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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §364a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Beschwerdesache des Dipl. Ing. MB und der B GmbH, beide in W, beide vertreten durch Dr. Andreas Manak, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 18. März 2002, Zl 299.332/10-II/C/12/02, betreffend Erteilung einer eisenbahnrechtlichen Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: E AG, nunmehr B AG in W), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer sind schuldig, dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für die Errichtung des "Objektes T1 (Tunnel Altmannsdorf) im Rahmen des 2. Abschnittes - Anbindung Donauländebahn der Verbindungsstrecke zwischen West-, Süd- und Donauländebahn (Lainzer Tunnel) im antragsgegenständlichen Ausmaß gemäß der §§ 33, 35 und 36 des Eisenbahngesetzes, BGBl. Nr. 60/1957 idgF sowie unter unmittelbarer Anwendung der Richtlinie 85/337/EWG in der Fassung 97/11/EG sowie § 9 Abs. 2 und 3 Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. Nr. 325/1990 unter Zugrundelegung der vorgelegten Entwurfsunterlagen" sowie unter Einhaltung bzw Erfüllung zahlreicher Auflagen.
Die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung gemäß § 36 Abs 1 Eisenbahngesetz (EisbG) bezieht sich auf folgende Einzelbaumaßnahmen:
-
Neubau der HL-Strecke "Lainzer Tunnel" von Projekt km 0,730 bis Projekt km 1,143 sowie
-
Neubau der HL-Strecke "Güterschleife", Abzweigung Altmannsdorf - Bf Inzersdorf Ort, Gleis 7 von Projektkm 0,200 bis Projekt-km 0,302 bzw Gleis 9 von Projekt-km 0,426 bis Projekt-km 0,493.
Die eisenbahnrechtliche Genehmigung gemäß § 36 Abs 1 und 2 EisbG bezieht sich nach dem angefochtenen Bescheid auf folgende Objekte bzw Einzelbaumaßnahmen:
"Objekt T1 - Tunnel Altmannsdorf
zweigleisiger Rechtecktunnel
LT Gl. 49 km+730 bis 1+040
L.W. = 10,50 m
(Wandabstand 2,90 m)
L.H. = 6,80 m
Hebewerk km 0+730
Dreigleisiger Rechtecktunnel mit Mittelwand
LT.Gl. 49 km 1+040 bis 1+139
Gs. Gl. 7 km 0+200 bis 0+302
L.W. = 5,70 m
(Wandabstand 2,90 m)
L.H. = 6,2 m
Der Tunnel T1 überfährt bei km 0+887,994 die Überwerfung.
Bei Objektsanfang wird bei km 0+730,000 ein Hebewerk errichtet."
Der Projektbeschreibung des gegenständlichen Eisenbahnbauvorhabens lässt sich entnehmen, dass das "Objekt T1" im Wesentlichen aus dem oben beschriebenen Teil der zweigleisigen Tunnelröhre des Lainzer Tunnels besteht, welche bei ca Projekt-km 0,875 die Tunnelröhre der "Güterschleife" (Gleis 9) überquert. Diese Güterschleife wird im Kreuzungsbereich ("von Projektkm 0,426 bis Projekt-km 0,493") ebenso dem Objekt T1 zugeordnet wie der südlich des zweigleisigen Tunnels gelegene eingleisige Tunnel des Gleises 7 der "Güterschleife". Die Herstellung des Objektes T1 soll in offener Bauweise erfolgen. Am Projektsanfang, bei Projekt-km 0,730 wird das Hebewerk Süd für Niederschlagswässer errichtet, welche projektsgemäß über ein zentrales Hebewerk in das Kanalnetz des Magistrats der Stadt Wien abgeführt werden.
Gemäß § 35 Abs 3 EisbG stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (Spruchpunkt V.) fest, dass der durch die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer sei als der Nachteil, der den Parteien durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwachse.
