TE OGH 1997/4/22 4Ob74/97d

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.1997
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Peter L*****, vertreten durch Dr. Kurt Schneider und Dr. Rudolf Riedl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei E***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Herbert Linser, Rechtsanwalt in Imst, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 400.000,--), infolge Revisionsrekurses des Klägers gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 15. Juli 1996, GZ 2 R 7/96f-13, mit dem der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 5. Dezember 1995, GZ 24 Cg 331/95z-3, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruches des Klägers auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der Beklagten für die Dauer dieses Rechtsstreites verboten, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "EP" in Großbuchstaben, die zueinander versetzt angeordnet sind, zu verwenden.

Die Beklagte hat ihre Äußerungskosten endgültig selbst zu tragen."

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die Beklagte hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger betreibt unter der Bezeichnung "Elektro Positiv" ein Unternehmen in W*****, das sich (ua) mit dem Handel mit Elektrogeräten, dem Verkauf, der Installation und der Wartung von Satellitenanlagen befaßt. Der Tätigkeitsbereich des Klägers umfaßt den Großraum W*****.

Zu Gunsten des Klägers ist unter der Nummer 133 303 beim Österreichischen Patentamt mit Schutzdauerbeginn 29.10.1990 folgende Marke in den Farben Rot (graphische Gestaltung) und Weiß (Hintergrund) eingetragen:

Die Marke ist (ua) für elektrische Apparate und Instrumente, für Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl- und Trockengeräte registriert. Der Kläger verwendet die Marke auch als Geschäftsabzeichen.

Die Beklagte hat ihren Sitz in S***** in T*****. Sie betreibt einen Detail- und Großhandel mit Elektrogeräten und hat seit einiger Zeit eine Niederlassung in W*****. Sie führt das Zeichen "EP" als Kurzbezeichnung ihrer Firma "Elektro Profi", und zwar sowohl in Alleinstellung als auch zusammen mit ihrer Firmenbezeichnung, wobei die Buchstaben "EP" in Rot gehalten und schwarz umrandet sind:

Der Kläger begehrt zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung "EP", insbesondere mit Großbuchstaben, die zueinander versetzt angeordnet sind, zu verwenden.

Das Zeichen "EP" sei für sein Unternehmen charakteristisch. Das von der Beklagten verwendete Zeichen sei seinem Geschäftsabzeichen verwechselbar ähnlich. Es komme wiederholt zu Verwechslungen.

Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen.

Die Buchstabenkombination "EP" habe keine Kennzeichnungskraft. Das von der Beklagten verwendete Zeichen sie dem des Klägers nicht verwechselbar ähnlich. Das Begehren sei unbestimmt.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.

Die Buchstabenkombination "EP" sei nicht unterscheidungskräftig. Sie werde als Abkürzung für "Elektro Profi" aufgefaßt; zu Verwechslungen mit der Marke des Klägers komme es daher nicht. Die Buchstabenkombination sei so alltäglich gestaltet, daß auch aus der Gestaltung keine Kennzeichnungskraft abgeleitet werden könne.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Zeichen des Klägers sei als reine Buchstabenzusammensetzung, die lautlich nicht aussprechbar sei, nicht unterscheidungskräftig. Die angesprochenen Verkehrskreise faßten "EP" in der Firmenbezeichnung der Beklagten nur als Abkürzung von "Elektro Profi" auf. Sie stellten keine Verbindung zum Wortbestandteil der Marke des Klägers her. Der Kläger habe nicht bescheinigt, für "EP" Verkehrsgeltung erlangt zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers, der dem Obersten Gerichtshof am 6. März 1997 vorgelegt wurde, ist zulässig und berechtigt.

Bei einer Wort-Bild-Marke ist für die Beurteilung ihrer Kennzeichnungskraft nicht nur der wörtliche, sondern auch der bildliche Eindruck maßgebend. Auf die Schutzfähigkeit des Wortbestandteiles kommt es in diesem Fall nicht an (ÖBl 1975, 57 - Austria; ÖBl 1979, 79 - Pferdeboutique; ÖBl 1992, 218 - Resch & Frisch; 4 Ob 1043/95). Auch wenn daher reinen Buchstabenzusammensetzungen, die lautlich nicht aussprechbar sind, im allgemeinen keine Unterscheidungskraft zukommt und sie nur bei Verkehrsgeltung geschützt sind (stRsp ua ÖBl 1986, 127 -GfB-Betriebsberatung; MR 1992, 37 - CTC, jeweils mwN), können sie als Teil einer Wort-Bild-Marke Schutz erlangen. Voraussetzung ist aber, daß nicht nur der Wortteil allein, sondern auch die bildliche Gestaltung (ganz oder in ihren charakteristischen Elementen) übernommen wird (s ÖBl 1992, 219 - Resch & Frisch mwN).

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist zu berücksichtigen, daß der Durchschnittsinteressent fast niemals beide Bezeichnungen gleichzeitig wahrnimmt, sondern ein Wahrnehmungsbild mit einem mehr oder weniger verschwommenen Erinnerungsbild vergleicht. An die Aufmerksamkeit und Urteilsfähigkeit des Publikums in der Eile des Geschäftsverkehrs können regelmäßig nur geringe Anforderungen gestellt werden (ÖBl 1993, 156 = WBl 1994, 29 - Loctite mwN).

Die Marke der Klägerin ist eine Wort-Bild-Marke. Die Beklagte hat nicht nur den Wortteil der Marke ("EP"), sondern auch dessen graphische Gestaltung in einer Weise übernommen, die zur Verwechslung geeignet ist. Daß "EP" eine lautlich nicht aussprechbare Buchstabenzusammensetzung und demnach (ohne Verkehrsgeltung) nicht unterscheidungskräftig ist, schließt den Markeneingriff daher nicht aus. In seiner graphischen Gestaltung ist die Buchstabenkombination "EP" als der prägende Teil der Wort-Bild-Marke des Klägers unterscheidungskräftig. Ihre Übernahme in das Zeichen der Beklagten bewirkt jedenfalls Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, wird dadurch doch der Anschein erweckt, daß zwischen den beiden Unternehmen organisatorische Beziehungen bestehen (zur Verwechslungsgefahr ieS und zur Verwechslungsgefahr iwS s ua ÖBl 1991, 93 = GRURInt. 1991, 387 - quattro/Quadra; ÖBl 1993, 156 = WBl 1994, 29 - Loctite).

Daß der Kläger mit "EP" "Elektro positiv", die Beklagte jedoch damit ihren Firmenbestandteil "Elektro Profi" abkürzt, schließt die Verwechslungsgefahr nicht aus. Wer die Marke des Klägers kennt, der kann aus dem Zeichen der Beklagten schließen, daß auch ihre Marke eine Abkürzung für "Elektro Positiv" sei.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben. Bei der Fassung des Spruches war klarzustellen, daß nur die Übernahme des Markenbestandteiles in seiner konkreten Gestaltung einen Markeneingriff bildet.

Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf Paragraph 393, Absatz eins, EO; jene über die Kosten der Beklagten auf Paragraphen 78,, 402 Absatz 4, EO in Verbindung mit Paragraphen 40,, 50, 52 Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E46009 04A00747

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0040OB00074.97D.0422.000

Dokumentnummer

JJT_19970422_OGH0002_0040OB00074_97D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten