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L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der R, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 21, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 10. Mai 2004, Zl. U-30.075/13, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die wasser- und naturschutzrechtliche Bewilligung für die obertägige Gewinnung von mineralischen Rohstoffen, die Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes nach dem Mineralrohstoffgesetz für den obertägigen Abbau mineralischer Rohstoffe sowie die forstrechtliche Bewilligung für die Rodung von insgesamt 93.596 m2 Wald.
Die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes wurde der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 19. Jänner 2004 gemäß § 171 Abs. 1 Mineralrohstoffgesetz unter Vorschreibung gewisser Auflagen erteilt.
Im Zuge des gemeinsam abgeführten forstrechtlichen und naturschutzrechtlichen Verfahrens holte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Gutachten der Amtssachverständigen für Naturkunde, Forstwesen, Geologie, überörtliche Raumordnung sowie Wildbach- und Lawinenverbauung ein. Auf Grund der Stellungnahmen dieser Sachverständigen wurden die Projektunterlagen seitens der beschwerdeführenden Partei mehrfach ergänzt und seitens der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck einer abschließenden Beurteilung durch die Amtssachverständigen zugeführt.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 19. Jänner 2004 wurde unter Spruchpunkt A I die forstrechtliche Bewilligung unter Vorschreibung diverser Nebenbestimmungen erteilt und unter Spruchpunkt B I der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die obertägige Gewinnung von mineralischen Rohstoffen auf den Grundstücken Nr. 1424, 1548, 1549/1, 1549/2, 1550, 1553, 1557, 1559, 1560, 1561, 1562, 1563, 1564, 1565, 1566, 1568, 1569, 1570/1, 1584 und 1585, alle in KG I, gemäß § 6 lit. b sowie § 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. a Z 1 und 2 in Verbindung mit § 27 Abs. 6 Tiroler Naturschutzgesetz 1997 (in der Folge: Tir NatSchG) abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei erhob gegen Spruchpunkt B I dieses Bescheides Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte unter anderem begründend aus, dass es sich bei dem gegenständlichen Wald um einen bodensauren Fichtenwald handle. Die vorhandene Waldgesellschaft sei nicht als geringwertiger einzustufen als andere Waldgesellschaften. Dies ergebe sich daraus, dass der montane bodensaure Fichtenwald als Lebensraumtyp in Anhang 1 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG geführt werde. Die Beurteilung der Eingriffe durch den Amtssachverständigen für Naturschutz sei für die belangte Behörde schlüssig und nachvollziehbar. Im Hinblick auf die im Projektsgebiet vorkommende Tierwelt sei auszuführen, dass das Vorkommen der typischen Waldvogelfauna und des Grasfrosches den Projektunterlagen zu entnehmen sei. Auf Basis der im Wesentlichen übereinstimmenden Gutachten der Amtssachverständigen sei jedenfalls davon auszugehen, dass auf Grund der beschriebenen Struktur- und Lebensraumvoraussetzungen die genannten Tierarten dort tatsächlich anzutreffen seien, zumal es sich gerade beim Rot- und Rehwild nicht um seltene Tierarten handle, sondern um solche, die in Wäldern üblicherweise vorkommen. Dass dieser Lebensraum auf der Projektsfläche von 10 ha durch Entfernen der Vegetation und des Bodens jedenfalls bis zum Greifen der Rekultivierungsmaßnahmen verloren gehe, bedürfe keines weiteren Beweises, ergebe sich jedoch zusätzlich aus den Feststellungen zu dem durch Realisierung des Projekts entstehenden Verlust an Lebensraum für die Tierwelt.
Im Inntal und insbesondere im Raum Z und Umgebung existierten zahlreiche Steinbrüche und Schottergewinnungsbetriebe. Diese seien schon von weitem als Bergbaubetriebe zu erkennen. Es sei daher davon auszugehen, dass sich jedermann unter dem typischen Erscheinungsbild eines Bergbaubetriebes der beabsichtigten Art und unter der Art und Weise, wie sich ein derartiger Bergbaubetrieb in die umgebende Landschaft einfüge, etwas vorstellen könne. Dabei erscheine es der belangten Behörde von untergeordneter Bedeutung, ob dieser Betrieb mehr oder weniger einsehbar sei, zumal unbestritten festgestellt worden sei, dass der gegenständliche Bereich von den umgebenden Erhebungen, insbesondere jedoch von der gegenüberliegenden Talseite aus, einsehbar sei. Eine detaillierte und individualisierte Beschreibung des zukünftigen Erscheinungsbildes sei zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich und erscheine auch entbehrlich, da sich keinerlei Hinweise ergäben, dass das geplante Vorhaben vom typischen Erscheinungsbild eines Schottergewinnungsbetriebes wesentlich abweichen werde. Bei dem Projektsgebiet würde es sich um einen relativ ruhigen Wald in Siedlungsnähe handeln. Im Übrigen ergebe sich aus § 33 Abs. 1 ForstG 1975, dass dem Wald generell kraft Gesetzes eine gewisse Erholungsfunktion zugestanden werde. Auf Grund der Feststellungen des naturkundlichen Amtssachverständigen und der derzeitigen Geräuschsituation sei diese Erholungswirkung im gegenständlichen Fall als verwirklicht anzusehen. Von der beschwerdeführenden Partei würden demgegenüber keine Umstände vorgebracht, welche darauf schließen ließen, dass der gegenständliche Wald diese Erholungsfunktion im Konkreten nicht erfüllen könne. Dass es durch die Errichtung eines lärmerregenden Betriebes mit hoher Staubentwicklung zu einem gänzlichen Verlust dieser Erholungsfunktion beziehungsweise zu einer massiven Beeinträchtigung dieser Erholungsfunktion in den angrenzenden Bereichen komme, bedürfe keines weiteren Beweises.
