TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/27 2005/06/0366

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Veröffentlicht am 27.06.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/10 Datenschutz;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/01 Sicherheitsrecht;

Norm

AVG §56;
DSG 2000 §40 Abs4;
DSG 2000;
SPG 1991 §51 Abs2 idF 2002/I/104;
SPG 1991 §63 idF 2002/I/104;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des HG in G, vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in Wien 13, Maxingstraße 22-24/4/9, gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom 11. Oktober 2005, Zl. K121.043/0008- DSK/2005, betreffend Ansprüche nach dem Datenschutzgesetz (Löschung von Daten), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem an das Landesgendarmeriekommando für Tirol (kurz: LGK) gerichteten Antrag vom 14. Februar 2005 begehrte der Beschwerdeführer sämtliche zu seiner Person automationsunterstützt oder konventionell verarbeitete Daten im Zusammenhang mit einer bestimmten Art von strafbaren Handlungen im Jahr 2001 zu löschen und sowohl die Empfänger der Daten als auch ihn zu verständigen.

Mit Erledigung vom 8. April 2005 erwiderte das LGK dem Beschwerdeführer, die Bezirkshauptmannschaft Kufstein (kurz: BH) sei als Auftraggeberin für die Datenanwendung "kriminalpolizeilicher Aktenindex" zuständig und habe bereits die Löschung des angesprochenen Vorfalles veranlasst. Der weitere Antrag richte sich auf die personenbezogenen Daten im Protokoll, in der Indexdatei, im Kanzleiinformationssystem AVNT (PAD) und in den entsprechenden Erhebungsakten. Diese Daten seien dem "inneren Dienst" gemäß § 10 Abs. 2 SPG zuzuordnen, weshalb hiefür das LGK der verantwortliche Auftraggeber sei. Wie die entsprechenden Erhebungen ergeben hätten, liege eine den Beschwerdeführer betreffende Karte in der Indexkartei des Gendarmeriepostens K. nicht vor. Eine ihn betreffende Protokollbucheintragung hinsichtlich des bezogenen Vorfalles sei ebenfalls nicht dokumentiert. Im PAD (Protokollier -, Anzeigen- und Datensystem), das eine Weiterentwicklung der Aktenverwaltung der Bundesgendarmerie (AVNT) darstelle, seien "Hinweise wegen der besagten Vorfälle im Sommer 2001 bzw. sicherheitsbehördliche Ermittlungen und der Anzeige vorhanden". Die Aufgabe des PAD sei es, die Auffindbarkeit eines bestimmten Aktes sicher zu stellen, oder zu gewährleisten, dass im Nachhinein festgestellt werden könne, welche Amtshandlung von einer Dienststelle zu einer bestimmten Zeit geführt worden sei. Der Zweck der aktenmäßigen Protokollierung diene ausschließlich der besseren und leichteren Auffindung von Akten und nicht der inhaltlichen Verwendung der Daten, wodurch das schützwürdige Interesse und der Geheimhaltungsanspruch nach § 1 DSG 2000 hinsichtlich der personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers gewährleistet seien. Gegebenenfalls könnte das Außerkrafttreten des § 209 StGB und die "mittlerweilige" (im Original unter Anführungszeichen) Legalität des damaligen Verhaltens des Beschwerdeführers im PAD angemerkt werden. Zum existierenden behördenüblichen Papierakt sei anzuführen, dass dieser weder als automationsunterstützt geführte Datenanwendung noch als manuelle Datei anzusehen sei. Daher gebe es keinen Anspruch auf Löschung von Daten aus einem solchen Akt. Dem Antrag auf Löschung sämtlicher zur Person des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den fraglichen sicherheitsbehördlichen Ermittlungen verarbeiteten Daten könne deshalb nicht entsprochen werden.

Mit Eingabe vom 30. April 2005 (bei der belangten Behörde eingelangt am 2. Mai 2005) erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an die belangte Behörde. In einer Stellungnahme vom 24. Mai 2005 verblieb das LGK im Wesentlichen bei seiner schon dem Beschwerdeführer geäußerten Auffassung und legte Ausdrucke der den Beschwerdeführer betreffenden Eintragungen aus dem PAD sowie Ablichtungen des entsprechenden "Papieraktes" (Anzeige an die Staatsanwaltschaft) vor. Der Beschwerdeführer gab dazu eine Äußerung (vom 11. Juli 2005) ab und erweiterte sein Begehren um ein Eventualbegehren.

