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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ÄrzteG 1998 §4 Abs3 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der Dr. C, vertreten durch Mag. Wolfgang Lichtenwagner, Rechtsanwalt in 4150 Rohrbach, Haslacher Straße 17, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 31. Jänner 2006, Zl. BMBWK-54.006/0001-VII/8a/2006, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurden mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 31. Jänner 2006 die von der Beschwerdeführerin seit Ende März 2005 bezogene Studienbeihilfe in der Höhe von EUR 834,-- sowie die für die Monate April, Mai und Juni 2005 ausbezahlten Fahrtkostenzuschüsse in der Höhe von EUR 36,-- zurückgefordert. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe im Wintersemester 2000/01 das Studium der Zahnmedizin und der Humanmedizin begonnen. Sie habe zunächst für das Studium der Zahnmedizin Studienbeihilfe bezogen. Im Wintersemester 2001/02 habe sie für das Studium Humanmedizin die Studienbeihilfe beantragt, ebenso in den Folgejahren; zuletzt habe sie am 17. September 2004 Studienbeihilfe beantragt und bewilligt erhalten. Am 2. Juni 2005 habe sie mitgeteilt, dass sie das Studium der Humanmedizin im März 2005 abgeschlossen habe. Da jedoch für ihr Berufsziel "Kieferchirurgie" sowohl das Human- als auch das Zahnmedizinstudium gesetzlich vorgeschrieben seien, müssten beide Studien als Einheit betrachtet werden. § 4 des Ärztegesetzes 1998, wonach für die Berufsausbildung zur Kieferchirurgin sowohl das an einer Universität erworbene Doktorat der gesamten Heilkunde als auch das Doktorat der Zahnheilkunde erforderlich sei, stelle nach Auffassung der Behörde allerdings keine Studienvorschrift im Sinne des § 13 Studienförderungsgesetz (StudFG) dar. Beim Studium der Zahn- wie beim Studium der Humanmedizin handle es sich um verschiedene Studien; der Abschluss des einen Studiums schließe eine Förderung des anderen Studiums nach dem Studienförderungsgesetz aus. Mit Abschluss eines Studiums erlösche der Anspruch auf Studienbeihilfe und es seien nach dem Eintritt des Erlöschens ausbezahlte Studienbeihilfenbeträge ebenso wie Fahrtkostenzuschüsse zurückzuzahlen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 6 Z. 2 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende noch kein Studium (§ 13) oder keine andere gleichwertige Ausbildung absolviert hat.
Unter Studium ist gemäß § 13 Abs. 1 StudFG eine auf Grund der einschlägigen Studienvorschriften durchgeführte Ausbildung an den in § 3 genannten Einrichtungen oder auch eine in den Studienvorschriften vorgeschriebene Kombination von Studienrichtungen oder Fächern, ein studium irregulare (§ 13 Abs. 3 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes - AHStG, BGBl. Nr. 177/1966, § 13 Abs. 3 des Kunsthochschul-Studiengesetzes - KHStG, BGBl. Nr. 187/1983) oder ein individuelles Diplomstudium (§ 17 UniStG) zu verstehen.
Gemäß § 14 Abs. 1 StudFG besteht bei gleichzeitiger Absolvierung mehrerer Studien Anspruch auf Studienbeihilfe nur für ein Studium. Die Wahl des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, steht dem Studierenden frei. Jede Änderung dieser Entscheidung gilt als Studienwechsel.
Der Anspruch auf Studienbeihilfe erlischt gemäß § 50 Abs. 1 Z. 4 StudFG mit Ende des Monats, in dem der Studierende die letzte in den Studienvorschriften vorgesehene Prüfung seines Studiums, für das er Studienbeihilfe bezieht, abgelegt hat.
Gemäß § 51 Abs. 2 Z. 3 StudFG haben Studierende Studienbeihilfenbeträge zurückzuzahlen, die nach dem Eintritt eines gesetzlichen Erlöschensgrundes oder während des Ruhens des Anspruches ausbezahlt wurden.
