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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1325;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schilhan, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Peter Ringhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 27. Juni 2005, Zl. 127.095/15-I/1/e/05, betreffend Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzengeld nach § 83c des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Major in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.
Am 13. April 2002 wurde er im Zuge einer Amtshandlung u.a. von einem Unbekannten am linken Knie verletzt.
Bei einer wegen dauernder Schmerzen am 8. Juni 2002 durchgeführten Magnetresonanzuntersuchung wurde ein Einriss des Meniskus im linken Knie diagnostiziert, der am 28. Oktober 2002 operativ behandelt wurde. Der Beschwerdeführer befand sich bis einschließlich 29. Oktober 2002 in stationärer Behandlung und war anschließend bis 4. Dezember 2002 wegen Krankheit vom Dienst abwesend.
Mit Eingabe vom 2. Oktober 2002 beantragte der Beschwerdeführer eine einmalige Geldaushilfe als Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzengeld. Hiezu brachte er in seinem "Bericht" vom 22. Jänner 2003 ergänzend vor, dass aufgrund der Dienstunfallfolgen folgende Schmerzperioden aufgetreten seien: starke Schmerzen an 14 Tagen, mittlere Schmerzen an 29 Tagen und leichte Schmerzen an 208 Tagen. Lege man eine durchschnittliche Bewertung der Schmerzen mit "EUR 180/120/60 für starke/mittlere/leichte Schmerzen" zu Grunde, ergebe sich ein geltend zu machender Schmerzengeldbetrag in der Höhe von EUR 18.580,--. Es sei bekannt, dass dieser "weit über dem gem. § 83c GehG zu errechnenden Höchstbetrag" liege.
Mit Bescheid vom 8. April 2003 sprach die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter aus, dass der am 13. April 2002 erlittene Unfall gemäß § 90 B-KUVG als Dienstunfall anerkannt werde. Die Gewährung einer Versehrtenrente aus Anlass dieses Dienstunfalls werde jedoch abgelehnt.
In den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich folgende, den Beschwerdeführer betreffende "Stellungnahme" des Chefärztlichen Dienstes des Bundesministeriums für Inneres vom 1. August 2003:
"Es ergibt sich aus ärztlicher Sicht folgende Bewertung:
Die direkte Verletzung durch den Angriff, sowie die Knieverletzung haben eine kumulative Schmerzperiode (einen Tag starke Schmerzen, einen Tag mittlere Schmerzen und kumulativ 14 Tage leichte Schmerzen) verursacht.
Zu der Meniskusoperation ist zu sagen, dass in der MRT ein degeneratives (abgenütztes) Kniegelenkt vorliegt, d.h. eine Vorschädigung des Kniegelenks war sicher vorhanden. Inwieweit ein Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung und der Meniskusproblematik besteht, kann nicht sicher gesagt werden. Es kann durchaus bereits präexistent eine Meniskusvorschädigung angenommen werden. Berechnet man jedoch großzügigerweise auch die Meniskusläsion, (bezieht man sie ein), ist im Rahmen der Operation 1 Tag starke Schmerzen, 1 Tag mittlere Schmerzen und kumulativ fünf Tage leichte Schmerzen anzunehmen.
Zusammengefasst ergibt sich daher folgende Schmerzperiode:
Max. Schmerzperiode von
-
2 Tage starke Schmerzen
-
2 Tage mittlere Schmerzen
-
11 Tage leichte Schmerzen."
Die Bundespolizeidirektion Wien sprach (als Dienstbehörde erster Instanz) mit Bescheid vom 16. Dezember 2003 aus, dass dem Beschwerdeführer als Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzengeld eine einmalige Geldaushilfe in der Höhe von EUR 1.000,-- gewährt werde. Der Begründung ist im Wesentlichen zu entnehmen, angesichts der von den Gerichten zu dieser Materie entwickelten Rechtsprechung und des vom Gesetzgeber (in § 83c GehG) festgesetzten Höchstbetrages sei dem Beschwerdeführer in Würdigung seiner Krankengeschichte vom Bundesministerium für Inneres eine einmalige Geldaushilfe in Höhe von EUR 1.000,-- zuerkannt worden. Dies sei ihm auch im Rahmen des Parteiengehörs bekannt gegeben worden, wozu er aber keine Stellungnahme eingebracht habe. In Würdigung des medizinischen Sachverständigenbeweises und mangels Stellungnahme des Beschwerdeführers zum eingeräumten Parteiengehör erscheine ein Betrag von EUR 1.000,-- nicht zuletzt im Hinblick auf die vom Gesetzgeber eingeführten Obergrenzen dieser Ausgleichsmaßnahme gerechtfertigt.
