TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/30 2005/04/0295

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Veröffentlicht am 30.06.2006
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Bernhard Birek, Rechtsanwalt in 4707 Schlüßlberg, Marktplatz 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 3. November 2005, Zl. Ge-220606/8-2005-Myh/Ti, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall steht unstrittig fest, dass mit rechtskräftigem Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 7. Juli 2004 der Konkurs des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens nicht eröffnet wurde.

Unter Bezugnahme auf diesen Gerichtsbeschluss wurden mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid zwei näher genannte Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers gemäß § 13 Abs. 3 und § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 entzogen. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides habe der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eingewendet, dass der in § 87 Abs. 2 GewO 1994 genannte Grund für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung vorläge, weil der Beschwerdeführer nach seinen Behauptungen über die liquiden Mittel verfüge, um seine Verbindlichkeiten in Zukunft bei Fälligkeit abzudecken. Dieser Umstand könne jedoch seitens der Berufungsbehörde nicht als erwiesen angenommen werden. Der Beschwerdeführer habe nämlich trotz mehrfacher Aufforderungen durch die belangte Behörde, sämtliche gegen ihn bestehende Forderungen aufzulisten, abgeschlossene Zahlungsvereinbarungen nachzuweisen und einen Liquiditätsnachweis beizubringen, nur den Schuldenstand bekannt gegeben und mitgeteilt, dass er (abgesehen von der laufenden Begleichung der Forderungen der Gebietskrankenkasse) "im Begriff" sei, Ratenvereinbarungen bzw. Zahlungspläne mit seinen anderen Gläubigern abzuschließen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1994 sind Rechtsträger von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende ausgeschlossen, wenn der Konkurs mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet wurde und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

Gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn einer der in § 13 Abs. 3 bis 5 leg. cit. angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluss bewirken, vorliegt.

Gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 kann die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen rechtskräftiger Nichteröffnung eines Konkurses mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Der Beschwerdeführer bringt in der Beschwerde vor, die belangte Behörde hätte von der Entziehung seiner Gewerbeberechtigung wegen der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 absehen müssen. Nach dieser Bestimmung komme es nur darauf an, die "Verbindlichkeiten in Zukunft" abzudecken. Dass er den "in Zukunft auflaufenden" Verpflichtungen werde nachkommen können, habe der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren durch die Vorlage eines Schreibens (gemeint: vom 20. Oktober 2004) dargetan. In diesem Schriftstück habe sich nämlich ein näher genanntes Unternehmen, bei dem der Beschwerdeführer Dienstnehmer sei, "verpflichtet", die mit der Gewerbeausübung des Beschwerdeführers zusammenhängenden Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Es sei daher "evident", dass es seit "der Übernahme" (zu ergänzen: der Schulden des Beschwerdeführers) durch das angesprochene Unternehmen keine fälligen Forderungen gegen den Beschwerdeführer mehr gebe und dass die Ausübung des Gewerbes durch den Beschwerdeführer daher im Interesse aller Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 liege. Der Beschwerdeführer stelle zwar nicht in Abrede, dass auch "vereinzelte Altverbindlichkeiten" bestünden, doch habe er diesbezüglich eine Ratenvereinbarung nachgewiesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 87 Abs. 2 GewO 1994 (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1999, Zl. 99/04/0108 und Zl. 99/04/0165, sowie das Erkenntnis vom 8. Mai 2002, Zl. 2002/04/0042, je mwN) liegt die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden kann, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Bei der Beurteilung, ob das Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 2 GewO 1994 vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist, geht es ausschließlich darum, dass die Zahlungspflichten gegenüber allen Gläubigern gleichermaßen bei Fälligkeit erfüllt werden. Die Erfüllung des Tatbestandselementes des vorwiegenden Interesses der Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfordert daher, dass der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt.

Ausgehend von dieser Judikatur ist zum vorliegenden Beschwerdevorbringen zunächst festzuhalten, dass es für die Anwendbarkeit des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht bloß darauf ankommt, dass alle "künftig anfallenden" Verbindlichkeiten erfüllt werden, sondern dass im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Forderungen - aller - Gläubiger durch laufend erfüllte Zahlungsvereinbarungen abgedeckt sind (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 3. März 1999, Zl. 99/04/0010). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.

Soweit er sich zum Nachweis ausreichender liquider Mittel zunächst auf das im Akt befindliche Schreiben vom 20. Oktober 2004 beruft, mit dem ein näher genanntes Unternehmen die Übernahme der Zahlungsverpflichtungen des Beschwerdeführers bestätigt habe, so ist dieses Schreiben schon deshalb nicht geeignet, die behauptete Liquidität des Beschwerdeführers nachzuweisen, weil dieses Schriftstück ausschließlich die Unterschrift des Beschwerdeführers als Dienstnehmer trägt, während die Unterschrift eines vertretungsbefugten Organes dieses Unternehmens fehlt.

Was die in der Beschwerde angesprochenen "vereinzelten Altverbindlichkeiten" betrifft - nach der Bekanntgabe des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren handelt es sich dabei um einen Betrag von mehr als EUR 45.000,-- - so hat der Beschwerdeführer (abgesehen von der teilweisen Begleichung einer Forderung der Gebietskrankenkasse in Höhe von knapp EUR 1.000,--) der Behörde trotz wiederholter Aufforderungen keine Zahlungsvereinbarungen mit den betreffenden Gläubigern vorgelegt und nicht belegt, dass er diese Forderungen pünktlich erfüllt.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass § 87 Abs. 2 GewO 1994 im Beschwerdefall nicht erfüllt ist, kann daher nicht als rechtswidrig angesehen werden.

Was im Übrigen das Beschwerdevorbringen zur Erhaltung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage des Beschwerdeführers betrifft, so hat der Verwaltungsgerichtshof schon öfter darauf hingewiesen, dass die zitierten Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 keine Möglichkeiten bieten, diesen Umstand bei der Entscheidung über die Entziehung der Gewerbeberechtigung zu berücksichtigen (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2002/04/0042).

Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 30. Juni 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005040295.X00

Im RIS seit

27.07.2006

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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