TE Vfgh Erkenntnis 2002/3/13 B2298/00

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Veröffentlicht am 13.03.2002
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Index

L1 Gemeinderecht
L1010 Stadtrecht

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des Satzteiles "und 39e" in §39g Abs3 Z2 des Grazer Statuts 1967 idF LGBl 72/1997 mit E v 07.03.02, G323/01.

Spruch

I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

II. Die Landeshauptstadt Graz ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seiner Rechtsvertreterin die mit 2.143,68 Euro bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Der Beschwerdeführer - ehemaliger Bürgermeisterstellvertreter der Landeshauptstadt Graz - bekämpft mit seiner auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof einen Bescheid der Berufungskommission der Stadt Graz vom 6.11.2000, womit seiner Berufung gegen den Bescheid des Stadtsenates vom 26.4.1985 betreffend die Bemessung seines Ruhebezuges nicht stattgegeben wurde.

1.1.2. Der bekämpfte Berufungsbescheid enthält den folgenden Spruch:

"Es wird festgestellt:

Ab 1.10.1997 ist der Ruhebezug von Herrn Bürgermeisterstellvertreter a.D. J S gemäß §39 g Abs3 Z2 iVm §§39 d und e des Statuts der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl 130/1967 idF der Novelle LGBl 72/1997 in dem Ausmaß auszubezahlen, um das die Summe seiner Ruhegenüsse vom Land Steiermark sowie von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten und des Ruhebezugs gemäß §39 d Abs1 litb leg. cit. hinter der diesem Ruhebezug zugrundeliegenden Bemessungsgrundlage zurückbleibt."

1.2.1. Der Beschwerdeführer beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides in Folge Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes.

1.2.2. Die belangte Berufungskommission der Stadt Graz reichte - unter Vorlage der Verwaltungsakten - eine Gegenschrift beim Verfassungsgerichtshof ein, in der beantragt wird, der Beschwerde keine Folge zu geben.

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 7.3.2002, G323/01, den Satzteil "und 39e" in §39g Abs3 Z2 des Statutes für die Landeshauptstadt Graz, LGBl. 1967/130, idF LGBl. 1997/72, als verfassungswidrig auf.

2.2.1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits im Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (VfSlg. 12.676/1991).

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (zB VfSlg. 13.067/1992, 13.225/1992, 13.313/1992, 13.566/1993).

2.2.2. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 7.3.2002 statt. Die vorliegende Beschwerde langte beim Verfassungsgerichtshof am 19.12.2000 ein, war also im Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig. Der Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.

2.3. Die belangte Behörde wandte bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass die Anwendung der verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Verfassungsgerichtshof hat daher auszusprechen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt wurde sowie dass der Bescheid aufgehoben wird.

3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG; von den zugesprochenen Kosten entfallen 181,68 Euro auf die Eingabegebühr und 327 Euro auf die Umsatzsteuer.

4. Dieses Erkenntnis wurde in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs4 Z3 VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefällt.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B2298.2000

Dokumentnummer

JFT_09979687_00B02298_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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