Index
E3L E05204020;Norm
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, (geboren 1971), vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. Jänner 2004, Zl. SD 1014/03, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 391,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Jänner 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 10 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Es sei aktenkundig, dass der Beschwerdeführer bereits am 30. November 1998 einen Asylantrag eingebracht habe, dieses Verfahren sei jedoch 1999 eingestellt worden. 2001 habe der Beschwerdeführer laut seinen eigenen Angaben das Bundesgebiet verlassen, er sei jedoch am 20. September 2002 unrechtmäßig in das Bundesgebiet zurückgekehrt und habe erneut einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der dagegen eingebrachten höchstgerichtlichen Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Am 2. Juni 2003 habe das Bezirksgericht Hernals die Adoption des Beschwerdeführers durch einen österreichischen Staatsbürger bewilligt.
Der Adoptivvater sei von der Erstbehörde niederschriftlich einvernommen worden und habe zugegeben, den Beschwerdeführer aus Gefälligkeit adoptiert zu haben, und dass in keiner Weise eine Vater-Sohn-ähnliche Beziehung vorläge. Es wäre auch der Beschwerdeführer gewesen, der über seinen Anwalt alles wegen der Adoption in die Wege geleitet hätte, er selbst wäre lediglich einmal bei dessen Sekretärin gewesen.
Zu Recht habe die Erstbehörde daher das Vorliegen des in § 36 Abs. 2 Z. 10 FrG normierten Sachverhalts festgestellt.
Daran habe auch weder die Stellungnahme des Beschwerdeführers noch die gegenständliche Berufung etwas ändern können. Dies aus folgenden Gründen: Sowohl der Adoptivvater als auch der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 27. September 2003 hätten angegeben, einander seit dem Jahr 2001 zu kennen. In der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom 1. Dezember 2003, in der vorliegenden Berufung und auch im Adoptionsverfahren sei hingegen geltend gemacht worden, dass der Beschwerdeführer seinen Adoptivvater seit 1998 kennen würde und sich die Beziehung seit 2001 vertieft und letztlich in die Adoption gemündet hätte. Der Beschwerdeführer habe jedoch auch angegeben, Österreich 2001 verlassen zu haben und erst etwa zum Zeitpunkt des abgeschlossenen Adoptionsvertrages wieder nach Österreich zurückgekommen zu sein. Weder hinsichtlich des behaupteten Zeitpunkts des Kennenlernens noch der sich angeblich vertieft habenden Beziehung seit 2001 sei den Angaben des Beschwerdeführers daher Glaubwürdigkeit zugekommen.
Der Beschwerdeführer habe weiters behauptet, mit seinem Adoptivvater gemeinsam den gegenständlichen Adoptionsvertrag unterzeichnet zu haben. Nach der Aktenlage sei dies am 17. August 2002 gewesen, einem Zeitpunkt also, zu dem der Beschwerdeführer (gemeint: seinen eigenen Angaben zufolge) gar nicht in Österreich gewesen sei. Bemerkenswert sei weiters, dass der Beschwerdeführer noch in seiner Einvernahme vor den Asylbehörden am 2. Dezember 2002 angegeben habe, keine familiären Bindungen in Österreich zu haben, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Adoptionsverfahren bei Gericht bereits eingeleitet gewesen sei. Auch im Asylverfahren habe der Beschwerdeführer wahrheitswidrige Angaben gemacht. So habe er niederschriftlich angegeben, über kein Identitätsdokument, sondern nur über eine UNMIK-Identitätskarte zu verfügen. Tatsache sei jedoch, dass der Beschwerdeführer über einen 1998 ausgestellten Reisepass verfüge.
Die widersprüchlichen und tatsächlich wahrheitswidrigen Angaben des Beschwerdeführers würden dessen Glaubwürdigkeit schwer erschüttern. Hingegen habe kein Anlass dazu bestanden, den niederschriftlichen Angaben seines Adoptivvaters die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weil nicht ersichtlich gewesen sei, aus welchem Grund der Adoptivvater wahrheitswidrige Angaben hätte tätigen sollen. Auf Grund der vorliegenden Umstände sei es sohin als erwiesen anzusehen, dass das Adoptionsgericht über das Vorliegen einer Vater-Sohn-Beziehung getäuscht und solcherart die Bewilligung des Adoptionsvertrags bewirkt worden sei, und dass die Adoption vielmehr zur erleichterten Erlangung eines Aufenthaltstitels habe dienen sollen.
