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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der D in K, vertreten durch Dr. Christian Harisch, Mag. Franz J. Teufl, Mag. Bernhard Wimmer und Dr. Sonja Schindlholzer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hofhaymerallee 42, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 10. Juni 2005, Zl. Senat-AM-04-0214, betreffend Übertretung der Niederösterreichischen Bauordnung (weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von 381,90 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 22. September 2004 wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe als eines der gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Organe (handelsrechtliche Geschäftsführerin) der D.-GmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft im Tatzeitraum vom 17. Mai 2004 bis 6. August 2004 ein Bauwerk, nämlich das Objekt 1 des Fachmarktzentrums in G., W-Straße 44, Geschäftsteil der D.- GmbH mit der Bezeichnung "F-Outlet", somit ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben, welches ohne rechtskräftige Baubewilligung errichtet worden sei, durch das Offenhalten des Geschäftslokales und die Durchführung von Verkaufstätigkeiten benützt habe. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 1 der NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.500,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen) verhängt. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Beschwerdeführerin die Zahlung von EUR 250,-- auferlegt.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, sie habe bereits in ihrer Rechtfertigung vom 7. September 2004 darauf hingewiesen, dass auf Grund der seit langem geltenden internen Geschäftsaufteilung der Mitgeschäftsführer Mag. D. ausschließlich und alleine für den gegenständlichen Standort der D.-GmbH gemäß § 9 VStG verantwortlich sei. Dies habe Mag. D. auch in seiner Rechtfertigung vom 6. September 2004 bestätigt. Die Beschwerdeführerin sei ausschließlich für einen weiteren Standort der D.-GmbH, und zwar für das Cafe L. in R., verantwortliche Beauftragte. Diese Geschäftsaufteilung sei im beiderseitigen Einvernehmen erfolgt. Die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten könne grundsätzlich formfrei erfolgen, es bestehe lediglich das Erfordernis, dass die Zustimmung nachweislich erfolgt sei. Ein solcher Nachweis sei durch das übereinstimmende Vorbringen der Beschwerdeführerin und des Mag. D. erbracht worden. Gegen Mag. D. seien wegen des gegenständlichen Objektes bereits mehrere Verwaltungsstrafverfahren anhängig gewesen. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 10. Februar 2003 sei über Mag. D. wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 4 BO eine Geldstrafe verhängt worden, wobei der Tatort sich auch auf das Objekt 1 bezogen habe. Die Bezirkhauptmannschaft Amstetten sei davon ausgegangen, dass mit Ausnahme des Geschäftslokales J. die sonstigen Bauteile des Objektes 1 nicht durch eine Baubewilligung gedeckt seien und daher die Zurverfügungstellung dieser Teile an einen Dritten der Verwaltungsstrafnorm nach § 37 Abs. 1 Z 1 BO unterliege. Auf Grund der Berufung des Mag. D. habe der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Niederösterreich mit Bescheid vom 10. Mai 2004 ausgesprochen, dass die Mag. D. zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht gegeben sei. Mag. D. und die Beschwerdeführerin hätten daher davon ausgehen können, dass keine Verwaltungsübertretung vorliege, wenn sie die gegenständlichen Teile des Objektes 1 durch die D.-GmbH benützen ließen. Der Beschwerdeführerin könne keinesfalls vorgeworfen werden, fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt zu haben, sodass für eine Bestrafung die subjektive Tatseite fehle. Selbst wenn Strafbarkeit gegeben wäre, wäre die verhängte Geldstrafe von EUR 2.500,-- wesentlich überhöht. Ein äußerst geringes Verschulden der Beschwerdeführerin könnte nur darin erblickt werden, dass sie nicht von Vornherein die richtige Rechtslage erkannt habe. Eine Ermahnung bzw. die Verhängung einer bedingten Geldstrafe oder einer Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens sei ausreichend.