TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/29 2006/16/0042

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Veröffentlicht am 29.06.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/01 Jurisdiktionsnorm;
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;

Norm

GGG 1984 §18 Abs2 Z2;
JN §58 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des H S in S, vertreten durch Dr. Raimund Danner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48/I, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 7. März 2006, Zl. Jv 5091-33/2005-5, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 9. März 1998 erhob der Beschwerdeführer vor dem Bezirksgericht Salzburg Klage gegen die T. Ges.m.b.H. auf Zahlung von ausstehendem Mietzins für die Monate Februar und März 1998 im Betrag von S 30.398,18 und auf Räumung des näher bezeichneten Bestandobjektes verbunden mit dem Antrag auf pfandweise Beschreibung der in das Bestandobjekt eingebrachten Fahrnisse. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6. Mai 1998 dehnte der Beschwerdeführer sein Zahlungsbegehren um den Bestandzins für die Monate April und Mai d.J. auf S 60.796,36 aus.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 29. Juni 1998 schlossen die Streitteile folgenden

"Teilvergleich

1. Die beklagte Partei verpflichtet sich zur Bezahlung von

S 60.000,--, und zwar S 30.000,-- noch am 29.6.1998, S 10.000,-- bis längstens 1.7.1998, weitere S 10.000,-- bis längstens 1.9.1998 und weitere S 10.000,-- bis längstens 1.11.1998 jeweils bei 5- tägigem Respiro zu Handen des Klagevertreters.

Festgehalten wird, dass es sich bei dem Gesamtbetrag von

S 60.000,-- um die pauschal bemessenen Bestandentgelte von Februar 1998 bis einschließlich Juni 1998 handelt.

2. Festgehalten wird, dass der monatliche Bestandzins

S 12.000,-- bis einschließlich 31.12.1998 beträgt, dies unpräjudiziell für das beim Landesgericht Salzburg anhängige Verfahren 2 Cg 153/98.

3. Für den Fall des Verzuges mit einer Rate aus der Verpflichtung gemäß Punkt 1 oder zweier Monatsbestandzinse wird der gesamte aushaftende Betrag sofort zur Zahlung fällig und ist mit 8 % p.a. zu verzinsen.

Festgehalten wird, dass die Bestandzinse jeweils am Ersten eines Monats bei 5-tägigem Respiro zur Zahlung fällig sind.

Festgehalten wird ferner, dass die Bemessung des Bestandzinses mit S 12.000,-- pro Monat völlig unpräjudiziell für das Verfahren 2 Cg 153/98 und das gegenständliche Verfahren erfolgt.

Festgehalten wird ferner, dass dieser Teilvergleich in keinem Zusammenhang mit der am 26.5.1998 erfolgten außergerichtlichen Kündigung zu sehen ist."

Im Übrigen vereinbarten die Streitteile in dieser Tagsatzung Ruhen des Verfahrens. Das Verfahren wurde sodann auf Antrag des Klägers fortgesetzt und mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluss vom 4. August 2000 bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines näher bezeichneten, beim Bezirksgericht Salzburg anhängigen Verfahrens unterbrochen.

Mit Zahlungsauftrag vom 6. Oktober 2005 schrieb die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes Salzburg dem Beschwerdeführer restliche Pauschalgebühr nach TP 1 GGG auf einer Bemessungsgrundlage von 1,5 Mio. S im Betrag von EUR 1.368,50 sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG 1962 im Betrag von EUR 7,-- vor.

In dem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag brachte der Beschwerdeführer vor, die Bemessungsgrundlage sei "in keinster Weise nachvollziehbar".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Berichtigungsantrag ab und berichtigte den Zahlungsauftrag vom 6. Oktober 2005 dahingehend, dass eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG auf einer Bemessungsgrundlage von S 1,500.000,-- im Betrag von S 24.130,-- = EUR 1.753,60 sowie eine Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 2 GEG im Betrag von EUR 7,-- vorgeschrieben wurde. Begründend führte die belangte Behörde hiezu aus, es sei unbestritten, dass sich die beklagte Partei zur Zahlung eines Betrages von S 60.000,-- verpflichtet habe. Ebenso sei unbestritten, dass sie zur Zahlung eines monatlichen Bestandzinses von S 12.000,-- verpflichtet sei. Strittig sei, ob es sich bei dieser Verpflichtung um eine befristete oder unbefristete Leistung handle. Bei alleiniger Betrachtung des Punktes 2. des Vergleiches könnte man zur Annahme kommen, dass die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses mit 31. Dezember 1998 beschränkt sei. Tatsächlich sei aber die Höhe des Bestandzinses strittig gewesen und sei in diesem Punkt nur festgelegt, dass die Höhe des Bestandzinses zumindest bis zu diesem Zeitpunkt mit S 12.000,-- anzusetzen sei. Wie hoch der Mietzins nach dem 31. Dezember 1998 gewesen wäre, wäre allenfalls neu zu verhandeln gewesen. Vielmehr ergebe sich aus Punkt 3. des Vergleiches, dass der Mietzins monatlich mit einem 5-tägigen Respiro zu bezahlen sei. Dass der Endzeitpunkt zur Zahlung des Mietzinses nicht mit 31. Dezember 1998 beschränkt gewesen sei, ergebe sich durch den Beschwerdeführer selbst: Im fortgesetzten Verfahren begehre er auf Grund der Räumung im Jänner 1999 die Zahlung des Mietzinses für diesen, nach dem im Vergleich genannten Zeitpunkt liegenden Monat. Hätte die Beklagte erst zu einem späteren Zeitpunkt geräumt, so wären folglich auch noch später fällige Mietzinse in Anspruch gebracht worden. Bezeichnenderweise sei im Vergleich ein Räumungstermin auch nicht vereinbart worden. Auch die Höhe des nach dem 31. Dezember 1998 fällig werdenden Mietzinses manifestiere sich unzweifelhaft durch das weitere Vorgehen des Beschwerdeführers. Zusammengefasst ergebe sich daraus, dass hier eine unbefristete Leistungsverpflichtung eines monatlichen Mietzinses von S 12.000,-- eingegangen worden sei, wobei der tatsächliche Auszug der Beklagten gebührenrechtlich nicht zu berücksichtigen sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, ohne einen das Entstehen des Anspruches des Bundes auf die Pauschalgebühr nach dem Gerichtsgebührengesetz auslösenden Sachverhalt keine Pauschalgebühr vorgeschrieben zu erhalten, verletzt; er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Während die belangte Behörde den Standpunkt vertritt, im beschwerdegegenständlichen Vergleich sei u.a. die Verpflichtung zur Zahlung eines monatlichen Bestandzinses von S 12.000,-- auf unbestimmte Zeit eingegangen worden, vertritt der Beschwerdeführer demgegenüber die Ansicht, die Verpflichtung zur Bezahlung des Bestandzinses sei ausdrücklich zeitlich mit 31. Dezember 1998 begrenzt worden. Dem "Vertragstext" sei kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass die Parteien eine über die zeitliche Begrenzung mit 31. Dezember 1998 hinausgehende Leistungsverpflichtung hätten regeln wollen.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu.

Nach § 14 GGG ist, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN Bemessungsgrundlage.

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. Wird der Wert des Streitgegenstandes infolge einer Erweiterung des Klagebegehrens geändert oder ist der Gegenstand des Vergleiches eine Leistung, deren Wert das Klagebegehren übersteigt, so ist die Pauschalgebühr nach § 18 Abs. 2 Z. 2 GGG unter Zugrundelegung des höheren Streitwertes zu berechnen.

Gemäß § 58 Abs. 1 JN ist als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen bei immerwährender Dauer das Zwanzigfache, bei unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das Zehnfache, sofern es sich um Ansprüche auf Unterhalts- oder Versorgungsbeträge und auf Zahlung von Renten wegen Körperbeschädigung oder Tötung eines Menschen handelt, das Dreifache der Jahresleistung, bei bestimmter Dauer aber der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge, jedoch in keinem Fall mehr als das Zwanzigfache der Jahresleistung anzunehmen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt ein Vergleich auch dann zu einer Neubewertung des Streitgegenstandes, wenn er in Ansehung eines gar nicht (mehr) strittigen Anspruches geschlossen bzw. wenn darin eine vertraglich schon bestehende Verpflichtung neuerlich übernommen wird. Selbst ein Vergleichspunkt, der allenfalls nur der Klarstellung gedient hat, ist dabei gebührenrechtlich von Bedeutung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. September 2005, Zl. 2005/16/0166, und vom 26. Jänner 2006, Zl. 2005/16/0249, mwN).

Für die Gebührenpflicht eines Vergleiches ist es überdies unbeachtlich, ob ein exekutionsfähiger Titel entstanden ist oder nicht (vgl. die zitierten hg. Erkenntnisse vom 21. September 2005 und vom 26. Jänner 2006).

Wird in einem Vergleich, in dem sich der Beklagte zur Räumung des Bestandobjektes bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verpflichtet, die Zahlung des Benützungsentgelts ohne datumsmäßige Fixierung eines Endtermins vereinbart, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Bemessungsgrundlage für die Verpflichtung zur Leistung des Benützungsentgelts der zehnfache Wert der Jahresleistung heranzuziehen (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 21. September 2005 mwN).

Ausgehend von dem für die Bewertung des Streitgegenstandes maßgeblichen Vergleich vom 29. Juni 1998 verpflichtete sich die Beklagte vorerst einmal zur Zahlung von S 60.000,-- (als pauschal bemessene Bestandentgelte für die Monate Februar bis einschließlich Juni 1998). Weiters wurde "festgehalten", dass der monatliche Bestandzins bis einschließlich 31. Dezember 1998 S 12.000,-- beträgt. Dieser zweite Vergleichspunkt diente im Sinne der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Klarstellung der Höhe des monatlichen Bestandzinses für die Monate Juli bis einschließlich Dezember 1998, sodass der Bemessung der Gerichtsgebühren (neben dem genannten Betrag von S 60.000,--) auch der Gesamtbetrag von S 72.000,-- zu Grunde zu legen war. Soweit im Vergleichspunkt 3. u. a. "festgehalten" wurde, dass "die Bestandzinse jeweils am Ersten eines Monats bei 5-tägigem Respiro zur Zahlung fällig sind", ist dies im Kontext des gesamten Vergleichspunktes zu verstehen, der sich auf die beiden vorstehenden Vergleichspunkte (Verpflichtung zur Zahlung von S 60.000,- und Klarstellung der Höhe der Bestandzinse von Juli bis Dezember 1998) bezog und damit keine weiterreichende Bedeutung entfaltete.

Damit ist dem gegenständlichen Vergleich weder eine zeitlich über Punkt 2. hinausgehende Klarstellung geschweige denn eine Verpflichtung zur Zahlung eines Bestandzinses - insbesondere auf unbestimmte Zeit - zu entnehmen, sodass die belangte Behörde zu Unrecht eine unbefristete Verpflichtung zur Leistung eines monatlichen Bestandzinses von S 12.000,-- und damit der Berechnung der Pauschalgebühr die zehnfache Jahresleistung zu Grunde legte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. August 2003, Zl. 2003/16/0083, mwN).

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Juni 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006160042.X00

Im RIS seit

10.08.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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