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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
Austro ControlG 1993 §2 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/03/0067 2003/03/0070 2003/03/0069 2003/03/0068Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerden 1. des Ing. P M in M, 2. des P B in I, 3. des Mag. C K in I, 4. des H P in I, und
5. der Ivereinigung in I, alle vertreten durch Dr. Christian Ortner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Meinhardstraße 7, gegen die Bescheide des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 3. Oktober 2002, Zlen. 53447/1-II/D/23/02
(protokolliert zu hg 2003/03/0066), 53462/1-II/L1/02
(protokolliert zu hg 2003/03/0067), 53463/1-II/L1/02
(protokolliert zu hg 2003/03/0068), 53450/1-II/D/23/02
(protokolliert zu hg 2003/03/0069) und 53461/1-II/L1/02 (protokolliert zu hg 2003/03/0070), jeweils betreffend Vorschreibung von Gebühren für eine luftfahrtbehördliche Nachprüfung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In den Jahren 1994 (Erstbeschwerdeführer) und 1995 (Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer) erfolgten jeweils gemäß § 40 Abs 1 Z 5 der Zivilluftfahrzeug- und Luftfahrtgerät-Verordnung 1983, BGBl Nr 415/1983 (ZLLV 1983) periodische Nachprüfungen von Luftfahrzeugen der Beschwerdeführer, wofür diesen Gebühren nach der Austro Control-Gebührenverordnung, BGBl Nr 2/1994 (ACGV), vorgeschrieben wurden. Nach - wegen Nichtzahlung erlassenen - Mandatsbescheiden, gegen die von den Beschwerdeführern jeweils Vorstellung erhoben worden war, wurden den Beschwerdeführern mit Bescheiden der Austro Control GmbH vom 23. Mai 2002 (Erstbeschwerdeführer), 10. Juni 2002 (Zweit- und Drittbeschwerdeführer), 8. Juli 2002 (Viertbeschwerdeführer) und 12. Juli 2002 (Fünftbeschwerdeführer) die Gebühren vorgeschrieben.
Mit den nun angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen der Beschwerdeführer gegen die erstinstanzlichen Bescheide jeweils nicht Folge. Verjährung der Gebühren sei entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer nicht eingetreten, weil die Forderung aus der Durchführung einer hoheitlichen Tätigkeit durch ein beliehenes Unternehmen, nicht aber aus einem Werkvertrag resultiere. Im öffentlichen Recht wurzelnde Ansprüche verjährten aber nur dann, wenn dies ausdrücklich vorgesehen sei, was im Beschwerdefall nicht zutreffe.
Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 25. Februar 2003, B 1681- 1685/02, gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten ihre Beschwerdeführer ihre Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr geändert werden, BGBl Nr 898/1993 idF BGBl I Nr 45/1997 (ACG), hat die Austro Control GmbH sämtliche dem Bundesamt für Zivilluftfahrt im Luftfahrtgesetz sowie in den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen und im Flugsicherungsstreckengebührengesetz bisher übertragenen Aufgaben, ausgenommen jene, welche durch Verordnung gemäß § 140b Luftfahrtgesetz übertragen sind, wahrzunehmen. Die Austro Control GmbH hat weiters jene Aufgaben, die ihr durch Bundesgesetze oder auf Grund dieser Bundesgesetze erlassenen Verordnungen übertragen worden sind, wahrzunehmen. Für diese Aufgaben besteht Betriebspflicht. Die Austro Control GmbH hat alle organisatorischen Vorkehrungen zu treffen, um diese Aufgaben unter der Aufsicht der staatlichen Behörden erfüllen zu können.
Gemäß § 2 Abs 3 ACG kann der Bund durch entsprechende Aufträge des zuständigen Bundesministers nach Befassung der Geschäftsführung auch andere behördliche Aufgaben, insbesondere für technische Kontrollen, der Austro Control GmbH übertragen. Sofern solche Aufgaben nicht kostendeckend erfüllt werden können, ist eine entsprechende finanzielle Abdeckung durch den beauftragten Bundesminister vorzusehen.
Gemäß § 3 Abs 1 ACG unterliegt die Tätigkeit der Austro Control GmbH unbeschadet der Rechte der Generalversammlung der Aufsicht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie. Gemäß § 6 Abs 1 ACG sind in Verwaltungsverfahren nach den Zuständigkeiten gemäß § 2 Abs 1 bis 3 die Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze mit Ausnahme der §§ 77 und 78 AVG anzuwenden. Gemäß § 6 Abs 2 ACG hat der Bundesminister (damals) für öffentliche Wirtschaft und Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen für die von der Austro Control GmbH durchzuführenden Verwaltungsverfahren (Abs 1) eine Gebührenordnung zu erlassen, in der die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren festzulegen sind. Der Ermittlung der Höhe der Gebühren ist das Kostendeckungsprinzip zugrunde zu legen.
Gemäß § 10 Abs 1 ACG haftet der Bund für die von den Dienstnehmern der Austro Control GmbH in Wahrnehmung des in § 2 Abs 1 und 3 dieses Bundesgesetzes übertragenen Aufgabenbereiches in Vollziehung der Gesetze wem immer zugefügte Schäden nach den Bestimmungen des Amtshaftgesetzes.
Nach § 11 Abs 1 ACG hat der Bund für die von der Austro Control GmbH im öffentlichen Interesse erbrachten Leistungen ein Entgelt zu leisten, dem das Kostendeckungsprinzip zugrunde zu legen ist. Dieses Entgelt ist von demjenigen Bundesminister zu leisten, der die Austro Control GmbH mit der Erbringung der Leistung beauftragt hat.
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der auf § 6 Abs 2 ACG beruhenden Austro Control-Gebührenverordnung, BGBl Nr 2/1994 (ACGV), lauten (auszugsweise) wie folgt:
"I. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1. Die Parteien haben für jede in ihrem Interesse liegende Amtshandlung der Austro Control GmbH die gemäß Abschnitt II festgesetzten Gebühren zu entrichten.
§ 2. (1) Die Pflicht zur Entrichtung der Gebühren tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem die Berechtigung rechtskräftig verliehen ist oder die Amtshandlung vorgenommen wird.
(2) Soweit eine Verpflichtung zur Entrichtung einer Gebühr nicht besteht oder nachträglich weggefallen ist, sind die bereits eingehobenen Beträge zurückzuerstatten.
§ 3. (1) Ergeht im Zusammenhang mit der Amtshandlung ein Bescheid, so sind die Gebühren in dessen Spruch festzusetzen.
(2) Liegt der Fall des Abs. 1 nicht vor, ist die Gebühr, wenn sie nicht ohne weiteres entrichtet wird, in einem abgesonderten Bescheid gemäß § 57 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 866/1992, vorzuschreiben. Der Instanzenzug richtet sich nach den die Hauptsache betreffenden Vorschriften."
Im II. Abschnitt der ACGV werden die Gebühren für die einzelnen Leistungen festgelegt.
Die Beschwerdeführer erheben keine Einwände gegen die ziffernmäßige Richtigkeit der vorgeschriebenen Gebühren. Sie bringen vielmehr vor, der Anspruch für die Abgeltung der in den Jahren 1994 bzw 1995 erbrachten Leistungen sei verjährt. Angelpunkt der diesbezüglichen Ausführungen ist die Ansicht der Beschwerdeführer, ungeachtet der Anwendung einer Gebührenordnung und der Beleihung der Austro Control GmbH mit hoheitlichen Aufgaben hätte die Forderung privatrechtlichen Charakter, stelle nämlich eine Forderung aus einem Werkvertrag dar, weshalb sie gemäß § 1486 ABGB binnen drei Jahren verjähre.
Dem vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht beizutreten:
Durch das ACG erfolgte eine Beleihung der Austro Control GmbH mit behördlichen Aufgaben, im Wesentlichen jenen, die zuvor dem Bundesamt für Zivilluftfahrt übertragen waren. Diese Ausgliederung von Teilbereichen der Hoheitsverwaltung wurde vom Verfassungsgerichtshof als nicht verfassungswidrig angesehen (vgl das Erkenntnis vom Verfassungsgerichtshof vom 14. März 1996, Slg 14.473). Ebenso wurde vom Verfassungsgerichtshof die Verordnungsermächtigung des § 6 Abs 2 ACG als nicht verfassungswidrig beurteilt (vgl das gleichfalls vom 14. März 1996 stammende Erkenntnis Slg 14.474).
Schließlich wurde die in § 6 Abs 1 ACG statuierte Ausnahme von der Anwendbarkeit des § 77 AVG in Verwaltungsverfahren vor der Austro Control GmbH vom Verfassungsgerichtshof als nicht verfassungswidrig angesehen (vgl das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1998, Slg 15.351).
Die verfahrensgegenständlichen Nachprüfungen dienen der Sicherheit der Luftfahrt; sie wurden von der Austro Control GmbH nicht in Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommen, sondern in Wahrnehmung der ihr gesetzlich übertragenen verwaltungspolizeilichen Aufgaben (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2001, Zl 99/03/0033 bis 0035). Basis für die von der Austro Control GmbH verrechneten Gebühren ist nicht ein privatautonom vereinbartes Entgelt, sondern eine vom (damaligen) Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr auf Grundlage des § 6 Abs 2 ACG erlassene Verordnung, die dem Kostendeckungsprinzip verpflichtet ist.
Vor diesem Hintergrund ist für die von den Beschwerdeführern vertretene Rechtsansicht, die vorgeschriebenen Gebühren stellten einen zivilrechtlichen Anspruch dar, kein Raum.
Nicht zielführend ist auch der Versuch der Beschwerdeführer, eine Verjährung der gegenständlichen Gebühren aus § 238 BAO ableiten zu wollen.
Gemäß § 238 Abs 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
Gemäß § 207 Abs 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 207 Abs 2 BAO bei den Verbrauchssteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Bei hinterzogenen Abgaben beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.
Gemäß § 6 Abs 1 ACG sind in Verwaltungsverfahren nach den Zuständigkeiten gemäß § 2 Abs 1 bis 3 ACG die Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze - mit Ausnahme der §§ 77 und 78 AVG - anzuwenden. Das ACG sieht keine Anwendung der BAO vor. Eine Anwendung der BAO (samt deren Verjährungsbestimmungen) kommt daher schon deshalb nicht in Betracht.
Im Übrigen gelten gemäß § 1 BAO die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in Angelegenheiten
a) der bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der in § 78 AVG vorgesehenen Verwaltungsabgaben) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist;
b) der bundesrechtlich geregelten Beiträge an öffentliche Fonds oder Körperschaften des öffentlichen Rechtes, die nicht Gebietskörperschaften sind, soweit diese Abgaben und Beiträge durch Abgabenbehörden des Bundes (§ 49 Abs 1) zu erheben sind.
Unabhängig davon, ob es sich bei den hier gegenständlichen Gebühren um "Abgaben bzw Beiträge" im Sinne des § 1 BAO handelt, kommt eine Anwendung der BAO daher auch schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der Austro Control GmbH nicht um eine "Abgabenbehörde des Bundes" im Sinne des § 1 BAO handelt. Gemäß § 49 Abs 1 BAO sind Abgabenbehörden die mit der Erhebung der in § 1 bezeichneten öffentlichen Abgaben und Beiträge betrauten Behörden der Abgabenverwaltung des Bundes (§ 52).
Da die ACGV keine Verjährung der Gebühren vorsieht und die Verjährungsbestimmungen der BAO auf den Beschwerdefall nicht anzuwenden sind, sind die im öffentlichen Recht wurzelnden Ansprüche nicht verjährt (vgl auch das hg Erkenntnis vom 29. September 2005, Zl 2000/11/0232).
Die sich als unbegründet erweisenden Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 30. Juni 2006
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003030066.X00Im RIS seit
25.07.2006Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008