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22/02 Zivilprozessordnung;Norm
BAO §236;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des V in K, vertreten durch den als Verfahrenshelfer beigegebenen Dr. Frank E. Riel, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien vom 1. Februar 2006, Zl. Jv 55188- 33a/05, betreffend Nachlass von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem mit ihr in Kopie vorgelegten Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Dem Beschwerdeführer wurde am 2. Dezember 2005 in der Rechtssache 8 C 37/05 z des Bezirksgerichts Hernals eine Gerichtsgebühr in Höhe von EUR 191,-- zur Zahlung vorgeschrieben.
Am 7. Dezember 2005 stellte er folgenden Antrag:
"... Ich ersuche hiermit, von den im oa. Verfahren angefallenen Gebühren/Kosten in der Höhe von EUR 191,-- befreit zu werden, da ich mich dzt. in Haft befinde und kein versicherungspflichtiges Einkommen habe. Daher bin ich auch nicht in der Lage, Ihrem Zahlungsauftrag Folge zu leisten..."
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben. Begründend wurde ausgeführt, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen in Zukunft keinesfalls mehr verändern könnten (der Entlassungstermin sei der 24. Mai 2006), weshalb dem Antrag auf Nachlass der Gerichtsgebühr ein Erfolg zu versagen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Stattgebung seines Antrages auf Nachlass der Gerichtsgebühr" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 9 Abs. 1 GEG kann auf Antrag die vorgeschriebene Zahlungsfrist verlängert oder die Entrichtung in Teilbeträgen gestattet werden (Stundung), wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre und entweder die Einbringlichkeit durch die Stundung nicht gefährdet oder Sicherheit geleistet wird. Wird eine Rate nicht oder verspätet bezahlt, so wird die Stundung wirkungslos (Terminverlust).
Gemäß § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlass im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Auch nach dem Beschwerdevorbringen ist der Antrag des Beschwerdeführers, von den Gerichtsgebühren "befreit" zu werden, als Antrag auf Nachlass derselben nach § 9 Abs. 2 GEG zu sehen.
Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass die in § 9 Abs. 2 GEG genannte zweite Alternativvoraussetzung des öffentlichen Interesses für einen Nachlass gegeben wäre. Er behauptet ausschließlich das Vorliegen besonderer Härte und begründet dies in seiner Beschwerde damit, dass er vermögenslos sei und auch in Hinkunft über kein Einkommen verfügen werde. Er habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung in der Justizanstalt Stein befunden und sei mittlerweile arbeits- und obdachlos.
Nach ständiger hg. Judikatur ist es in einem Verfahren über den Nachlass von Gerichtsgebühren (ebenso wie in einem Verfahren betreffend Abgabennachsicht gemäß § 236 BAO) Sache des Antragstellers, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die der Nachlass gestützt werden kann. Im Nachsichtverfahren trifft den Antragsteller somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2005, Zl. 2004/16/0276, mwN). Zu den für eine verlässliche Beurteilung der Frage des allfälligen Vorliegens der vom § 9 Abs. 1 und Abs. 2 GEG geforderten besonderen Härte unerlässlichen Umständen gehört naturgemäß die Frage, ob der Nachlasswerber über Vermögen verfügt und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bzw. in welcher Art (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl. 2003/16/0486, mwN).
Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag auf seinen damaligen Haftaufenthalt und das Fehlen eines "versicherungspflichtigen Einkommens" gestützt. Die belangte Behörde verneinte das Vorliegen einer besonderen Härte damit, dass im Hinblick auf den Entlassungstermin 24. Mai 2006 nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers in Zukunft keinesfalls mehr verändern würden.
Diese Beurteilung kann nicht als denkwidrig erachtet werden. Es kann daher in der Vorgangsweise, den Nachlass nicht zu gewähren, keine Rechtswidrigkeit erblickt werden (vgl. die in Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, Anm. E 83 zu § 9 GEG zitierte hg. Rechtsprechung).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen war die belangte Behörde keineswegs verhalten, amtswegige Ermittlungen über die Einkommens- und Vermögenssituation des Beschwerdeführers anzustellen.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, die belangte Behörde hätte seinen Antrag auch als Stundungsansuchen werten müssen ("argumentum majore ad minus"). Wirtschaftliche Schwierigkeiten vorübergehender Natur rechtfertigen zwar keinen Nachlass, sondern allenfalls eine Stundung bzw. Ratengewährung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 1996, Zl. 96/16/0020, mwN). Aber bereits auf Grund seines Wortlautes war der Antrag des Beschwerdeführers jedenfalls ausschließlich als Nachsichtsansuchen zu behandeln gewesen. Abgesehen davon wäre eine Stundung nur dann zu gewähren gewesen, wenn die Einbringlichkeit durch die Stundung nicht gefährdet oder Sicherheit geleistet würde. Der Beschwerdeführer legt in diesem Zusammenhang nicht dar, warum im Beschwerdefall nicht von einer Gefährdung der Einbringlichkeit auszugehen gewesen sei und behauptet auch nicht, eine Sicherheit angeboten zu haben.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, die belangte Behörde habe die Überprüfung unterlassen, "ob die Voraussetzungen im Verfahren vor dem BG Hernals zu 8C 37/05 z für die Bewilligung der Verfahrenshilfe vorliegen".
Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer gar nicht behauptet, einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gestellt zu haben, müsste über einen solchen Antrag jedenfalls vom Gericht entschieden werden. Der Kostenbeamte ist an die Entscheidung des Gerichtes über die Bewilligung der Verfahrenshilfe gebunden. Er kann die Voraussetzungen nicht selbstständig prüfen (vgl. Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7, Anm. 1 zu § 9 GGG).
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Abweisung eines Nachsichtsansuchens noch nicht gleichbedeutend mit der Setzung von Eintreibungsmaßnahmen ist und solche auch nicht zwangsweise zur Folge hat. Gemäß § 13 iVm § 1 Z 1 GEG ist von der Einbringung von Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren nämlich abzusehen, wenn mit Grund angenommen werden darf, dass sie erfolglos bleiben wird. Aus einer solchen Ermächtigung können aber die Gebührenschuldner kein Recht auf Abstandnahme ableiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 2006, Zl. 2003/16/0067, mwN).
Aus den dargestellten Erwägungen war die Beschwerde durch einen gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Damit erübrigt sich die Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 29. Juni 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006160021.X00Im RIS seit
10.08.2006Zuletzt aktualisiert am
05.11.2008