TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/27 2006/06/0026

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Veröffentlicht am 27.06.2006
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
41/03 Personenstandsrecht;

Norm

ABGB §165 idF 1995/025;
ABGB §178a;
NÄG 1988 §3 Abs1 Z6 idF 1995/025;
NamRÄG 1995 Art1 Z8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des KS in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Broesigke und Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwälte in Wien 6, Gumpendorfer Straße 14, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. November 2005, Zl. MA 62 - III/14576/05, betreffend Namensänderung (mitbeteiligte Partei: mj. NW, vertreten durch KW), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 8. September 2002 geborene mj. Mitbeteiligte, nach der Aktenlage österreichischer Staatsangehöriger, ist ein uneheliches Kind des Beschwerdeführers und der KW. Die Mutter führte zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes wie auch seither den Namen W aus einer früheren, im Jahr 2000 geschiedenen Ehe. Demgemäß führte der Mitbeteiligte gemäß § 165 ABGB zunächst den Familiennamen W., erhielt aber mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 24. September 2002 (Bewilligung der Namensänderung) den Familiennamen seines Vaters, des Beschwerdeführers, nämlich S. Das Kind lebt bei seiner Mutter, der auch die alleinige Obsorge zukommt. Im gemeinsamen Haushalt lebt auch eine Halbschwester des Kindes (ein Kind der Mutter aus ihrer früheren Ehe), die (ebenfalls, wie die Mutter) den Familiennamen W. führt.

Mit Antrag vom 1. September 2004 beantragte der mj. Mitbeteiligte, vertreten durch seine Mutter, die Änderung seines Familiennamens in W., was damit begründet wurde, dass er damit den Familiennamen der Mutter erhalten solle (die auch der Namensänderung zustimmte).

Der Beschwerdeführer beantragte die Abweisung des Antrages, weil es für das Kindeswohl nicht zweckmäßig sei, wenn der Name ständig verändert werde (wurde näher ausgeführt).

Das Amt für Jugend und Familie, Regionalstelle für den

3. Bezirk, gab eine positive Stellungnahme vom 25. November 2004 ab und verwies darauf, dass die Mutter seit einiger Zeit vom Beschwerdeführer getrennt sei und den Namen des Kindes ändern lassen wolle. Sie wünsche sich, dass "alle Familienmitglieder", nämlich sie, ihre Tochter und ihr Sohn denselben Namen trügen.

Der Beschwerdeführer äußerte sich ablehnend.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 22. Februar 2005 bewilligte der Magistrat der Stadt Wien, MA 61, antragsgemäß die Änderung des Familiennamens des Kindes von S. in W., was zusammengefasst damit begründet wurde, dass gemäß § 2 Abs. 1 Z 9 des Namensänderungsgesetzes (NÄG) die Namensänderung zu bewilligen sei, wenn der mj. Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten solle, der die Obsorge für ihn zukomme. Dem mj. Kind stehe somit kraft Gesetzes ein Rechtsanspruch auf Namensangleichung zu dem Elternteil zu, von dem es gesetzlich vertreten werde. Dem Elternteil, dem Obsorge nicht zukomme, im Beschwerdefall dem Beschwerdeführer, komme kein Recht auf Zustimmung, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 NÄG dürfe die Bewilligung der Namensänderung nicht erfolgen, wenn die beantragte Änderung des Familiennamens dem Wohl des Kindes abträglich sei. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entspreche die Herstellung der Namensgleichheit mit demjenigen der Familie, in der das Kind aufwachse, in höherem Maße dem Wohl des Kindes als die Beibehaltung seines bisherigen (anders lautenden) Familiennamens (Hinweis auf hg. Judikatur). Da eine Gefährdung des Wohls des Kindes durch die angestrebte Namensänderung nicht festzustellen gewesen sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die belangte Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren, der Beschwerdeführer äußerte sich weiterhin ablehnend.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, schloss sie sich der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde an, und legte auch dar, dass der Bescheid vom 24. September 2002 (Änderung des Familiennamens des Kindes von W. in S.) keine Bindungswirkung dahin entfalte, die der nunmehr angestrebten neuerlichen Namensänderung entgegenstünde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Mitbeteiligte (vertreten durch seine Mutter) hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes (NÄG), BGBl. Nr. 195/1988, in der mit 1. Mai 1995 in Kraft getretenen Fassung des Namensrechtsänderungsgesetzes (NamRÄG), BGBl. Nr. 25/1995, lauten:

"§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft

1. einen österreichischen Staatsbürger;

...

(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.

§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn

...

8. der Antragsteller den Familiennamen seiner Eltern oder eines Elternteils erhalten will oder der Antragsteller den Familiennamen einer Person erhalten will, von der er seinen Familiennamen abgeleitet hat und deren Familienname geändert worden ist oder dessen Änderung beantragt ist;

9. der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;

...

§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn

...

3. der beantragte Familienname von einer anderen Person rechtmäßig geführt wird, der ein berechtigtes Interesse am Ausschluss des Antragstellers von der Führung des gleichen Familiennamens zukommt; dies gilt nicht in den Fällen des § 2 Abs. 1 Z 5 und 7 bis 9;

...

6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;

...

8. der Antragsteller die Änderung eines Familiennamens oder Vornamens beantragt, den er durch eine Namensänderung auf Grund eines von ihm selbst gestellten Antrags innerhalb der letzten zehn Jahre erhalten hat; dies gilt nicht, wenn die Namensänderung nach § 2 Abs. 1 Z 6 bis 9 erfolgen soll."

Nach § 165 ABGB (idF gemäß Art I Z 8 NamRÄG, BGBl. Nr 25/1995) erhält das uneheliche Kind den Familiennamen der Mutter (zuvor: den Geschlechtsnamen der Mutter).

§ 178a ABGB lautet:

"Berücksichtigung des Kindeswohls

§ 178a. Bei Beurteilung des Kindeswohls sind die Persönlichkeit des Kindes und seine Bedürfnisse, besonders seine Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die Lebensverhältnisse der Eltern entsprechend zu berücksichtigen."

Der Beschwerdeführer macht zusammengefasst geltend, die Beibehaltung des Familiennamens S. sei dem Wohl des Kindes zuträglicher als die Änderung in W. Dass nämlich ein Kind einen anderen Familiennamen führe als die Mutter, bei der es aufwachse, sei zumal in der Großstadt nichts Außergewöhnliches; vielmehr sei die Darlegung, weshalb das Kind den Namen eines geschiedenen Mannes der Mutter trage, ohne mit diesem "in irgendeiner Verbindung zu stehen", mit "weitaus mehr Erklärungsnotstand verbunden". Der frühere Ehemann der Mutter habe, im Gegensatz zum Beschwerdeführer, keine Beziehung zum Kind. Darüber hinaus wäre der frühere Ehemann der Mutter, dessen Namen das Kind erhalten solle, gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 NÄG beizuziehen gewesen. Schließlich verstoße der angefochtene Bescheid auch gegen die Rechtskraft des Namensänderungsbescheides vom 24. September 2002. Die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 Z 8 letzter Halbsatz NÄG könne nicht zum Tragen kommen, weil es nicht dem Sinngehalt des Gesetzes entsprechen könne, dass man "alle paar Monate den Familiennamen eines Minderjährigen nach Belieben ändern" könnte.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Im Beschwerdefall soll das Kind den Familiennamen der obsorgeberechtigten Mutter erhalten, die den Familiennamen aus einer früheren, geschiedenen Ehe weiterführt und damit auch, wie der Beschwerdeführer zutreffend hervorhebt, denselben Familiennamen führt wie ihr früherer Ehemann. Entscheidend ist hier aber, dass das Kind den Familiennamen der obsorgeberechtigten Mutter erhalten soll; damit liegen, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, die Namensänderungsgründe des § 2 Abs. 1 Z 8 und 9 NÄG vor.

Im Hinblick darauf ist weder der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Z 3 noch Z 8 gegeben (dies im Hinblick auf die Ausnahmebestimmung der letzten Halbsätze dieser Ziffern). Da der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Z 3 NÄG nicht gegeben ist, bedurfte es auch nicht der Zustimmung/des Einverständnisses des früheren Ehemannes der Mutter zur beantragten Namensänderung oder auch seiner Einbeziehung in das Verfahren. Da auch, wie gesagt, der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Z 8 (schon wegen der Ausnahmebestimmung seines letzten Halbsatzes) nicht vorliegt, ist auch die dort genannte Zehnjahresfrist im Beschwerdefall nicht maßgeblich.

