TE OGH 1997/4/10 2Ob94/97f

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Veröffentlicht am 10.04.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Franz S*****, vertreten durch Dr.Hermann Tschiderer, Dr.Reinhold Wolf, Mag.Gerhard Mader Rechtsanwalts-Partnerschaft in Reutte, wider die beklagte Partei P***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gerald Gärtner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 208.935,48 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 19.Dezember 1996, GZ 2 R 260/96v-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 2.September 1996, GZ 40 Cg 84/95d-21, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die beklagte Partei hat als Generalunternehmerin im Jahr 1993 eine Wohnanlage errichtet. Als Bauleiter fungierte ihr damaliger Angestellter Mario W*****. Die anfallenden Verputzarbeiten vergab sie am 27.1.1993 an die M***** Baugesellschaft mbH. Die Auftragssumme belief sich auf S 618.387,30, worin auch das Material enthalten war. Wegen finanzieller Schwierigkeiten wurde die M***** Baugesellschaft mbH nicht mit dem für die Verputzarbeiten erforderlichen Material beliefert. Als Mario W***** davon erfuhr, vermittelte er für die M***** Baugesellschaft mbH und setzte sich telefonisch mit der ***** (kurz: Mo***** KG), einer Herstellerin von Verputzprodukten, in Verbindung. Er vereinbarte mit Konrad Ma*****, daß die Mo***** KG der M***** Baugesellschaft mbH das Material für die Verputzarbeiten liefern werde. Ma*****, der um die Zahlungsschwierigkeiten der M***** Baugesellschaft mbH wußte und an sich aus diesem Grund nicht geliefert hätte, war mit einer Lieferung einverstanden, weil Mario W***** namens der beklagten Partei zusagte, die Bezahlung des Verputzmaterials zu übernehmen. Zur Bestätigung dieses Telefonats sandte Mario W***** am 5.5.1993 an die Mo***** KG auf Briefpapier der beklagten Partei folgendes Telefax:

"Betrifft: Bauvorhaben Wohnanlage *****

Sehr geehrter Herr Ma*****!

Wir bitten Sie umgehend, wie besprochen, die Firma M***** BaugesmbH mit dem benötigten Material zur Fertigstellung oben angeführten Bauvorhabens zu beliefern.

Die Firma P***** (= beklagte Partei) übernimmt die Gewährleistung, daß jenes Material, welches an obige Baustelle geht, auch bezahlt wird. ...".

Mario W***** fertigte dieses Fax mit der Firmenstampiglie der beklagten Partei und seiner Unterschrift. Für diese Zusage an die Mo***** KG hatte er sich nicht mit der Geschäftsleitung oder einem Prokuristen der beklagten Partei in Verbindung gesetzt. Er war von der beklagten Partei bevollmächtigt, Material für das angeführte Bauvorhaben zu bestellen.

Es ist branchenüblich, Verputzmaterial über eine Baustoffhandlung zu fakturieren. Die Mo***** KG hat das Verputzmaterial auf die Baustelle an die M***** Baugesellschaft mbH geliefert, welche in der Folge den Auftrag der beklagten Partei erfüllt hat. Die Lieferung der Mo***** KG an die M***** Baugesellschaft mbH hat die klagende Partei (eine Baustoffhandlung) der beklagten Partei am 31.8.1993 mit S 208.935,48 in Rechnung gestellt.

Mit ihrer Klage begehrte die klagende Partei von der beklagten Partei die Zahlung des gelieferten Verputzmaterials und brachte dazu im wesentlichen vor, daß sich die beklagte Partei am 5.5.1993 gegenüber der Mo***** KG zur Bezahlung des für die Wohnanlage erforderlichen Verputzmaterials verpflichtet habe. Die Faxmitteilung des damaligen Bauleiters Mario W***** stelle eine rechtswirksame Haftungserklärung für die Materialkosten dar, weil zwischen Kaufleuten derartige Vereinbarungen formfrei seien. Sowohl die Lieferfirma Mo***** KG als auch die beklagte Partei seien Vollkaufleute.