Hierauf erging der angefochtene Bescheid (vom 11. Oktober 2005), in dessen Vorspruch die belangte Behörde zum Ausdruck brachte, dass Beschwerdegegner in ihrem Verfahren seit 1. Juli 2005 nicht mehr das LGK, sondern das Bezirkspolizeikommando K. als gemäß § 10 Abs. 6 SPG zuständiger Auftraggeber sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde

1. der Beschwerde im Umfang des Eventualbegehrens stattgegeben und festgestellt, dass die im Verwaltungsverfahren belangte Behörde den Beschwerdeführer durch die nichterfolgte Richtigstellung des Betreffs "sexueller Missbrauch von Unmündigen" in den Protokolldaten betreffend den fraglichen Vorfall in der Datenanwendung PAD in seinem Recht auf Richtigstellung der personenbezogenen Daten verletzt habe, und

2. die Beschwerde hinsichtlich der weiteren Begehren, nämlich auf Löschung (Vernichtung) des fraglichen "Papieraktes", auf Löschung der mit dem Akt im Zusammenhang stehenden personenbezogenen Daten des Beschwerdeführers im PAD und auf Erteilung eines entsprechenden Leistungsauftrages abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges zusammengefasst aus, gegen den Beschwerdeführer seien vom 1. September bis 2. Oktober 2001 Ermittlungen im Dienste der Strafjustiz wegen des Verdachtes des Vergehens nach dem damals geltenden § 209 StGB (wie auch des Verdachtes nach § 202 StGB) durchgeführt worden. Auf dieses Ermittlungsverfahren und den Beschwerdeführer (sowie andere Beteiligte) bezogene Daten seien in der Datenanwendung PAD von Beamten des Gendarmeriepostens K. für Zwecke der Verfahrensdokumentationen und der Aktenverwaltung verarbeitet worden, nämlich bestimmte Stammdaten (diese werden im angefochtenen Bescheid näher dargestellt). Weitere Protokolldaten bezögen sich auf Erledigungen mit der Verarbeitung von Daten für die zentrale Informationssammlung der Sicherheitsbehörden (EKIS), Aktenvorlagen, Verständigungen oder Vorgänge, die "außer einem Nicht-Bezug zum strafrechtlichen Tatverdacht keine eindeutige Zuordnung" erlaubten. Weiters seien Verknüpfungen zu anderen Personendatensätzen (im Beschwerdefall: den Datensätzen von weiteren Verdächtigen und Auskunftspersonen) hergestellt und Daten der mit der Bearbeitung der Sache betrauten Bediensteten verarbeitet worden.

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens selbst, der traditionell sogenannte "Kopienakt" zu den durchgeführten Vorerhebungen (das "Original" finde im Wege der Staatsanwaltschaft regelmäßig Eingang zu dem entsprechenden Gerichtsakt - im Original unter Anführungszeichen) mit einer näher bezeichneten Zahl, werde weiterhin beim Gendarmerieposten K., nunmehr Polizeiinspektion K., aufbewahrt. Bei diesem Akt handle es sich um eine Sammlung von Urkunden unter einer bestimmten Grundzahl (es folgt eine nähere Beschreibung des Inhaltes des Aktes, die der belangten Behörde in Ablichtung übermittelt wurde).

Nach Hinweis auf eine Reihe gesetzlicher Bestimmungen heißt es im angefochtenen Bescheid weiter, der fragliche "Papierakt" sei keine (manuelle) Datei (Hinweis auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2004, Zl. 2004/06/0086).

