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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
VwGG §42 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des G B in G, vertreten durch Dr. Peter Hrubesch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 1/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. November 2002, Zl. Wa- 104752/6-2002-Pan/Gin, betreffend Feststellung des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes und letztmalige Vorkehrungen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Bescheid vom 14. Februar 2002 traf die Bezirkshauptmannschaft M (im Folgenden: BH) gemäß § 27 Abs. 1 lit. c, §§ 29 und 98 des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959 den folgenden Ausspruch:
"Festgestellt wird, dass das mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft M vom 03.12.1979, (...(, verliehene Wasserbenutzungsrecht zur Einleitung der im Wohnhaus und Fremdenpension auf dem Gst. Nr. (...(, Gemeinde G, anfallenden Abwässer in den S-bach sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiefür erforderlichen Anlagen mit Ablauf des 31.12.2000 erloschen ist.
Aus dem Anlass des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes ist als letztmalige Vorkehrung bis spätestens 31.05.2002 folgende Maßnahme (vom Beschwerdeführer( zu setzen:
Der Überlauf in der Faulanlage ist flüssigkeitsdicht und dauerhaft zu verschließen.
Die Durchführung der letztmaligen Vorkehrungen ist der Bezirkshauptmannschaft M nach Ablauf der genannten Frist schriftlich und unaufgefordert anzuzeigen.
Ebenso wird festgestellt, dass allfällige, mit diesem Wasserbenutzungsrecht verbunden gewesene, nicht im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeiten ebenfalls spätestens zum 31.12.2000 erloschen sind."
Begründend führte die BH aus, dass mit ihrem Bescheid vom 3. Dezember 1979 Maximilian und Berta R. (den Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers) die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung der im Wohnhaus und in der Fremdenpension auf dem genannten Grundstück anfallenden Abwässer in den S-bach bis zur Möglichkeit des Anschlusses an eine systematische Kanalisation, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2000, erteilt worden sei. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die gegenständliche Liegenschaft voraussichtlich erst in den Jahren 2003 bis 2005 an die Ortskanalisation der Gemeinde G angeschlossen werden könne. Sollte die Anlage als Senkgrube weiterbetrieben oder einer anderen Verwendung zugeführt werden, sei das Einvernehmen mit der Baubehörde herzustellen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid die Berufung vom 6. März 2002, in der er vorbrachte, dass die Verschließung des Überlaufes der Dreikammer-Faulanlage für ihn unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde. Darüber hinaus verweise er auf § 33g WRG 1959 und ersuche daher, den Erlöschensbescheid der BH aufzuheben und ihm den Betrieb der gegenständlichen Abwasserreinigungsanlage weiter zu genehmigen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich (im Folgenden: LH) vom 11. November 2002 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und aus Anlass der Berufung die Frist für den flüssigkeitsdichten und dauerhaften Verschluss des Überlaufes der Faulanlage bis 30. April 2003 verlängert.
Begründend führte der LH aus, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben des LH vom 12. Juli 2002 über die Ergebnisse eines von einem Amtssachverständigen durchgeführten Lokalaugenscheines informiert und ihm mitgeteilt worden sei, dass § 33g WRG 1959 nur unter der Voraussetzung anwendbar erscheine, dass eine sonstige Bewilligung für die Abwasserbeseitigungsanlage vorliege.
Daraufhin habe der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 8. August 2002 (u.a.) vorgebracht, dass seinen Rechtsvorgängern mit Bescheid der BH vom 3. Dezember 1979 die bis zur Möglichkeit eines Anschlusses an eine systematische Kanalisation, längstens jedoch bis 31. Dezember 2000 befristete wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden sei, die auf dem Grundstück anfallenden Abwässer in den S-bach abzuleiten und die gegenständliche Anlage zu errichten, und bereits mit Baubewilligungsbescheid des Gemeindeamtes G vom 14. August 1975 zur Errichtung eines Wohnhauses mit Garage die Auflage erteilt worden sei, dass für die Errichtung der Kläranlage von der BH eine Genehmigung zu erwirken sei. In der Verhandlungsschrift vom 14. April 1976 zum folgenden Baubewilligungsbescheid vom 26. April 1976 hinsichtlich der Umgestaltung des neu gebauten Hauses in eine Fremdenpension sei festgestellt worden, dass die Ableitung der Abwässer in eine wasserrechtlich genehmigte Kläranlage erfolge. In der Verhandlungsschrift vom 7. Oktober 1976 zum gewerberechtlichen Bescheid der BH vom 12. Oktober 1976 sei wiederholt festgestellt worden, dass die Abwasserbeseitigung mit einer wasserrechtlich genehmigten Kläranlage erfolge. Mit weiterem gewerberechtlichen Bescheid der BH vom 9. November 1983 sei die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines Hallenbades mit Sauna erteilt worden und in der Begründung u.a. festgestellt worden, dass hiedurch eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer nicht zu befürchten sei. Mit gewerberechtlichem Bescheid der BH vom 13. Mai 1976 seien gemäß §§ 74 und 79 der Gewerbeordnung (1973) weitere Auflagen zum Betrieb des bestehenden Hallenbades mit Sauna vorgeschrieben worden, um u.a. nachteilige Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu vermeiden. Zusammenfassend seien für die gegenständliche Anlage zur Ableitung der anfallenden Abwässer nicht nur eine bis zum 31. Dezember 2000 befristete wasserrechtliche Bewilligung, sondern zusätzlich bau- und gewerbebehördliche Bescheide, die sich auf diese Bewilligungen bezogen und diese in Form von Auflagen spruchmäßig impliziert hätten, erteilt worden. Schon aus dieser Sicht sei davon auszugehen, dass sonstige Bewilligungen zum Betrieb der vorhandenen Abwasserbeseitigungsanlage gemäß § 33g Abs. 1 leg. cit. - unabhängig vom Fristablauf der Wasserrechtsbewilligung per 31. Dezember 2000 - nach wie vor bestünden.
