TE OGH 1997/4/18 15R62/97s

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Veröffentlicht am 18.04.1997
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Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Richter

des Oberlandesgerichtes Dr.Manica als Vorsitzenden und den

Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Univ.Prof.Dr.Ertl sowie den

Richter des Oberlandesgerichtes Univ.Doz.Dr.Bydlinski als weitere

Richter  in  der  Rechtssache  der  klagenden  Parteien 1) Gabriele

L ***** ,  und 2) Ing.Gerhard L ***** ,   beide Angestellte, *****,

beide vertreten durch Dr.Anton und Dr.Alexander Gruber, Rechtsanwälte

in 1010  Wien, wider die beklagte Partei   B *****   GesmbH, *****,

vertreten durch Dr.Thomas Menschhorn, Rechtsanwalt in 1010  Wien,

wegen S 430.358,51 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den

Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 18.2.1997, GZ 33 Cg

211/96w-13, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es wird dem Rekurs   n i c h t   Folge gegeben.

Der Antrag auf Kostenersatz wird gemäß § 41 Abs 3 letzter Satz GebAG

  a b g e w i e s e n .

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 5 ZPO jedenfalls   u n z

u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Die Kläger brachten vor, sie hätten das beklagte Unternehmen mit der Errichtung eines "Bioformhauses" beauftragt. In der Folge seien beide Vertragsteile vom Vertrag zurückgetreten. Der Wert der geleisteten Anzahlungen sei um S 412.358,51 über denjenigen des festgestellten Baus gelegen; darüber hinaus hätte die Beklagte für eine ordnungsgemäße Absicherung der Baustelle sorgen müssen, wodurch den Klägern Kosten im Ausmaß von S 18.000,-- entstanden seien. Es stehe ihnen daher die Klagssumme im Betrag von S 430.358,51 zu.

Die beklagte Gesellschaft bestritt dieses Vorbringen und wendete im wesentlichen ein, daß die Mängelbehauptungen der Gegenseite weit überzogen seien und sich bei Abrechnung der erbrachten Leistungen ein Überhang zugunsten der beklagten Partei ergebe.

Das Erstgericht trug dieser daraufhin mit Beschluß vom 21.4.1996, ON 3, den Erlag eines Sachverständigen-Kostenvorschusses von S 30.000,-- auf; mit Beschluß vom 30.10.1996, ON 9, wurde Dipl.Ing.Dr.Rupprecht Ottel zum Sachverständigen im wesentlichen mit dem Auftrag bestellt, ein Gutachten über den angemessenen Werklohn und die von der beklagten Partei erbrachten Leistungen zu erstatten. Der Sachverständige teilte am 14.12.1996 dem Erstgericht mit, bei einer bloßen Schätzung sei mit dem Kostenvorschuß von S 30.000,-- auszukommen; bei einer Begutachtung auf Grundlage eines Vorgutachtens sei mit S 60.000,-- zu rechnen, bei einer Neuaufstellung der Ausmaße anhand von Plänen mit S 100.000,-- (ON 11).

Nach Einholung von Äußerungen der Streitteile trug das Erstgericht der beklagten Partei mit dem angefochtenen Beschluß den Erlag eines weiteren Kostenvorschusses von S 30.000,-- auf.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß dieser Erlag der Gegenseite aufgetragen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Rekurs ist nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Da der Gesamtbetrag der Vorschüsse, die der beklagten Partei aufgetragen wurden, S 30.000,-- übersteigt, ist der Rekurs gemäß §§ 332 Abs 2 letzter Satz, 365 ZPO zulässig. Nach dieser Gesetzesstelle ist der Beschluß jedoch nur hinsichtlich der Höhe des Kostenvorschusses anfechtbar. Die im Rechtsmittel allein aufgeworfene Frage, ob der Betrag von der Rekurswerberin oder der Gegenseite zu tragen ist, betrifft jedoch den Grund und nicht die Höhe.Da der Gesamtbetrag der Vorschüsse, die der beklagten Partei aufgetragen wurden, S 30.000,-- übersteigt, ist der Rekurs gemäß Paragraphen 332, Absatz 2, letzter Satz, 365 ZPO zulässig. Nach dieser Gesetzesstelle ist der Beschluß jedoch nur hinsichtlich der Höhe des Kostenvorschusses anfechtbar. Die im Rechtsmittel allein aufgeworfene Frage, ob der Betrag von der Rekurswerberin oder der Gegenseite zu tragen ist, betrifft jedoch den Grund und nicht die Höhe.