Zu den von der beschwerdeführenden Partei für das Projekt ins Treffen geführten öffentlichen Interessen des Hochwasserschutzes und der Versorgung des Großraumes Innsbruck mit Rohstoffen führte die belangte Behörde aus, dass für die Verbauung des Lehnbaches grundsätzlich mehrere Varianten zur Verfügung stünden. Ein konkretes Projekt seitens der Wildbach- und Lawinenverbauung, welches eine naturkundliche Beurteilung erlaube, liege derzeit nicht vor. Insgesamt erschienen die Aussagen in diesem Zusammenhang widersprüchlich. So würden in der Stellungnahme des Gebietsbauleiters vom 29. August 2001 die konkrete Gefahrensituation beschrieben und die Kosten für die verschiedenen Varianten dargelegt. Andererseits habe der Gemeinderat von I ausgesprochen, dass der Verbauung des Lehnbaches nicht oberste Dringlichkeit zukomme. Zusammenfassend entstehe der Eindruck, dass es sich bei der Mitnutzung des Schotterabbaugebietes durch die Wildbach- und Lawinenverbauung zwar um eine bequeme und finanziell günstige Variante handle, die Wildbachverbauung des Lehnbaches jedoch keine besondere Dringlichkeit besitze und im Übrigen auch auf anderem Wege zu bewerkstelligen sei. Zur Frage der Rohstoffsituation liege ein Gutachten des Amtssachverständigen für Raumordnung vor. Entsprechend diesem Gutachten werde in Tirol eine Gesamtmenge von ca. sieben Millionen Tonnen Baurohstoffen erzeugt. Diese erzeugte Menge sei durch den Sachverständigen durch die Einwohnerzahl von ca. 674.000 Einwohnern dividiert und so der spezifische Verbrauch von ca. 10 t pro Einwohner und Jahr errechnet worden. Aus seinen Berechnungen erschließe der Amtssachverständige (zu ergänzen: für die Bezirke Innsbruck und Innsbruck-Land) ein Defizit von 1,2 Millionen Tonnen Baurohstoffen pro Jahr. Konkrete Zahlen, welche den tatsächlichen Bedarf belegten, seien allerdings nicht angeführt worden. Auf Grund dieser nicht weiter nachvollziehbaren Berechnungen könne nicht mit der für ein Verfahren notwendigen Sicherheit vom tatsächlichen Bestehen eines konkreten Bedarfs ausgegangen werden.
Der Landesumweltanwalt habe sich in seiner Stellungnahme vom 30. Juli 2003 entschieden gegen das vorliegende Projekt ausgesprochen. Eine nachhaltige Rohstoffversorgung müsse heutzutage ökologisch, wirtschaftlich und sozial verträglich sein. Die Gemeinde I als "Standortgemeinde" habe sich zwar ursprünglich unter dem Blickwinkel des Hochwasserschutzes für das geplante Projekt ausgesprochen. Mit Schriftsatz vom 20. August 2003 sei jedoch mitgeteilt worden, dass der Hochwasserschutz auch anders verwirklicht werden könne und somit seitens der Gemeinde I kein öffentliches Interesse am gegenständlichen Projekt gegeben sei. Unter diesem Aspekt könne der betroffenen Bevölkerung eine zwanzigjährige Abbauzeit nicht zugemutet werden. Über 300 Bürger der Gemeinden I und R sowie die Gemeinde R hätten sich mittels Unterschriftenlisten massiv gegen das gegenständliche Projekt ausgesprochen. Diesen Personen beziehungsweise der Gemeinde R komme im naturschutzrechtlichen Verfahren jedoch keine Parteistellung zu.