Begründend führte der LH weiter aus, es sei von der Gemeinde G dem LH mit Schreiben vom 14. Oktober 2002 mitgeteilt worden, dass für die gegenständliche Abwasserbeseitigungsanlage keine Baubewilligung erteilt worden sei, zumal dies rechtlich gar nicht möglich gewesen sei. Im Zug des Berufungsverfahrens sei von einem Amtssachverständigen ein Lokalaugenschein vorgenommen und festgestellt worden, dass die gegenständliche Anlage ordnungsgemäß betrieben und instandgehalten sowie mit einer maximalen täglichen Schmutzfracht von nicht größer als 50 EW60 belastet werde. Das Jugendheim sei für maximal 36 Gäste ausgelegt, und es betrage der Personalstand maximal vier Personen. Es handle sich folglich um eine Kläranlage größer als 10 EW60 und kleiner als 50 EW60, sodass die Anwendbarkeit des § 33g Abs. 1 WRG 1959 zu prüfen sei.
Da das gegenständliche Objekt laut Äußerung des Amtssachverständigen innerhalb der "gelben Linie" liege und mit einem Kanalanschluss bis Ende 2005 zu rechnen sei, sei die Voraussetzung des § 33g Abs. 1 lit. d leg. cit. grundsätzlich erfüllt. Auch werde die Anlage laut Äußerung des Amtssachverständigen ordnungsgemäß betrieben und gewartet.
Nach § 33g Abs. 1 leg. cit. komme es jedoch auch darauf an, dass eine Einleitung von kommunalem Abwasser aus Abwasserreinigungsanlagen in ein Oberflächengewässer oder in den Untergrund (Versickerung) "nach Maßgabe einer bestehenden sonstigen Bewilligung" von der Bewilligungspflicht nach § 32 ausgenommen sei. Dies bedeute, dass die Bewilligungsfreistellung nur dann eintrete, wenn eine sonstige Bewilligung der Abwasserbeseitigungsanlage existiere. Mit den im Zug des Berufungsverfahrens vorgelegten baurechtlichen und gewerberechtlichen Bescheiden sei jedoch für die gegenständliche Abwasserbeseitigungsanlage keine Bewilligung erteilt worden. Auch die Gemeinde sei betreffend die baurechtlichen Bescheide dieser Ansicht. In der Verhandlungsschrift vom 7. Oktober 1976 sei lediglich darauf hingewiesen worden, dass die Abwasserbeseitigung über eine wasserrechtlich genehmigte Kläranlage erfolge. Letztendlich seien mit den gewerberechtlichen Bescheiden vom 9. November 1983 und 13. Mai 1986 Genehmigungen für das Hallenbad und die Sauna erteilt worden. All diese angeführten Bescheide entsprächen daher nicht dem Erfordernis "nach Maßgabe einer sonstigen Bewilligung".
Da das mit Bescheid der BH vom 3. Dezember 1979 verliehene Wasserbenutzungsrecht auf Grund der im Spruch des Bescheides enthaltenen Befristung bis 31. Dezember 2000 erloschen sei und § 33g WRG 1959 nicht anwendbar sei, sei der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 13. Oktober 2004, B 1901/02-6).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachtet sich der Beschwerdeführer als in seinem Recht auf Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 33g Abs. 1 WRG 1959 verletzt, wonach die Einleitung seiner Hauswässer in den S-bach von der Bewilligungspflicht gemäß § 32 leg. cit. ausgenommen sei, und wurde von ihm der Antrag gestellt, diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Beschwerde bringt vor, dass das Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 33g Abs. 1 WRG 1959 bescheidmäßig festgestellt worden sei und ausschließlich das Vorliegen einer "bestehenden sonstigen Bewilligung" in Frage stehe. Schon der baurechtliche Bescheid der Gemeinde G vom 26. April 1976 stelle eine "bestehende sonstige Bewilligung" im Sinn des § 33g Abs. 1 leg. cit. dar. Ebenso "impliziere" die Verhandlungsschrift vom 7. Oktober 1976 zum gewerberechtlichen Bescheid der BH vom 12. Oktober 1976 die Auflagen der Abwasserbeseitigung laut Wasserrechtsbescheid der BH vom 5. Juni 1975. Dieser Bescheid sei daher ebenso wie die nachfolgenden Bescheide der BH vom 9. November 1983 und 13. Mai 1986, welche sich durchwegs auch mit der Abwasserentsorgung und möglichen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer auseinander setzten, als bestehende sonstige Bewilligung im Sinn des § 33g Abs. 1 leg. cit. anzusehen.