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung der Berufung keine Folge und verpflichtete die Beschwerdeführerin zum Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von EUR 500,--. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, anlässlich einer baubehördlichen Überprüfungsverhandlung am 19. Dezember 1997 sei unter anderem festgestellt worden, dass das Objekt 1 sowohl in geänderter Lage als auch mit geänderten Abmessungen hergestellt worden sei, sodass die Abstände zum Geh- und Radweg und von der W.- Straße nur mehr 3,50 m bzw. 3,24 m anstelle der bewilligten Abstände von 8,40 m bzw. 8,11 m betragen würden. Das Objekt 1 sei - wie sich auch aus einem Erhebungsbericht der Feuerwehr vom 1. Juli 2004 ergeben habe - mit einer Breite von 18 m bei allen Geschäftsbereichen anstelle der bewilligten 15 m hergestellt worden. Dadurch sei eine Vergrößerung der insgesamt überbauten Fläche von 1.359,06 m2 auf 1.678,41 m2 erfolgt. Eine nachträgliche Baubewilligung sei lediglich für den Bereich des Verkaufslokales J., nicht aber für den restlichen Baukörper erteilt worden. Die Abweichungen des tatsächlich errichteten Gebäudes gegenüber dem Einreichplan seien von Mag. D. im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung außer Streit gestellt worden. Diese seien auch anlässlich der Überprüfungsverhandlung am 19. Dezember 1997 durch den Zeugen W. festgestellt worden. Mag. D. habe auch bestätigt, dass im Tatzeitraum die D.-GmbH das gegenständliche Objekt genutzt habe. Das Objekt 1 sei in einem Zug hergestellt und nicht erst nachträglich geändert worden. Es sei von einem rechtlichen "aliud" auszugehen, wenn ein Gebäude errichtet werde, das in seinen Ausmaßen und damit auch in seiner Situierung von der erteilten Baubewilligung abweiche. Die Baubewilligung werde nämlich für ein durch seine Größe und Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass eine Abweichung hievon eine neuerliche Baubewilligung erfordere. Die Beschwerdeführerin habe daher als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ den Tatbestand des § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 1 BO erfüllt. Bei mehreren zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person sei jeder aus diesem Personenkreis für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlich, soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt seien. Die Zustimmung des nominierten verantwortlichen Beauftragten müsse von den zur Vertretung nach außen Berufenen der Behörde nachgewiesen werden, wobei der Zustimmungsnachweis aus der Zeit vor der Tat stammen müsse. Da ein derartiger Nachweis von der Beschwerdeführerin nicht habe erbracht werden können, sei sie für die gegenständliche Verwaltungsübertretung verantwortlich. Zum Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 10. Mai 2004 sei auszuführen, dass in diesem Verfahren Mag. D. als verantwortlichem Organ der S.- GmbH & Co KEG angelastet worden sei, dass diese Gesellschaft als Vermieterin den Verantwortlichen der M.-GmbH die Benützung des gegenständlichen Objektes vorsätzlich erleichtert habe. Im verfahrensgegenständlichen Verfahren werde nicht die Vermietung durch die S.-GmbH & Co KEG, sondern die Benützung des Objektes durch die D.-GmbH, welche selbst im Tatzeitraum ein Geschäft betrieben habe, angelastet. Bei dem bisherigen Verfahren wäre eine Strafbarkeit nur bei Vorsatz gegeben gewesen, während im vorliegenden Fall betreffend die Benützung des nicht bewilligten Objektes bereits bei fahrlässigem Handeln Strafbarkeit gegeben sei. Ein solcher Vorsatz habe Mag. D. seinerzeit nicht nachgewiesen werden können. Mag. D. habe nunmehr im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung selbst ausgeführt, er sei immer bemüht gewesen, mit der Gemeinde eine Bereinigung der Situation herbei zu führen, woraus zu schließen sei, dass ihm die nicht gesetzeskonforme Benützung des gegenständlichen Geschäftslokales bekannt gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe, selbst wenn ihr ihr Ehemann Mag. D. nicht vom konsenslosen Bauzustand berichtet hätte, insofern fahrlässig gehandelt, als sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin der D.