Die beklagte Partei wendete im wesentlichen ein, daß die Bestellung nicht sie, sondern Mario W***** vorgenommen habe; dieser habe auch auf eigene Rechnung Verputzarbeiten durchgeführt. Sie habe mit der M***** Baugesellschaft mbH abgerechnet und die geleisteten Verputzarbeiten einschließlich Material bezahlt. Eine Haftungsübernahme für die Kosten des Putzmaterials gegenüber der Lieferfirma habe sie in rechtsverbindlicher Form nie abgegeben. Das Telefax vom 5.5.1993 sei nicht firmenmäßig gezeichnet. Ein Vertrauen auf den äußeren Tatbestand bei Haftungsübernahme in dieser Größenordnung lediglich durch den Bauleiter gebe es nicht. Im übrigen bedürfe eine Bürgschaftserklärung der Schriftform, wofür die Übermittlung im Wege des Telefax nicht genüge.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme des Mehrbegehrens von 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen statt. Es folgerte rechtlich aus dem wiedergegebenen Sachverhalt, daß die Zusage des Mario W***** gegenüber der Mo***** KG betreffend die Bezahlung des zu liefernden Verputzmaterials einen Schuldbeitritt nach § 1347 ABGB darstelle. Die beklagte Partei habe nämlich an der Erfüllung des Vertrages ein eigenes vermögenswertes Interesse gehabt, weil ohne die Lieferung der Verputzmaterialien an die Subunternehmerin der beklagten Partei an eine Fertigstellung des Wohnhauses nicht zu denken gewesen wäre. Mario W***** habe die beklagte Partei auch wirksam verpflichten können, weil er bevollmächtigt gewesen sei, Arbeitsmaterial für seine Baustelle zu bestellen und es auch bei dem erklärten Schuldbeitritt grundsätzlich um die Lieferung von Baumaterialien auf die Baustelle, für die Mario W***** verantwortlich gewesen sei, gegangen sei. Ein Schuldbeitritt nach § 1347 ABGB erfordere keine Formalitäten, weshalb dieser bereits mit dem Telefonat wirksam zustande gekommen sei. Auch wenn die Erklärung des Mario W***** vom 5.5.1993 eine Bürgschaft darstellen sollte, wäre diese gültig, weil es sich bei der beklagten Partei ebenso wie bei der Mo***** KG und der klagenden Partei um Vollkaufleute handle, die nach § 350 HGB von der Formvorschrift des § 1346 Abs 2 ABGB befreit seien. Es sei branchenüblich, einen Liefervertrag über Verputzmaterialien mit der Herstellerfirma abzuschließen und über eine Baustoffhandlung zu fakturieren. Die Mo***** KG habe insofern als Stellvertreterin und Abschlußvermitlerin des Liefervertrages für die klagende Partei gehandelt, welche berechtigt sei, das gelieferte Material im eigenen Namen in Rechnung zu stellen und den offenen Rechnungsbetrag einzuklagen.Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Ausnahme des Mehrbegehrens von 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen statt. Es folgerte rechtlich aus dem wiedergegebenen Sachverhalt, daß die Zusage des Mario W***** gegenüber der Mo***** KG betreffend die Bezahlung des zu liefernden Verputzmaterials einen Schuldbeitritt nach Paragraph 1347, ABGB darstelle. Die beklagte Partei habe nämlich an der Erfüllung des Vertrages ein eigenes vermögenswertes Interesse gehabt, weil ohne die Lieferung der Verputzmaterialien an die Subunternehmerin der beklagten Partei an eine Fertigstellung des Wohnhauses nicht zu denken gewesen wäre. Mario W***** habe die beklagte Partei auch wirksam verpflichten können, weil er bevollmächtigt gewesen sei, Arbeitsmaterial für seine Baustelle zu bestellen und es auch bei dem erklärten Schuldbeitritt grundsätzlich um die Lieferung von Baumaterialien auf die Baustelle, für die Mario W***** verantwortlich gewesen sei, gegangen sei. Ein Schuldbeitritt nach Paragraph 1347, ABGB erfordere keine Formalitäten, weshalb dieser bereits mit dem Telefonat wirksam zustande gekommen sei. Auch wenn die Erklärung des Mario W***** vom 5.5.1993 eine Bürgschaft darstellen sollte, wäre diese gültig, weil es sich bei der beklagten Partei ebenso wie bei der Mo***** KG und der klagenden Partei um Vollkaufleute handle, die nach Paragraph 350, HGB von der Formvorschrift des Paragraph 1346, Absatz 2, ABGB befreit seien. Es sei branchenüblich, einen Liefervertrag über Verputzmaterialien mit der Herstellerfirma abzuschließen und über eine Baustoffhandlung zu fakturieren. Die Mo***** KG habe insofern als Stellvertreterin und Abschlußvermitlerin des Liefervertrages für die klagende Partei gehandelt, welche berechtigt sei, das gelieferte Material im eigenen Namen in Rechnung zu stellen und den offenen Rechnungsbetrag einzuklagen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es führte zur Rechtsrüge folgendes aus:

Von der beklagten Partei werde nicht mehr in Zweifel gezogen, daß es sich bei der von Mario W***** gegenüber der Mo***** KG am 5.5.1993 mittels Telefax abgegebenen Erklärung um einen Schuldbeitritt im Sinne des § 1347 ABGB handle. Dieser Schuldbeitritt könne auch keineswegs an einem Formmangel leiden. Auch dann, wenn man eine analoge Anwendung des § 1346 Abs 2 ABGB entgegen der ständigen Rechtsprechung bejahe, käme nämlich die Ausnahmevorschrift des § 350 HGB zur Anwendung, weil der beklagten Partei Vollkaufmannseigenschaft zukomme und die Verpflichtung im Betrieb ihres Handelsgewerbes - soweit Mario W***** die beklagte Partei wirksam habe vertreten können - begründet worden sei.Von der beklagten Partei werde nicht mehr in Zweifel gezogen, daß es sich bei der von Mario W***** gegenüber der Mo***** KG am 5.5.1993 mittels Telefax abgegebenen Erklärung um einen Schuldbeitritt im Sinne des Paragraph 1347, ABGB handle. Dieser Schuldbeitritt könne auch keineswegs an einem Formmangel leiden. Auch dann, wenn man eine analoge Anwendung des Paragraph 1346, Absatz 2, ABGB entgegen der ständigen Rechtsprechung bejahe, käme nämlich die Ausnahmevorschrift des Paragraph 350, HGB zur Anwendung, weil der beklagten Partei Vollkaufmannseigenschaft zukomme und die Verpflichtung im Betrieb ihres Handelsgewerbes - soweit Mario W***** die beklagte Partei wirksam habe vertreten können - begründet worden sei.

Strittig sei lediglich noch die Frage, ob Mario W***** die beklagte Partei mit seiner Erklärung gegenüber der Mo***** KG wirksam habe verpflichten können. Dazu sei der Umfang seiner ihm von der beklagten Partei erteilten Vollmacht zu prüfen. Die beklagte Partei habe im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, daß der Auftrag mit der M***** Baugesellschaft mbH in Schriftform gefaßt gewesen sei. Hiezu habe sie als Beweis das Auftragsschreiben vom 27.1.1993 vorgelegt, aus welchem sich ergebe, daß diesen Auftrag zur Durchführung der Verputzarbeiten an die M***** Baugesellschaft mbH über mehr als S 600.000 mit Nebenabreden betreffend Vertragsstrafen, Deckungs- und Haftrücklaß udgl. Mario W***** allein in Vertretung der beklagten Partei erteilt habe, wozu ihm offenbar schriftlich, mündlich oder konkludent seitens der beklagten Partei Vollmacht erteilt worden sei, weil sich die beklagte Partei ja ausdrücklich auf diesen von ihr erteilten Auftrag an die M***** Baugesellschaft mbH berufe.

Der Umfang der an Mario W***** erteilten Vollmacht sei nach den Regeln über die Auslegung einseitiger Rechtsgeschäfte zu ermitteln. Auszugehen sei davon, daß es sich bei der Vollmachtserteilung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Machtgebers handle, wobei als Erklärungsempfänger Dritte (externe Erteilung) und/oder der Machthaber (interne Erteilung) oder auch das Publikum (externe Erteilung) in Betracht komme. Grundsätzlich könne daher der Machtgeber aufgrund der ihm auch in dieser Frage zukommenden Privatautonomie inhaltlich damit auch den Umfang der Rechtsmacht, die er weitergeben wolle, bestimmen. Haupfbetroffener in bezug auf die Auswirkungen dieser privatautonomen einseitigen Gestaltung sei der Dritte, dem gegenüber der Vertreter von der Vollmacht Gebrauch machen solle.

Im gegenständichen Fall könne nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, daß die Mo***** KG der Erklärungsempfänger der von der beklagten Partei an Mario W***** erteilten Vollmacht gewesen sei. Allenfalls sei dies die M***** Baugesellschaft mbH gewesen, jedenfalls jedoch Mario W*****. Nach dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt sei Mario W***** nicht ausdrücklich Vollmacht für den Schuldbeitritt erteilt worden, weshalb sich der Umfang der an ihn erteilten Vollmacht an Gegenstand und Natur des Geschäfts, also am Zweck der Vollmachtserteilung gemäß § 1009 zweiter Satz ABGB, zu orientieren habe.Im gegenständichen Fall könne nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, daß die Mo***** KG der Erklärungsempfänger der von der beklagten Partei an Mario W***** erteilten Vollmacht gewesen sei. Allenfalls sei dies die M***** Baugesellschaft mbH gewesen, jedenfalls jedoch Mario W*****. Nach dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt sei Mario W***** nicht ausdrücklich Vollmacht für den Schuldbeitritt erteilt worden, weshalb sich der Umfang der an ihn erteilten Vollmacht an Gegenstand und Natur des Geschäfts, also am Zweck der Vollmachtserteilung gemäß Paragraph 1009, zweiter Satz ABGB, zu orientieren habe.