Festzuhalten sei weiters folgender Umstand: Der Adoptivvater habe in seiner Einvernahme vor dem Adoptionsgericht angegeben, geschieden zu sein und keine Kinder und auch sonst keine ihm nahestehenden Personen zu haben. Tatsache sei jedoch, dass der Adoptivvater eine Tochter aus einer Vorehe und einen alimentationsberechtigten Sohn aus einer früheren Lebensgemeinschaft habe, was er in der vor der Erstbehörde aufgenommenen Niederschrift auch zugegeben habe. Das Verschweigen dieser Umstände vor Gericht lasse nach Auffassung der belangten Behörde ebenfalls nur den Schluss zu, dass er dem Beschwerdeführer bei der Erlangung der Adoptionsbewilligung habe behilflich sein wollen. Da der Adoptivvater nach der Aktenlage arbeitslos bzw. Notstandshilfebezieher sei, gleichzeitig jedoch Unterhaltspflichten gegenüber einem leiblichen Sohn bestünden, wäre der Bewilligung der Adoption § 180a Abs. 2 ABGB entgegen gestanden. Diese wahrheitswidrigen Angaben habe der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor Gericht als "richtig" bestätigt.
Solcherart könne insgesamt kein Zweifel bestehen, dass die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbots - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. gegeben gewesen seien.
Der Beschwerdeführer sei verheiratet und für zwei Kinder sorgepflichtig, seine Familienangehörigen lebten jedoch in Jugoslawien. Der Beschwerdeführer lebe bei seinen Schwiegereltern, sonstige familiäre Bindungen außer zum Adoptivvater seien nicht geltend gemacht worden. Seit dem 1. Juli 2003 sei der Beschwerdeführer kurzfristig aufrecht beschäftigt gewesen, bis er einen Arbeitsunfall gehabt habe. Zwar sei angesichts dieser Umstände von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Einhaltung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses maßgebliche Interesse habe der Beschwerdeführer durch sein dargestelltes Fehlverhalten gravierend verstoßen. Es sei mit einem geregelten Fremdenwesen unvereinbar, dass ein Fremder seinen Stand durch Scheingeschäfte bzw. Gefälligkeitsverträge und Täuschung von Gerichten verändere und unter Berufung darauf einen Aufenthaltstitel beantrage. Die vom Beschwerdeführer solcherart ausgehende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung sei von solchem Gewicht, dass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbots als dringend geboten und sohin zulässig im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG erweise.
Bei der gemäß § 37 Abs. 2 FrG durchzuführenden Interessenabwägung sei zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts ableitbare Integration des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen gewesen. Diese erweise sich unter den dargestellten Umständen jedoch als keinesfalls ausgeprägt. Auch der vor seiner Ausreise im Jahr 2001 gelegene Aufenthalt des Beschwerdeführers habe nicht maßgeblich zu seinen Gunsten ausschlagen können, weil dieser zum weitaus überwiegenden Teil unrechtmäßig gewesen sei. Da den familiären Bindungen zum Adoptivvater eine Scheinadoption zugrunde liege, habe diese die Interessen des Beschwerdeführers nicht verstärken können. Auch unter Bedachtnahme auf das Zusammenleben mit den Schwiegereltern und die aufrechte Beschäftigung des Beschwerdeführers sei das ihm insgesamt zuzuschreibende Interesse an einem Weiterverbleib in Österreich zwar nicht gering, jedoch auch keinesfalls besonders gewichtig. Dem sei das einen hohen Stellenwert genießende öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber gestanden. Bei Abwägung dieser Interessenslagen sei die belangte Behörde zur Auffassung gelangt, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als das in seinem Fehlverhalten gegründete große öffentliche Interesse daran, dass er das Bundesgebiet verlasse und von diesem fernbleibe.
Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.
