TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/27 2005/06/0385

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Veröffentlicht am 27.06.2006
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs1;
BauG Stmk 1995 §13 Abs12;
BauG Stmk 1995 §13 Abs2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §4 Z28;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der JS GmbH in G, vertreten durch Dr. Marisa Schamesberger und Dr. Günther Millner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Hofgasse 6/III und IV, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 9. November 2005, GZ. 007774/2005 - 7, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: K KG in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid vom 28. Juni 2005 erteilte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz der Mitbeteiligten neben einem Teilabbruch und einem Umbau der bestehenden Halle auch der Errichtung von zwei Flugdachkonstruktionen als offene Lagerhallen auf den näher angeführten Grundstücken in der KG L. unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen die baurechtliche Bewilligung. Die Beschwerdeführerin, die Eigentümerin eines unmittelbar benachbarten Grundstückes ist, erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung ab. Die belangte Behörde führte in ihrer Entscheidung im Wesentlichen aus, gemäß § 4 Z. 28 Stmk. BauG sei unter einem "Gebäude" eine bauliche Anlage zu verstehen, die mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bilde, der an den Seitenflächen allseits oder überwiegend geschlossen sei. Als Gebäude gälten jedoch auch offene Garagen. Unstrittigerweise bilde die vorliegende Flugdachkonstruktion keinen oberirdischen überdeckten Raum, der an den Seitenflächen allseits oder zumindest überwiegend geschlossen sei. Vielmehr sei aus den im Akt erliegenden Einreichplänen deutlich erkennbar, dass es sich bei dem einen Flugdach um ein klassisches Flugdach handle, das an sämtlichen Seitenflächen offen ausgestaltet sei. Das zweite Flugdach, das an das bereits bestehende Gebäude - von welchem im Übrigen ein Teil der Außenwandfläche abgebrochen werde - angebaut werden solle, weise ebenfalls weder allseits umschlossene Seitenflächen, noch überwiegend geschlossene Seitenflächen auf. Vielmehr sei aus den Plänen klar erkennbar, dass die Seitenflächen auch bei diesem Flugdach, welches als Anbau ausgeführt werden solle, zum größten Teil offen ausgeführt seien. Die explizite Erwähnung der offenen Garagen in § 4 Z. 28 Stmk. BauG stelle - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - keine bloß deklarative Aufzählung dar. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Flugdächer bzw. bauliche Anlagen, deren Seitenflächen nicht zu mehr als 50 % geschlossen seien - sohin keine Gebäude darstellten - nicht abstandsrelevant seien.

Wie weit der Verwendungszweck einer Flugdachkonstruktion als Witterungsschutz bei einem durchaus von seiner Ausgestaltung her als üblich anzusehenden Flugdach eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft im Sinne des § 13 Abs. 12  Stmk. BauG erwarten lasse, sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar und sei im Übrigen auch von der Beschwerdeführerin nicht dargelegt worden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Z. 28 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), ist ein Gebäude eine bauliche Anlage, die mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bildet, der an den Seitenflächen allseits oder überwiegend geschlossen ist. Als Gebäude gelten jedoch auch offene Garagen.

Gemäß § 4 Z. 27 Stmk. BauG i.d.F. LGBl. Nr. 78/2003 sind offene Garagen oberirdische Garagen oder Garagenabschnitte, die unmittelbar ins Freie führende und so verteilte unverschließbare Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände haben, dass die ständige natürliche Durchlüftung gewährleistet ist. Durch Wetterschutzvorrichtungen udgl. darf die Mindestöffnung nicht verringert werden.

Gemäß § 13 Abs. 12 Stmk. BauG hat die Behörde größere Abstände vorzuschreiben, wenn der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten lässt oder dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich ist.

Die Beschwerdeführerin rügt, dass das gegenständliche Flugdach an einer Längsseite sowie an einer Breitseite, somit zu 50 %, vom Mauerwerk umschlossen sei. Es sei daher als Gebäude im Sinne des § 4 Z. 28 Stmk. BauG zu qualifizieren.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Gebäudedefinition im § 4 Z. 28 leg. cit. darauf abstellt, dass eine bauliche Anlage mindestens einen oberirdischen überdeckten Raum bilde, der an den Seitenflächen allseits oder überwiegend geschlossen ist. Wenn eine Flugdachkonstruktion - wie von der Beschwerdeführerin behauptet - an den Seitenflächen zu 50 % von Mauerwerk umschlossen ist, kann dies nicht als überwiegend an den Seitenflächen geschlossen beurteilt werden. Der Begriff des Gebäudes ist durch eine derartige Flugdachkonstruktion nicht erfüllt.

Wenn die Beschwerdeführerin weiters eine Verletzung des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG geltend macht, ist ihr insbesondere entgegenzuhalten, dass sie in der Beschwerde keine vom Verwendungszweck der baulichen Anlage hervorgerufenen Belästigungen ins Treffen führt, die eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten ließen. Es konnte daher dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin überhaupt rechtszeitig im Verfahren derartige Einwendungen im Sinne des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG erhoben hat.

Der Beschwerderüge, die verfahrensgegenständlichen Flugdächer nähmen auf Grund ihrer Höhe und Größe ihrem Grundstück zu einem großen Teil die Belichtung weg, sodass jedenfalls von einer, das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigung auszugehen sei, ist zu entgegnen, dass die Gewährleistung der Belichtung des Gebäudes auf einem Grundstück durch die Abstandsbestimmungen des § 13 Abs. 1 und 2 Stmk. BauG sicher gestellt wird. Die behauptete Einschränkung der Belichtung ihres Grundstückes durch eine benachbarte bauliche Anlage stellt keine Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft im Sinne des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG dar.

Dem Beschwerdevorbringen, der für die Erledigung maßgebliche Sachverhalt und die entscheidungswesentlichen Tatsachen seien nicht vollständig ermittelt und festgestellt worden, kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil die Beschwerdeführerin die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels nicht dartut. Die Beschwerdeführerin begründet insbesondere nicht, inwiefern und weshalb vom Verwendungszweck der beiden Flugdachkonstruktionen her näher angeführte Belästigungen zu befürchten seien, die das ortsübliche Ausmaß übersteigen könnten. Die befürchtete Zerstörung des Zaunes durch Diebe, die das unter dem Flugdach lagernde Leergut stehlen, ist keine Belästigung im Sinne des § 13 Abs. 12 Stmk. BauG.

Da der Inhalt der Beschwerde bereits erkennen lässt, dass die geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Juni 2006

Schlagworte

Baurecht Nachbar Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005060385.X00

Im RIS seit

25.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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