Das Rekursgericht verkennt hiebei nicht, daß eine breite Strömung in der zivilprozessualen Lehre dafür stimmt, die Anfechtungsmöglichkeiten über die im Gesetz allein genannte Höhe des Vorschusses hinaus zu erweitern und dies im wesentlichen auf Größenschlüsse zu stützen sucht. Verwiesen wird hiebei darauf, daß die eben wegen der Kosten so bedeutsame Vorfrage, ob überhaupt ein Sachverständiger zu bestellen und ob überhaupt ein Vorschuß zu leisten sei, nach dem Wortlaut des Gesetzes unanfechtbar sei. Eine teleologische Auslegung müsse aber zur Zulässigkeit der Anfechtung mit der Begründung führen, es sei gar kein Sachverständiger zu bestellen, weil in diesem Fall der Vorschuß mit Null zu bemessen wäre

( F a s c h i n g , Lehrbuch**2 Rz 1009; R e c h b e r g e r - S i

m o t - t a Rz 638; R e c h b e r g e r in R e c h - b e r g

e r , ZPO Rz 4 zu § 365).e r , ZPO Rz 4 zu Paragraph 365,).

Der erkennende Senat vermag sich dieser Auffassung jedoch nicht anzuschließen. Wie der Gesetzgeber der ZGV-Novelle 1983 ausdrücklich erwogen hat (1337 BlgNR 15.GP S 13 f), war ein Ausgleich zwischen dem Anliegen der Prozeßbeschleunigung und dem Anliegen, eine erhebliche Beeinträchtigung der Rechtsverfolgung zu vermeiden, zu erzielen. Die Beschränkung der Bekämpfung auf die bloße Höhe des Kostenvorschusses, der sich an den zu erwartenden Sachverständigengebühren orientieren muß, wie auch die eingebaute Wertgrenze sind tatsächlich geeignet, diesen beiden Zielen gerecht zu werden.

Die Gegenansicht liefe hingegen auf die Wiederbelebung des Beweisinterlokuts hinaus. Das Rechtsmittelgericht könnte bei jeder Überschreitung der Grenze von S 30.000,-- angerufen werden, damit es seine Wohlmeinung über die die gesamte vom Gutachten betroffene Sach- und Rechtslage nach dem jeweiligen Verfahrensstand abgebe. Dies müßte tatsächlich zu arger Prozeßverzögerung führen.

Darüber hinaus würde eine solche Auslegung - der Sache nach ein Analogie gegen den ausdrücklichen und unmißverständlichen Wortlaut des Gesetzes - gerade in Handelssachen zu vernünftig kaum lösbaren Bindungsproblemen führen. Würde nämlich die Wohlmeinung des Rechtsmittelgerichtes im Beweisinterlokut nicht mit Bindungswirkung auch für dieses selbst ausgestattet, so daß es auch bei identer Sach- und Rechtslage seine Meinung anläßlich der Endentscheidung in der Hauptsache ändern könnte, würde dies eine Zumutung für die rechtssuchenden Parteien darstellen. Eine Bindung des Rechtsmittelgerichtes auch für die Endentscheidung stünde aber andererseits nicht im Einklang mit der nichtigkeitsbewehrten Beiderseitigkeit des Berufungsverfahrens. In Handelssachen kommt noch dazu, daß die Gerichtsbesetzung im Berufungsverfahren von derjenigen im Rekursverfahren über einen Kostenvorschuß abweicht.

Auch der Versuch, Kostenvorschüsse dem Grunde nach bekämpfbar zu machen, indem dieser als Bemessungskriterium für deren Höhe benützt wird - im vorliegenden Fall: Zahlungspflicht nur der Gegenseite - führt nicht weiter. Die Höhe des Vorschusses kann sich nur an der Quantität und der Qualität der vom Sachverständigen erbrachten Leistungen orientieren, aber nicht daran, ob ein solcher überhaupt zu bestellen war. Der Gebührenanspruch des Sachverständigen ist keineswegs dadurch bedingt, daß das Gericht letzter Instanz seine Heranziehung als erforderlich erachtet. Andernfalls dürfte ein Gebührenanspruch nicht entstehen oder müßte erlöschen, wenn das Erstgericht, seiner Rechtsmeinung folgend, einen Sachverständigen herangezogen hat und das Berufungsgericht, einer abweichenden Rechtsmeinung (etwa über die Verjährung des Klagsanspruches) folgend, diese Bestellung als überflüssig ansieht.

Der angefochtene Beschluß war somit spruchgemäß zu bestätigen.

Anmerkung

EW00184 15R00627

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:1997:01500R00062.97S.0418.000

Dokumentnummer

JJT_19970418_OLG0009_01500R00062_97S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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