Die naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht für maschinellen Abbau mineralischer Rohstoffe außerhalb geschlossener Ortschaften ergebe sich aus § 6 lit. b Tir NatSchG. Das beabsichtigte Vorhaben stelle unzweifelhaft eine maschinelle Gewinnung mineralischer Rohstoffe dar. Davon seien auch mehrere natürliche Gerinne, welche zum Teil aber nur zeitweise wasserführend seien, betroffen. Das Projektsgebiet sei weiters ein Lebensraum für geschützte Tierarten gemäß § 4 Naturschutzverordnung, sowie für mehrere geschützte Pflanzenarten gemäß § 1 Naturschutzverordnung (Daphne mezereum, Z 26, und Dactylorhiza maculata, Z 31) und § 2 Naturschutzverordnung (Aconitum vulparia, Z 9, Digitalis grandiflora und Digitalis lutea, Z 11, Sphagnum sp, Z 2). Eine naturschutzrechtliche Bewilligung für Ausnahmen von den in den Verordnungen nach den §§ 22 Abs. 1 oder 23 Abs. 1 Tir NatSchG festgesetzten Verboten dürfe gemäß § 27 Abs. 3 Tir NatSchG nur erteilt werden, wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 Tir NatSchG überwögen. Zunächst sei daher zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie stark die Naturschutzinteressen gemäß § 1 Abs. 1 Tir NatSchG durch die Ausführung des gegenständlichen Vorhabens beeinträchtigt würden. Erst wenn Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes und deren Ausmaß feststehen würden, sei in weiterer Folge eine Abwägung dieser Beeinträchtigungen gegen die für die Ausführung des Vorhabens sprechenden (langfristigen) öffentlichen Interessen durchzuführen. Die beantragten Maßnahmen würden unter anderem die Beseitigung der Vegetation, des natürlich gewachsenen Bodens und damit auch die Beseitigung der dort vorhandenen Lebensräume zum Teil geschützter Tier- und Pflanzenarten umfassen. Weiters komme es durch den Betrieb des beantragten Bergbaus zu einer bisher im betroffenen Bereich nicht vorhandenen Lärm- und Staubentwicklung. Es sei daher jedenfalls von Beeinträchtigungen der Lebensräume heimischer Tiere und Pflanzen und des Naturhaushaltes auszugehen und folglich eine Interessenabwägung im Sinne des § 27 Abs. 2 lit. b und 3 Tir NatSchG durchzuführen. Dabei sei in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 Tir NatSchG durch das Vorhaben zukomme. Dem seien in einem zweiten Schritt jene öffentliche Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen solle, gegenüberzustellen.
In der Folge geht die belangte Behörde ausführlich auf die Beeinträchtigungen ein und stellt die für deren Bewertung maßgebenden Parameter dar.
Die belangte Behörde kommt zum Schluss, die durch das beabsichtigte Vorhaben verwirklichten Beeinträchtigungen seien hinsichtlich der im Naturschutzgesetz normierten Schutzgüter Naturhaushalt, Lebensräume heimischer Tier- und Pflanzenarten und Erholungswert als nachhaltig (Dauer: mindestens 20 Jahre, hinsichtlich der Böden und der damit zusammenhängenden Lebensraumfunktionen sogar ca. 120 Jahre) und schwerwiegend zu beurteilen. Demgegenüber hätten langfristige öffentliche Interessen an der Verwirklichung des gegenständlichen Projekts nicht glaubhaft gemacht werden können. Zwar liege die Versorgung mit Rohstoffen grundsätzlich im öffentlichen Interesse. Dieses öffentliche Interesse müsse jedoch für jedes einzelne Projekt im Konkreten festgestellt werden. Ein tatsächlich bestehender Versorgungsengpass im Großraum Innsbruck sei der belangten Behörde weder bekannt noch ergebe sich ein solcher aus den vorliegenden Unterlagen. Allein die Tatsache, dass bisher offenbar Baurohstoffe aus Steinbrüchen im Tiroler Oberland zugeliefert würden, bedeute jedenfalls noch keinen ein öffentliches Interesse begründenden Mangel an Baurohstoffen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass im projektsgegenständlichen Bereich lediglich Schotter mittlerer Qualität gewonnen werden könne und im Zuge der Aufbereitung große Mengen abschlämmbarer Substanz anfielen, deren Deponierung beziehungsweise Entsorgung ungeklärt sei.
Selbst wenn aber ein entsprechendes öffentliches Interesse im Konkreten hätte festgestellt werden können, könne dieses öffentliche Interesse nur über einen Zeitraum von zwanzig Jahren (eingeschränkt) und nur mit Schotter mittlerer Qualität bedient werden. Dem würden - abgesehen von den bereits als gravierend zu bewertenden Beeinträchtigungen während des Abbaus - nachhaltige Beeinträchtigungen der Böden und der damit zusammenhängenden Lebensraumfunktionen über den sechsfachen Zeitraum gegenüberstehen. Unter diesem Gesichtspunkt müsste auch eine Interessenabwägung zwischen den festgestellten Beeinträchtigungen des Naturschutzes und dem Bedarf an Baurohstoffen zu Gunsten des Naturschutzes ausgehen.
In der Folge wird detailliert auf den konkreten Verfahrensablauf und die der Beschwerdeführerin gebotene Möglichkeit zur Beibringung von Unterlagen zur Stützung ihres Standpunktes eingegangen. Der beschwerdeführenden Partei sei dafür die gesamte Vegetationsperiode des Jahres 2003 zur Verfügung gestanden.