Der Beschwerdeführer vertrat in seiner Berufung den Standpunkt, dass ihm der Höchstbetrag nach § 83c GehG zustehe. Seine im Schreiben vom 22. Jänner 2003 angegebenen Schmerzperioden seien nicht mehr richtig, da er nach wie vor Schmerzen im linken Knie verspüre, die sich nunmehr auch auf das linke Hüftgelenk ausdehnten. Auch sei nach durchgeführter Magnetresonanzuntersuchung eine geringgradige Befundverschlechterung im Meniskus festgestellt worden. Es sei derzeit nicht absehbar, inwieweit sich seine Beschwerden durch Behandlungen linderten oder beseitigen ließen bzw. ob noch ein weiterer chirurgischer Eingriff erforderlich sei. Aufgrund der Schmerzperioden ergebe sich jedenfalls "ein Schmerzengeldbetrag von weit mehr als EUR 20.000,--". Zum Beweis schloss der Beschwerdeführer einen Befundbericht eines Institutes für Magnetresonanztomografie vom 3. Oktober 2003 vor und beantragte die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Unfallchirurgie.
Die belangte Behörde ersuchte hierauf den "Chefarzt des BM.I" um Erstattung eines umfassenden, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Gutachtens; das "Chefärztliche Gutachten" Dris. M vom 18. August 2004 lautet:
"Betreffend die Schmerzperiodik im Rahmen der akuten Verletzung beim Einschreiten wird die Schmerzperiodik von Univ. Prof. Dr. W. folgendermaßen angegeben:
starke Schmerzen
1 Tag
mittelstarke Schmerzen
1 Tag
Daran anschließend
leichte Schmerzen
14 Tage
ausgedrückt in geraffter Form und bezogen auf den 24-Stundentag für einen Zeitraum von insgesamt vier Wochen ab Unfall.
Durch die notwendige Operation am Meniskus gegebenen Schmerzen wird eine kumulative Schmerzperiodik von
starken Schmerzen
1 Tag
mittelstarken Schmerzen
2 Tag
leichten Schmerzen
10 Tage
als gerechtfertigt vom Gutachter angesehen.
Da auf Grund der eigenen Begutachtung von Chefarzt Prof. Dr. M und der Besprechung mit dem Betroffenen auch zwischen der ersten akuten Schmerzperiodik und der Operation länger dauernde Schmerzperioden vorhanden waren, muss für diesen Zeitraum kumulativ auch noch eine Schmerzperiodik von leichten Schmerzen von 28 Tagen angenommen werden. Dies ist ausgedrückt in geraffter Form und bezogen auf den 24-Stunden-Tag für eine Zeitdauer von fünf Monaten.
Zusammengefasst ergibt dies:
2 Tage
starke Schmerzen
3 Tage
mittelstarke Schmerzen
52 Tage
leichte Schmerzen
Zur Unfallkausalität kann aus Sicht des Chefarztes folgendes
gesagt werden:
Es lag betreffend Meniskusschädigung sowie auch im chefärztlichen Befund angeführt eine degenerative Meniskusschädigung vor, die jedoch vor der Verletzung keinerlei Beschwerden verursachte und daher muss eine Unfallkausalität angenommen werden. Diese Unfallkausalität wird auch in einer Bewertung und einer Begutachtung durch die BVA in einem Gutachten von Herrn Dr. W. bestätigt, d.h. zusammengefasst ist die Meniskusverletzung mit einem Vorschaden durchaus als unfallkausal anzuerkennen und damit die kumulativen Schmerzperioden im Weiteren gerechtfertigt."
Dem Beschwerdeführer wurde zum Gutachten Dris. M Gehör gewährt und darauf hingewiesen, dass er aufgrund der Tatsache, dass der Höchstbetrag nur im Falle einer schweren Erkrankung wie z. B. einer Blindheit oder einem ähnlichen Zustand gewährt werde, bestenfalls von der Zuerkennung eines Drittels des Höchstbetrages ausgehen könne.
In seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2004 sprach sich der Beschwerdeführer unter Hinweis auf Literatur und Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gegen die Höhe des in Aussicht genommenen Betrages aus, da diese in keiner Form schlüssig und nachvollziehbar begründet und diese Art der Festsetzung willkürlich sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt und änderte den Erstbescheid dahingehend ab, dass dem Beschwerdeführer eine Geldaushilfe in der Höhe von EUR 1.989,-- zuerkannt werde.
Die belangte Behörde gehe - so die wesentliche Begründung - bei der Gewährung einer Ausgleichsmaßnahme nach § 83c GehG davon aus, dass der höchste festgesetzte Betrag nur dann in Betracht komme, wenn der zugrunde liegende Dienstunfall in seiner Schwere einen Leidensgehalt aufweise, der einer Blindheit oder einer ähnlichen Verletzungsfolge gleich zu halten sei bzw. mit dem schwere medizinische Eingriffe wie Amputation von Gliedern oder schwere Operationen an inneren Organen verbunden seien oder wenn eine Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit die Folge sei. Diese Voraussetzungen seien im Falle des Beschwerdeführers nicht gegeben.
Die belangte Behörde habe daher aufzuzeigen gehabt, in welchem Verhältnis die Schmerzen bzw. Einschränkungen, die mit dem Dienstunfall des Beschwerdeführers verbunden waren, zu den oben geschilderten Folgen stünden. Beim Beschwerdeführer liege, wie bereits in der Bescheidbegründung der Dienstbehörde erster Instanz ausgeführt und von der belangten Behörde durch die Einholung eines Gutachtens des Chefarztes des Bundesministeriums für Inneres ergänzt, eine Verletzung eines Beines im Kniebereich, vor allem ein Einriss des Meniskus, vor. Vom Chefarzt des Bundesministeriums für Inneres sei hiezu ausgeführt worden, dass an zwei Tagen starke Schmerzen, an drei Tagen mittelstarke Schmerzen und an 52 Tagen leichte Schmerzen vorgelegen seien. Bei dieser Sachlage habe es die belangte Behörde als gerechtfertigt angesehen, dem Beschwerdeführer ein Drittel des gesetzlich vorgesehenen Höchstbetrages als Ausgleichsmaßnahme nach § 83c GehG zu gewähren. Den Hinweisen des Beschwerdeführers auf Literatur bezüglich der Gewährung von Schmerzengeld habe im gegenständlichen Verfahren keine Bedeutung beigemessen werden können, da in all diesen Überlegungen und Fallentscheidungen keine Höchstbetragsbegrenzung des Schmerzengeldes gesetzlich vorgesehen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf (gesetzmäßige Entscheidung über einen Antrag auf) Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzengeld iSd § 83c GehG in gesetzlicher (angemessener) Höhe verletzt.
Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit macht der Beschwerdeführer geltend, dass ungeachtet des Gesetzeswortlautes ("kann") und der Auffassung der belangten Behörde keine Ermessensentscheidung vorliege. Es seien außer den im Gesetz genannten Sachkriterien keine anderen ersichtlich, die in Betracht kämen. Selbst bei Vorliegen einer Ermessensentscheidung habe die Behörde schwere Begründungs- und Ermittlungsfehler begangen. Zudem sei die Bemessungsweise der Geldaushilfe willkürlich, da im angefochtenen Bescheid kein Sachkriterium zu ersehen sei, weshalb der von der belangten Behörde gewählte Ansatz richtig sein solle. Es sei nicht zu erkennen, wie die belangte Behörde zum Ergebnis komme, dass die vom Beschwerdeführer erlittenen Verletzungsfolgen gerade ein Drittel des Höchstbetrages betrage. Dem Gesetz sei keinerlei Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass die Höchstgrenze etwas anderes sein soll, als es diesem Begriff seiner Grundbedeutung nach entspreche, dass sie also nicht bloß die Grenze sein solle, bis zu welcher eine volle Abgeltung erfolgte, sondern eine maßstabgebende Bedeutung im Sinne der behördlichen Interpretation dahingehend haben solle, dass von ihr aus abgestuft die Geldaushilfe bemessen werde. Zudem habe der Gesetzgeber nichts Näheres darüber gesagt, wann diese Höchstgrenze gebühre, wodurch er jedoch durch das in Art. 18 B-VG normierte Legalitätsprinzip verpflichtet gewesen wäre. Eine diesbezügliche Ausgestaltung dürfe er nicht im Rahmen einer Ermessensfreiheit der Verwaltung überlassen.