Hinsichtlich der in der Datenanwendung PAD aufscheinenden Daten des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, abweichend von den von ihr bislang entschiedenen Beschwerdefällen seien die zur Aktenverwaltung benötigten Daten hier nicht in manuellen Dateien (wie in einer Indexkartei und in einem Protokollbuch), sondern mit Hilfe einer automationsunterstützt geführten Datenanwendung, PAD, verarbeitet worden. Solche Daten unterlägen grundsätzlich dem Löschungs- bzw. Berichtigungsrecht gemäß § 27 DSG 2000. Gemäß § 13 Abs. 2 SPG (in der Fassung BGBl. I Nr. 151/2004) kämen als Auftraggeber für Datenanwendungen für Kanzlei- und Dokumentationszwecke der Bundesminister für Inneres, die Sicherheitsdirektionen, Bundespolizeidirektionen und Polizeikommanden in Frage. Zu Letzteren zählten gemäß § 10 Abs. 1 SPG (in der Fassung der zuvor angeführten Novelle) seit 1. Juli 2005 die Landespolizeikommanden und die Bezirks- und Stadtpolizeikommanden mit deren Polizeiinspektionen. In § 10 Abs. 6 SPG in der genannten Fassung werde bestimmt, dass, soweit für den inneren Dienst automationsunterstützt Daten verwendet würden, das jeweilige Polizeikommando Auftraggeber im Sinne des § 4 Abs. 4 DSG 2000 sei. Die Gesetzesmaterialien (643 der Beilagen XXII. GP, 9) sprächen in diesem Zusammenhang davon, dass diese Art der Datenanwendung nicht "Selbstzweck" sondern ein "an polizeiliche Aufgabenerfüllung gekoppeltes Nebenprodukt" sei (im Original unter Anführungszeichen). Demnach sei Auftraggeber von Datenanwendungen für Kanzlei- und Dokumentationszwecke jene Dienststelle der Exekutive, in deren örtlichen und sachlichen Wirkungsbereich die jeweilige Amtshandlung durchgeführt worden bzw. das jeweilige Dienststück zu verwalten sei. Letzteres treffe seit dem In-Kraft-Treten der entsprechenden Bestimmungen der SPG-Novelle BGBl. I Nr. 151/2004 (Anmerkung: zum 1. Juli 2005) im Beschwerdefall nur auf das Bezirkspolizeikommando (vormals: Bezirksgendarmeriekommando K.) zu. Auch die Auszüge aus dem PAD ließen die datenschutzrechtliche Auftraggebereigenschaft dieses Polizeikommandos erkennen (Hinweis auf den "oberen Balken" des (vom LGK vorgelegten) PAD-Auszuges).

Gemäß § 27 Abs. 3 DSG 2000 schließe der Dokumentationszweck einer Datenanwendung die Richtigstellung oder Löschung von Daten aus. Dies gelte, bezogen auf das PAD, sicher soweit, als eine völlige Löschung der Daten eines Geschäftsfalls solange unzulässig sei, als die dazu gehörigen Akten noch aufbewahrt würden und daher auffindbar sein müssten. Hier sei darauf zu verweisen, dass die Dokumentation behördlichen Handelns nicht allein, wie der Beschwerdeführer in seinen Ausführungen nahe lege, dem Ziel diene, den oder die Betroffenen, wie der Beschwerdeführer sage, zu "stigmatisieren". Ohne aktenmäßige Dokumentation sei keine Überprüfung des Behördenhandelns auf seine Rechtmäßigkeit (bis hin zu den Höchstgerichten und internationalen Gerichten und Tribunalen) möglich, sei die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach dem Amtshaftungsrecht zumindest sehr erschwert, und es bestehe ganz allgemein im Falle öffentlicher Diskussion um eine Amtshandlung die Gefahr, dass "gelöschte" Akten als Indiz für Vertuschung und Irreführung durch die Behörden ausgelegt würden.

Die Richtigstellung von Daten des PAD sei allerdings zulässig, soweit dies mit dem Dokumentationszweck vereinbar sei. Die Materialien zu § 13 Abs. 2 SPG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 151/2004 führten sogar unter Hinweis auf Bescheide der Datenschutzkommission ausdrücklich aus, dass die Sicherheitsbehörden und Polizeikommanden gemäß § 27 Abs. 1 und 3d DSG 2000 von Amts wegen zur Richtigstellung der auf Grundlage dieser gesetzlichen Ermächtigung verarbeiteten Daten verpflichtet seien, etwa infolge einer Verständigung gemäß § 83a StPO (Anmerkung: Verständigung von der Beendigung des Strafverfahrens durch Zurücklegung der Anzeige, Rücktritt von der Verfolgung, Einstellung des Verfahrens oder Freispruch).

