Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Sailer in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Johann Gadzinski, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ewald *****gesmbH, ***** vertreten durch Mag.Andreas Dienstl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 188.000,-- S (Revisionsinteresse 171.400,-- S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 12.Dezember 1996, GZ 3 R 233/96y-13, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 22.August 1996, GZ 27 Cg 54/95m-8, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 5.075,-- S (darin 1.522,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin erteilte der Beklagten den Auftrag zur Lieferung von 300.000 Plastiksäckchen für Werbematerial, die an der Vorderseite eine offene Klappe aufweisen und spätestens am 8.1.1993 übergeben werden sollten. Tatsächlich erfolgte die erste Teillieferung erst am 11.1.1993, die Restlieferung am 14.1.1993. Die Säckchen waren mangelhaft, weil sie keine offene Klappe an der Vorderseite aufwiesen, sondern auch hier perforiert an einer Blockleiste befestigt waren. Die Klägerin übernahm die Ware trotzdem, rügte mit Schreiben vom 13.1.1996 die vertragswidrige und verspätete Ausführung ihres Auftrages und verweigerte die Zahlung. Ein Verbesserungsbegehren wurde nicht gestellt. Mit der beim Bezirksgericht für Handelssachen zu 12 C 1457/95t eingebrachten Klage vom 12.7.1995 begehrte die hier Beklagte die Zahlung des Werklohnes, machte aber nicht den vereinbarten Rechnungsbetrag, sondern wegen nichtauftragsgemäßer Ausführung unter Berücksichtigung einer Preisminderung nur zwei Drittel hievon geltend. Die hier klagende Partei wandte mangelnde Fälligkeit und compensando einen Schadenersatzanspruch wegen verspäteter Lieferung ein. Das Verfahren ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin 188.000,-- S Schadenersatz wegen verspäteter und mangelhafter Lieferung, und zwar 125.000,-- S an Entgelt für zum vereinbarten Zeitpunkt bereitgestellte Prospektverteiler, 30.000,-- S an Kosten für die Bereitstellung von Fahrzeugen samt Lenker und 33.000,-- S zur Abgeltung des Mehraufwandes an Arbeit für die Verteiler durch das erforderliche Öffnen der einzelnen Säckchen.
Die Beklagte wandte ein, sie habe im Verfahren vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien ohnedies einen Preisminderungsanspruch berücksichtigt. Ein Schaden sei gar nicht eingetreten, der Schadenersatzanspruch sei schon im Vorverfahren compensando eingewendet worden.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, daß die verspätete Lieferung der Klägerin schon am 5.1.1993 mitgeteilt worden sei und der erhöhte Manipulationsaufwand nach § 273 ZPO Mehrkosten von 16.600,-- S ergeben habe. Es konnte nicht festgestellt werden, daß die klagende Partei durch Bereitstellung von Personal und Fahrzeugen einen Schaden erlitten hat. Da der Klägerin der Nachweis des behaupteten Vermögensschadens nicht gelungen sei, der festgestellte Mehraufwand von 16.600,-- S Kosten zur Behebung des Minderwertes (Verbesserungskosten) darstelle, die bereits im Vorprozeß beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien durch Berücksichtigung einer Preisminderung abgegolten seien, wäre es unbillig, der Klägerin den Minderwert doppelt anzurechnen.Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, daß die verspätete Lieferung der Klägerin schon am 5.1.1993 mitgeteilt worden sei und der erhöhte Manipulationsaufwand nach Paragraph 273, ZPO Mehrkosten von 16.600,-- S ergeben habe. Es konnte nicht festgestellt werden, daß die klagende Partei durch Bereitstellung von Personal und Fahrzeugen einen Schaden erlitten hat. Da der Klägerin der Nachweis des behaupteten Vermögensschadens nicht gelungen sei, der festgestellte Mehraufwand von 16.600,-- S Kosten zur Behebung des Minderwertes (Verbesserungskosten) darstelle, die bereits im Vorprozeß beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien durch Berücksichtigung einer Preisminderung abgegolten seien, wäre es unbillig, der Klägerin den Minderwert doppelt anzurechnen.