Ausgehend davon, daß Mario W***** als verantwortlicher Bauleiter dafür zu sorgen gehabt habe, daß die für die Errichtung der Wohnanlage erforderlichen Arbeiten ordnungsgemäß und innerhalb des gesetzten Zeitraumes durchgeführt würden, und ihm zur Erreichung dieses Zweckes auch Vollmacht zur Beauftragung von Subunternehmern für einzelne Gewerke sowie zur Bestellung erforderlichen Materials bei Lieferanten erteilt worden sei, umfasse seine Vollmacht nach deren Zweck auch die Erklärung eines Schuldbeitrittes, wenn dem beauftragten Subunternehmer mangels Bonität das bei einem Lieferanten bestellte und für die Erfüllung des Werkvertrages erforderliche Material nicht geliefert werde und es somit zu Verzögerungen bei der Fertigstellung der Wohnanlage kommen könne. Denn es sei ja im primären Interesse der beklagten Partei als Generalunternehmerin gelegen, die Wohnanlage innerhalb der vereinbaren Termine fertigzustellen, um dadurch den ihr erteilten Auftrag ordnungsgemäß erfüllen zu können.

Unter diesen Gesichtspunkten sei daher von der Mario W***** von der beklagten Partei erteilten Vollmacht die Erklärung eines Schuldbeitritts, wie sie hier abgegeben wurde, mitumfaßt, weshalb er die beklagte Partei gegenüber der Mo***** KG - und somit letztendlich auch gegenüber der klagenden Baustoffhändlerin, über die üblicherweise die Verrechnung der Baustofflieferungen erfolge - verpflichten habe können.

Zur Frage, ob von einer einem Bauleiter erteilten Vollmacht, die zur Beauftragung von Subunternehmern für einzelne Gewerke ebenso berechtige wie zur Bestellung von erforderlichen Baumaterialien, auch die Erklärung von Schuldbeitritten im Zusammenhang mit mit Subunternehmern abgeschlossenen Werkverträgen umfaßt sei, liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Da dieser Frage auch Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukomme, sei die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig.Zur Frage, ob von einer einem Bauleiter erteilten Vollmacht, die zur Beauftragung von Subunternehmern für einzelne Gewerke ebenso berechtige wie zur Bestellung von erforderlichen Baumaterialien, auch die Erklärung von Schuldbeitritten im Zusammenhang mit mit Subunternehmern abgeschlossenen Werkverträgen umfaßt sei, liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Da dieser Frage auch Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukomme, sei die ordentliche Revision gemäß Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zulässig.

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Rechtslage verkannt hat; sie ist im Sinn des Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, der Umfang der Vollmacht eines Bauleiters bestimme sich mangels Vereinbarung nach Treu und Glauben sowie nach der Verkehrssitte im üblichen Geschäftsverkehr. Eine Haftungsübernahme für Verbindlichkeiten eines Subunternehmers könne er nicht rechtsgültig aussprechen. Eine solche bilde keine normale Maßnahme zur zügigen Abwicklung des Bauvorhabens. Allein die Wahrung des Interesses des Geschäftsherrn heile den Mangel der Vertretungsmacht nicht. Sie habe die Erklärung nicht genehmigt. Diese sei nicht firmenmäßig gefertigt gewesen; allein die Überlassung von Geschäftsstampiglie und Geschäftspapier mit üblichen Angaben bewirke nicht die Einräumung irgendwelcher rechtsgeschäftlichen Vollmacht.

Hiezu wurde erwogen:

Bei der Beurteilung der Frage, ob die von der beklagten Partei ihrem Bauleiter erteilte Vollmacht über ihren engeren Inhalt hinaus auch die Übernahme einer Haftung für die Bezahlung von Materialbestellungen eines Subunternehmers deckt, ist von der Bestimmung des § 54 HGB auszugehen, weil es sich bei der beklagten GmbH um einen (Form-)Kaufmann handelt (vgl Schinko in Straube2 § 54 HGB Rz 1; Strasser in Rummel2 § 1027 ABGB Rz 2). Danach erstreckt sich die Handlungsvollmacht, wenn jemand zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt ist, auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.Bei der Beurteilung der Frage, ob die von der beklagten Partei ihrem Bauleiter erteilte Vollmacht über ihren engeren Inhalt hinaus auch die Übernahme einer Haftung für die Bezahlung von Materialbestellungen eines Subunternehmers deckt, ist von der Bestimmung des Paragraph 54, HGB auszugehen, weil es sich bei der beklagten GmbH um einen (Form-)Kaufmann handelt vergleiche Schinko in Straube2 Paragraph 54, HGB Rz 1; Strasser in Rummel2 Paragraph 1027, ABGB Rz 2). Danach erstreckt sich die Handlungsvollmacht, wenn jemand zur Vornahme einer bestimmten zu einem Handelsgewerbe gehörigen Art von Geschäften oder zur Vornahme einzelner zu einem Handelsgewerbe gehöriger Geschäfte ermächtigt ist, auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.