Der vom Beschwerdeführer gestellte Eventualantrag auf Richtigstellung der Betreff-Daten sei daher berechtigt. Auch die Betreff-Daten einer Datenanwendung gemäß § 13 Abs. 2 SPG hätten dem Grundsatz der Datenrichtigkeit zu entsprechen. Dem werde dadurch zu entsprechen sein, dass statt des unrichtigen Betreffs "sexueller Missbrauch von Unmündigen" der richtige Betreff "gleichgeschlechtliche Unzucht mit Personen unter 18 Jahren" mit einem entsprechenden Hinweis auf das Außer-Kraft-Treten des § 209 StGB zu verarbeiten sein werde. Dies schon deswegen, weil Unmündige im Sinne des Straf- wie des Zivilrechtes immer Personen unter 14 Jahren seien, und gegen den Beschwerdeführer, der nur zu Jugendlichen sexuellen Kontakt geknüpft habe, gar nicht wegen des Delikts nach § 207 StGB (sexueller Missbrauch von Unmündigen) ermittelt worden sei.

Wenn die Datenschutzkommission eine Verletzung von Bestimmungen des Datenschutzgesetzes durch einen Auftraggeber des öffentlichen Rechtes festgestellt habe, wie dies hier der Fall sei, so habe dieser mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustand herzustellen.

Daraus ergebe sich, dass gegenüber Auftraggebern des öffentlichen Bereichs eine Rechtsverletzung lediglich festzustellen sei, wobei diese Feststellung eine unmittelbare gesetzliche Verpflichtung zur Herstellung des der Rechtsanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustandes bewirke (Hinweis auf den Bescheid der belangten Behörde vom 22. April 2005, Zl. K121.010/0004-DSK/2005, im Rechtsinformationssystem des Bundes unter einer näher bezeichneten Internetadresse veröffentlicht).

Dem entsprechend seien das Leistungsbegehren des Beschwerdeführers abzuweisen und die spruchgemäßen Feststellungen zu treffen gewesen.

Gegen diesen Bescheid (mit Ausnahme des Spruchpunktes 1. hinsichtlich der Anordnung der Richtigstellung im PAD, demnach nur gegen den Spruchpunkt 2.) richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt (ergänzend wurden über Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes auch jene Akten vorgelegt, die seinerzeit in dem ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden Beschwerdeverfahren Zl. 2005/06/0065, das mit dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2005 abgeschlossen wurde, vorgelegt worden waren).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 (DSG 2000), in der Fassung BGBl. I Nr. 13/2005 anzuwenden (wobei diese letzte Novelle im Beschwerdefall ohne Belang ist).

§ 1 DSG 2000 (Verfassungsbestimmung) lautet:

"Grundrecht auf Datenschutz

§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.

(3) Jedermann hat, soweit ihn betreffende personenbezogene Daten zur automationsunterstützten Verarbeitung oder zur Verarbeitung in manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführten Dateien bestimmt sind, nach Maßgabe gesetzlicher Bestimmungen

1. das Recht auf Auskunft darüber, wer welche Daten über ihn verarbeitet, woher die Daten stammen, und wozu sie verwendet werden, insbesondere auch, an wen sie übermittelt werden;

2. das Recht auf Richtigstellung unrichtiger Daten und das Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten.

(4) Beschränkungen der Rechte nach Abs. 3 sind nur unter den in Abs. 2 genannten Voraussetzungen zulässig.

(5) Gegen Rechtsträger, die in Formen des Privatrechts eingerichtet sind, ist, soweit sie nicht in Vollziehung der Gesetze tätig werden, das Grundrecht auf Datenschutz mit Ausnahme des Rechtes auf Auskunft auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen. In allen übrigen Fällen ist die Datenschutzkommission zur Entscheidung zuständig, es sei denn, dass Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit betroffen sind."

§ 2 DSG 2000 (Verfassungsbestimmung) lautet:

"Zuständigkeit

§ 2. (1) Bundessache ist die Gesetzgebung in Angelegenheiten des Schutzes personenbezogener Daten im automationsunterstützten Datenverkehr.

