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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BDG 1979 §143a;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2006/17/0037 E 30. Juni 2006Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des JW in L, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19. Jänner 2006, Zl. Jv 8414-33/05, betreffend Zeugengebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Polizeibeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist der Bundespolizeidirektion Wien zur Dienstleistung zugewiesen.
Der Beschwerdeführer wurde am Landesgericht für Strafsachen Wien im Hinblick auf von ihm in Ausübung seines Exekutivdienstes getroffene Wahrnehmungen als Zeuge vernommen. Zu dieser Zeugeneinvernahme reiste der Beschwerdeführer von Oberrabenthan (ca. 149 Kilometer) an.
Sein nach der Vernehmung gestellter Antrag auf Bestimmung und Auszahlung von Zeugengebühren wurde vom zuständigen Kostenbeamten mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 abgewiesen.
In seiner dagegen erhobenen Beschwerde gemäß § 22 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz 1975, BGBl. Nr. 136 (im Folgenden: GebAG 1975), führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, er verkenne nicht, dass gemäß den Bestimmungen der §§ 20 in Verbindung mit 43 der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133 (im Folgenden: RGV 1955), Organen der Bundespolizeibehörden bei Dienstverrichtungen im Dienstort kein Anspruch auf Reisezulage gebühre. Sein Anspruch auf Kostenersatz richte sich nach § 3 Abs. 2 GebAG 1975. Eine Dienstverrichtung im Dienstort liege nicht vor. Die Ablegung einer Zeugenaussage sei nicht Dienstverrichtung, sondern Erfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht. Dies ergebe sich aus § 145 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979). Dieser Norm bedürfe es nicht, wenn ohnehin eine Dienstverrichtung gegeben wäre. Der Gesetzgeber habe durch diese Norm das Fungieren als Zeuge nicht einer Dienstverrichtung gleichgestellt, sondern nur normiert, dass die aufgewendete Zeit als Dienstzeit gelte. Bei der Bestimmung des § 3 GebAG 1975 sei davon auszugehen, dass Zeugentermine bei Gericht überwiegend in die übliche Normaldienstzeit der Dienstnehmer fielen. Die Regelung des § 145 BDG 1979 bedeute keine Begünstigung der Exekutivbeamten gegenüber dem typischen Fall eines Fungierens als Zeuge bei Gericht, weil es sich dabei meist um einen Dienstnehmer mit einer üblichen Dienstzeit handle, der keine Kürzung seiner Entlohnung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erleide. Gelange man zu dem Schluss, dass ihm keine Zeugengebühren zustünden, da er Exekutivbeamter sei, wäre eine Gleichheitswidrigkeit dieser Bestimmung evident. Es sei kein Grund ersichtlich, der die Schlechterstellung rechtfertige. Dass ein Mehraufwand an Reisekosten für Zeugeneinvernahmen zumutbar sei, weil er Exekutivbeamter sei, erscheine ausgeschlossen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Jänner 2006 wurde der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines am 7. Dezember 2005 erhobenen Anspruches keine Folge gegeben.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei zur Zeugeneinvernahme von seinem Wohnort aus angereist. Nach § 3 Abs. 2 GebAG 1975 hätten Zeugen, die im öffentlichen Dienst stünden, anstatt des Anspruches auf Ersatz der notwendigen Reisekosten Anspruch für eine Gebühr, wie sie ihnen nach den für sie geltenden Reisegebührenvorschriften zustände, wenn sie über dienstliche Wahrnehmungen vernommen worden seien. Für den Beschwerdeführer, der Bundesbeamter sei, finde die RGV 1955 Anwendung. Nach § 1 Abs. 1 lit. c RGV 1955 hätten die Bundesbeamten nach Maßgabe der RGV 1955 Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihnen durch eine Dienstverrichtung im Dienstort erwachse. Nach § 2 Abs. 2 RGV 1955 liege eine Dienstverrichtung im Dienstort vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund seiner Dienstinstruktion im Dienstort zu einer Dienstverrichtungsstelle begebe und die Wegstrecke von der Dienststelle zur Dienstverrichtungsstelle mehr als 2 Kilometer betrage. Dieser Fall liege vor, da die Ablegung einer Zeugenaussage vor Gericht für einen Beamten als Dienst gelte (§ 145 BDG 1979). Eine Dienstreise nach § 2 Abs. 1 RGV 1955 liege nur vor, wenn sich der Beamte zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund einer Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes (außerhalb des Ortes der Dienstzuteilung) gelegenen Ort begebe. Eine Dienstreise liege daher deshalb nicht vor, weil sich der Beamte zur Ablegung der Zeugenaussage nicht an einen außerhalb des Dienstortes gelegenen Ort begeben habe. Die Ansprüche bei Dienstverrichtungen im Dienstort regle § 20 RGV 1955. Für Organe der Bundespolizeibehörden enthalte § 43 RGV 1955 eine Sonderbestimmung, die Vorrang vor der Bestimmung des § 20 RGV 1955 habe. Danach begründeten Dienstverrichtungen im Dienstort bei Wachebeamten und rechtskundigen Beamten der Bundespolizeibehörden keinen Anspruch auf Reisezulage. Durch diese Bestimmung werde für Wachebeamte einer Bundespolizeidirektion bei Dienstverrichtungen im Dienstort ein Anspruch auf die im § 20 Abs. 1 Z 2 RGV 1955 angeführten Leistungen ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 145 Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550/1994, lautet:
"Dienstzeit
§ 145. (1) Wird ein Beamter des Exekutivdienstes auf Grund einer in Ausübung des Exekutivdienstes getroffenen Wahrnehmung zu einer Einvernahme als Zeuge vor Gericht oder vor eine Verwaltungsbehörde geladen, so gilt die Zeit der notwendigen Anwesenheit bei der betreffenden Behörde als Dienstzeit. Diese Zeit beginnt 30 Minuten vor dem festgesetzten Ladungstermin und endet 30 Minuten nach Beendigung der Zeugeneinvernahme."
§ 3 GebAG 1975 in der Fassung BGBl. Nr. 343/1989 lautet:
"Umfang der Gebühr
§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
(2) Zeugen, die im öffentlichen Dienst stehen, haben anstatt des Anspruchs nach Abs. 1 Z 1 Anspruch auf eine Gebühr, wie sie ihnen nach den für sie geltenden Reisegebührenvorschriften zustände, wenn sie über dienstliche Wahrnehmungen vernommen worden sind; das Gericht (der Vorsitzende), vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat, hat diese Tatsache zu bestätigen. Sie haben keinen Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis."
Die maßgebenden Bestimmungen der RGV 1955 (§ 1 Abs. 1 in der Fassung BGBl. Nr. 136/1979, § 4 Z 3 in der Fassung BGBl. Nr. 665/1994, § 13 Abs. 1 in der Fassung BGBl. I Nr. 142/2000, § 20 Abs. 1 Z 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 127/1999, § 43 in der Fassung BGBl. Nr. 550/1994; die übrigen Bestimmungen in der Stammfassung) lauten:
"Allgemeine Bestimmungen.
§ 1. (1) Die Bundesbeamten (§ 1 Abs. 1 des BDG) - im Folgenden kurz Beamte genannt - haben nach Maßgabe dieser Verordnung Anspruch auf den Ersatz des Mehraufwandes, der ihnen
a)
durch eine Dienstreise,
b)
durch eine Dienstverrichtung im Dienstort,
...
erwächst.
...
§ 2. (1) Eine Dienstreise im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund einer Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes (außerhalb des Ortes der Dienstzuteilung) gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zu diesem Ort mehr als 2 Kilometer beträgt. ...
...
(2) Eine Dienstverrichtung im Dienstort im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund seiner Dienstinstruktion im Dienstort zu einer Dienstverrichtungsstelle begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zur Dienstverrichtungsstelle mehr als 2 Kilometer beträgt.
...
Dienstreisen.
§ 4. Bei Dienstreisen gebührt dem Beamten:
1. die Reisekostenvergütung; sie umfasst die Kosten der Beförderung der Person und des notwendigen Reise- und Dienstgepäcks mit einem Massenbeförderungsmittel für die Strecke zwischen der Dienststelle und dem Ort der Dienstverrichtung, die Kosten der Benützung anderer Beförderungsmittel, sowie die Entschädigung für Wegstrecken (Kilometergeld);
2. die Reisezulage; sie dient der Bestreitung des Mehraufwandes für Verpflegung und Unterkunft, sowie zur Deckung der Reiseauslagen, für die in den folgenden Bestimmungen keine besondere Vergütung festgesetzt ist, und umfasst die Tagesgebühr und die Nächtigungsgebühr;
...
Reisezulage.
§ 13. (1) Die Reisezulage beträgt:
in der Gebührenstufe
Tagesgebühr
Nächtigungs-gebühr
Tarif I
Tarif II
Euro
1
...
24,6
...
18,5
...
13,3
...
...
Dienstverrichtungen im Dienstort.
§ 20. (1) Bei Dienstverrichtungen im Dienstort gebührt dem Beamten
1. nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes II, Unterabschnitt A, der Ersatz der Kosten für die notwendige Benützung eines Massenbeförderungsmittels oder das Kilometergeld sowie der Ersatz der Kosten der Beförderung des erforderlichen Dienstgepäcks;
2. die Tagesgebühr nach Tarif II, wenn der ununterbrochene Aufenthalt außerhalb der Dienststelle die Dauer von zwölf Stunden übersteigt; übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes acht Stunden, so gebühren zwei Drittel dieser Tagesgebühr, übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes fünf Stunden, so gebührt ein Drittel dieser Tagesgebühr.
...
Organe der Bundespolizeibehörden
§ 43. Dienstverrichtungen im Dienstort begründen
1.
bei Beamten des Wachkörpers Bundespolizei, sowie
2.
bei den rechtskundigen Beamten der Bundespolizeibehörden, die gemeinsam mit Beamten gemäß Z 1 eingesetzt werden,
keinen Anspruch auf Reisezulage."
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, die belangte Behörde vertrete die Ansicht, er habe keinen Anspruch auf Zeugengebühren im Ausmaß jenes Reisekostenersatzes, wie sie jedem anderen Zeugen bei gleicher Anreise aus seinem Wohnort zustünde, weil er Exekutivbeamter sei und als solcher keine Ansprüche an Reisegebühren für Dienstverrichtungen im Dienstort habe. Damit stelle sich die Frage der Vereinbarkeit mit dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsschutz (Art. 7 B-VG, Art. 2 StGG). Es werde keinem Dienstnehmer zugemutet, bei einer Anreise vom Wohnort - weil er sich etwa im Krankenstand oder im Urlaub befinde - keine Zeugengebühr zu erhalten, weil der Ort der Zeugeneinvernahme sein Dienstort sei. Dass ein Mehraufwand an Reisekosten für Zeugeneinvernahmen nur deshalb zumutbar sei, weil er Exekutivbeamter sei, erscheine ausgeschlossen. Die Bezüge enthielten kein Äquivalent für solche Mehrkosten, welche nach dem Zufallsprinzip für den einen Exekutivbeamten anfielen und für den anderen nicht. Die gesetzlichen Bestimmungen könnten verfassungskonform interpretiert werden. Nach § 43 RGV 1955 hätte er keinen Anspruch auf Reisegebühren, wenn es sich um eine Dienstverrichtung im Dienstort handle. Eine solche liege aber nicht vor. Die Ablegung einer Zeugenaussage sei nicht Dienstverrichtung, sondern Erfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht. Dies ergebe sich aus § 145 BDG 1979. Dieser Norm bedürfe es nicht, wenn ohnehin eine Dienstverrichtung gegeben sei. Weiters habe der Gesetzgeber durch diese Norm das Fungieren als Zeuge nicht schlechthin einer Dienstverrichtung gleichgestellt, sondern nur normiert, die aufgewendete Zeit gelte als Dienstzeit. Die behördliche Interpretation stimme mit dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 GebAG 1975 nicht überein. Der Teilsatz "wie sie ihnen nach den für sie geltenden Reisegebührenvorschriften zustände" werde von der Behörde gedanklich ergänzt "wenn es sich um eine Dienstverrichtung gehandelt hätte". Stattdessen heiße es "wenn sie über dienstliche Wahrnehmungen vernommen worden sind." Da es dem Gesetzgeber zuzusinnen sei, dass er die Absicht, die Zeugenaussage als Dienstverrichtung zu qualifizieren, auch mit den entsprechenden Worten zum Ausdruck gebracht hätte, sei der tatsächlich gegebene Wortlaut dieser Norm, wonach nur die Gleichstellung mit einer Dienstzeit erfolge, wesentlich. Auch wenn der Beamte von der Dienstbehörde während seines Urlaubes zu einer Zeugeneinvernahme beordert würde, wäre mangels Dienstverrichtung kein Reisegebührenanspruch gegeben sondern die einschlägigen Bestimmungen betreffend Zeugengebühren anzuwenden. Dies ungeachtet, dass der betreffende Zeitaufwand als Dienstzeit gelte. Zwischen den Entgeltansprüchen gemäß Dienstzeit und den Aufwandansprüchen reisegebührenrechtlicher Art bestehe eine klare Trennung. In diesem Sinne sei eine verfassungskonforme Interpretation möglich. § 3 Abs. 2 GebAG 1975 komme nur zur Anwendung, wenn es für den Beamten einen Reisegebührenanspruch unter der Voraussetzung gebe, dass er über dienstliche Wahrnehmungen aussage. Einen solchen Anspruch gebe es nicht, er sei nirgends in der RGV 1955 normiert und sei auch nicht aus § 145 BDG 1979 ableitbar. Das vom Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 29. November 2005, B 262/04-3, zitierte Erkenntnis vom 2. Dezember 1980, VfSlg. Nr. 8976, betreffe Ansprüche eines Lehrers für Leistungen im Zuge eines Schulskikurses, sodass nur eine entfernte Ähnlichkeit bestehe. Hier gehe es nicht um die Frage der Zulässigkeit einer zwischen im öffentlichen Dienst stehenden und anderen Zeugen unterscheidenden zeugengebührenrechtlichen Regelung, sondern um einen konkreten Fall, der immer dann auftrete, wenn sich ein Zeuge nicht im Dienst befinde und von außerhalb des Gerichtsortes zu diesem anreisen müsse, sodass es für ihn keine aufwandsmäßige Erleichterung bedeute, dass der Gerichtsort gleichzeitig sein Dienstort sei.
Dem ist zunächst Folgendes zu erwidern:
Den Gebührenanspruch von Zeugen im gerichtlichen Verfahren regelt das GebAG 1975. Dessen § 3 Abs. 2 ist dahingehend zu verstehen, dass Zeugen, die im öffentlichen Dienst stehen und über dienstliche Wahrnehmungen vernommen worden sind, anstatt des Anspruches, der für nicht im öffentlichen Dienst stehende Zeugen vorgesehen ist, Anspruch auf eine Gebühr haben, wie sie ihnen nach den für sie geltenden Reisegebührenvorschriften zustände. Sie haben keinen Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis. Zeugen, die im öffentlichen Dienst stehen und gewissermaßen in Ausübung ihres Dienstes (Einschränkung auf Aussagen über dienstliche Wahrnehmungen) der Zeugenpflicht nachkommen, haben somit Anspruch auf eine Gebühr, wie sie ihnen nach den für sie geltenden Reisegebührenvorschriften (für Bedienstete des Bundes nach der RGV 1955 und für Bedienstete eines Landes nach der für sie geltenden landesgesetzlichen Reisegebührenvorschrift) zustände (vgl. die Erläuternden Bemerkungen zu § 3 Abs. 2 GebAG 1975, 1336 BlgNR, XIII. GP, 19f). Wie die zitierten Gesetzesmaterialien zeigen und auch sonst offenkundig ist, bezieht sich die Wortfolge "wenn sie über dienstliche Wahrnehmungen vernommen worden sind" nicht unmittelbar und ausschließlich auf den unmittelbar vorangehenden Halbsatz, sondern umschreibt - sprachlich wenig geglückt - eine weitere Voraussetzung für das Entstehen der in § 3 Abs. 2 GebAG 1975 näher geregelten besonderen Gebühr anstelle jener nach dem ersten Absatz dieser Gesetzesbestimmung. Anders als der Beschwerdeführer meint, ist die in Rede stehende Gesetzesbestimmung jedoch nicht sprachlich unvollständig, sodass sie durch den von ihm erwähnten (weiteren) Halbsatz zu ergänzen wäre, weil - wie im Folgenden noch auszuführen sein wird - die Ablegung der Zeugenaussage in Ausübung des Dienstes erfolgt (wobei die Zeugenladung einer entsprechenden Anweisung des Dienstgebers, sich an den Ort der Zeugenvernehmung zu begeben, gleichzuhalten ist). Die Verwendung des Konjunktivs "zustände" in § 3 Abs. 2 GebAG 1975 erklärt sich lediglich daraus, dass die in Rede stehende Zeugengebühr an die Stelle der Reisegebühren nach den maßgeblichen Reisevorschriften tritt.
Wie der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. November 2005, B 262/04-3, in einem dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbaren Fall ausgesprochen hat, ist die in § 3 Abs. 2 GebAG 1975 vorgesehene Differenzierung zwischen Zeugen, die im öffentlichen Dienst stehen und über eine dienstliche Wahrnehmung vernommen werden, und anderen Zeugen, im Hinblick auf den Gleichheitssatz unbedenklich. Diese Auffassung wird auch vom Verwaltungsgerichtshof geteilt.