Da im Beschwerdefall die Änderungsgründe des § 2 Abs. 1 Z 8 und 9 gegeben sind, steht auch die Rechtskraft des Namensänderungsbescheides vom 24. September 2002 der begehrten (und bewilligten) Namensänderung nicht entgegen (irrelevant ist dabei, ob der Beschwerdeführer und die Mutter des Kindes damals noch in Lebensgemeinschaft lebten oder nicht).

Dieser (angestrebten, wiederholten) Änderung des Familiennamens des Kindes könnte aber der Versagungsgrund des § 3 Abs. 1 Z 6 NÄG entgegenstehen.

Allgemein hat der Verwaltungsgerichtshof hiezu bereits mehrfach ausgesprochen (dies schon zur Rechtslage vor Inkrafttreten des NamRÄG), dass die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens mit der Familie, in der ein Kind aktuell aufwächst, in höherem Maß dem Wohl dieses Kindes entspricht als die Beibehaltung des bisherigen Namens. Das NamRÄG hat die Möglichkeit der Angleichung des Familiennamens eines Minderjährigen an den des Obsorgeberechtigten erleichtert, wodurch die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zusätzlich Bestätigung erfahren hat. In der Folge hat sich auch der Oberste Gerichtshof vor dem Hintergrund der seit 1. Mai 1995 geltenden Fassung des NÄG der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes angeschlossen und zusammenfassend wie dieser ausgesprochen, dass im Allgemeinen dem Wohl des Kindes die Herstellung der Gleichheit des Familiennamens mit der Familie, in der es aufwächst, in höherem Maße entspricht als die Beibehaltung seines bisherigen (anders lautenden) Familiennamens; nur in Ausnahmefällen könne eine davon abweichende Betrachtungsweise geboten sein. Wenn sich der Gesetzgeber dafür entschieden hat, der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug zu geben, so hat er damit zum Ausdruck gebracht, allenfalls erwachsende psychische Belastungen eines Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derart nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte (siehe zu all dem beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 30. März 2006, Zl. 2005/06/0025, mwN).

Im Beschwerdefall besteht die Besonderheit, dass das Kind zunächst kraft Gesetzes (§ 165 ABGB) den Familiennamen W. geführt hat, dieser Name mit dem mehrfach genannten Bescheid vom 24. September 2002 in S. geändert wurde, nun aber wieder seinen früheren Familiennamen W. erhalten soll, demnach den Namen, den es ohnedies bereits kraft Gesetzes geführt hatte, also, wie schon eingangs erwähnt, den Familiennamen der Mutter, den diese aus einer früheren Ehe führte und weiterhin führt. Die in der Beschwerde angestellten Erwägungen, dass somit das Kind den Namen des frühreren Ehemannes der Mutter erhalten würde, zu dem es einerseits keine Beziehungen habe, und dies andererseits einen Erklärungsbedarf auslösen würde, verkennen zunächst, dass das Kind den Familiennamen der Mutter erhalten soll, wie auch, dass es ja gerade eine Absicht des Gesetzgebers bei der Novellierung des § 165 ABGB mit Artikel I Z 8 NamRÄG war (wonach nun das Kind den Familiennamen der Mutter erhält und nicht mehr, wie zuvor, den Geschlechtsnamen der Mutter), dass damit eine Namensverschiedenheit von Mutter und Kind in dem Fall vermieden werden sollte, dass die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes ihren Geschlechtsnamen nicht mehr führte (siehe dazu Stabentheiner in Rummel I3, Rz 1 zu § 165 ABGB). Damit entspricht der Umstand, dass das Kind hier den Familiennamen der Mutter führen soll und dies auch der Name des früheren Ehemannes der Mutter ist, einer grundsätzlichen Wertung des Gesetzgebers, was schon von vornherein als nicht im Prinzip dem Kindeswohl abträglich angesehen werden kann.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Juni 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006060026.X00

Im RIS seit

19.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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