-GmbH verpflichtet gewesen wäre, sich entsprechend zu informieren. Bei der Strafbemessung sei die erstinstanzliche Behörde davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin über ein Einkommen von EUR 1.500,-- monatlich verfüge und für fünf Personen sorgepflichtig sei. Zu Erschwerungs- oder Milderungsgründen habe sich die erstinstanzliche Behörde nicht geäußert. Der Beschwerdeführerin komme der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit zugute. In Anbetracht des vom Ehegatten der Beschwerdeführerin angegebenen Einkommens von EUR 1.000,-- netto monatlich, des 50%igen Geschäftsanteiles an der D.-GmbH, welcher von der erstinstanzlichen Behörde bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt worden sei, und auf Grund des Umstandes, dass anstatt der angenommenen fünf lediglich Sorgepflichten für zwei Kinder bestünden, sei die verhängte Geldstrafe von EUR 2.500,-- bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen auch im Hinblick auf den festgestellten Tatzeitraum von fast drei Monaten angemessen, zumal ohnehin lediglich ein Drittel des möglichen Strafrahmens ausgeschöpft worden sei. Die Beschwerdeführerin sei zum Zeitpunkt der Errichtung des gegenständlichen Objektes handelsrechtliche Geschäftsführerin der St.-Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, der persönlich haftenden Gesellschafterin der S-GmbH & Co KEG gewesen, welcher die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung des Objektes 1 erteilt worden sei. Von einem geringfügigen Verschulden könne daher nicht gesprochen werden, weil die Beschwerdeführerin sohin zumindest hätte wissen können, dass das Objekt nicht im genehmigten Ausmaß und daher konsenslos errichtet worden sei. Ihr hätte auch auffallen müssen, dass das Objekt in geänderter Weise gebaut worden sei, zumal bei einer Vergrößerung der verbauten Fläche wie im gegenständlichen Fall um 300 m2 auch höhere Baukosten hätten anfallen müssen. Dass sich diese durch die Erweiterung der Flächen erhöht hätten, sei auch von Mag. D. im Zuge seiner Vernehmung zumindest für möglich erachtet worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin wiederholt im Wesentlichen ihr Berufungsvorbringen zum Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom 10. Mai 2004 sowie zur Aufteilung der Agenden der Geschäftsführer. Zusammengefasst wird ausgeführt, der Sachverhalt sei in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig. Hätte die belangte Behörde das gegenüber Mag. D. geführte Verwaltungsstrafverfahren berücksichtigt, wäre sie zu dem Schluss gekommen, dass die Beschwerdeführerin und Mag. D. nicht mit einer neuerlichen Bestrafung hätten rechnen müssen, sodass ein entschuldbares Verhalten bzw. ein sehr geringes Verschulden vorliege, und die Strafe hätte aufgehoben bzw. bedingt ausgesprochen oder niedriger angesetzt werden müssen. Die belangte Behörde habe nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin für den Standort des gegenständlichen Objektes nicht verantwortlich sei. Hätte sie diese Feststellung getroffen, hätte sie das Strafverfahren gegen die Beschwerdeführerin einstellen müssen. Die belangte Behörde sei einem Rechtsirrtum unterlegen, weil dem übereinstimmenden Vorbringen der Beschwerdeführerin mit jenem des Mag. D. nur der Sinn entnommen werden könne, dass eine Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin für das in Rede stehende Objekt 1 nicht gegeben sei. Die Beschwerdeführerin meint schließlich, dass eine Strafe von EUR 2.500,-- nicht gerechtfertigt sei, wiederholt in diesem Zusammenhang ihr Vorbringen zum entschuldbaren Verhalten bzw. Vorliegen eines geringen Verschuldens und ergänzt, dass sie unbescholten und für zwei Kinder sorgepflichtig sei.
Die hier relevanten Bestimmungen der BO lauten auszugsweise:
"§ 14
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben
Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer Baubewilligung:
1. Neu- und Zubauten von Gebäuden;
...
4. die Abänderung von Bauwerken, wenn die Standsicherheit tragender Bauteile, der Brandschutz oder die hygienischen Verhältnisse beeinträchtigt, ein Widerspruch zum Ortsbild (§ 56) entstehen oder Rechte nach § 6 verletzt werden könnten;
..."