§ 83c des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 - GehG, eingefügt durch die Dienstrechts-Novelle 2002, BGBl. I Nr. 87, lautet in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 130:
"Ausgleichsmaßnahme für entgangenes Schmerzengeld
§ 83c. Dem Beamten des Exekutivdienstes, der die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z 1 und 2 des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes, BGBl. Nr. 177/1992, erfüllt, kann, wenn eine gerichtliche Entscheidung über den geltend gemachten Schmerzengeldbetrag nicht zulässig ist oder nicht erfolgen kann, eine einmalige Geldaushilfe bis zur Höhe des dreifachen Gehaltes (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung gewährt werden. Abweichend von § 1 gilt dies auch für im Exekutivdienst verwendete Vertragsbedienstete."
Nach § 175 Abs. 41 Z 8 letzter Satz GehG in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2002 ist § 83c auf Dienst- und Arbeitsunfälle anzuwenden, die sich ab dem 1. September 2001 ereignet haben.
Im AB zur Dienstrechts-Novelle 2002, 1079 BlgNR XXI. GP 13, heißt es zu § 83c GehG:
"§ 9 des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz (WHG), BGBl. Nr. 177/1992, sieht als besondere Hilfeleistung für Wachebedienstete (Beamte des Exekutivdienstes und im Exekutivdienst verwendete Vertragsbedienstete), denen in unmittelbarer Ausübung der exekutivdienstlichen Pflichten eine Körperverletzung mit der Folge einer länger dauernden Erwerbsunfähigkeit zugefügt wurde, u.a. die Vorschussleistung des gerichtlich zuerkannten Schmerzengeldes durch den Bund vor (wenn dieses z.B. beim Täter nicht einbringlich ist). Eine Vorschussleistung durch den Bund hingegen entfällt - bei Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen des § 4 WHG (Körperverletzung, Minderung der Erwerbsfähigkeit als Folge dieses in unmittelbarer Ausübung der exekutivdienstlichen Pflichten erlittenen Dienst- oder Arbeitsunfalls, Minderung der Erwerbsfähigkeit) - wenn der Täter des Verbrechens oder Vergehens nicht bekannt ist oder nicht vor Gericht gestellt werden kann, weil in diesem Fall das gerichtliche Verfahren bis zur künftigen Entdeckung oder Auffindung des Täters einzustellen ist und damit auch ein Abspruch über ein allfälliges Schmerzengeld nicht möglich ist.
Um nun auch Wachebediensteten, über deren bei Gericht geltend gemachten Schmerzengeldanspruch eine gerichtliche Entscheidung nicht zulässig ist (unbekannter Täter) oder nicht erfolgen kann (abwesender oder flüchtiger Täter), einen gewissen Ausgleich für entgangenes Schmerzengeld und die im dienstlichen Einsatz erlittene Unbill gewähren zu können, ermächtigt diese Bestimmung die Dienstbehörden der Exekutivressorts zur Gewährung von Geldaushilfen bis zur Höhe des dreifachen Gehalts (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen) der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung aus diesem Anlass."
Die ErläutRV zur 2. Dienstrechts-Novelle 2003, 283 BlgNR XXII. GP 19, führen zur Neufassung des § 83c GehG Folgendes aus:
"Mit dieser Bestimmung soll klargestellt werden, dass der Anspruch von Beamten des Exekutivdienstes auf Geldaushilfe für entgangenes Schmerzengeld ebenso wie schon derzeit die Bevorschussung von Schmerzengeld nach § 9 Abs. 1a Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, BGBl. Nr. 177/1992, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2002, nicht an die im § 4 Abs. 1 Z 3 WHG geregelten Fristen bezüglich der Minderung der Erwerbsfähigkeit gebunden sein soll."
Gemäß § 118 Abs. 5 GehG, BGBl. Nr. 54/1956, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 176/2004 beträgt das Gehalt der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V EUR 1.988,60.
§ 4 des Wachebediensten-Hilfeleistungsgesetzes, BGBl. Nr. 177/1992 - WHG, lautet in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2001 - Universitäten, BGBl. I Nr. 87, sowie der Dienstrechts-Novelle 2002 auszugsweise:
"Voraussetzungen für die Hilfeleistungen
§ 4. (1) Der Bund hat die besondere Hilfeleistung an Wachebedienstete zu erbringen, wenn
1. ein Wachebediensteter
a) einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder
...
in unmittelbarer Ausübung seiner exekutivdienstlichen
Pflichten erleidet, und
2. dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und
3. dem Wachebediensteten dadurch Heilungskosten erwachsen oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist. Z 3 ist nicht auf die Vorschussleistung von Schmerzengeld nach § 9 Abs. 1a anzuwenden.
..."
