgebracht, daß die Behörde einen zu strengen Sorgfaltsmaßstab angelegt habe. Der Beschwerdeführer habe darauf vertrauen können, daß infolge seines Gesprächs mit der Geschäftsführerin der GmbH und deren Auftrag an die Werbeabteilung der Gesellschaft, nur mehr "rechtlich einwandfrei mit der Ärztekammer abgesprochene Texte und Bilder zu schalten", solche Inserate wie die beiden nunmehr strittigen nicht mehr veröffentlicht würden. Er habe alle ihm zumutbaren Vorkehrungen getroffen.
4.2. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987).
4.3. In seiner Entscheidung VfSlg. 15.611/1999 hat der Verfassungsgerichtshof in einem vergleichbaren Fall im Zusammenhang mit einer angeblich ebenfalls ohne Zustimmung des (damaligen) Betroffenen veröffentlichten Anzeige ausgeführt, es sei
"(i)m Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, gegen die behauptetermaßen gegen seinen Willen erfolgte Veröffentlichung rechtliche Schritte unternommen zu haben, (...) jedenfalls nicht denkunmöglich, wenn die belangte Behörde auch unter Zugrundelegung seines Vorbringens davon ausgegangen ist, daß dem Beschwerdeführer zumindest Fahrlässigkeit zur Last liegt. Durch die unterlassene Zeugeneinvernahme hat (...) auch keine in die Verfassungssphäre reichende Verletzung von Parteirechten des Beschwerdeführers stattgefunden."
4.4. Im vorliegenden Fall hatte sich die Disziplinarbehörde mit der Frage zu befassen, ob die vom Beschwerdeführer gesetzten Schritte ausreichen, um ihn aus seiner disziplinären Verantwortlichkeit zu befreien.
Gegen den Beschwerdeführer war bereits im Jahr 1999 wegen eines vergleichbaren Vorfalls ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Von den erhobenen Vorwürfen war er sodann mit Bescheid des Disziplinarrats der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Steiermark und Kärnten, vom 24.11.1999 freigesprochen worden, weil die Veröffentlichung der (damals) verfahrensgegenständlichen Anzeige von der (auch hier involvierten) GmbH veranlaßt worden sei, ohne den Beschwerdeführer davon in Kenntnis zu setzen. Der Beschwerdeführer habe erst Wochen nach der Veröffentlichung der Anzeige davon überhaupt Kenntnis erlangt und daher auf deren Inhalt und Gestaltung keinerlei Einfluß nehmen können.
Im Zusammenhang mit dem durch die Inserate vom 21.5.2000 und vom 4.6.2000 ausgelösten Disziplinarverfahren zog die belangte Behörde aus der dargelegten Vorgeschichte den Schluß, daß es im Hinblick darauf, daß
"es dem Beschuldigten bei der (...) GmbH bereits einmal widerfahren war, in das von diesem Unternehmen praktizierte Werbekonzept gleichsam als ärztlicher Werbeträger eingebunden zu werden, (...) keine Überspannung der ihn bei der konkreten Fallkonstellation abzufordernden Sorgfalt dar(stellt), wenn die Disziplinarkommission seine Verpflichtung bejahte, über die verbale Kontaktierung der Geschäftsführerin hinaus konkret anzuordnen, dass ihm sämtliche in Aussicht genommenen Inserate mit seine Person betreffenden Inhaltsbezügen vor entsprechender Einschaltung zur persönlichen Überprüfung auf die Zulässigkeit des Inhaltes zwecks allfälliger Korrekturen zur Einsicht vorgelegt werden. Dies um so mehr, als die (...) regelmäßige telefonische Beratungstätigkeit eine wiederkehrende Kontaktaufnahme des Herstellerunternehmens mit potentiellen Abnehmerkreisen geradezu zwangsläufig voraussetzte."
Diese Auffassung der belangten Behörde ist aus verfassungsrechtlicher Sicht vertretbar. Die Behörde hat sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und ihre Entscheidung hinreichend begründet; der entscheidungsrelevante Sachverhalt war - wie bereits unter Pkt. 2.2. dargetan - unstrittig. Der Verfassungsgerichtshof vermag der belangten Behörde in ihrer Einschätzung nicht entgegenzutreten, daß im Hinblick auf die Lage des Falles eine konkrete (schriftliche) Anordnung der Vorlage sämtlicher in Aussicht genommener, die Person des Beschwerdeführers durch Abbildung oder Aussagen betreffenden Inserate - wie es übrigens in der Folge auch durch Schreiben vom 19.10.2000 (!) geschah - zumutbar gewesen wäre. Eine denkunmögliche Gesetzesanwendung liegt somit nicht vor.
5.1. Zur gerügten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung wird in der Beschwerde schließlich vorgebracht, daß ein Verstoß gegen Art3 litc der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" nicht gesetzt worden sei, weil der Beschwerdeführer in den Inseraten nicht konkret für ein bestimmtes Produkt oder für eine Firma werbe, sondern nur die Wirkungen der Magnetfeldtherapie beschreibe.
5.2. Der Beschwerdeführer übersieht, daß die verfahrensgegenständlichen Inserate neben Ausführungen über die Wirkung der Magnetfeldtherapie insbesondere auch Hinweise auf die GmbH und die Qualität der von ihr hergestellten Geräte sowie Abbildungen von solchen Geräten enthalten. Der Behörde ist schon deshalb eine das relevierte Grundrecht verletzende Anwendung des Art3 litc der Richtlinie "Arzt und Öffentlichkeit" nicht anzulasten, weil die bildliche und werbewirksame Darstellung des Zusammenwirkens von ärztlicher Expertise und wirkungsvollen Therapiemethoden und Produkten in einem Inserat durchaus dem Regelungsgehalt der zitierten Norm zu unterstellen ist.
6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Ob der angefochtene Bescheid aber in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen; und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 9454/1982, 10.565/1985, 10.659/1985, 12.823/1991, 12.987/1992, 13.459/1993).
7. Die Beschwerde war daher abzuweisen.
8. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Ärzte, Disziplinarrecht, Erwerbsausübungsfreiheit, fair trial, Meinungsäußerungsfreiheit, Beweise, Zeugenbeweis, WerbungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B1205.2001Dokumentnummer
JFT_09979692_01B01205_00