Die Beschwerdeführerin wendet gegen die Auffassung des angefochtenen Bescheides, es handle sich beim Studium der Zahnmedizin und der Humanmedizin um zwei verschiedene Studien, der Abschluss des einen Studiums schließe daher eine (weitere) Studienförderung aus, im Wesentlichen ein, die - neu geregelte - Ausbildung im Sonderfach "Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie" unterscheide sich von allen anderen ärztlichen Ausbildungen dadurch, dass sie sowohl das Doktorat der gesamten Heilkunde, als auch das Doktorat der Zahnheilkunde zur Voraussetzung habe. Die Beschwerdeführerin könne daher ihr angestrebtes Berufsziel "Kieferchirurgin" weder mit dem Einzelstudium Humanmedizin noch mit dem Einzelstudium Zahnmedizin alleine erreichen; dies sei nur in Kombination beider Studien möglich. Mit dem Abschluss des Humanmedizinstudiums am 10. März 2005 habe sie nur einen Teil der vorgeschriebenen Studienausbildung erfüllt. Sie habe das Studium der Zahnmedizin gleichzeitig mit dem Studium der Humanmedizin begonnen und ständig fortgesetzt; sie müsse noch dessen III. Studienabschnitt absolvieren. Da sie ihr Human- wie Zahnmedizinstudium ernsthaft und zügig betrieben habe und beide Studien Voraussetzung für ihr Berufsziel darstellten, habe sie Anspruch auf Förderung ihrer beruflichen Ausbildung nach dem StudFG. Andernfalls wäre sie gegenüber Studierenden anderer Berufszweige in gleichheitswidriger Weise benachteiligt.
Unter einem "Studium" im Sinn des § 6 Z. 2 StudFG, dessen Absolvierung die (weitere) Gewährung von Studienbeihilfe ausschließt, ist entsprechend dem Verweis auf § 13 Abs. 1 StudFG eine in Studienvorschriften festgelegte Ausbildung - die Regelungen betreffend das studium irregulare bzw. das individuelle Diplomstudium kommen im vorliegenden Fall nicht in Betracht - an im Einzelnen genannten Einrichtungen zu verstehen. Ob die von der Beschwerdeführerin absolvierte Ausbildung das Tatbestandsmerkmal "Studium" im Sinne des § 6 Z. 2 StudFG erfüllt, bemisst sich daher (ausschließlich) nach den einschlägigen Studienvorschriften. Ist nach diesen bereits ein Studium absolviert worden, ist Studienbeihilfe nicht zu gewähren (bzw. nach Absolvierung dieses Studiums gewährte Studienbeihilfe zurückzuzahlen), es sei denn, es wäre ein Ausnahmetatbestand im Sinne des § 15 StudFG erfüllt.
Im vorliegenden Beschwerdefall steht unbestritten fest, dass die Beschwerdeführerin das Studium der Humanmedizin nach den einschlägigen Studienvorschriften absolviert hat. Betreffend das weitere Studium der Zahnmedizin (vgl. dazu § 54 Abs. 2 Universitätsgesetz 2002 iVm Punkt 4 der Anlage 1 zum UniStG) hat sie im Grunde des § 6 Z. 2 StudFG und mangels Erfüllung eines Ausnahmetatbestandes im Sinne des § 15 StudFG daher keinen Anspruch auf Studienbeihilfe und zwar unabhängig davon, ob sie dieses Studium gleichzeitig mit dem Studium der Humanmedizin oder an dieses anschließend begonnen und fortgeführt hat.
Dass eine bestimmte Berufsausübung, nämlich jene des Facharztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, sowohl das erworbene Doktorat der gesamten Heilkunde als auch das Doktorat der Zahnheilkunde, somit den Abschluss zweier Studien erfordert (vgl. § 4 Abs. 3 Z. 2 des Ärztegesetzes), ändert daran nichts. Diese Regelung nimmt nämlich dem Studium der Humanmedizin nicht den (durch Studienvorschriften vermittelten) Charakter als "Studium" im Sinne des § 6 Z. 2 StudFG.
Was jedoch die von der Beschwerdeführerin in Zweifel gezogene Verfassungsmäßigkeit der StudFG anlangt, so erachtet es die bereits auf § 2 lit. d Studienbeihilfengesetz, BGBl. Nr. 249/1963, zurückgehende Regelung des § 6 Z. 2 StudFG als ausreichend, durch Studienbeihilfen Studierenden eine Berufsausbildung zu ermöglichen, die durch ein Studium vermittelt wird. Personen, die "bereits ein Hochschulstudium absolviert haben ... besitzen bereits eine hoch qualifizierte Berufsausbildung; es liegt kein genügender Grund vor, ein zweites Studium aus öffentlichen Mitteln zu fördern" (RV, 207 BlgNR, 10. GP, S. 6). Dieser Standpunkt begegnet unter Bedachtnahme auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers keinen gleichheitsrechtlichen Bedenken. Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin erfährt sie durch die Regelungen des StudFG auch keine Ungleichbehandlung. Das StudFG fördert bzw. förderte die Beschwerdeführerin bei Erlangung einer Berufsausbildung nämlich in gleicher Weise wie die Studierenden anderer Studienrichtungen. Die über die Absolvierung eines Studiums hinausgehenden Ausbildungsschritte zur Erreichung eines bestimmten Berufszieles werden auch bei den Studierenden anderer Studienrichtungen nicht gefördert.
Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 29. Juni 2006
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006100051.X00Im RIS seit
02.08.2006Zuletzt aktualisiert am
06.02.2018