In den ErläutRV zur Dienstrechts-Novelle 2001 - Universitäten, 636 BlgNR XXI. GP 87, wird u.a. zu § 4 WHG ausgeführt:
"Nach dem derzeit geltenden § 4 Abs. 1 WHG hat ein Wachebediensteter nur dann Anspruch auf besondere Hilfeleistungen, wenn er einen Dienst- oder Arbeitsunfall erleidet, der in einem örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem der Dienstpflicht des Wachebediensteten eigenen Element des Aufsuchens der Gefahr und des Verbleibens im Gefahrenbereich steht. Im praktischen Vollzug haben sich aber diese Anspruchsvoraussetzungen als zu eng erwiesen (tödlicher Unfall von zwei Polizisten auf der Südosttangente bei einer Verkehrskontrolle) und sollen nun in Anbetracht des häufig unter besonders gefährlichen Umständen auszuübenden Exekutivdienstes auf Dienst- und Arbeitsunfälle erweitert werden, die sich in unmittelbarer Ausübung der exekutivdienstlichen Pflichten ereignen."
Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer im Zuge einer Amtshandlung verletzt wurde, dies ein Dienstunfall war und die in § 83c GehG genannten Voraussetzungen für Hilfeleistung nach § 4 Abs. 1 Z 1 und 2 WHG erfüllt sind. Strittig ist im Beschwerdefall die Höhe der Ausgleichsmaßnahme nach § 83c GehG.
Wie dem eingangs wiedergegebenen AB zur Dienstrechts-Novelle 2002 zu entnehmen ist, soll dem Wachebeamten, der einen Anspruch auf Schmerzengeld vor Gericht nicht verfolgen kann - und deshalb auch nicht in den Genuss eines Vorschusses nach § 9 WHG gelangen kann - ein gewisser Ausgleich für entgangenes Schmerzengeld und die im dienstlichen Einsatz erlittene Unbill gewährt werden. Zwar deutet das Wort "kann" auf eine Ermessensentscheidung hin. Unterstellte man eine solche, lässt sich dem Gesetz jedoch nicht entnehmen, nach welchen Gesichtspunkten (bei Erfüllung der Einstiegsvoraussetzungen) Ermessen im Sinn des Art 130 Abs. 2 B-VG geübt werden sollte, also nach welchen Kriterien darüber entschieden werden soll, ob (ungeachtet der Erfüllung der Einstiegsvoraussetzungen) eine Geldaushilfe (dem Grunde nach) gewährt oder versagt werden soll. Auch sprechen die Erläuterungen in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich von Ermessen, sondern gebrauchen den (neutralen) Ausdruck, dass diese Bestimmung die Dienstbehörde zu einer bestimmten Vorgangsweise ermächtige. Der Verwaltungsgerichtshof geht mangels einer dem Gesetz entnehmbaren Ermessensrichtlinie daher davon aus, dass die Entscheidung, ob dem Grunde nach eine Geldaushilfe nach § 83c GehG gebührt, keine Ermessensentscheidung ist. Vielmehr besteht ein solcher Anspruch auf Geldaushilfe dem Grunde nach, wenn die Einstiegsvoraussetzungen (Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und 2 WHG) erfüllt sind; dies trifft im Beschwerdefall unstrittig zu.
Was die Höhe der Geldaushilfe betrifft, ging die belangte Behörde davon aus, das Tatbestandsmerkmal "bis zur Höhe des dreifachen Gehalts (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen)" sei dahingehend zu verstehen, dass der Höchstbetrag nur dann in Betracht komme, wenn der zu Grunde liegende Dienstunfall in seiner Schwere einen Leidensgehalt aufweise, der einer Blindheit oder einer ähnlichen Verletzungsfolge gleichzuhalten sei bzw. mit dem schweren medizinischen Eingriffen, wie Amputation von Gliedern oder schwere Operationen an inneren Organen verbunden sei, oder wenn eine Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit die Folge sei.
Misst man - wie von der belangten Behörde intendiert - dem Höchstbetrag ("Deckelung") des § 83c GehG die Bedeutung bei, dass dieser nur in typologisch betrachtet schwersten Fällen gebührt, so stellt sich allerdings die Frage, für welchen Grad einer Verletzung dieser Höchstbetrag in Betracht kommt und in welches Verhältnis zu solch denkbar schwersten Verletzungen der konkret zu beurteilende Fall zu setzen ist. Ein solches Verständnis stößt auf das offensichtliche Problem, dass nicht nur die von der belangten Behörde genannten Beispiele, sondern jede schwerere, als Orientierungshilfe herangezogene Verletzung in ihrer Schwere wohl noch übertroffen werden kann (vgl. etwa die in Danzl/Gutierrez-Lobos/Müller, Das Schmerzengeld in medizinischer und juristischer Sicht8, (2003), auf Seiten 278 ff wiedergegebenen, den dort zitierten E des OGH zu Grunde liegenden Fallkonstellationen).