In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass sie mit Bescheid vom 11. Juni 1999 eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung sowie eine wasserrechtliche Bewilligung für das Bauvorhaben "Lainzer Tunnel - Abschnitt II (Anbindung Donauländebahn)" erteilt habe. Dieser Bescheid sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 6. September 2000, Zl 99/03/0424, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Die mitbeteiligte Partei habe mit Schreiben vom 14. September 2001 die Weiterführung dieses Genehmigungsverfahrens in Teilbescheiden beantragt. Sie habe dies damit begründet, dass diese Vorgangsweise geboten sei, weil aufgrund der aufgehobenen Bewilligung Teilbereiche in Bau und andere Teilbereiche des gegenständlichen Verfahrens noch nicht in Bau seien. Jene Bereiche, die in Bau seien, berührten jedoch keinerlei Parteienrechte dritter Personen. Es handle sich dabei um abgetrennte, gesonderte Bauwerke ("Objekt T1 - Tunnel Altmannsdorf"), wofür eine gesonderte Genehmigung nach § 36 Abs 1 und 2 EisbG erteilt werden könne. Mit ergänzendem Antrag vom 5. November 2001 habe die mitbeteiligte Partei weitere Projektsunterlagen ("Ergänzungen zur Teilgenehmigung T1") vorgelegt. Zur leichteren Fortführung des Verfahrens habe die mitbeteiligte Partei die seinerzeitigen Auflagen des im ersten Verfahrensgang erlassenen Bescheides im Projekt berücksichtigt, soweit diese den verfahrensgegenständlichen Teilbereich betreffen würden. Die entsprechenden Detailangaben über die Relevanz der einzelnen Auflagen für den betreffenden Teilbereich seien in den Projektunterlagen ("Technischer Bericht Übernahme der Auflagen der Sachverständigen aus dem ersten Verfahrensgang") enthalten.
Weiter führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf eine Stellungnahme der mitbeteiligten Partei aus:
"Im Hinblick auf den Genehmigungsumfang wurde seitens der HL-AG auch festgehalten, dass der verfahrensgegenständliche Abschnitt die wasserrechtlichen Belange, die im seinerzeitigen Bescheid des 1. Verfahrensganges mitbehandelt worden seien, nicht berühren würde und (diese) nur für die übrigen, hier nicht bescheidgegenständlichen Bereiche des 2. Teilabschnittes von Relevanz seien.
Aufgrund dessen hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie das Ermittlungsverfahren wie folgt fortgesetzt und es sind aufgrund dessen die nachstehenden Feststellungen zu treffen bzw. ergeben sich die nachstehenden Erwägungen:
Im Hinblick auf den ausdrücklichen Antrag der HL-AG, für das Objekt T1 eine Teilerledigung des seinerzeitigen Genehmigungsantrages für den Abschnitt II gemäß Antrag vom 16.4.1996 vorzunehmen, ist auf die Bestimmungen des § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG zu verweisen, wonach dann, wenn der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zulässt, und wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden kann.
Seitens der HL-AG wurde die abgesonderte Teilerledigung für das Objekt T1 beantragt, hierbei handelt es sich um ein Objekt, das bereits im aufgehobenen Bescheid vom 11.06.1999, GZ 299.332/2- II/C/12/99 als abgesondertes Objekt unter lit. a auf Seite 2 behandelt worden ist.
Aus den vorliegenden Gutachten des eisenbahnrechtlichen Sachverständigen für die Teilfachgebiete Oberbau, Fahrweg und Hochbau, und des eisenbahnrechtlichen Sachverständigen für das Teilfachgebiet konstruktiver Ingenieurbau, ergibt sich, dass die Teilbarkeit des Objektes T1 als gesonderter Bereich für den Abschnitt II im Sinne der Antragstellung durch die HL-AG gegeben ist.
Ferner sind die Ausführungen der HL-AG zutreffend, wonach der Bereich des Objektes T1 aufgrund der seinerzeitigen vom VwGH aufgehobenen Baubewilligung bereits im Bau befindlich war, während dies auf die übrigen Bereiche des Abschnittes II nicht zugetroffen hat. Infolge der Aufhebung der vorangegangenen Baubewilligung für den Abschnitt II durch den VwGH mussten seitens der HL-AG die Bauarbeiten im Bereich des Objektes T1 eingestellt werden.