(2) Die Vollziehung solcher Bundesgesetze steht dem Bund zu. Soweit solche Daten von einem Land, im Auftrag eines Landes, von oder im Auftrag von juristischen Personen, die durch Gesetz eingerichtet sind und deren Einrichtung hinsichtlich der Vollziehung in die Zuständigkeit der Länder fällt, verwendet werden, sind diese Bundesgesetze von den Ländern zu vollziehen, soweit nicht durch Bundesgesetz die Datenschutzkommission, der Datenschutzrat oder Gerichte mit der Vollziehung betraut werden."

§ 4 DSG 2000 enthält Definitionen.

Nach Z 6 dieses Paragraphen ist eine "Datei'' eine "strukturierte Sammlung von Daten, die nach mindestens einem Suchkriterium zugänglich sind".

§ 26 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet:

"(1) Der Auftraggeber hat dem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten Daten zu geben, wenn der Betroffene dies schriftlich verlangt und seine Identität in geeigneter Form nachweist. Mit Zustimmung des Auftraggebers kann das Auskunftsbegehren auch mündlich gestellt werden. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, die verfügbaren Informationen über ihre Herkunft, allfällige Empfänger oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenverwendung sowie die Rechtsgrundlagen hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen. Auf Verlangen des Betroffenen sind auch Namen und Adresse von Dienstleistern bekannt zu geben, falls sie mit der Verarbeitung seiner Daten beauftragt sind. Mit Zustimmung des Betroffenen kann an Stelle der schriftlichen Auskunft auch eine mündliche Auskunft mit der Möglichkeit der Einsichtnahme und der Abschrift oder Ablichtung gegeben werden.

(2) Die Auskunft ist nicht zu erteilen, soweit dies zum Schutz des Betroffenen aus besonderen Gründen notwendig ist oder soweit überwiegende berechtigte Interessen des Auftraggebers oder eines Dritten, insbesondere auch überwiegende öffentliche Interessen, der Auskunftserteilung entgegenstehen. Überwiegende öffentliche Interessen können sich hiebei aus der Notwendigkeit

1. des Schutzes der verfassungsmäßigen Einrichtungen der Republik Österreich oder

2.

der Sicherung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres oder

3.

der Sicherung der Interessen der umfassenden Landesverteidigung oder

              4.              des Schutzes wichtiger außenpolitischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Republik Österreich oder der Europäischen Union oder

              5.              der Vorbeugung, Verhinderung oder Verfolgung von Straftaten ergeben. Die Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung aus den Gründen der Z 1 bis 5 unterliegt der Kontrolle durch die Datenschutzkommission nach § 30 Abs. 3 und dem besonderen Beschwerdeverfahren vor der Datenschutzkommission gemäß § 31 Abs. 4."

§ 27 Abs. 1 und 4 DSG 2000 lautet:

"(1) Jeder Auftraggeber hat unrichtige oder entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verarbeitete Daten richtigzustellen oder zu löschen, und zwar

1. aus eigenem, sobald ihm die Unrichtigkeit von Daten oder die Unzulässigkeit ihrer Verarbeitung bekannt geworden ist, oder

2. auf begründeten Antrag des Betroffenen.

Der Pflicht zur Richtigstellung nach Z 1 unterliegen nur solche Daten, deren Richtigkeit für den Zweck der Datenanwendung von Bedeutung ist. Die Unvollständigkeit verwendeter Daten bewirkt nur dann einen Berichtigungsanspruch, wenn sich aus der Unvollständigkeit im Hinblick auf den Zweck der Datenanwendung die Unrichtigkeit der Gesamtinformation ergibt. Sobald Daten für den Zweck der Datenanwendung nicht mehr benötigt werden, gelten sie als unzulässig verarbeitete Daten und sind zu löschen, es sei denn, dass ihre Archivierung rechtlich zulässig ist und dass der Zugang zu diesen Daten besonders geschützt ist. Die Weiterverwendung von Daten für einen anderen Zweck ist nur zulässig, wenn eine Übermittlung der Daten für diesen Zweck zulässig ist; die Zulässigkeit der Weiterverwendung für wissenschaftliche oder statistische Zwecke ergibt sich aus den §§ 46 und 47

(2) ...

(3) ...

(4) Innerhalb von acht Wochen nach Einlangen eines Antrags auf Richtigstellung oder Löschung ist dem Antrag zu entsprechen und dem Betroffenen davon Mitteilung zu machen oder schriftlich zu begründen, warum die verlangte Löschung oder Richtigstellung nicht vorgenommen wird."

§ 31 DSG 2000 lautet auszugsweise:

"Beschwerde an die Datenschutzkommission

§ 31. (1) Die Datenschutzkommission erkennt auf Antrag des Betroffenen über behauptete Verletzungen des Rechtes auf Auskunft gemäß § 26 durch den Auftraggeber einer Datenanwendung, soweit sich das Auskunftsbegehren nicht auf die Verwendung von Daten für Akte der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit bezieht.

(2) Zur Entscheidung über behauptete Verletzungen der Rechte eines Betroffenen auf Geheimhaltung, auf Richtigstellung oder auf Löschung nach diesem Bundesgesetz ist die Datenschutzkommission dann zuständig, wenn der Betroffene seine Beschwerde gegen einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs richtet, der nicht als Organ der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit tätig ist.

(3) ..."

§ 40 Abs. 4 DSG 2000 lautet:

"(4) Wenn die Datenschutzkommission eine Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durch einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs festgestellt hat, so hat dieser mit den ihm zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustand herzustellen."

§ 58 DSG 2000 lautet:

"Manuelle Dateien

§ 58. Soweit manuell, dh. ohne Automationsunterstützung geführte Dateien für Zwecke solcher Angelegenheiten bestehen, in denen die Zuständigkeit zur Gesetzgebung Bundessache ist, gelten sie als Datenanwendungen im Sinne des § 4 Z 7. § 17 gilt mit der Maßgabe, dass die Meldepflicht nur für solche Dateien besteht, deren Inhalt gemäß § 18 Abs. 2 der Vorabkontrolle unterliegt."

Soweit die Beschwerdeausführungen dahin zu verstehen sein sollten, dass sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten als verletzt erachte, fiele dies in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes und nicht des Verwaltungsgerichtshofes; im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist daher hierauf nicht weiter einzugehen.

Der Beschwerdeführer strebt weiterhin die Löschung des "Papieraktes" an. Dieses Löschungsbegehren wurde aber von der belangten Behörde zutreffend abgewiesen, weil es sich beim fraglichen Akt nicht um eine "manuelle Datei" handelt. Zur näheren Begründung kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das den Beschwerdeführer und eben diesen Akt betreffende hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2005, Zl. 2005/06/0065 (in dem dort zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren hatte der Beschwerdeführer sein Löschungsbegehren gegen die BH gerichtet) und die darin bezogenen hg. Erkenntnisse vom selben Tag, Zl. 2005/06/0140, und vom 21. Oktober 2004, Zl. 2004/06/0086, verwiesen werden. Dies auch zu den vom Beschwerdeführer angeschnittenen europarechtlichen Aspekten; schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof im genannten Erkenntnis Zl. 2004/06/0086 auch dargelegt, dass sich aus § 63 SPG hinsichtlich personenbezogener Daten kein selbständig mit Beschwerde an die Datenschutzkommission verfolgbares Recht der betroffenen Person ergibt und vielmehr die Bestimmungen des DSG 2000 maßgeblich sind. Im Übrigen hat auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2005, B 1590/03, die Auffassung vertreten, dass ein solcher Akt keine Datei ist.

Die belangte Behörde hat mit dem Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides auch die Leistungsbegehren des Beschwerdeführers abgewiesen (der im Verwaltungsverfahren belangten Behörde die begehrte Löschung aufzutragen), der Beschwerdeführer führt aber dazu nichts Näheres aus. Die Auffassung der belangten Behörde trifft zu, dass gegenüber Auftraggebern des öffentlichen Rechts ein solcher Leistungsauftrag im DSG nicht vorgesehen ist, spricht doch § 40 Abs. 4 DSG lediglich von einer "Feststellung".

Der Beschwerdeführer will weiters die Löschung der ihn im Zusammenhang mit den fraglichen Vorfällen betreffenden im PAD gespeicherten Daten erwirken. Mit dem Vorbringen, es entfalle die Dokumentationsfunktion der PAD-Eintragung, wenn der Kopienakt nicht mehr aufbewahrt werden darf (der aber entgegen seiner Auffassung nicht zu löschen ist), zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, soweit er die Aufrechterhaltung der PAD-Eintragungen sanktioniert, nicht auf.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. Juni 2006

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005060366.X00

Im RIS seit

25.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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