TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/30 2004/17/0075

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Veröffentlicht am 30.06.2006
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VVG §10 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der Anna W in W, vertreten durch Dr. Gerhard Schöppl, Rechtsanwalt in 5071 Wals, Walserfeldstraße 375, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 27. April 2004, Zl. LE.4.1.10/236-I/7/04, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Formular "Mehrfachantrag Tiere 2000" wurde im Namen des Franz W (dem mittlerweile verstorbenen Ehemann der Beschwerdeführerin) die Mutterkuhprämie und die Zuteilung von Mutterkuhquote aus der nationalen Reserve für das Jahr 2000 beantragt. Diesem Antrag war eine "Spezialvollmacht" beigelegt, nach welcher Josef W für Franz W die Vertretungsbefugnis "zur Antragstellung aller Förderungen nach dem Recht der Europäischen Union sowie nach nationalem Recht vor allen Ämtern, Behörden und Gerichten" erteilt wurde.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2000 wurde dem Franz W ein 60 %iger Vorschuss auf die Rinderprämien für das Kalenderjahr 2000 in Höhe von EUR 537,64 bewilligt.

Mit Bescheid vom 29. Juni 2001 wurden Franz W für das Kalenderjahr 2000 Rinderprämien (Endabrechnung) in Höhe von insgesamt EUR 896,07 bewilligt.

Mit dem Formular "Bewirtschafterwechsel mit Übernahme aller Verpflichtungen", das laut Eingangsstempel am 30. Oktober 2001 bei der Agrarmarkt Austria (AMA) einlangte, wurde der AMA mitgeteilt, dass Franz W am 3. Oktober 2001 verstorben und die Beschwerdeführerin nunmehr Bewirtschafterin des Betriebes sei. Neben einer Ablichtung der Sterbeurkunde wurde auch eine "Spezialvollmacht", nach welcher die Beschwerdeführerin Josef W die Vertretungsbefugnis zur "Antragstellung aller Förderungen nach dem Recht der Europäischen Union sowie nach nationalem Recht vor allen Ämtern, Behörden und Gerichten" erteilte, beigelegt.

Am 27. März 2003 wurde der Beschwerdeführerin der Nachlass des Franz W zur Gänze eingeantwortet.

Mit Bescheid der AMA vom 25. August 2003, welcher an Franz W gerichtet war, wurde der Bescheid vom 29. Juni 2001 betreffend die Endabrechnung Rinderprämien 2000 insofern abgeändert, als die Prämie nunmehr mit EUR 0,-- "bewilligt" wurde. Franz W wurde aufgefordert, den Betrag von EUR 896,07, der an ihn zu Unrecht überwiesen worden sei, binnen 14 Tagen an die AMA zu überweisen. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass die AMA verpflichtet sei, für zu Unrecht ausbezahlte Prämien Zinsen zu berechnen, die am beigelegten Erlagschein ausgeführt seien. Daher sei der Betrag am Erlagschein höher als der im Bescheid angeführte Rückforderungsbetrag.

Josef W erhob im Namen der Beschwerdeführerin dagegen Berufung und führte darin im Wesentlichen aus, diese sei nicht bereit, die vorgeschriebenen Zinsen zu bezahlen, weil die erst später erfolgende Überprüfung des Tierprämienantrags nicht in ihrem Verschulden gelegen gewesen sei. Es wurde daher beantragt, den Rückforderungsbescheid abzuändern bzw. aufzuheben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung "gemäß § 63 Abs. 5 und § 66 Abs. 4 AVG" zurückgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, Franz W sei Adressat des Rückforderungsbescheides gewesen. Die Berufung sei jedoch von Josef W als Vertreter von Anna W eingebracht worden. Eine Berufung gegen den Rückforderungsbescheid könne jedoch nur von Franz W oder in dessen Vertretung eingebracht werden. Die Berufung sei daher mangels Legitimation zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe ihre Berufung nicht meritorisch erledigt.

Dem ist entgegenzuhalten, dass eine Berufung ua. dann als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn eine behördliche Erledigung, gegen die sich die Berufung wendet, nicht als Bescheid zu beurteilen ist. Auch im Beschwerdefall hat das an Franz W adressierte Schreiben der AMA vom 25. August 2003 keine Rechtswirkungen als Bescheid entfaltet. Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde im Ergebnis somit zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin wurde auch dadurch nicht in ihren Rechten verletzt, dass die belangte Behörde zur Begründung des angefochtenen Bescheides die mangelnde Rechtsmittellegitimation der Beschwerdeführerin und nicht die mangelnde Bescheidqualität der genannten Erledigung herangezogen hat. Darin unterscheidet sich nämlich der vorliegende Fall etwa von jenen Sachverhalten, die dem hg. Erkenntnis vom 26. April 1996, Zl. 95/17/0033, mwN, oder dem hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 2004, Zl. 2004/14/0197, mwN, zu Grunde lagen, weil die Zurückweisung mangels Rechtsmittellegitimation nicht die Bejahung des Vorliegens eines Bescheides gegenüber der Beschwerdeführerin voraussetzt und damit auch nicht der Begründung der Zurückweisung eine konstitutive Wirkung in diesem Sinne zukommen kann.

Selbst wenn in der Folge gegen die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin wegen der in der Erledigung vom 25. August 2003 angesprochenen Rückforderung des Prämienbetrages eine Vollstreckungsverfügung erginge, stünde ihr nämlich wegen der Unzulässigkeit einer Vollstreckung gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 VVG das Rechtsmittel der Berufung offen. Der genannte Berufungsgrund ist ua. dann gegeben, wenn - wie im Beschwerdefall -

kein entsprechender Titelbescheid vorliegt (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, 437, Rz 995, sowie das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 1965, Zl. 1023/64, VwSlg. 6693 A).

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 30. Juni 2006

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers Voraussetzungen des Berufungsrechtes Bescheidcharakter der bekämpften Erledigung Vorhandensein eines bekämpfbaren Bescheides

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004170075.X00

Im RIS seit

13.10.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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