Da die Vorlage weiterer Unterlagen für das Objekt T1 bereits erfolgt ist, alle entscheidungswesentlichen Angaben und Gutachten vorliegend sind und außerdem die Vorlage der offenen Unterlagen für den übrigen Teilbereich II aufgrund des Umfanges der Unterlagen noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird und weiters im Teilbereich des Objektes T1 des Abschnittes II im Gegensatz zu den übrigen Bereichen des Abschnittes II dritte Parteien durch den Bescheid nicht betroffen sind, konnte die bescheiderlassende Behörde der seitens der HL-AG beantragten Teilerledigung des Objektes T1 im Sinne der Bestimmung des § 59 Abs. 1 letzter Satz AVG als zweckmäßig entsprechen."
Zur allfälligen Parteistellung Dritter führte die belangte Behörde aus:
"In Bezug auf die Parteistellung Dritter ist grundsätzlich auf die Antragsunterlagen zu verweisen, aus denen sich ergibt, dass vom gegenständlichen Objekt T1 nur Grundstücke der ÖBB betroffen sind. Wie aus dem, den Projektunterlagen beigeschlossenen Plan (...) hervorgeht, berührt der bescheidgegenständliche Bauverbotsbereich ausschließlich Grundstücke der ÖBB. Aus dem Gefährdungsbereich ergibt sich keine Parteistellung. Die Vidierung des Projektes durch die Österreichischen Bundesbahnen liegt vor. Somit werden durch die gegenständliche Genehmigung keine Parteienrechte Dritter, ausgenommen der Österreichischen Bundesbahnen, berührt."
Die belangte Behörde stellte weiters fest, dass im Rahmen des gegenständlichen Projektes die Richtlinien 85/337/EWG und 97/11/EG "voll inhaltlich erfüllt worden seien". Da gegen die Genehmigung des gegenständlichen Projektes keine Einwendungen erhoben worden seien und weder der Wirkungsbereich anderer Behörden noch Rechte Dritter, deren Zustimmung nicht bereits vorliege, berührt würden, habe die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung ohne Durchführung einer Bauverhandlung erteilt werden können. Die Erteilung der Betriebsbewilligung bleibe einem gesonderten Verfahren vorbehalten. Das über das genehmigte "Teilprojekt" hinausgehende Gesamtprojekt Lainzer Tunnel - Abschnitt 2 werde in einem gesonderten Verfahren beurteilt werden.
Dieser Bescheid wurde den Beschwerdeführern zunächst nicht zugestellt.
In der vorliegenden Beschwerde bringen die Beschwerdeführer vor, dass die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass keine betroffenen Liegenschaftseigentümer vorlägen. Der angefochtene Bescheid sei ihnen "erst auf Grund einer Intervention ihres Rechtsvertreters mit Schreiben der belangten Behörde vom 25. Juni 2003, eingelangt am 2. Juli 2003, zugestellt" worden. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten "auf Parteistellung gemäß § 8 AVG in Verbindung mit § 34 EisbG", in ihrem Recht, "nicht durch den Bau, Bestand oder Betrieb von Eisenbahnen in ihrem Besitz geschädigt und in ihrer Gesundheit gefährdet zu werden (§ 19 Abs. 2 und 3 EisbG)" sowie in ihrem Recht "auf ausschließliche Benutzung des Grundwassers in ihren Liegenschaften gemäß § 5 Abs. 2 iVm § 3 Abs. 1 lit. a und § 12 WRG" als verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift.
Die Beschwerde ist wegen fehlender Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführer zurückzuweisen.
1. Der angefochtene Bescheid wurde den Beschwerdeführern nach dem unbestrittenen Beschwerdevorbringen nicht vor dem 2. Juli 2003 zugestellt. Ausgehend davon wurde die vorliegende Beschwerde rechtzeitig erhoben.
2. Gemäß § 34 Abs 4 EisbG sind in eisenbahnrechtlichen Bauverfahren Parteien im Sinne des § 8 AVG insbesondere der Bauwerber, die Eigentümer betroffener Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten. Betroffene Liegenschaften sind nach § 34 Abs 4, zweiter Satz EisbG "außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in dem Bauverbotsbereich (§ 38) oder in dem Feuerbereich (§ 40) zu liegen kommen, sowie die, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich (§ 39) Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen".
Eine Partei im Sinne des § 34 Abs 4 EisbG kann Einwendungen erheben, die eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte zum Inhalt haben (ua im Hinblick auf das im § 35 Abs 3 EisbG normierte Erfordernis des Überwiegens öffentlicher Interessen auch die mit dem Projekt verbundenen Nachteile). Allerdings kann eine Partei erfolgreich nur solche Nachteile einwenden, durch die sie unmittelbar beeinträchtigt ist (vgl die Erkenntnisse vom 16. Oktober 2003, Zl 2001/03/0192, vom 3. September 2002, Zl 2002/03/0072, und vom 26. April 1995, Zl 93/03/0191). Die geltend gemachten Rechte müssen mit ihrem Eigentum (oder ihrer sonst die Parteistellung begründenden Berechtigung) untrennbar verbunden und im EisbG als subjektiv-öffentliche Nachbarrechte ausgebildet sein (vgl nochmals das Erkenntnis vom 26. April 1995, sowie das Erkenntnis vom 29. September 1993, Zl 91/03/0166). Einwendungen betreffend Lärm und andere Immissionen betreffen keine nach dem EisbG gewährleisteten subjektiven öffentlichen Rechte, weil sie nicht auf eine aus öffentlich-rechtlichen Regelungen erwachsene Rechtsstellung abgestellt sind, sondern - allenfalls - zivilrechtliche Ansprüche, etwa nach § 364a ABGB, zum Gegenstand haben (vgl dazu nochmals das Erkenntnis vom 16. Oktober 2003 sowie das Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl 95/03/0069).
Gemäß § 35 Abs 3 EisbG sind Einwendungen, die eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte zum Inhalt haben, als unbegründet abzuweisen, wenn der durch die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung entstehende Vorteil für die Öffentlichkeit größer ist als der Nachteil, der der Partei durch die Genehmigung des Bauvorhabens erwächst.
3. Die Beschwerdeführer haben vorgebracht, dass die Liegenschaften, an denen sie Miteigentümer (Erstbeschwerdeführer) bzw Alleineigentümer (Zweitbeschwerdeführerin) sind, innerhalb einer bestimmten Entfernung zum bewilligten Eisenbahnbauprojekt lägen, wobei die Entfernung der Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers vom nächstliegenden Bauteil des Gleises 9 mit 105 m angegeben wurde; der Abstand der Liegenschaft der Zweitbeschwerdeführerin zum bewilligten Eisenbahnbauvorhaben sei "noch bedeutend geringer". Die Beschwerdeführer haben aber nicht geltend gemacht, dass ihre Liegenschaften vom Bau des genehmigten "Objektes T1" in Anspruch genommen würden oder innerhalb der im § 34 Abs 4, zweiter Satz EisbG genannten Bereiche gelegen seien. Eine Parteistellung als Eigentümer betroffener Liegenschaften im Sinne des § 34 Abs 4, zweiter Satz EisbG kam ihnen im Verfahren über die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung für das Objekt T1 - Tunnel Altmannsdorf daher nicht zu.
4. Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, sie seien durch das genehmigte Vorhaben als Wasserberechtigte betroffen und aus diesem Grund Parteien im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren. Dazu machen sie insbesondere geltend:
"Die zu erwartende andauernde maßgebliche Beeinflussung des Grundwasserspiegels stellt einen Eingriff in die Substanz und damit in die Nutzungsmöglichkeit der Liegenschaften dar. Auch lassen die baunotwendigen Injektionen von Dichtmaterial in den Boden bzw. das Umgebungsgestein Grundwasserverunreinigungen erwarten.
Dass zumindest das Risiko besteht, dass die dargestellten subjektiv-öffentlichen Rechte der Bf beeinträchtigt werden, ergibt sich aus dem aufgehobenen Bescheid vom 11.6.1999 und aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen im fortgesetzten Verfahren über die Bewilligung des zweiten Abschnittes. (…)
Die voraussichtliche Absenkung des Grundwasserspiegels gefährdet die Gebäude im gegenständlichen Bauabschnitt, weil es sich großteils um Gebiete mit Lockergestein handelt. (…)
Mit den Vorschreibungen B 1 im Bescheid vom 11.6.1999 sind im Baulos LT 1 für Grundwasserausgleichsmaßnahmen Dükersysteme mit ca. 3 horizontalen Filtersträngen pro Bauwerkseite vorgesehen. Aus der Vorschreibung E 3 ergibt sich, dass negative Auswirkungen im Bereich von ca. 200 Meter links und rechts der Brunnenreihen zumindest als denkmöglich (Vorschreibung E 2) angesehen werden. Die Liegenschaften der Beschwerdeführer befinden sich innerhalb dieser 200m-Zone."
Die Beschwerdeführer seien durch das vorliegende Eisenbahntunnelprojekt in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 12 Abs 2 WRG verletzt, weil es "bei projektsgemäßer Ausführung" auf ihren Liegenschaften "zu einer Verschmutzung des Grundwassers, einer irreversiblen Absenkung und Unterbrechung des Grundwasserspiegels sowie einer Beeinträchtigung der Bodenbeschaffenheit kommen kann". Dies verletze die Beschwerdeführer "in ihren Rechten auf Grundwasserbenutzung und Eigentum".
4.1. Wer als Wasserberechtigter im Sinne des § 34 Abs 4 EisbG anzusehen ist, wird im EisbG nicht näher ausgeführt. Zur Lösung dieser Frage muss, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 5. März 1997, Zl 95/03/0338, ausgesprochen hat, auf das WRG zurückgegriffen werden. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt:
"§ 102 Abs 1 lit b leg cit nennt - unter anderen - diejenigen als Parteien, deren Rechte (§ 12 Abs 2) sonst berührt werden. Gemäß § 12 Abs 2 WRG sind als bestehende Rechte im Sinne des Abs 1 rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs 2 und das Grundeigentum anzusehen. Hängt die Parteistellung von der Berührung eines wasserrechtlich geschützten Rechtes im Sinne des § 12 Abs 2 WRG ab, so ist die Beiziehung des Berechtigten als Partei im Zweifel dann geboten, wenn eine solche Berührung seines Rechtes zwar nicht wahrscheinlich, aber aufgrund sachverständiger Beurteilung auch nicht von vornherein auszuschließen ist (vgl die bei Rossmann, Das österreichische Wasserrechtsgesetz2, 277 f zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Die Anwendung dieser Grundsätze zur Auslegung des Begriffes der 'Wasserberechtigten' im § 34 Abs 4 EG steht mit dem Regelungszweck dieser Norm nicht in Widerspruch. Wasserberechtigte im Sinne der genannten Bestimmung sind daher die Träger von rechtmäßig geübten Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8 WRG) und von Nutzungsbefugnissen nach § 5 Abs 2 WRG, sofern eine Berührung dieser Rechte (Veränderung oder Beschränkung) durch das Eisenbahnbauvorhaben nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann."
4.2. Das Verhältnis des WRG zum Eisenbahnrecht regelt die Bestimmung des § 127 Abs 1 und 2 WRG 1959 idF BGBl I Nr 74/1997.
Diese lautet:
"§ 127. (1) Für Eisenbahnbauten und Bauten auf Bahngrund, die nach den eisenbahnrechtlichen Vorschriften einer eisenbahnbaubehördlichen Bewilligung bedürfen und durch die öffentliche Gewässer oder obertägige Privatgewässer berührt werden, gelten in Ansehung des Verfahrens und der Zuständigkeit nachstehende Grundsätze:
a) sind diese Bauten mit einer Wasserentnahme aus einem derartigen Gewässer oder mit einer Einleitung in ein solches verbunden oder bezwecken sie die Ausnutzung der motorischen Kraft des Wassers, so bedürfen sie im vollen Umfange der Wasserbenutzung einer besonderen wasserrechtlichen Bewilligung nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.
b) in allen übrigen Fällen sind im eisenbahnrechtlichen Bauverfahren auch die materiellrechtlichen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes anzuwenden. Zu diesem Zweck ist dem eisenbahnbehördlichen Ermittlungsverfahren (der politischen Begehung) ein Vertreter der Wasserrechtsbehörde als Kommissionsmitglied beizuziehen. Findet sich die Eisenbahnbehörde nicht in der Lage, der Stellungnahme dieses Kommissionsmitgliedes Rechnung zu tragen, so hat sie bei der Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft vorzugehen.
(2) Für die Erschließung und Benutzung von Grundwasser auf Bahngrund für Bau- und Betriebszwecke der in die Zuständigkeit der Eisenbahnbehörde fallenden Eisenbahnen gelten die Grundsätze des Abs. 1 lit. b."
In Bezug auf die nach dem Vorbringen der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall relevanten Auswirkungen eines Eisenbahnbauvorhabens auf das Grundwasser hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl 95/03/0032, ausgesprochen, dass dann, wenn es an einer Absicht auf Benutzung oder Erschließung des Grundwassers fehlt, auch eine allfällige mit der Errichtung und dem Betrieb eines Eisenbahntunnels verbundene Änderung des Grundwassers grundsätzlich (vom Fall des § 32 WRG abgesehen) wasserrechtlich nicht bewilligungspflichtig ist, weil weder eine Bewilligungspflicht nach § 127 Abs 2 noch nach § 10 Abs 1 oder 2 WRG gegeben ist.
Eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht nach dem erwähnten § 32 WRG besteht, sofern es projektsgemäß zu (nicht bloß geringfügigen) Einwirkungen auf das Grundwasser kommt, die unmittelbar oder mittelbar dessen Beschaffenheit beeinträchtigen können. Nicht bewilligungspflichtig nach dieser Gesetzesstelle sind "bloß geringfügige" Einwirkungen im Sinne des § 32 Abs 1 WRG, wie etwa gelegentliche Verunreinigungen durch Bauarbeiten (vgl Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht (1993) Rz 14 zu § 32). Die für Tunnelanlagen im Hinblick auf deren Entwässerung geltende Sonderregelung des § 40 Abs 2 WRG 1959 idF BGBl I Nr 82/2003 (zuletzt geändert durch BGBl I Nr 87/2005) war im vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden.
Die verfahrensrechtliche Sonderregelung des § 127 WRG gilt nicht für bewilligungspflichtige "Einwirkungen" auf das Grundwasser im Sinne des § 32 WRG, weil § 127 Abs 2 WRG idF der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 (BGBl I Nr 74/1997) nur die "Erschließung oder Benutzung" von Grundwasser für Bahnzwecke erfasst (vgl die Erläuternden Bemerkungen zur RV, 321 BlgNR 22, wonach "auch Grundwasserentnahmen von Eisenbahnen dem WRG unterstellt, zugleich aber die Verfahrenskonzentration des § 127 Abs. 1 lit. b WRG in Anspruch genommen" werde). Einwirkungen auf das Grundwasser wie die von den Beschwerdeführern geltend gemachten (insbesondere die von ihnen befürchtete Verschmutzung des Grundwassers) könnten daher allenfalls - soweit die Voraussetzungen des § 32 WRG vorliegen - eine Bewilligungspflicht in einem gesonderten wasserrechtlichen Verfahren auslösen (vgl dazu Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht (1993) Rz 7 zu § 127 WRG).