Festzuhalten sei weiters, dass die Bestimmungen des 4. Hauptstücks des FrG auf den Beschwerdeführer nicht anzuwenden gewesen seien. Wie dieser in der mit ihm aufgenommenen Niederschrift angegeben habe, lebe er von Leistungen der Sozialversicherung und Zuwendungen seines Schwiegervaters, von seinem Adoptivvater habe der Beschwerdeführer noch niemals Geld bekommen, weil dieser ja selbst arbeitslos wäre. Da der Beschwerdeführer mit seinem Adoptivvater auch nicht im gemeinsamen Haushalt lebe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass ihm von diesem Unterhalt gewährt werde. Der Beschwerdeführer sei daher nicht begünstigter Drittstaatsangehöriger.
Ein Sachverhalt gemäß § 38 FrG sei nicht gegeben gewesen. Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots betreffe, so erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auch nach Auffassung der belangten Behörde gerechtfertigt. Im Hinblick auf das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten könne auch unter Bedachtnahme auf die private und familiäre Lebenssituation des Beschwerdeführers vor Ablauf dieser Frist nicht erwartet werden, dass die für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.
2. Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung (Beschluss vom 29. November 2005, B 261/04-13) an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 20. Jänner 2006, B 261/04-17).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragte die Aufhebung des bekämpften Bescheides.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe durch den vom zuständigen Zivilgericht genehmigten Adoptionsvertrag mit einem österreichischen Staatsbürger den Status eines begünstigten Drittstaatsangehörigen erlangt, er habe als Familienangehöriger im Sinn des Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates zu verbleiben, ABl. Nr. L 142 vom 30. Juni 1970, S 0024 - 0026, ein Verbleiberecht nach Art. 3 dieser Verordnung. Ferner sei für ihn im Licht des Urteils des EuGH vom 2. Juni 2005, Rs C-166/03 (Dörr und Ünal), Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern einschlägig, wonach über seine Berufung gegen den Erstbescheid ein Gericht zu entscheiden gehabt hätte.
1.2. Dieses Vorbringen geht fehl. § 47 Abs. 3 FrG nennt (im Einklang mit der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2006, Zl. 2004/18/0325) als begünstigte Drittstaatsangehörige u. a. Verwandte in absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus sofern ihnen Unterhalt gewährt wird (Z. 2). Da der Beschwerdeführer das 21. Lebensjahr bereits vollendet hat und ihm von seinem Adoptivvater unstrittig kein Unterhalt gewährt wird, kommt ihm die Stellung eines begünstigten Drittstaatsangehörigen nicht zu. Damit kommt für ihn aber auch Art. 9 der besagten Richtlinie nicht zum Tragen. Auch das vom Beschwerdeführer aus Art. 1 und Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben, als Familienangehöriger eines Österreichers abgeleitete Aufenthaltsrecht ist vorliegend nicht einschlägig. Nach Art. 1 dieser Verordnung findet diese auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaats Anwendung, die als Arbeitnehmer im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt gewesen sind, sowie auf ihre (näher umschriebenen) Familienangehörigen Anwendung. Gemäß Art. 3 Abs. 1 leg.cit. sind Familienangehörige eines Arbeitnehmers iSd Art. 1 leg.cit., die bei ihm im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates wohnen, berechtigt, dort ständig zu verbleiben, wenn der Arbeitnehmer in diesem Mitgliedstaat das Verbleiberecht nach Art. 2 leg.cit. erworben hat. Da nach dem Gesagten diese Bestimmungen auf den (in Österreich aufhältigen und unstrittig arbeitslosen bzw. Notstandshilfe beziehenden) österreichischen Adoptivvater des Beschwerdeführers und auf den Beschwerdeführer selbst nicht zur Anwendung kommen können, vermag der Beschwerdeführer daraus ein Aufenthaltsrecht in Österreich nicht abzuleiten.
