Kopf
Das Handelsgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Kreimel (Vorsitzender), Dr. Hinek und Dr. Schinzel in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. F*****, 2. Dr. G*****, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Dr. Hermann Fromherz, Rechtsanwalt in 4010 Linz, wegen S 8.983-- samt Anhang über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 25.1.1996, 6 C 2864/95k-11, in nicht öffentlicher Sitzung den
B e s c h l u ß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Erstgericht die Einleitung des ordentlichen Verfahrens über die Klage aufgetragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Nach einem Zustellanstand beantragten die Kläger den vom Erstgericht am 5.10.1995 antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl an die Beklagte zu Handen des Geschäftsführers W***** zuzustellen. Das Erstgericht stellte daraufhin unter Verwendung des ZPF 52 das Rechtshilfeersuchen an das zuständige Kantonsgericht in der Schweiz auf Zustellung der Mahnklage samt Zahlungsbefehl und weiterer zugehöriger Schriftstücke. Im Rechtshilfeersuchen wurde vermerkt, daß nach österreichischem Recht die Zustellung nur wirksam ist, wenn sie zu eigenen Handen des Empfängers bewirkt wird.
Am 15.1.1996 langte beim Erstgericht eine "Empfangsbescheinigung" des Zivilgerichtes Basel-Stadt als Zustellzeugnis ein, wobei sich in der für die Unterschrift des Empfängers und das Datum der Zustellung vorgesehenen Zeile die Firmenstampiglie "S*****, CH-4010 Basel", das Datum 2.1.1996 und eine Unterschrift befinden. Eine Zeile darüber, in der der Empfänger angeführt ist, befindet sich der handschriftliche Vermerk "persönlich".
Mit Postaufgabe 23.1.1996 erhob die Beklagte Einspruch gegen den Zahlungsbefehl.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Erstgericht den Einspruch als verspätet zurück, weil laut Zustellnachweis der Zahlungsbefehl bereits am 2.1.1996 der Beklagten wirksam zugestellt worden sei.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß zu beheben und dem Erstgericht die Einleitung des ordentlichen Verfahrens aufzutragen; hilfsweise wurde ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt.
Die Beklagte führt darin aus, daß ihr Geschäftsführer den Zahlungsbefehl nicht am 2.1.1996 übernommen, sondern erst nach urlaubs- und krankheitsbedingter Abwesenheit am 10.1.1996 in seinem früheren Büro bei der Firma S***** behoben habe. Die Voraussetzungen für eine Abgabestelle im Sinne des § 4 ZustG seien dort nicht vorgelegen.Die Beklagte führt darin aus, daß ihr Geschäftsführer den Zahlungsbefehl nicht am 2.1.1996 übernommen, sondern erst nach urlaubs- und krankheitsbedingter Abwesenheit am 10.1.1996 in seinem früheren Büro bei der Firma S***** behoben habe. Die Voraussetzungen für eine Abgabestelle im Sinne des Paragraph 4, ZustG seien dort nicht vorgelegen.
Aufgrund der vom Erstgericht gepflogenen Erhebungen und der von der Beklagten vorgelegten Urkunden steht im Zusammenhalt mit dem Rekursvorbringen und dem übrigen Akteninhalt fest:
Am 2.1.1996 übergab der Zusteller (Gerichtsweibel) des Zivilgerichtes Basel-Stadt die gegenständliche Mahnklage und den Zahlungsbefehl samt weiterer im Rechtshilfeersuchen genannter Urkunden der Sekretärin des Geschäftsführers der Beklagten H*****, die die Empfangsbescheinigung auch unterfertigte. Am 10.1.1996 behob der Geschäftsführer der Beklagten den Zahlungsbefehl in seinem Büro bei der Firma S*****.
Dieser Sachverhalt ist durch die oben angeführten glaubhaften Bescheinigungsmittel erwiesen.
Hieraus folgt jedoch, daß die Beklagte ihren Einspruch gegen den Zahlungsbefehl vom 5.10.1995 fristgerecht erhob.
Im vorliegenden Fall wurde, weil die Beklagte eine juristische Person ist, die Zustellung an ihren Geschäftsführer als einen zur Empfangnahme befugten Vertreter verfügt (§ 13 Abs 3 ZustG), jedoch an einer Anschrift im Ausland. § 11 Abs 1 ZustG bestimmt hiezu, daß solche Zustellungen nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen sind. Die Zustellung von Schriftstücken unterliegt - vorbehaltlich anderer staatsvertraglicher Regelungen - sohin grundsätzlich der Kompetenz des Staates, auf dessen Gebiet sie erfolgen soll. Eine Anordnungskompetenz kommt den österreichischen Behörden hier nicht zu und kann der oben zitierte Hinweis im Rechtshilfeersuchen, wonach nach österreichischem Recht nur eine eigenhändige Zustellung wirksam wäre, nur als Information gewertet werden.Im vorliegenden Fall wurde, weil die Beklagte eine juristische Person ist, die Zustellung an ihren Geschäftsführer als einen zur Empfangnahme befugten Vertreter verfügt (Paragraph 13, Absatz 3, ZustG), jedoch an einer Anschrift im Ausland. Paragraph 11, Absatz eins, ZustG bestimmt hiezu, daß solche Zustellungen nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen sind. Die Zustellung von Schriftstücken unterliegt - vorbehaltlich anderer staatsvertraglicher Regelungen - sohin grundsätzlich der Kompetenz des Staates, auf dessen Gebiet sie erfolgen soll. Eine Anordnungskompetenz kommt den österreichischen Behörden hier nicht zu und kann der oben zitierte Hinweis im Rechtshilfeersuchen, wonach nach österreichischem Recht nur eine eigenhändige Zustellung wirksam wäre, nur als Information gewertet werden.