4.3. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass den Beschwerdeführern (die sich auf Änderungen bzw Beeinträchtigungen des Grundwassers berufen haben) im eisenbahnrechtlichen Bauverfahren keine auf ihre Nutzungsbefugnisse am Grundwasser gemäß § 5 Abs 2 WRG gestützte Parteistellung zukommen könnte. Greift man zur Auslegung des Begriffes "Wasserberechtigte" in § 34 Abs 4 EisbG auf das WRG zurück (vgl dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1997, Zl 95/03/0338), so ergibt sich Folgendes:
Zu denjenigen, die in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nach § 102 Abs 1 lit b WRG Parteistellung haben, zählen auch die Inhaber von Nutzungsbefugnissen nach § 5 Abs 2 WRG. § 5 Abs 2 leg cit bestimmt, dass die Benutzung der Privatgewässer "mit den durch Gesetz oder durch besondere Rechtstitel begründeten Beschränkungen denjenigen zu(steht), denen sie gehören". Zu den "durch Gesetz begründeten Beschränkungen" gehört auch § 10 WRG, der über die Benutzung des Grundwassers bestimmt, dass der Grundeigentümer zur Benutzung des Grundwassers für den notwendigen Haus- und Wirtschaftsbedarf keiner Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf, wenn die Förderung nur durch handbetriebene Pump- oder Schöpfwerke erfolgt oder wenn die Entnahme in einem angemessenen Verhältnis zum eigenen Grunde steht (Abs 1); "in allen anderen Fällen ist zur Erschließung oder Benutzung des Grundwassers und zu den damit im Zusammenhang stehenden Eingriffen in den Grundwasserhaushalt sowie zur Errichtung oder Änderung der hiefür dienenden Anlagen die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde erforderlich" (Abs 2). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass unter den im § 12 Abs 2 WRG angeführten Nutzungsbefugnissen die im § 5 WRG eingeräumte (bloße) Möglichkeit der Benutzung von Privatgewässern zu verstehen ist, unabhängig davon, ob von dieser Nutzungsbefugnis Gebrauch gemacht wird oder nicht (vgl das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Juli 2004, Zl 2003/07/0090, mwN).
Es kann somit gestützt auf eine befürchtete Einwirkung auf das Grundwasser Parteistellung im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren beansprucht werden, sofern eine Berührung der Rechte am Grundwasser (Veränderung oder Beschränkung) durch das Eisenbahnbauvorhaben nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Fehlt es an einer projektsgemäßen Einwirkung auf Gewässer, weil das Bauvorhaben unter den jeweils gegebenen Verhältnissen nicht regelmäßig und typisch zu einer solchen Einwirkung führt, so fehlt es an einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 13. April 1967, Slg Nr 7122/A, und vom 26. November 1987, Zl 87/07/0078) und es kann in einem solchen Fall auch nicht gestützt auf eine Berührung wasserrechtlich geschützter Rechte Parteistellung im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren beansprucht werden.
4.4. In den Projektsunterlagen, die der angefochtenen eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung zugrunde liegen, wird das Objekt T1 dahin beschrieben, dass es aus einem "in offener Bauweise zu errichtenden zweigleisigen Tunnelbauwerk mit einem dazwischen liegenden Überwerfungsbauwerk (über die Güterschleife Gleis 9) und einem nach Westen anschließenden dreigleisigen Tunnelbauwerk" besteht. Im "Technischen Bericht Übernahme der Auflagen der Sachverständigen aus dem ersten Verfahrensgang" vom November 2001 und im "Technischen Bericht - Verkehrsprojekt" für die "Teilgenehmigung Objekt T1" vom 19. Dezember 2001 wird ausgeführt, dass im gegenständlichen Bereich ("Objekt T1") keine Grundwasserabsenkungsmaßnahmen und auch keine Grundwasserhaltungsmaßnahmen vorgesehen seien. In diesem Bereich erfolgt keine "Bohrpfahlherstellung" und es ist kein "Tunnelvortrieb" vorgesehen. Im Bauzustand sei eine Grundwasserabsenkung nicht notwendig, da mit einer offenen Wasserhaltung das Auslangen gefunden werde. Fremde Wasserrechte seien hiedurch nicht betroffen ("Technischer Bericht - Verkehrsprojekt" vom 19. Dezember 2001). Projektsgemäß sind nach dem "Technischen Bericht Übernahme der Auflagen der Sachverständigen aus dem ersten Verfahrensgang" vom November 2001 Maßnahmen zur Erhaltung des Grundwasserausgleiches vorgesehen, und zwar "fächerförmige Horizontalfilterbrunnen mit Dükerleitung im Bereich der Überwerfung" und "Schlitzwandfenster zwischen km 0+800 und 0+900 LT Gleis 49" (siehe auch "Ergänzung des technischen Berichtes für Teilgenehmigung" vom 20. September 2001), wobei durch dieses Überleitungsbauwerk sichergestellt wird, dass es zu keinen Auswirkungen auf das Grundwasser (Veränderung oder Beschränkung) durch das Eisenbahnbauvorhaben kommt.
