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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
AlVG 1977 §24 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 13/1/15, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 16. Februar 2005, Zl. LGSW/Abt.3-AlV/1218/56/2004-5531, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, die nach der Aktenlage mit ihrem Ehemann im gemeinsamen Haushalt lebt, hat vom 27. März bis zum 18. November 2001 Notstandshilfe in der Höhe von täglich S 266,10 bezogen.
Am 5. August 2004 langte beim Arbeitsmarktservice Wien Prandaugasse ein Bescheid des Finanzamtes für den 21. und 22. Bezirk in Wien ein, mit dem das Einkommen des Ehemannes der Beschwerdeführerin im Jahr 2001 mit S 478.024,-- (Euro 34.739,36) festgestellt wurde. Dabei wurden Einkünften aus Gewerbebetrieb in der Höhe von S 481.275,-- Sonderausgaben für Personenversicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung, und für die Anschaffung von Genussscheinen und jungen Aktien in der Höhe von S 3.251,-- gegenüber gestellt.
Mit Bescheid vom 6. September 2004 hat das Arbeitsmarktservice Wien Prandaugasse den Bezug von Notstandshilfe durch die Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom 27. März 2001 bis zum 18. November 2001 widerrufen und die Beschwerdeführerin zur Rückzahlung der in diesem Zeitraum empfangenen Notstandshilfe in der Höhe von 4.583,18 EUR verpflichtet. Nach der Begründung habe sich eine Neubemessung der Notstandshilfe auf Grund des Einkommensteuerbescheides des Ehemannes der Beschwerdeführerin ergeben, wodurch auch die Rückforderung entstanden sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin unter anderem vor, dass auf Grund der Selbstständigkeit ihres Ehemannes ständig Steuer- und Sozialversicherungszahlungen anfielen und auch Kindergarten und Schule bezahlt werden müssten. Wörtlich heißt es weiter:
"Da der Einkommensteuerbescheid von Jahr 2001 wohl für das AMS ein guter war, jedoch in Wirklichkeit die Realität genau das Gegenteil ist, ersuche ich von dieser Rückzahlung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände abzusehen."
Gemäß einer bei der belangten Behörde am 10. November 2004 aufgenommenen Niederschrift hat die Beschwerdeführerin angegeben, im Jahr 2001 "einen Kredit betreffend mein Eigenheim mit monatlichen Zahlungen laufend" gehabt zu haben.
In der Folge übermittelte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde eine Kopie eines Kreditvertrages sowie Kopien von Rechnungen "rund ums Haus".
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben.
In der Begründung gab sie den Gang des Verwaltungsverfahrens wieder und stellte folgenden Sachverhalt fest:
"Sie haben am 27.01.2001 einen Antrag auf Notstandshilfe gestellt. Ihr Gatte ist selbständig erwerbstätig. In Ihrem Haushalt leben zwei minderjährige Kinder. Sie haben im Jahr 2001 vom 27.03.2001 bis 18.11.2001 (= 237 Tage) Notstandshilfe von täglich ATS 266,10 erhalten. Das Einkommen Ihres Gatten betrug laut Vorlage der vorläufigen, monatlichen Einkommenserklärungen ATS 12.000,-- netto.
Laut Einkommensteuerbescheid 2001 erzielte Ihr Gatte ein jährliches Einkommen von ATS 337.966,99 (478.024,-- minus Einkommensteuer von 140.057,01), dies entspricht ATS 28.163,91 monatlich.
Im Jahr 2001 leistete Ihr Haushalt Kreditrückzahlungen für einen Privatkredit in einer Gesamthöhe von EUR 9.592,83."
Beweiswürdigend verwies die belangte Behörde auf den Akteninhalt und die Angaben der Beschwerdeführerin.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, vom monatlichen Einkommen des Ehemannes der Beschwerdeführerin von S 28.163,91 sei die Freigrenze für den Ehemann von S 5.863,--, eine Freigrenzenerhöhung für zwei Kinder von S 5.906,-- sowie 50 % der Kreditrate, somit S 5.500,01, abzuziehen, was ein anrechenbares Einkommen von S 10.894,90 ergebe. Daraus resultiere ein Anrechnungsbetrag von S 358,19 täglich, der den Notstandshilfeanspruch der Beschwerdeführerin von S 273,70 täglich übersteige.
Die Rückforderung resultiere aus dem Umstand, dass der Einkommensteuerbescheid des Ehemannes der Beschwerdeführerin für das Jahr 2001 ein Einkommen ergeben habe, das nach den gegebenen Anrechnungsvorschriften den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe vernichte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt zum Widerruf der Notstandshilfe in der Beschwerde vor, für die Berechnung der Notstandshilfe sei das "tatsächliche Nettoeinkommen des Partners" von Bedeutung. Der von der belangten Behörde herangezogene "Bilanzgewinn" bestünde nur "auf dem Papier ... und nicht in der Wirklichkeit". Im März 2000 sei von den Wiener Linien für den Gewinnentgang im Geschäft des Ehemannes der Beschwerdeführerin in der Babenbergerstaße wegen des U-Bahn-Baues eine Zahlung geleistet worden; diese sei "in der Bilanz 2000 auf die voraussichtliche Dauer der Bauarbeiten verteilt" worden. Es sei daher im Jahr 2001 ein Gewinn ausgewiesen, dem jedoch "keine Einnahmen in diesem Jahr gegenüber gestanden" seien. Bereits im Jahr 2000 seien die gesamten Einnahmen für Rückzahlungen verwendet worden. Bei Berücksichtigung dieses Umstandes wäre "nur ein Einkommen von ATS 360.441,11 - verblieben, welches zu keiner, allenfalls einer minimalen Rückforderung geführt hätte."
Diese Behauptungen finden keine Entsprechung im Vorbringen der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren. Es handelt sich somit um Neuerungen, auf die wegen des auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes - ungeachtet ihrer allfälligen rechtlichen Bedeutung - nicht einzugehen ist. Nur der Vollständigkeit halber ist der Beschwerdeführerin entgegen zu halten, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung über Widerruf und Rückforderung eines Notstandshilfebezuges an den Spruch des Einkommensteuerbescheides gebunden ist, wobei diese Regelung der Erleichterung des praktischen Vollzuges des AlVG in Bezug auf die dort geregelten Geldleistungen dient; auch kann ein reiner Buchgewinn so wie Geldmittel, die wirklich zur Verfügung standen, als tatsächliche Einkommensbasis herangezogen werden (vgl. das Erkenntnis vom 30. April 2002, Zl. 2002/08/0014).
Die Rückforderung der Notstandshilfe bekämpft die Beschwerdeführerin nicht ausdrücklich. Zur Rechtmäßigkeit auch dieser Maßnahme ist sie auf die Bestimmung des § 25 Abs. 1 AlVG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 103/2000 zu verweisen, die auszugsweise lautet:
"Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz
des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch
unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht
oder nicht in dieser Höhe gebührte. ... Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu
verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder
Umsatzsteuerbescheides
ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte;
in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen."
Den zuletzt genannten Rückforderungstatbestand hat die belangte Behörde im Beschwerdefall zutreffend herangezogen, weshalb die Beschwerde auch in diesem Punkt unbegründet ist. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. Juni 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005080043.X00Im RIS seit
14.08.2006