§ 37 BO lautet auszugsweise:
"Verwaltungsübertretungen
(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Handlung bildet, wer
1. ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben (§ 14) ohne rechtskräftige Baubewilligung ausführt oder ausführen läßt oder ein so errichtetes oder abgeändertes Bauwerk benützt,
...
(2) Übertretungen nach
Abs. 1 Z. 1, 5 und 10 sind mit einer Geldstrafe von EUR 365,- bis zu EUR 7.300,-, zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 2 Wochen,
..., Abs. 1 Z. 4, 6 und 9 mit einer Geldstrafe bis zu Euro 730.-,
zugleich für den Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 3 Tagen,
zu bestrafen."
Die hier maßgebenden Bestimmungen des VStG lauten auszugsweise:
"Besondere Fälle der Verantwortlichkeit
§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
...
(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. ...
...
Strafbemessung
§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Absehen von der Strafe
§ 21. (1) Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
..."
Zunächst ist festzuhalten, dass bei mehreren zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person jeder aus diesem Personenkreis, sofern nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, S. 201 ff unter E 109 ff zitierte hg. Judikatur).
Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 4 VStG führte nur dann zur Entlastung der Beschwerdeführerin, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten eingelangt wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. März 2001, Zl. 99/05/0217). Es genügt zur Erbringung des vom Gesetzgeber geforderten Zustimmungsnachweises somit aber nicht, wenn sich die diesbezüglich beweispflichtige beschuldigte Beschwerdeführerin auf die nach der angelasteten Tatzeit erstattete Rechtfertigung des angeblich verantwortlichen Beauftragten Mag. D. vom 7. September 2004 beruft, mit der dessen Zustimmung zur Bestellung unter Beweis gestellt werden soll.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihr Verhalten sei entschuldbar gewesen, da sie auf Grund des Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom 10. Mai 2004 nicht mit einer Bestrafung habe rechnen können, kommt keine Berechtigung zu: Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes legte die belangte Behörde den von der Beschwerdeführerin angesprochenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Niederösterreich vom 10. Mai 2004, Zl. Senat-AM-03-0020, vor. Mit diesem Bescheid ist ein erstinstanzliches Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 10. Februar 2003, mit dem über Mag. D. eine Geldstrafe wegen Beihilfe zu einer Übertretung des § 37 Abs. 1 Z 1 iVm § 14 Z 4 BO verhängt worden war, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt worden. Begründend ist im Wesentlichen ausgeführt worden, dass Mag. D. mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis angelastet worden sei, er habe es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der S.-GmbH & Co KEG zu verantworten, dass diese Gesellschaft den beiden verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen der M.-GmbH die Benützung eines ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführten bewilligungspflichtigen Bauvorhabens (Abänderung eines Bauwerks gemäß § 14 Z 4 BO) durch das Zurverfügungstellen eines Geschäftslokales im Rahmen eines Mietvertrages vorsätzlich erleichtert habe. Die Bewilligungspflicht der als Abänderung zu wertenden Abweichungen von der ursprünglichen Baubewilligung sei von der erstinstanzlichen Behörde damit begründet worden, dass durch die geänderten Abstände zur W.-Straße und zum Geh- und Radweg dem derzeitigen Bebauungsplan und dem Ortsbild widersprochen würde und eine Beeinträchtigung des Brandschutzes entstehen könne. Da den behördlichen Feststellungen nicht einmal vage eine Umschreibung des Ortsbildes im Umfeld des gegenständlichen Objektes zu entnehmen sei, könne nicht beurteilt werden, ob das Ortsbild durch die geänderten Abstände zur W.- Straße und zum Geh- und Radweg beeinträchtigt werden könne. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung habe auch nicht geklärt werden können, ob das tatsächlich errichtete Objekt größer dimensioniert sei als das bewilligte. Es sei daher zu prüfen, ob die geänderten Abstände zum Nachbarobjekt geeignet seien, den Brandschutz zu beeinträchtigen. Der tatsächliche Abstand beider Gebäude voneinander sei aber auch keiner behördlichen Verfolgungshandlung zu entnehmen, weshalb eine Spruchkorrektur ausscheide.
Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass in dem damaligen Strafverfahren gerade die hier maßgebliche Frage, ob für das gegenständliche Objekt auf Grund von Abweichungen von der Bewilligung eine neuerliche Baubewilligung iSd § 14 Z 1 BO erforderlich gewesen wäre, offen blieb. Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, dass ihr nicht bekannt gewesen wäre, dass das damalige Strafverfahren den Tatbestand des § 14 Z 4 BO betroffen hat. Sie konnte daher aber auch nicht davon ausgehen, dass eine Erfüllung des Tatbestandes des § 14 Z 1 BO auf Grund des seinerzeitigen Bescheides des Unabhängigen Verwaltungssenates ausscheidet. Die in der Beschwerde geforderte Berücksichtigung dieses Verwaltungsstrafverfahrens für die Beurteilung des Verschuldens der Beschwerdeführerin kommt angesichts dieser Umstände nicht in Betracht.
Im nunmehr vorliegenden Fall wurden im Übrigen die festgestellten Abweichungen des tatsächlich errichteten Objektes gegenüber dem Einreichplan von Mag. D ausdrücklich außer Streit und von der Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt. Diese Abweichungen wurden auch vom Zeugen W. bestätigt. Der belangten Behörde kann somit nicht mit Erfolg entgegen getreten werden, wenn sie zu dem Schluss kam, dass das gegenständliche Objekt in seinen Ausmaßen und damit auch in seiner Situierung von der dafür erteilten Baubewilligung in den festgestellten Maßen abweicht, weshalb von einem rechtlichen "aliud" auszugehen ist. Da die Baubewilligung für ein durch seine Größe und Lage bestimmtes Vorhaben erteilt wird, ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass die gegenständlichen Abweichungen eine neuerliche Baubewilligung nach § 14 Z 1 BO erfordert hätten (vgl. z.B. das auch von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 15. Juli 2003, Zl. 2002/05/1517).
Von einem geringfügigen Verschulden der Beschwerdeführerin kann folglich aber nicht gesprochen werden. Als handelsrechtliche Geschäftsführerin der D.-GmbH hätte sie sich über die Konsensgemäßheit des Baues informieren müssen. Dies hat sie offenbar unterlassen. Hinzu tritt, dass die Beschwerdeführerin auch die Ausführungen der belangten Behörde, sie sei zum Zeitpunkt der Errichtung des Objektes 1 handelsrechtliche Geschäftsführerin der St.-Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH, der persönlich haftenden Gesellschafterin der S.-GmbH & Co KEG, gewesen, welcher die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung des Objektes 1 erteilt worden sei, nicht bestreitet. Es kann somit aber nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde folgerte, die Beschwerdeführerin hätte zumindest wissen müssen, dass das Objekt 1 abweichend von der dafür erwirkten Baubewilligung errichtet worden sei. Die belangte Behörde hat daher zu Recht nicht gemäß § 21 Abs. 1 VStG von der Strafe abgesehen.
Die Beschwerdeführerin rügt schließlich die Strafbemessung der belangten Behörde. Die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch macht. Dabei ist es Sache der Behörde, die für die Strafzumessung maßgebenden Erwägungen darzustellen, um so dem Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit zur Überprüfung zu eröffnen, ob vom Ermessen gesetzgemäß Gebrauch gemacht worden ist. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass die Behörde unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet wäre, nur die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, Zl. 2000/09/0059). Es ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass die Erwägungen der belangten Behörde zur Strafhöhe den genannten Anforderungen nicht entsprechen und zu einem gesetzwidrigen Ergebnis geführt haben. Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung dem Verschulden der Beschwerdeführerin die gebotene Bedeutung beigemessen und den in der Beschwerde aufgeworfenen Milderungsgrund der Unbescholtenheit ebenso berücksichtigt wie die von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Sorgepflichten für zwei Kinder.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. Juni 2006
Schlagworte
Allgemein ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005050261.X00Im RIS seit
25.07.2006