Einem anderem Beurteilungskriterium unterliegt jedoch die Frage, ob der von der ausländischen Behörde eingehaltene Zustellvorgang auch geeignet ist, im Verfahren Rechtswirkungen auszulösen. So ist insbesondere die dem Prozeßrecht zugehörige Frage, ob die jeweilige Zustellung im Ausland auch fristauslösend wirkt und sich daher daran Säumnisfolgen knüpfen können, im Verfahren vor einem österreichischen Gericht ausschließlich nach österreichischem Recht zu beantworten (vgl. OGH vom 20.9.1983, 4 Ob 374, 375/83), weil im Verfahren vor einem österreichischem Gericht grundsätzlich das österreichische Recht anzuwenden ist (vgl. Fasching Lb2 Rz 2400; Fucik/Rechberger, ZPO, Rz 4 zu EGZPO-Art I). Nun sind aber Zahlungsbefehle im Mahnverfahren eigenhändig zuzustellen (arg. § 450 Abs 2 ZPO; Fasching Lb2 Rz 535). Mag nun eine Zustellung an eine Sekretärin des Empfängers des Schriftstücks allenfalls nach dem jeweils am Ort der Zustellung geltenden Recht die Kriterien einer eigenhändigen Zustellung erfüllen, so reicht dies nach dem geltenden österreichischen Zustellrecht hiefür keinesfalls aus (§ 21 ZustG). Daher konnte auch die Zustellung an die Sekretärin des Geschäftsführers der Beklagten den Lauf der 14-tägigen Einspruchsfrist gegen den Zahlungsbefehl nicht auslösen (§ 451 Abs 2 ZPO). Vielmehr wurde diese - worauf die Rekurswerberin zutreffend hinweist - erst am 10.1.1996 in Gang gesetzt, als der Geschäftsführer der Beklagten den Zahlungsbefehl in seinem früheren Büro bei der Firma S***** behob. So ist nämlich auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei der Zustellung unterlaufene Mängel nachträglich geheilt werden können, ausschließlich nach österreichischem Recht zu prüfen (OGH aaO). § 7 ZustG bestimmt hiezu, daß eine mangelhafte Zustellung als in dem Zeitpunkt vollzogen gilt, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist. Hieraus folgt jedoch, daß im vorliegenden Fall die Beklagte fristgerecht Einspruch erhob, weil sie den Schriftsatz am 23.1.1996 zur Post gab.Einem anderem Beurteilungskriterium unterliegt jedoch die Frage, ob der von der ausländischen Behörde eingehaltene Zustellvorgang auch geeignet ist, im Verfahren Rechtswirkungen auszulösen. So ist insbesondere die dem Prozeßrecht zugehörige Frage, ob die jeweilige Zustellung im Ausland auch fristauslösend wirkt und sich daher daran Säumnisfolgen knüpfen können, im Verfahren vor einem österreichischen Gericht ausschließlich nach österreichischem Recht zu beantworten vergleiche OGH vom 20.9.1983, 4 Ob 374, 375/83), weil im Verfahren vor einem österreichischem Gericht grundsätzlich das österreichische Recht anzuwenden ist vergleiche Fasching Lb2 Rz 2400; Fucik/Rechberger, ZPO, Rz 4 zu EGZPO-Art römisch eins). Nun sind aber Zahlungsbefehle im Mahnverfahren eigenhändig zuzustellen (arg. Paragraph 450, Absatz 2, ZPO; Fasching Lb2 Rz 535). Mag nun eine Zustellung an eine Sekretärin des Empfängers des Schriftstücks allenfalls nach dem jeweils am Ort der Zustellung geltenden Recht die Kriterien einer eigenhändigen Zustellung erfüllen, so reicht dies nach dem geltenden österreichischen Zustellrecht hiefür keinesfalls aus (Paragraph 21, ZustG). Daher konnte auch die Zustellung an die Sekretärin des Geschäftsführers der Beklagten den Lauf der 14-tägigen Einspruchsfrist gegen den Zahlungsbefehl nicht auslösen (Paragraph 451, Absatz 2, ZPO). Vielmehr wurde diese - worauf die Rekurswerberin zutreffend hinweist - erst am 10.1.1996 in Gang gesetzt, als der Geschäftsführer der Beklagten den Zahlungsbefehl in seinem früheren Büro bei der Firma S***** behob. So ist nämlich auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei der Zustellung unterlaufene Mängel nachträglich geheilt werden können, ausschließlich nach österreichischem Recht zu prüfen (OGH aaO). Paragraph 7, ZustG bestimmt hiezu, daß eine mangelhafte Zustellung als in dem Zeitpunkt vollzogen gilt, in dem das Schriftstück der Person, für die es bestimmt ist (Empfänger), tatsächlich zugekommen ist. Hieraus folgt jedoch, daß im vorliegenden Fall die Beklagte fristgerecht Einspruch erhob, weil sie den Schriftsatz am 23.1.1996 zur Post gab.
Dem berechtigten Rekurs war daher Folge zu geben.
Das Erstgericht wird daher nach den §§ 440 ff ZPO vorzugehen haben (§ 452 Abs 2 ZPO).Das Erstgericht wird daher nach den Paragraphen 440, ff ZPO vorzugehen haben (Paragraph 452, Absatz 2, ZPO).
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen, weil die Beklagte im Rekurs keine Kosten verzeichnete.
Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf den §§ 526 Abs 3, 528 Abs 2 Z 1 ZPO.Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf den Paragraphen 526, Absatz 3,, 528 Absatz 2, Ziffer eins, ZPO.
Anmerkung
EWH00004 01R05556European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LG00007:1997:00100R00555.96F.0414.000Dokumentnummer
JJT_19970414_LG00007_00100R00555_96F0000_000