Als Bundesbeamten findet auf den Beschwerdeführer die RGV 1955 Anwendung.
Nach § 1 Abs. 1 RGV 1955 haben die Bundesbeamten nach Maßgabe der RGV 1955 Anspruch auf Ersatz des Mehraufwandes, der ihnen durch eine Dienstreise (lit. a) oder durch eine Dienstverrichtung im Dienstort (lit. b) erwächst.
Nach § 2 Abs. 1 RGV 1955 liegt eine Dienstreise vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund einer Dienstinstruktion an einen außerhalb des Dienstortes (außerhalb des Ortes der Dienstzuteilung) gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zu diesem Ort mehr als 2 Kilometer beträgt.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführt, lag im Beschwerdefall keine Dienstreise vor, weil sich der Beschwerdeführer zur Ablegung der Zeugenaussage nicht an einem außerhalb des Dienstortes gelegenen Ort begeben hat.
Nach § 2 Abs. 2 RGV 1955 liegt eine Dienstverrichtung im Dienstort vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund einer Dienstinstruktion im Dienstort zu einer Dienstverrichtungsstelle begibt und die Wegstrecke mehr als 2 Kilometer beträgt.
Dieser Fall liegt nach den Bescheidfeststellungen hier vor. Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführte, hat sich der Beschwerdeführer zum Zwecke der Aussage als Zeuge zu einer im Dienstort gelegenen, von der Dienststelle mehr als 2 Kilometer entfernten Dienstverrichtungsstelle begeben. Dass die Zeugenaussage für ihn Dienst war, ergibt sich - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - eindeutig aus der Bestimmung des § 145 (früher: § 143a) BDG 1979 (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 92/10/0456). Danach gilt, wenn ein Beamter des Exekutivdienstes auf Grund einer in Ausübung des Exekutivdienstes getroffenen Wahrnehmung zu einer Einvernahme als Zeuge vor Gericht oder vor eine Verwaltungsbehörde geladen wird, die Zeit der notwendigen Anwesenheit bei der betreffenden Behörde als Dienstzeit. Diese Zeit beginnt 30 Minuten vor dem festgesetzten Ladungstermin und endet 30 Minuten nach Beendigung der Zeugeneinvernahme. Mit dieser Bestimmung verfolgte der Gesetzgeber offenbar die Absicht, Zeugenaussagen eines Beamten des Exekutivdienstes auf Grund einer in Ausübung des Exekutivdienstes getroffenen Wahrnehmung, als Dienstzeit und damit (notwendigerweise) als Dienstverrichtung zu qualifizieren, da diese Tätigkeit aus dienstlichem Anlass erfolgt und auch dienstliche Folgeleistpflicht besteht (vgl. dazu auch die Erläuternden Bemerkungen zu § 143a BDG 1979, 128 BlgNR, XVIII. GP, 15). Im Beschwerdefall ist somit davon auszugehen, dass eine Dienstverrichtung im Dienstort vorliegt.
Die Ansprüche bei Dienstverrichtungen im Dienstort regelt § 20 RGV 1955. Nach § 20 Abs. 1 RGV 1955 gebührt dem Beamten bei Dienstverrichtungen im Dienstort
1. nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes II, Unterabschnitt A, der Ersatz der Kosten für die notwendige Benützung eines Massenbeförderungsmittels oder das Kilometergeld sowie der Ersatz der Kosten der Beförderung des erforderlichen Dienstgepäcks;
2. die Tagesgebühr nach Tarif II, wenn der ununterbrochene Aufenthalt außerhalb der Dienststelle die Dauer von 12 Stunden übersteigt; übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes 8 Stunden, so gebühren zwei Drittel dieser Tagesgebühr, übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes 5 Stunden, so gebührt ein Drittel dieser Tagesgebühr.
Für Organe der Bundespolizeidirektion enthält § 43 RGV 1955 eine Sonderbestimmung. Danach begründen Dienstverrichtungen im Dienstort bei Beamten des Wachkörpers Bundespolizei und bei den rechtskundigen Beamten der Bundespolizeibehörden, die gemeinsam mit Beamten des Wachkörpers Bundespolizei eingesetzt werden, keinen Anspruch auf Reisezulage. Durch diese Bestimmung wird für Wachebeamte einer Bundespolizeidirektion bei Dienstverrichtungen im Dienstort ein Anspruch auf die im § 20 Abs. 1 Z 2 RGV 1955 vorgesehenen Leistungen ausgeschlossen, da es sich dabei um eine Reisezulage handelt (vgl. § 13 RGV 1955 und das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 26. April 1993, Zl. 92/10/0456).
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang gleichheitsrechtliche Bedenken äußert, ist er auf die Ausführungen im bereits zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die in § 43 RGV 1955 in Verbindung mit § 20 RGV 1955 vorgesehene Differenzierung zwischen Beamten des Exekutivdienstes und sonstigen Beamten im Hinblick auf den Gleichheitssatz unbedenklich seien (vgl. zur Frage der Zulässigkeit von Differenzierungen, die in der Eigenart der Dienstverrichtung ihre sachliche Rechtfertigung finden, auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Dezember 1980, B 416/77 ua., VfSlg. 8976, betreffend die unterschiedliche Behandlung von Lehrern und sonstigen Beamten der allgemeinen Verwaltung). Letztendlich ist die hier eingetretene Rechtsfolge, dass der Beschwerdeführer die Kosten der Anreise von seinem Aufenthaltsort zu seinem Dienstort aus Anlass der dort in Erfüllung seiner Dienstleistung gegenüber dem Bund abzulegenden Zeugenaussage selbst zu tragen hat, eine Konsequenz der von ihm selbst zu vertretenden Entscheidung, am Tag der Zeugenaussage einen Aufenthaltsort zu wählen, welcher nicht an seinem Dienstort gelegen ist (dieselbe Konsequenz träte aus denselben Gründen etwa auch dann ein, wenn ein solcher Beamter zu einer Dienstleistung von nur kurzer Dauer an seinen Dienstort anzureisen hätte).
Der Beschwerdeführer hat auf Grund des nach dem Vorgesagten unbedenklichen § 43 RGV als Organ der Bundespolizeidirektion keinen Anspruch auf die im § 20 Abs. 1 Z 2 RGV 1955 vorgesehenen Leistungen.
Ob dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall ein Kostenersatz nach der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 1 RGV 1955 gebührt, wurde von der belangten Behörde nicht geprüft. Da im Beschwerdefall ein Kostenersatzanspruch des Beschwerdeführers für die notwendige Benützung eines Massenbeförderungsmittels bzw. ein Anspruch auf Kilometergeld für die Strecke zwischen der Dienststelle und dem Ort der Dienstverrichtung nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, wäre die belangte Behörde gehalten gewesen, einen allfälligen Anspruch des Beschwerdeführers nach § 20 Abs. 1 Z 1 RGV 1955 zu prüfen. Indem sie dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Im Übrigen wird noch Folgendes bemerkt:
Wie bereits dargelegt, sind Zeugenaussagen eines Beamten des Exekutivdienstes auf Grund einer in Ausübung des Exekutivdienstes getroffenen Wahrnehmung gemäß § 145 BDG 1979 als Dienstzeit und damit als Dienstverrichtung zu qualifizieren. Einem Beamten, der einer Ladung zu einer solchen Zeugeneinvernahme an einem Termin, welcher in seinen Urlaub fällt, nachkommt, gebührt daher eine der Reisekostenvergütung gemäß § 15 RGV 1955 entsprechende Zeugengebühr (und zwar für die Reise vom Urlaubsort an den - dem Ort der Dienstverrichtung oder dem Dienstort gleichzuhaltenden - Ort der Zeugenaussage und weiters für die Rückreise in den bisherigen Urlaubsort). Da jedoch im Beschwerdefall nicht davon auszugehen ist, dass sich der Beschwerdeführer am Tag der Zeugeneinvernahme im Urlaub befunden hat - dies wird von ihm weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde behauptet - gebührt dem Beschwerdeführer auch keine Reisekostenvergütung nach § 15 RGV 1955.
Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang weiters rügt, es werde keinem sonstigen Dienstnehmer zugemutet, bei einer Anreise vom Wohnort - weil er sich etwa im Krankenstand befinde - keine Zeugengebühr zu erhalten, weil der Ort der Zeugeneinvernahme Dienstort sei, genügt der Hinweis auf die obigen Ausführungen, sowie darauf, dass in der Regel nicht anzunehmen ist, ein Dienstnehmer, der sich im Krankenstand befindet, werde zu einer Zeugeneinvernahme anreisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 30. Juni 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006170048.X00Im RIS seit
14.08.2006