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren mit einem Betrag von 16.600,-- S statt und wies das Mehrbegehren ab. Im Werkvertragsrecht bestehe volle Konkurrenz von Gewährleistung und Schadenersatzsansprüchen. Für einen auf Schadenersatz gestützten Anspruch auf Ersatz des Deckungskapitales, das sofort gefordert werden könne, gelte die Einschränkung im Gewährleistungsrecht, daß der Werkunternehmer mit der Verbesserung in Verzug sei, nicht. Dienten die Tatbestandsmerkmale zweier anspruchsbegründender Normen dem gleichen wirtschaftlichen Ziel, erlösche durch die Erfüllung eines dieser Ansprüche auch der andere. Allein aus dem Umstand, daß die Beklagte im Prozeß vor dem Bezirksgericht für Handelssachen Wien nicht ihre gesamte Werklohnforderung eingeklagt habe - eine Geltendmachung oder Aufrechnung sei noch immer möglich - sei der aus der mangelhaften Lieferung resultierende Preisminderungsanspruch der Klägerin noch nicht erfüllt. Über einen solchen Preisminderungsanspruch, den die Klägerin im Vorprozeß gar nicht geltend gemacht habe, sei noch nicht entschieden. Erst nach Beendigung beider Prozesse sei durch eine zwischen den Parteien vorzunehmende Abrechnung, notfalls im Exekutionsverfahren, eine Doppelliquidation zu verhindern.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den materiellen und prozessualen Fragen der Geltendmachung des Deckungskapitales als Schadenersatzforderung bei freiwilliger Berücksichtigung eines (vom Besteller nicht ausdrücklich erhobenen) Preisminderungsanspruches durch den Werkunternehmer fehle.
Gegen den klageabweisenden Teil dieses Urteiles richtet sich die Revision der klagenden Partei, in der unter Negierung der Feststellung, daß ein Verspätungsschaden nicht festgestellt werden konnte, nur ausgeführt wird, wegen nicht Einhaltung des vertraglich vereinbarten Liefertermines seien Aufwendungen für die Bereitstellung von Personal und Fahrzeugen erforderlich gewesen, eine Vereinbarung über die verspätete Lieferung sei nicht festgestellt. Die Begründung für die Zulassung der ordentlichen Revision sei unverständlich, weil es dem Werkunternehmer freigestanden wäre, keinen Werklohn zu fordern und die mangelhafte Lieferung "unter frustriert in die Bücher zu nehmen".
Rechtliche Beurteilung
Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision liegen damit nicht vor. Hängt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht mehr von jener Rechtsfrage ab, die das Berufungsgericht für die Begründung seines Zulassungsausspruches angeführt hat und ist, wie hier, nicht ersichtlich, welche andere Rechtsfrage im vorliegenden Fall eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO rechtfertigen soll, so liegen die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle nicht vor (7 Ob 688/90; 8 Ob 670/90; u.a.).Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Revision liegen damit nicht vor. Hängt die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nicht mehr von jener Rechtsfrage ab, die das Berufungsgericht für die Begründung seines Zulassungsausspruches angeführt hat und ist, wie hier, nicht ersichtlich, welche andere Rechtsfrage im vorliegenden Fall eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO rechtfertigen soll, so liegen die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle nicht vor (7 Ob 688/90; 8 Ob 670/90; u.a.).
Die beklagte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung ausdrücklich auf die deshalb vorliegende Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Deshalb sind ihr die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der Revisionsbeantwortung zuzusprechen.
Anmerkung
E45751 06A00927European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00092.97S.0410.000Dokumentnummer
JJT_19970410_OGH0002_0060OB00092_97S0000_000