Zu den Ausführungen betreffend das Landschaftsbild sei lediglich festzuhalten, dass angesichts der massiven Beeinträchtigung des Naturhaushaltes, Erholungswertes und Lebensraumes die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes nicht besonders ins Gewicht fielen, weshalb in der rechtlichen Beurteilung darauf auch nicht weiter einzugehen sei. Das Vorbringen betreffend Rekultivierungsmaßnahmen sei insoweit unschlüssig, als in den Einreichunterlagen davon die Rede sei, dass bei der Bestockung jedenfalls den Wünschen der Grundeigentümer Rechnung getragen werde. Die Bestockung mit standortgerechten Holzarten sei daher nicht ausreichend gesichert. Es wäre aber Sache der beschwerdeführenden Partei gewesen, ein inhaltlich ernstzunehmendes Rekultivierungskonzept vorzulegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der angefochtene Bescheid wurde durch seine Zustellung an die beschwerdeführende Partei am 11. Mai 2004 erlassen. Im Beschwerdefall ist daher das Tiroler Naturschutzgesetz in seiner Fassung vor der Novelle durch LGBl. Nr. 50/2004 anzuwenden.
Die demnach maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 12. März 1997 über die Erhaltung und Pflege der Natur (Tiroler Naturschutzgesetz 1997 - im Folgenden: Tir NatSchG), LGBl. Nr. 33/1997 (§§ 3 und 6 in der Fassung LGBl. Nr. 8/1999, § 27 in der Fassung LGBl. Nr. 14/2002), lauten auszugsweise:
"1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Allgemeine Grundsätze
(1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass
a)
ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
b)
ihr Erholungswert,
c)
der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und
d) ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt
bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet oder durch den Menschen gestaltet wurde. Der ökologisch orientierten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Natur darf nur so weit in Anspruch genommen werden, daß ihr Wert auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt.
...
§ 3
Begriffsbestimmungen
...
(7) Gewässer ist ein von ständig vorhandenem oder periodisch auftretendem Wasser geprägter Lebensraum, der die Gesamtheit von Wasserwelle, Wasserkörper, Wasserbett, Sediment und Ufer einschließlich der dort vorkommenden Tiere und Pflanzen umfasst.
...
§ 6
Allgemeine Bewilligungspflicht
Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen folgende Vorhaben einer Bewilligung, sofern hiefür nicht nach einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes, einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 46 Abs. 1 genannten Gesetze eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist:
...
b) die Errichtung und die Aufstellung von Anlagen zur Gewinnung oder Aufbereitung von mineralischen Rohstoffen und von Anlagen zur Aufbereitung von Mischgut oder Bitumen sowie der maschinelle Abbau von mineralischen Rohstoffen;
...
§ 7
Schutz der Gewässer
(1) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2000 m2 folgende Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung:
...
b) die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen;
...
(2) Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen im Bereich
a) der Uferböschung von fließenden natürlichen Gewässern und eines fünf Meter breiten, von der Uferböschungskrone landeinwärts zu messenden Geländestreifens und
b) eines 500 Meter breiten, vom Ufer stehender Gewässer mit einer Wasserfläche von mehr als 2000 m2 landeinwärts zu messenden Geländestreifens
1. die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen sowie die Änderung von Anlagen, sofern die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 berührt werden, und
2. Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke
einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.
...
§ 22
Geschützte Pflanzenarten
(1) Die Landesregierung hat jene Arten von wildwachsenden Pflanzen, die in ihrem Bestand allgemein oder in bestimmten Gebieten gefährdet sind, deren Erhaltung aber zur Wahrung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 geboten ist, durch Verordnung zu geschützten Pflanzenarten zu erklären.
...
§ 23
Geschützte Tierarten
(1) Die Landesregierung hat jene Arten von wildlebenden, nicht jagdbaren Tieren, die in ihrem Bestand allgemein oder in bestimmten Gebieten gefährdet sind, deren Erhaltung aber zur Wahrung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 geboten ist, durch Verordnung zu geschützten Tierarten zu erklären.
...
§ 27
Naturschutzrechtliche Bewilligungen
(1) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung ist, soweit in den Abs. 2, 3 und 3a nichts anderes bestimmt ist, zu erteilen,
a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder
b) wenn andere öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
(2) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung
a) für eine über die Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehende Änderung einer bestehenden Anlage im Bereich der Gletscher und ihrer Einzugsgebiete (§ 6 lit. f), für Vorhaben nach den §§ 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 25 Abs. 3 und 26 Abs. 3,
...
darf nur erteilt werden,
1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder
2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. In Naturschutzgebieten darf außerdem ein erheblicher, unwiederbringlicher Verlust der betreffenden Schutzgüter nicht zu erwarten sein.
(3) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung für Ausnahmen von den in Verordnungen nach den §§ 22 Abs. 1 oder 23 Abs. 1 festgesetzten Verboten darf nur erteilt werden, wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
...