Wie die Rechtsmittelwerberin zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus dem Umstand allein, daß für die Faxerklärung vom 5.5.1993 Geschäftspapier (mit den üblichen Angaben) und eine Geschäftsstampiglie der beklagten Partei verwendet wurden, noch nicht der Bestand einer entsprechenden Vollmacht (ÖBA 1987, 582; Schinko aaO Rz 8).

Entscheidend ist hingegen die "Gewöhnlichkeit" des Geschäfts im Sinn des § 54 HGB. Hiebei kommt es nicht auf die konkreten Verhältnisse in dem betreffenden Unternehmen an, sondern darauf, ob derartige Geschäfte in einem Handelsgewerbe, wie es der Inhaber betreibt, gewöhnlich vorkommen. Die Frage der Ungewöhnlichkeit eines Geschäfts ist nach den örtlichen, zeitlichen und branchenmäßigen Anschauungen zu beurteilen (Schinko aaO Rz 10 mwN).Entscheidend ist hingegen die "Gewöhnlichkeit" des Geschäfts im Sinn des Paragraph 54, HGB. Hiebei kommt es nicht auf die konkreten Verhältnisse in dem betreffenden Unternehmen an, sondern darauf, ob derartige Geschäfte in einem Handelsgewerbe, wie es der Inhaber betreibt, gewöhnlich vorkommen. Die Frage der Ungewöhnlichkeit eines Geschäfts ist nach den örtlichen, zeitlichen und branchenmäßigen Anschauungen zu beurteilen (Schinko aaO Rz 10 mwN).

Im vorliegenden Fall leitet das Berufungsgericht die Vollmacht des Bauleiters zur Erklärung von Schuldbeitritten im Zusammenhang mit Materialbestellungen von Subunternehmern aus der dem Bauleiter von der Rechtsmittelwerberin erteilten Vollmacht zur Beauftragung von Subunternehmern für einzelne Gewerke (einschließlich Material) und zur Bestellung von erforderlichen Baumaterialien ab. Weder mit der Beauftragung von Subunternehmern noch mit der Bestellung von Material im Namen des Generalunternehmers kann die Übernahme der Haftung für die Bezahlung von Materialbestellungen durch Subunternehmer ohne weiteres gleichgesetzt werden. Vielmehr kommt es für beide Ableitungen des Berufungsgerichtes in erster Linie auf die Branchenüblichkeit an, deren Ausmittlung Tatfrage ist (Miet 43/34 aE). Hiezu fehlen aber ausreichende Feststellungen, weshalb die Urteile der Vorinstanzen unter Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht aufzuheben waren.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht nach Erörterung mit den Parteien Feststellungen zur Gewöhnlichkeit (Branchenüblichkeit) des strittigen Geschäfts im Hinblick auf § 54 HGB nachzuholen haben. Erst dann wird verläßlich beurteilt werden können, ob der von der Rechtsmittelwerberin behauptete Vollmachtsmangel besteht oder nicht. Hiebei wird zu beachten sein, daß die Beweislast für den bestimmten Umfang einer Vollmacht denjenigen trifft, der diesen für sich in Anspruch nimmt (7 Ob 516/76 mwN).Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht nach Erörterung mit den Parteien Feststellungen zur Gewöhnlichkeit (Branchenüblichkeit) des strittigen Geschäfts im Hinblick auf Paragraph 54, HGB nachzuholen haben. Erst dann wird verläßlich beurteilt werden können, ob der von der Rechtsmittelwerberin behauptete Vollmachtsmangel besteht oder nicht. Hiebei wird zu beachten sein, daß die Beweislast für den bestimmten Umfang einer Vollmacht denjenigen trifft, der diesen für sich in Anspruch nimmt (7 Ob 516/76 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 52, ZPO.

Anmerkung

E45910 02A00947

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0020OB00094.97F.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19970410_OGH0002_0020OB00094_97F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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