4.5. Eine Grundwasserabsenkung ist in dem mit dem angefochtenen Bescheid genehmigten Teilabschnitt (Objekt T1) projektsgemäß nicht vorgesehen. Die von den Beschwerdeführern zur Begründung ihrer Betroffenheit ins Treffen geführte Auflage E 3 des im ersten Verfahrensgang erlassenen Bescheides (Vorschreibung einer regelmäßigen Beobachtung der im Einflussbereich der Grundwasserabsenkung befindlichen Grundwassernutzungen), aus der sie ableiten wollen, dass "negative Auswirkungen im Bereich von ca 200 Meter links und rechts der Brunnenreihen zumindest als denkmöglich" erscheinen, bezieht sich nur auf den "Einflussbereich der Grundwasserabsenkung". Auch der Hinweis der Beschwerdeführer darauf, dass die Absenkung des Grundwasserspiegels in Gebieten mit Lockergestein zu Gefährdungen führe, geht ins Leere. Mangels einer projektsgemäß vorgesehenen Grundwasserabsenkung ist es somit von vornherein ausgeschlossen, dass es durch das bewilligte Eisenbahnbauvorhaben zu der von den Beschwerdeführern geltend gemachten Absenkung des Grundwasserspiegels oder Beeinträchtigung der Bodenbeschaffenheit kommt.
Es ist auch nicht zu erkennen, dass das vorliegende Projekt, das unter Zugrundelegung der erwähnten Entwurfsunterlagen genehmigt wurde, unter den gegebenen Verhältnissen zu einer sich auf die Nutzungsbefugnisse der Beschwerdeführer auswirkenden Unterbrechung des Grundwasserstromes oder - wasserrechtlich relevanten (vgl § 32 WRG; oben Punkt 4.2.) - Verschmutzung des Grundwassers führen wird. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtsirrig erkannt werden, dass den Beschwerdeführern, die ihre Stellung als Wasserberechtigte ausschließlich auf die ihnen durch § 5 WRG eingeräumte - nach ihrem Vorbringen konkret offenbar gar nicht ausgeübte - bloße Möglichkeit der Benutzung des Grundwassers gestützt haben, keine Parteistellung in dem zur Erlassung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahren eingeräumt wurde. Damit aber kann sie der angefochtene Bescheid auch nicht in ihren Rechten verletzen.
5. Da der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführer somit nicht in ihren Rechten verletzen kann, ist die vorliegende Beschwerde unzulässig. Sie war daher gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG in einem nach § 12 Abs 3 VwGG gebildeten Senat in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz an die belangte Behörde gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die VwGH- Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333. Dem Antrag der mitbeteiligten Partei auf Aufwandersatz konnte im Hinblick darauf, dass diese nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war, gemäß § 49 Abs 1 iVm § 48 Abs 2 Z 3 VwGG nicht stattgegeben werden (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 23. September 2005, Zl 2003/15/0104).
Wien, am 30. Juni 2006
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 öffentlicher Verkehr Eisenbahnen Seilbahnen Lifte Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht und Eisenbahnrecht Wasserrecht Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003030209.X00Im RIS seit
11.08.2006Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008