(6) Eine Bewilligung ist zu versagen, wenn eine Voraussetzung für ihre Erteilung nicht vorliegt."
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Landesregierung vom 16. Dezember 1997 zum Schutz wildwachsender Pflanzen und wildlebender, nicht jagdbarer Tiere (Naturschutzverordnung 1997), LGBl. Nr. 97/1997, lauten auszugsweise:
"Auf Grund der §§ 22 bis 24 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997, LGBl. Nr. 33, wird verordnet:
1. Abschnitt
Geschützte Pflanzenarten
§ 1
Gänzlich geschützte Pflanzenarten
(1) Folgende Arten von wildwachsenden Pflanzen sind gänzlich geschützt:
...
Zweikeimblättrige Pflanzen
(Diktotyledonen)
...
26. Seidelbast (Daphne mezereum L.);
...
Einkeimblättrige Pflanzen
(Monokotyledonen):
...
31. Orchidaceae, insbesondere Frauenschuh, Kohlröschen und Glanzkraut;
...
(2) Es ist verboten,
a) Pflanzen der im Abs. 1 genannten Arten sowie deren Teile (Wurzeln, Zwiebeln, Knollen, Blüten, Blätter, Zweige) und Entwicklungsformen (Früchte, Keime, Samen udgl.) absichtlich von ihrem Standort zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten oder im frischen oder getrockneten Zustand zu befördern, feilzubieten, zu veräußern oder zu erwerben und
b) den Standort von Pflanzen solcher Arten auf eine Weise zu behandeln, dass ihr weiterer Bestand an diesem Standort unmöglich gemacht wird.
§ 2
Teilweise geschützte Pflanzenarten
(1) Folgende Arten von wildwachsenden Pflanzen dürfen nur in einem solchen Ausmaß und einer solchen Menge von ihrem Standort entfernt oder an ihrem Standort beschädigt oder vernichtet werden, dass ihr Weiterbestand an diesem Standort weiterhin gesichert bleibt:
Moose:
...
02. alle Torfmoose (Sphagnum sp.)
Farnpflanzen:
...
09. Eisenhutarten, alle (Aconitum);
...
11. Fingerhut, Großblütiger und Gelber (Digitalis grandiflora Mill. und Digitalis lutea L.);
...
2. Abschnitt
Geschützte Tierarten
§ 4
Geschützte Vogelarten
(1) Alle Arten von wildlebenden, nicht jagdbaren Vögeln, mit Ausnahme der verwilderten Haustaube (Columba livia Gmel.), sind geschützt.
...
§ 7
Schutz des Lebensraumes geschützter Tierarten
Zum Schutz des Lebensraumes der geschützten Tierarten ist es
außerhalb von bebauten Grundstücken verboten,
...
c) den Lebensraum (wie etwa Brutplatz, Standort, Fortpflanzungs- oder Ruhestätte udgl.) solcher Tiere und ihrer Entwicklungsformen (insbesondere Larven, Puppen, Eier) so zu behandeln, dass ihr weiterer Bestand in diesem Lebensraum unmöglich wird. "
2. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen zu Recht übereinstimmend davon aus, dass das gegenständliche Vorhaben (obertägiger Abbau mineralischer Rohstoffe) die Bewilligungstatbestände nach § 6 Abs. 1 lit. b und § 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. b Z 1 und 2 Tir NatSchG erfüllt.
Die belangte Behörde stützte sich auf die genannten Tatbestände in Verbindung mit § 27 Abs. 2 und 3 Tir NatSchG und versagte der beschwerdeführenden Partei die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung nach § 6 Abs. 1 lit. b und § 7 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. b Z 1 und 2 in Verbindung mit § 27 Abs. 6 Tir NatSchG.
Liegt eine Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes vor, so ist für Anlagen nach § 7 Abs. 1 und 2 Tir NatSchG die Bewilligung nach § 27 Abs. 2 Tir NatSchG nur zu erteilen, wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
Die belangte Behörde stützte ihren Bescheid im Hinblick auf die Beeinträchtigung des Lebensraumes nach der Naturschutzverordnung geschützter Arten zudem auf § 27 Abs. 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 lit. b Tir NatSchG, weil die von der beschwerdeführenden Partei beantragte Bewilligung eine Ausnahme von den in den Verordnungen nach den §§ 22 Abs. 1 und 23 Abs. 1 Tir NatSchG festgesetzten Verboten bedeuten würde. Das Vorkommen von nach der Naturschutzverordnung 1997 gänzlich geschützten Pflanzenarten in dem betroffenen Abbaugebiet wird von der beschwerdeführenden Partei nicht bestritten. Diese Pflanzen sind auch in den von ihr beigebrachten Gutachten (vgl. insbesondere das im März 2003 vorgelegte Konvolut) aufgelistet. Es kann weiters in Übereinstimmung mit dem naturschutzfachlichen Gutachten nicht bezweifelt werden, dass die Verwirklichung des von der beschwerdeführenden Partei eingereichten Vorhabens auch bei Einhaltung diverser Abbauphasen mit schrittweiser Rekultivierung zur Vernichtung und Beseitigung der im Abbauareal befindlichen Pflanzenbestände führen würde. Durch die Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens würde daher der weitere Bestand dieser Pflanzen an diesem Standort unmöglich gemacht.
