TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/27 2006/06/0016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.06.2006
beobachten
merken

Index

L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Tir 2001 §21 Abs2 lita;
BauO Tir 2001 §25 Abs1;
BauO Tir 2001 §25 Abs2;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der H Privatstiftung in I, vertreten durch BLS Rechtsanwälte Boller Langhammer Schubert OEG in 1010 Wien, Kärntner Straße 10, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. Juli 2005, GZ Ve1-8-1/241-1, betreffend Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Eingabe vom 21. April 2004 beantragte die K GmbH bei der mitbeteiligten Marktgemeinde die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung für die Errichtung einer öffentlichen Tankstelle mit eingeschränktem Personenkreis auf dem näher angeführten Grundstück in der mitbeteiligten Gemeinde, das im Eigentum der Beschwerdeführerin steht.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde beschloss in seiner Sitzung vom 18. Mai 2004 für den Großteil des N-Feldes eine Bausperre sowie eine Änderung des Flächenwidmungsplanes in eingeschränktes Gewerbe- und Industriegebiet (G-1) mit Ausschließungsgründen. Der abgeänderte Flächenwidmungsplan trat nach erfolgter Kundmachung am 19. Oktober 2004 in Kraft. Der gültige Flächenwidmungsplan sieht folgende Ausschließungsgründe im Gewerbe- und Industriegebiet vor:

"Nicht zulässig sind Betriebe, die eine erhebliche Verkehrs- und Lärmbelästigung aufweisen. Dazu zählen Transportunternehmen, Baustoffindustrie, Alt- und Wertstoff- und Recycling-Betriebe, Tankstellen sowie sonstige Betriebe mit überwiegendem Lager- und Abstellflächenanteil."

Das verfahrensgegenständliche Grundstück befindet sich in dem von der Bausperre sowie von der Änderung des Flächenwidmungsplanes betroffenen Gebiet.

Mit Devolutionsantrag vom 23. November 2004 beantragte die Beschwerdeführerin den Übergang der Entscheidungspflicht betreffend das vorliegende Bauansuchen an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass Grundlage für das Ansuchen der K GmbH um die Erteilung der baurechtlichen Genehmigung für die Errichtung einer Tankstelle ein mit der Beschwerdeführerin abgeschlossener Pachtvertrag über den Betrieb einer Tankstelle auf diesem Grundstück sei. Eine Erledigung mit schriftlichem Bescheid durch den zuständigen Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde sei bisher nicht erfolgt. Als Grundeigentümerin habe die Beschwerdeführerin ein rechtliches Interesse an der Genehmigung dieses Bauansuchens.

Der Bürgermeister wies mit Bescheid vom 16. Dezember 2004 das angeführte Bauansuchen der K GmbH gemäß § 26 Abs. 3 lit. a Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001) ab. Begründend wurde ausgeführt, dass sich das zur Bebauung beantragte Grundstück in dem von der Bausperre sowie von der Änderung des Flächenwidmungsplanes betroffenen Gebiet befinde. Da die beabsichtigte Baumaßnahme dem geltenden Flächenwidmungsplan widerspreche, sei das Bauansuchen ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde wies mit Bescheid vom 26. April 2005 u.a. den Devolutionsantrag und die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurück. Dies wurde damit begründet, dass nach den Bestimmungen der TBO 2001 in einem Bauverfahren dem Grundeigentümer des Baugrundstückes keine Parteistellung zukomme.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Die belangte Behörde führte dazu im Wesentlichen aus, dass nach der TBO 2001 (§ 25 Abs. 1 und Abs. 2) dem bloßen Grundeigentümer eines zur Bebauung beantragten Grundstückes keine Parteistellung zukomme, die Beschwerdeführerin sei daher durch den bekämpften Berufungsbescheid in keinen Rechten verletzt worden.

Die Behandlung der zunächst dagegen erhobenen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2005, B 1081/05-5, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94/2001 (TBO 2001), sind Parteien im Bauverfahren der Bauwerber und die Nachbarn.

Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung sind Nachbarn die Eigentümer der Grundstücke, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen. Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass ihr bei richtiger rechtlicher Beurteilung des § 8 AVG Parteistellung zu gewähren gewesen wäre und die Behörde hätte ihre Einwendungen der im vorliegenden Bauverfahren anzuwendenden generellen Normen berücksichtigen müssen.

Die Tiroler Bauordnung 2001 trifft eine ausdrückliche Regelung betreffend die Parteistellung im Baubewilligungsverfahren. Die Beschwerdeführerin ist Grundeigentümerin des Baugrundstückes und nicht Eigentümerin eines benachbarten Grundstückes.

Dem Eigentümer eines Baugrundstückes kommt allerdings, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer oder Bauberechtigter ist, im Lichte der Regelung des § 21 Abs. 2 lit. a) TBO 2001 insofern eingeschränkt Parteistellung zu, als er im Falle von Neu- und Zubauten dem Bauvorhaben zustimmen muss. Dem Grundeigentümer kommt aber keine Berechtigung zu, im Baubewilligungsverfahren - wie ein Nachbar - gemäß § 25 Abs. 2 TBO 2001 Einwendungen zu erheben oder sich gegen eine allfällige Versagung einer Baubewilligung an einen Dritten zu wenden. Die Berufung, in der die Beschwerdeführerin nach ihrem eigenen Vorbringen "Einwendungen" betreffend die anzuwendenden generellen Normen (gemeint offenbar die Widmung des Baugrundstückes mit Ausschließungsgründen, die im vorliegenden Fall Grund für die Versagung der Baubewilligung war) erhoben hat, wurde daher zu Recht zurückgewiesen.

Auch die Zurückweisung des Devolutionsantrages war rechtmäßig, da selbst eine Partei eines Verwaltungsverfahrens, die aber kein Anbringen an die Behörde gerichtet hat (wie im Falle des Nachbarn im erstinstanzlichen Baubewilligungsverfahren), keine Entscheidungspflicht der Behörde nach § 73 Abs. 1 AVG geltend machen kann (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, Zl. 93/07/0049).

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Juni 2006

Schlagworte

Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006060016.X00

Im RIS seit

26.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten