Index
66 SozialversicherungNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung von Teilen des §53a ASVG betreffend den pauschalierten Dienstgeberbeitrag für geringfügig Beschäftigte mit E v 07.03.02, G219/01.Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 1962,-- bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer hat geringfügig beschäftigte Dienstnehmer angestellt.
2. Mit Bescheid vom 21.2.2000 sprach die Vorarlberger Gebietskrankenkasse aus, daß der Beschwerdeführer für die bei ihm im Kalenderjahr 1998 geringfügig beschäftigten Dienstnehmer pauschalierte Dienstgeberbeiträge gem. §53a ASVG in Höhe von
S 11.532,80 zu entrichten habe.
3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Einspruch an den Landeshauptmann von Vorarlberg, der dieses Rechtsmittel jedoch als unbegründet abwies.
4. Gegen diesen - letztinstanzlichen - Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gem. Art144 B-VG, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der bekämpften Bescheide beantragt wird. Begründend wird dazu im wesentlichen ausgeführt, der dem Bescheid zugrunde gelegte §53a ASVG sei verfassungswidrig.
5. Mit Erkenntnis vom 7. März 2002, G219/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Bestimmung des §53a ASVG idF der 55. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 138/1998, zum Teil als verfassungswidrig aufgehoben werde.
II. 1. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundeliegenden Tatbestands nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte. Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet wurde, sind all jene Fälle gleichzuhalten, die zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10.616/1985, 10.736/1985, 10.954/1986, 11.711/1988).
2. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren zu G219/01 begann am 7. März 2002. Die vorliegende Beschwerde war zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig. Nach dem soeben Ausgeführten steht der Fall daher einem Anlaßfall gleich.
3. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei nachteilig war.
Die beschwerdeführende Partei wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 327,-- enthalten. Ein Ersatz der entrichteten Eingabengebühr war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit des Verfahrens (§110 Abs1 Z2 lita ASVG) nicht zuzusprechen.
5. Dies konnte gem. §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Anlaßfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B1077.2000Dokumentnummer
JFT_09979687_00B01077_00