Da somit die Realisierung des gegenständlichen Projekts dem in § 1 Abs. 2 lit. b Naturschutzverordnung 1997 festgelegten Verbot zuwiderliefe, ist das Vorhaben auch nach § 27 Abs. 3 Tir NatSchG zu prüfen.
3. Nach der hg. Rechtsprechung - vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2000, Zl. 2000/10/0081 - hat die Behörde in einem Verfahren über eine Bewilligung nach § 27 Abs. 2 Tir NatSchG in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 Tir NatSchG (Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, Erholungswert, Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürlicher Lebensräume, möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt) durch das Vorhaben zukommt. Dem hat sie die langfristigen öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen soll, gegenüberzustellen. In dem genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung ein auf Grund einer Interessenabwägung nach § 27 Abs. 2 Z 2 Tir NatSchG ergangener Bescheid nur dann entspricht, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen im Sinne des § 1 Abs. 1 Tir NatSchG abhängt, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist und über jene Tatsachen, die das anderweitige öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll.
4. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, dass mit dem gegenständlichen Projekt Beeinträchtigungen der Schutzgüter Landschaftsbild und Erholungswert sowie der Lebensgemeinschaften heimischer Tier- und Pflanzenarten sowie des Naturhaushaltes verbunden sind. Die belangte Behörde hat sich dabei im Wesentlichen auf das im Verfahren vor der Behörde erster Instanz eingeholte Gutachten des naturkundlichen Amtssachverständigen gestützt.
Die belangte Behörde hat nach Darstellung der naturräumlichen Gegebenheiten detailliert die Eingriffe in die Schutzgüter nach dem Tir NatSchG beschrieben. Sie hat dabei festgestellt, dass auf einer Fläche von knapp 10 ha die natürliche Vegetation und der natürlich gewachsene Boden beseitigt würden. Der natürliche Bodenaufbau bedürfe nach Beendigung des Abbaus eines Jahrhunderte währenden Zeitraums, sich wieder zu entwickeln. Es sei von einer Beeinträchtigung der ökologischen Bodenfunktionen für einen Zeitraum von zumindest 120 Jahren auszugehen. Es würden die Geländetopographie und die Vegetation sowie die damit zusammenhängenden Lebensräume für Tier- und Pflanzenarten beseitigt, wobei auch gänzlich geschützte Arten betroffen seien. Es würden Gewässerlebensräume zerstört. Es komme zum Verlust des Erholungswertes der projektsgegenständlichen Fläche und zur massiven Beeinträchtigung des Erholungswertes der angrenzenden Waldbereiche durch Lärm- und Staubeinwirkung.
Demgegenüber hätten langfristige öffentliche Interessen, die gemäß § 27 Abs. 2 und 3 Tir NatSchG für die Erteilung der Bewilligung vorliegen müssten, nicht glaubhaft gemacht werden können.
5. Die beschwerdeführende Partei tritt diesen Feststellungen hinsichtlich der zu erwartenden Beeinträchtigungen mit dem Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften entgegen und behauptet, öffentliche Interessen ins Treffen geführt zu haben, die zur Erteilung der Bewilligung führen müssten.
Die beschwerdeführende Partei wendet sich zudem gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung, bei der die öffentlichen Interessen an der Versorgung des Großraumes Innsbruck mit Baurohstoffen, am Hochwasserschutz in dem betroffenen Gebiet sowie an der Verringerung des LKW-Verkehrs außer Acht gelassen oder falsch gewichtet worden seien.
6. Der Vorwurf der Verletzung von Verfahrensvorschriften gründet sich auf den Umstand, dass der beschwerdeführenden Partei vor der Bescheiderlassung nicht die Gelegenheit zur Beibringung eines Privatgutachtens zu Fragen der Auswirkungen des Vorhabens auf Tierwelt und Vegetation eingeräumt worden sei. Es hätte ihr bekannt gegeben werden müssen, dass die (bis dahin) eingereichten Unterlagen vom Sachverständigen als ungenügend qualifiziert würden.
Die belangte Behörde habe ihrem Antrag auf Fristverlängerung zur Einreichung eines weiteren Privatgutachtens unzulässiger Weise nicht stattgegeben und dadurch ihr Recht auf Parteiengehör verletzt, weil die beschwerdeführende Partei erst auf Grund der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Naturschutz im Berufungsverfahren erfahren habe, dass die von ihr im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens vorgelegten und mehrfach ergänzten Unterlagen nicht ausreichend seien.