Der LH legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 33g Abs. 1 und 2 WRG 1959 in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden und daher für die vorliegende Beurteilung maßgeblichen Fassung der am 11. August 2001 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 109/2001 lautet:
"Bestehende Kläranlagen und Indirekteinleiter
§ 33g. (1) Eine Einleitung von kommunalem (häuslichem) Abwasser aus Abwasserreinigungsanlagen in ein Oberflächengewässer oder in den Untergrund (Versickerung) ist nach Maßgabe einer bestehenden sonstigen Bewilligung von der Bewilligungspflicht nach § 32 ausgenommen, wenn die Abwasserreinigungsanlage
a)
am 1. Juli 1990 bestanden hat und
b)
mit einer maximalen täglichen Schmutzfracht von nicht größer als 50 EW60 belastet wird und
c)
ordnungsgemäß betrieben und instand gehalten wird und
d)
nach verlässlichen konkreten Planungen oder Rechtsvorschriften der Gemeinde, eines Verbandes oder des Landes der Anschluss an eine öffentliche Kanalisation zu erwarten ist.
Diese Ausnahme endet, sofern die Frist nicht durch Verordnung nach Abs. 2 verlängert wird, am 31. Dezember 2005, längstens aber mit In-Kraft-Treten einer Maßnahmenverordnung gemäß § 33f für das betroffene Grundwassergebiet. Auf eine solche Einleitung findet § 33c keine Anwendung. Bei der Auflassung einer solchen Einleitung sind die zur Vermeidung von Gewässerverunreinigungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Eine derartige Anlage ist der Behörde zu melden. § 12b Abs. 2 gilt sinngemäß.
(2) Der Landeshauptmann kann mit Verordnung die Ausnahme von der Bewilligungspflicht für Einleitungen gemäß Abs. 1 in einem geschlossenen Siedlungsgebiet, in dem häusliche Abwässer mit einer maximalen täglichen Schmutzwasserfracht von insgesamt weniger als 2.000 EW60 anfallen, bis längstens 22. Dezember 2015 verlängern, wenn
(...(."
Mit dem am 23. Dezember 2005 ausgegebenen und versendeten OÖ LGBl. Nr. 130 wurde die auf Grund des § 33g Abs. 2 WRG 1959 erlassene Verordnung des LH über die Verlängerung der Ausnahme von der Bewilligungspflicht für Abwasserreinigungsanlagen gemäß § 33g WRG 1959 kundgemacht.
Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die in § 33g Abs. 1 lit. a bis d leg. cit. angeführten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind. Nach Ansicht des LH sei jedoch die gegenständliche Anlage bzw. Einleitung von der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht (lediglich) mangels einer "bestehenden sonstigen Bewilligung" im Sinn des § 33g Abs. 1 leg. cit. nicht ausgenommen.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 7. Juli 2005, Zl. 2004/07/0178, dargelegt hat, bedeutet "nach Maßgabe einer bestehenden sonstigen Bewilligung" gemäß § 33g Abs. 1 WRG 1959 idF BGBl. I Nr. 109/2001, dass für den Fall des Vorliegens einer sonstigen Bewilligung für die Einleitung von Abwasser eine solche auch einzuhalten wäre und die Einhaltung dieser Bewilligung eine Voraussetzung für den Entfall der wasserrechtlichen Bewilligung darstellt. Besteht keine sonstige Bewilligung, kann deren Einhaltung auch nicht geprüft werden. Auf die Frage, ob andere (sonstige) Bewilligungen notwendig (gewesen) wären, stellt das Gesetz hingegen nicht ab. Keinesfalls bedeutet diese Wortfolge, dass nur Abwasserreinigungsanlagen von der Bewilligungspflicht ausgenommen werden sollten, die über eine sonstige Bewilligung verfügen (vgl. in diesem Zusammenhang die durch die Novelle BGBl. I Nr. 82/2003 diesbezüglich erfolgte Klarstellung; nunmehr lautet diese Passage "nach Maßgabe einer allenfalls bestehenden sonstigen Bewilligung").
Das Bestehen einer "sonstigen Bewilligung" ist daher keine notwendige Voraussetzung, dass gemäß § 33g Abs. 1 leg. cit. eine Abwasserreinigungsanlage bzw. Einleitung von der Bewilligungspflicht nach § 32 leg. cit. ausgenommen ist.
Im Hinblick auf die vom LH im angefochtenen Bescheid vertretene Ansicht, dass eine Bewilligungsfreistellung nicht eintrete, weil für die gegenständliche Abwasserbeseitigungsanlage keine "sonstige Bewilligung" erteilt worden sei, hat der LH somit die Rechtslage verkannt.
Demzufolge war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 6. Juli 2006
Schlagworte
Auslegung Diverses VwRallg3/5 Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004070183.X00Im RIS seit
26.07.2006