2.1. Weiters wendet der Beschwerdeführer ein, dass die Regelung des § 36 Abs. 2 Z. 10 FrG infolge Unvollständigkeit des Gesetzestextes auf ihn nicht anwendbar sei. Der in dieser Bestimmung enthaltene sogenannte Scheinadoptionstatbestand sei "nicht nach den Gesetzen der deutschen Sprache formuliert, da ihm keine mit der Wendung 'die Erlangung oder Beibehaltung' korrespondierende Wortfolge zu entnehmen" sei, "es sei nicht ersichtlich, worauf sich diese Formulierung" beziehe. Selbst wenn man vermuten könnte, was der Gesetzgeber gewollt habe, verbiete es die strenge Gesetzesbindung nach Art. 18 B-VG, dass bei einem sprachlich unvollständigen Gesetz diese sprachliche Unvollständigkeit von Seiten der Rechtsanwendung durch einen vermuteten gesetzgeberischen Willen ersetzt werde. In einem solchen Fall würde die Gesetzesvollziehung an die Stelle des Gesetzgebers treten, was wegen des Gewaltenteilungsprinzips des B-VG unzulässig sei. Nach dem sogenannten Denksporterkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. Juni 1990, VfSlg 12.420, sei bei der in Rede stehenden Regelung das unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten erforderliche Mindestmaß an Verständlichkeit nicht gegeben.
2.2. § 36 Abs. 2 Z. 10 FrG idF BGBl. I Nr. 126/2002 lautet:
"(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder
...
10. An Kindes statt angenommen wurde und die Erlangung oder Beibehaltung ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat."
Mit dem genannten BGBl. I Nr. 126/2002 wurde ferner in den § 8 FrG folgender Absatz eingefügt:
"(4a) Eigenberechtigte, an Kindes statt angenommene, Fremde dürfen sich bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war."
2.3. Der Beschwerde ist einzuräumen, dass der Text des § 36 Abs. 2 Z. 10 FrG bezüglich der Wendung "die Erlangung oder Beibehaltung" sprachlich unvollständig ist, was einen gravierenden legistischen Mangel darstellt. Da diese Bestimmung in das FrG gleichzeitig mit der sich ebenfalls auf die Annahme an Kindes statt beziehenden Bestimmung des § 8 Abs. 4a leg.cit. eingefügt wurde, diese Regelungen demselben gesetzgeberischen Ziel folgen, die Adoption eigenberechtigter Fremder zu verhindern, die der Umgehung der fremdenrechtlichen Bestimmungen dienen (vgl. das Vorblatt zur RV 1172 Blg NR 21. GP, sowie den Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten 1244 Blg NR 21. GP) und in § 8 Abs. 4a FrG die Erlangung bzw. Beibehaltung sachlich mit der Wendung "des Aufenthaltstitels" verknüpft ist, ist auch § 36 Abs. 2 Z. 10 FrG so zu deuten, dass die Worte Erlangung und Beibehaltung um die Wendung "des Aufenthaltstitels" zu ergänzen sind. Ein Fall von mangelnder Verständlichkeit, wie er dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 12.420 zugrunde lag, ist vorliegend daher nicht gegeben.
3. Wenn der Beschwerdeführer die Regelung des § 36 Abs. 2 Z. 10 FrG für verfassungswidrig erachtet, weil das Aufenthaltsverbot dem Art. 6 EMRK zuwiderlaufend "ein zivilrechtlich festgestelltes Wahlkindschaftsverhältnis in Abrede" stelle, so ist dem entgegenzuhalten, dass er diese Bedenken gegen die genannte gesetzliche Regelung bereits in seiner an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde relevierte und dieser Gerichtshof keine Veranlassung dazu sah, insoweit ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten.
4.1. Der Beschwerdeführer lässt seine im angefochtenen Bescheid aufgezeigten "widersprüchlichen und teils wahrheitswidrigen Angaben", die sich insbesondere auf die in Rede stehende Adoption beziehen, unbestritten. Von daher kann es auf dem Boden der dem Verwaltungsgerichtshof bezüglich der Beweiswürdigung zukommenden Kontrolle (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde angesichts dieser Angaben dem Vorbringen des Beschwerdeführers insgesamt keine Glaubwürdigkeit zumaß. Ebenfalls unstrittig gab der Adoptivvater vor der Erstbehörde niederschriftlich an, dass er den Beschwerdeführer aus Gefälligkeit adoptiert habe und in keiner Weise eine Vater-Sohn-ähnliche Beziehung vorliegen würde. Das Vorbringen beim Beschwerdeführer habe zum Zeitpunkt der Adoption angesichts seiner damals gegebenen asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung ein gemindertes aufenthaltsrechtliches Interesse an der Adoption bestanden, geht fehl, weil damit der Beschwerdeführer verkennt, dass eine im Asylverfahren bestehende vorläufige Aufenthaltsberechtigung nur für die Dauer des Asylverfahrens - somit zeitlich beschränkt - zum Tragen kommt.