Dem ist zu entgegnen, dass der beschwerdeführenden Partei das Gutachten des Amtssachverständigen vom 23. April 2003, auf welches sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid stützte, schon im erstinstanzlichen Verfahren bekannt war und die beschwerdeführende Partei im erstinstanzlichen Verfahren ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, weitere Unterlagen beziehungsweise Gutachten vorzulegen. Die Stellungnahme des Amtssachverständigen im Berufungsverfahren enthält keine neuen fachlichen Feststellungen zu dem gegenständlichen Projekt, sondern bezieht sich lediglich auf das im erstinstanzlichen Verfahren erstattete und der beschwerdeführenden Partei hinreichend bekannte Gutachten und die von der beschwerdeführenden Partei selbst nachgereichten Unterlagen. Es handelt sich bei dieser Stellungnahme daher nicht um neue Ermittlungsergebnisse, in Ansehung derer der beschwerdeführenden Partei nach § 45 Abs. 3 AVG abermals eine Frist zur Beibringung eines Privatgutachtens zu gewähren gewesen wäre. Das Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz vom 23. April 2003 war der beschwerdeführenden Partei bekannt und sie verfügte daher schon im Laufe der Vegetationsperiode 2003 über die für die Einholung eines Gegengutachtens erforderlichen Informationen. Dass die vorgelegten Urkunden nicht ausreichten, um die Naturschutzbehörde von den Ausführungen in den Privatgutachten zu überzeugen, war der beschwerdeführenden Partei auf Grund des ihr zugestellten erstinstanzlichen Bescheides vom 19. Jänner 2004 bekannt. Für die allfällige Beibringung eines weiteren Privatgutachtens stand daher bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheids ausreichend Zeit zur Verfügung. Darüber hinaus war insbesondere in Bezug auf die im gegenständlichen Abbaugebiet vorkommenden, nach der Naturschutzverordnung 1997 gänzlich geschützten Pflanzenarten, deren Vorkommen auch in den vorgelegten Privatgutachten aufgezeigt wurde, der entscheidungswesentliche Sachverhalt, der der im angefochtenen Bescheid getroffenen rechtlichen Beurteilung zu Grunde liegt, nicht ergänzungsbedürftig und bestand kein Anlass, der beschwerdeführenden Partei Gelegenheit einzuräumen, das von ihr nicht bestrittene und auch in den von ihr vorgelegten Gutachten bestätigte Vorkommen geschützter Pflanzen durch ein neuerlich eingeholtes Gutachten in Frage zu stellen. Die von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte Unmöglichkeit einer Vegetationskartierung nach Braun-Blanquet hätte nach Aussagen der Sachverständigen die Liste der vorzufindenden geschützten Pflanzen allenfalls verlängert. Vor diesem Hintergrund durfte die belangte Behörde von der Einholung des von der beschwerdeführenden Partei beantragten Gutachtens absehen, ohne dadurch gegen das Verbot der vorweggenommenen Beweiswürdigung zu verstoßen, und ohne Einräumung einer weiteren Frist auf Grundlage der ihr vorliegenden Ermittlungsergebnisse entscheiden.
Im Übrigen ist zu der von der belangten Behörde festgestellten Beeinträchtigung des Landschaftsbildes auf die ständige hg. Rechtsprechung zu verweisen, der zu Folge unter dem Landschaftsbild mangels einer Legaldefinition das Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt aus zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1999, Zl. 99/10/0204, mit weiteren Nachweisen). Der Beurteilung, ob ein unzulässiger Eingriff in das Landschaftsbild vorliegt, ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich das sich von allen möglichen Blickpunkten bietende Bild der von der Maßnahme betroffenen Landschaft zu Grunde zu legen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0121, vom 22. Dezember 2003, Zl. 2003/10/0195). Insofern konnte die belangte Behörde jedenfalls vom Vorliegen einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ausgehen, sodass eine Relevanz allfälliger Verfahrensmängel im Zusammenhang mit den übrigen Feststellungen zur Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nicht gegeben wäre.
7. Als öffentliches Interesse, dem die beantragte Maßnahme diene, hat die beschwerdeführende Partei insbesondere den im Raum Innsbruck gegebenen Baurohstoffmangel genannt. Die belangte Behörde hat sich in dieser Frage nicht der Beurteilung der im Verfahren erster Instanz eingeholten raumordnungsrechtlichen Stellungnahme angeschlossen, dass ein Bedarf an dem zu gewinnenden Material bestehe. Das Gutachten habe keine konkreten Zahlen zum Bedarf im Raum Innsbruck genannt und sei insofern nicht nachvollziehbar.