Die Interpretation der belangten Behörde hätte daher zur weiteren Folge, dass in Anbetracht einer unabsehbaren Bandbreite denkmöglicher schwerer und schwerster Verletzungen, denen erst der im § 83c GehG vorgesehene Höchstbetrag angemessen wäre, die konkrete Ausgleichsmaßnahme im Regelfall durchwegs im "unteren Bereich" der Spanne bleiben, wenn nicht gar gegen Null tendieren müsste. Dies hätte letztlich zur Folge, dass der Ausgleichsmaßnahme nach § 83c GehG nicht die vom Gesetzgeber beabsichtigte, aus den zitierten AB erschließbare effektive Ausgleichsfunktion zukäme.
Ausgehend von der in den Gesetzesmaterialien betonten Ausgleichsfunktion des § 83c GehG für entgangenes Schmerzengeld legt der Verwaltungsgerichtshof hingegen das Tatbestandsmerkmal "bis zur Höhe des dreifachen Gehalts (einschließlich allfälliger Teuerungszulagen der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V der Beamten der Allgemeinen Verwaltung)" dahingehend aus, dass bei Erfüllung der Einstiegsvoraussetzungen die Geldaushilfe ihrer Höhe nach im Sinne eines effektiven Ausgleichs für entgangenes Schmerzengeld in gleicher Weise zu bemessen ist wie Schmerzengeld bei der Geldendmachung (gegen den Schädiger) im ordentlichen Rechtsweg bemessen werden würde - höchstens jedoch mit dem im § 83c GehG genannten "Deckel". Nach der Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte soll der Geschädigte durch das Schmerzengeld Genugtuung für alles Ungemach wegen seiner Verletzungen und deren Folgen erlangen. Es soll den Gesamtkomplex der Schmerzempfindungen unter Bedachtnahme auf Dauer und Intensität der Schmerz nach deren Gesamtbild sowie unter Berücksichtigung der Schwere der Verletzung und des Ausmaßes der psychischen und physischen Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes abgelten, die durch die Schmerzen entstandenen Unlustgefühle ausgleichen und den Verletzten in die Lage versetzen, sich als Ersatz für die Leiden und anstelle der ihm entzogenen Lebensfreude auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten zu verschaffen (vgl. etwa Fucik/Hartl/Schlosser, Handbuch des Verkehrsunfalls6, Seite 200 mwN). Maßgeblich sind die Dauer und die Intensität der Schmerzen nach deren Gesamtbild, die Schwere der Verletzung sowie die Schwere der Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes (vgl. Fucik/Hartl/Schlosser, aaO, Seite 217). Die Ermittlung dieser Umstände erfordert regelmäßig die Einholung eines Gutachtens eines ärztlichen Sachverständigen.
Aus dem Dargelegten folgt, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid schon insofern mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastete, als sie bei der Ermittlung der Höhe der Geldaushilfe dem § 83c GehG einen nicht zutreffenden Inhalt unterstellte.
Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren die Ausgleichsmaßnahme unter Zugrundelegung eines schlüssigen Gutachtens eines ärztlichen Sachverständigen - dem auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten dem Beschwerdeführer freisteht - nach den von den ordentlichen Gerichten zur Ausmessung des Schmerzengeldes entwickelten Grundsätzen zu bemessen haben (zur Bemessung von Schmerzengeld vgl. wiederum etwa Fucik/Hartl/Schlosser, aaO, Seiten 218 ff, sowie Danzl/Gutierrez-Lobos/Müller, aaO, Seiten 87 ff, jeweils mwN); der Höhe nach ist diese Ausgleichsmaßnahme - wie bereits dargelegt - mit den im § 83c GehG normierten Höchstbetrag begrenzt.
Aufgrund der dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 5. Juli 2006
Schlagworte
Beweismittel Sachverständigenbeweis Medizinischer Sachverständiger Ermessen besondere Rechtsgebiete Ermessen VwRallg8 Besondere Rechtsgebiete Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Arzt Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005120182.X00Im RIS seit
25.09.2006Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008