Vor diesem Hintergrund erweist sich das Ergebnis der Beurteilung der belangten Behörde nicht als rechtsirrig, dass die Erlangung eines Aufenthaltstitels der (jedenfalls) vorwiegende Grund für die in Rede stehende Annahme an Kindes statt war, der Beschwerdeführer damit das Gericht über die wahren Verhältnisse zu seinem Wahlvater täuschte und somit der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 10 FrG im Beschwerdefall erfüllt ist. Von daher ist es entbehrlich, auf das (weitere) Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend die im angefochtenen Bescheid im Zusammenhang mit § 180a Abs. 2 ABGB relevierte Frage einer etwaigen Unterhaltspflicht des Adoptivvaters gegenüber leiblichen Kindern sowie die Höhe der Unterhaltspflicht des Adoptivvaters gegenüber dem Beschwerdeführer einzugehen.
An diesem Ergebnis vermag der Beschwerdehinweis, der Adoptivvater des Beschwerdeführers habe in der Kanzlei des Vertragserrichters nicht nur die Sekretärin, sondern auch den Vertragserrichter selbst gesehen, nichts zu ändern. Der Rüge des Beschwerdeführers, weder er noch sein Wahlvater seien zu dem zwischen ihm und dem Wahlvater bestehenden Verhältnis - er habe zu seinem Adoptivvater regelmäßig Kontakt und sehe ihn ca. einmmal pro Woche - einvernommen worden, ist entgegenzuhalten, dass sein Wahlvater ohnehin (wie im angefochtenen Bescheid ausgeführt) zu der in Rede stehenden Adoption einvernommen wurde und der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit hatte, dieses Verhältnis näher darzustellen und diese Gelegenheit - wie die in der Beschwerde zitierte Passage aus der Berufung zeigt - auch wahrnahm. Wenn der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe zu diesem Thema entgegen seinem Antrag einen genannten Zeugen nicht einvernommen, so ist er darauf hinzuweisen, dass er zwar dessen Namen nannte, eine Adresse, unter der die belangte Behörde mit ihm in Kontakt hätte treten können, von ihm aber nicht bekanntgegeben wurde. Derart kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde nicht versucht hat, mit dem besagten Zeugen in Kontakt zu treten (vgl. idS etwa das hg. Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl. 2002/03/0264). Nach dem Gesagten ist entgegen der Beschwerde bezüglich der nach § 36 Abs. 2 Z. 10 FrG vorgenommenen Beurteilung auch ein Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides iSd § 60 AVG nicht zu erkennen.
4.2. Durch sein Fehlverhalten hat der Beschwerdeführer gegen das öffentliche Interesse an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, gravierend verstoßen. Es besteht daher auch kein Einwand gegen die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass im Beschwerdefall die Annahme gemäß § 36 Abs. 1 FrG gegeben sei.
5. Auch die von der belangten Behörde im Grund des § 37 FrG getroffene Beurteilung - die nicht konkret bekämpft wird - kann nicht als rechtsirrig befunden werden. Angesichts des gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers erweist sich die Erlassung der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme im Grund des § 37 Abs. 1 FrG als dringend geboten; ferner wiegen die im angefochtenen Bescheid der Beurteilung zugrunde gelegten persönlichen Interessen - auch unter Berücksichtigung der in Rede stehenden Adoption - im Grund des § 37 Abs. 2 FrG nicht schwerer als das durch das Fehlverhalten erheblich beeinträchtigte maßgebliche Allgemeininteresse.
6. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
7. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im Grund des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 27. Juni 2006
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006180033.X00Im RIS seit
25.07.2006