Dieser Schluss ist angesichts der Feststellung in dieser Stellungnahme, dass die zu Grunde gelegte Bedarfsannahme je Einwohner im Raum Innsbruck überhöht sein könnte, und das Fehlen jeglicher quantitativer Angaben über die Verwendung des in Rede stehenden Materials sowie des darin enthaltenen Hinweises auf die Eignung der großen Lagerstätten im Osten und Westen des Inntales zur Mitversorgung des Raumes Innsbruck auch nachvollziehbar. Auch die Tiroler Landesregierung hat in ihrer Stellungnahme vom Juli 2003 diese Folgerung aus der Stellungnahme gezogen und zusammengefasst die Auffassung vertreten, dass die beantragte Maßnahme der überörtlichen Raumordnung widerspreche. Die beschwerdeführende Partei hat demgegenüber im weiteren Verfahren keine Gesichtspunkte eingebracht, die entgegen dieser Einschätzung für das Vorliegen eines Bedarfes an dem zu gewinnenden Material sprächen. So wurde insbesondere in der Stellungnahme vom 6. Oktober 2003 - ungeachtet der besonderen Mitwirkungspflicht im Sinne des § 41 Abs. 3 Tir NatSchG - lediglich neuerlich auf die von der Behörde erster Instanz eingeholte Stellungnahme der Abteilung Raumordnung verwiesen, aus der sich der Umstand der massiven Unterversorgung des Raumes Innsbruck ergebe. Das öffentliche Interesse an dem Projekt wird in dieser Stellungnahme insbesondere in der Möglichkeit der Deckung eines Bedarfes aus einer nahe Innsbruck gelegenen Abbaustelle erblickt, weil damit Transporte aus weiter entfernten Gewinnungsstätten reduziert werden könnten. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie das Vorliegen eines solchen Bedarfes verneinte. Es konnte daher insofern zu Recht das Fehlen eines öffentlichen Interesses an dem Vorhaben angenommen werden.
8. Gleiches gilt auch für die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Wirkungen des Projekts für den Hochwasserschutz. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass das gegenständliche Projekt nicht unmittelbar dem Hochwasserschutz dienen würde, sondern weitere Ausbauarbeiten erfordern beziehungsweise ermöglichen würde, die nicht Gegenstand des naturschutzrechtlichen Bewilligungsverfahrens sind. Die belangte Behörde ist auf Grund des festgestellten Sachverhalts davon ausgegangen, dass der Hochwasserschutz auch durch andere Vorhaben gewährleistet werden könnte und insoweit das beantragte Projekt nicht für die Gewährleistung des Hochwasserschutzes erforderlich sei und insofern nicht im öffentlichen Interesse liege. Die Beschwerdeführerin hat hiezu auf die Ausführungen in der Stellungnahme des "Umweltmanagement DI H" (für den Abwasserverband Zirl) hingewiesen und auch angemerkt, dass durch das im Jahre 2003 alternativ ins Auge gefasste Projekt hinsichtlich des Hochwasserschutzes 10 ha wertvollen Kulturlandes als Überflutungsfläche dienen müssten. Im Hinblick auf die für dieses Projekt erteilte Bewilligung sind auch diese Ausführungen nicht geeignet, die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde und ihre Einschätzung, dass an dem beantragten Projekt aus dem Gesichtspunkt des Hochwasserschutzes kein öffentliches Interesse bestehe, in Zweifel zu ziehen.
9. Die Beschwerdeführerin hat somit das Vorliegen eines öffentlichen Interesses nicht im Sinne des § 41 Abs. 3 Tir NatSchG dartun können.
10. Wenn die beschwerdeführende Partei auf die in den Verfahren nach dem ForstG 1975 und Mineralrohstoffgesetz erteilten Bewilligungen und die in diesen Verfahren getroffenen Beurteilungen verweist, ist - abgesehen davon, dass mangels eines öffentlichen Interesses an dem Vorhaben nicht in die Interessenabwägung einzutreten war - auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, wonach die naturschutzrechtliche Interessenabwägung auch bei Vorliegen von Bewilligungen nach anderen Materiengesetzen der Naturschutzbehörde vorbehalten bleibt und das Ergebnis der naturschutzbehördlichen Interessenabwägung durch die Erteilung der Genehmigung nach anderen Materiengesetzen nicht vorweggenommen wird (vgl. zu Genehmigungen nach dem BergG 1975 und dem Mineralrohstoffgesetz das zu dem OÖ. Naturschutzgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 12. November 2001, Zl. 99/10/0145, beziehungsweise zur Interessenabwägung nach dem ForstG 1975 bei Vorliegen einer Bewilligung nach dem BergG 1975 das hg. Erkenntnis vom 12. November 2001, Zl. 99/10/0137).
11. Unter dem Gesichtpunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt die beschwerdeführende Partei schließlich vor, dass ihr das forsttechnische Gutachten vom 7. Jänner 2004 nicht bekannt gewesen sei. Dieser Einwand steht im Zusammenhang mit der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung und konnte daher im Hinblick darauf, dass im Beschwerdefall schon das Vorliegen öffentlicher Interessen zu verneinen ist, keinen relevanten Verfahrensmangel aufzeigen.
12. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
13. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 29. Juni 2006
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangelsachliche ZuständigkeitAuslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004100106.X00Im RIS seit
10.08.2006Zuletzt aktualisiert am
25.11.2016