Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes und Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Ing.Mag.Gustav Liebhart (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dipl.Ing.Raimund Tschulik (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Barbara L*****, Pensionistin, ***** vertreten durch Dr.Walter Kainz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Pflegegeldes, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14.Februar 1997, GZ 8 Rs 14/97f-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 24.Oktober 1996, GZ 30 Cgs 213/96z-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlaß der Revision wird das Urteil des Berufungsgerichtes in seinem stattgebenden Teil (Zuspruch eines Pflegegeldes der Stufe 3 ab 1.4.1996) als nichtig aufgehoben.
Im übrigen wird es dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes mit folgender Maßgabe wiederhergestellt wird:
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin anstelle des bisher gewährten Pflegegeldes in Höhe der Stufe 3 von S 5.690,-- monatlich ab 1.4.1996 ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 5 von S 11.591,-- monatlich zu zahlen.
Das Mehrbegehren auf Zahlung eines höheren Pflegegeldes wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit S 4.058,88 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 676,48 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 29.11.1920 geborenen Klägerin wurde mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 20.11.1995 ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 3 ab 1.1.1995 rechtskräftig zuerkannt. Am 25.4.1996 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erhöhung dieses Pflegegeldes mit der Begründung, daß bei ihr nunmehr auch ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten gegeben sei.
Derzeit leidet die Klägerin an einem Zustand nach Schlaganfall mit einer praktisch völligen Lähmung des linken Armes und des linken Beines. Sie bedarf der Hilfe beim An- und Auskleiden und bei der täglichen gründlichen Körperpflege. Sie kann zwar mit der rechten Hand alleine essen und trinken, doch muß ihr feste Nahrung vorgeschnitten werden. Mahlzeiten kann sie nicht zubereiten. Sie kann zwar die Toilette aufsuchen, doch muß ihr jemand die Hose herunterziehen und nach Verrichtung der Notdurft wieder hinaufziehen. Sie fährt selbst mit dem Rollstuhl zur Toilette und hat dort eine Vorrichtung, um sich anzuhalten. Sie ist zur Fortbewegung innerhalb der Wohnung auf den Rollstuhl angewiesen und kann dadurch ihren Bewegungsradius erweitern. Sie ist allerdings nicht in der Lage, sich vom Bett in den Rollstuhl zu setzen und umgekehrt. Innerhalb der Wohnung kann sie den Rollstuhl mit der gesunden Hand dirigieren. Außerhalb der Wohnung ist ihr dies nicht möglich, weshalb sie die Wohnung alleine nicht verlassen kann. Sie kann nicht einkaufen gehen, kann keine Hausarbeiten wie die Wohnungsreinigung verrichten und auch die Wäsche nicht waschen. Eine Inkontinenz besteht nicht. Eine ständige Beaufsichtigung ist nicht erforderlich.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin ab 1.4.1996 ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 5 im gesetzlichen Ausmaß zu zahlen und wies das Mehrbegehren ab. Unter Zugrundelegung der Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz (EinstV) würde sich folgende funktionelle Einstufung der Klägerin ergeben: 20 Stunden für die Hilfe beim An- und Auskleiden, 25 Stunden für die tägliche Körperpflege, 30 Stunden für die Zubereitung der Mahlzeiten, 30 Stunden für die Verrichtung der Notdurft, jeweils 10 Stunden für die Herbeischaffung der Lebensmittel und Medikamente, der Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, der Pflege der Leib- und Bettwäsche und der Mobilitätshilfe im weiteren Sinn. Dies ergebe 145 Stunden monatlich. Gemäß § 8 EinstV seien bei Personen, die zur Fortbewegung überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen sind, ohne weitere Prüfung ein Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich und ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand anzunehmen, wenn ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten gegeben sei (§ 8 Z 3 EinstV). Aus dieser diagnosebezogenen Einstufung ergebe sich ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 5. Ein Ausfall beider oberer Extremitäten sei dabei nicht erforderlich. In einem solchen Fall könnte nämlich der Pflegegeldwerber seinen Bewegungsradius durch den Rollstuhl gar nicht erweitern, weil dann beide Arme für das Dirigieren des Rollstuhls nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Der zusätzliche Pflegeaufwand bei der Hilfe beim Transfer in und aus dem Rollstuhl, der mehrmals täglich erforderlich sein könne, bliebe bei einer anderen Interpretation unberücksichtigt und könnte maximal unter dem Titel der Mobilitätshilfe im engeren Sinn angesetzt werden. Da die Klägerin die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Einstufung gemäß § 8 Z 3 EinstV in die Pflegegeldstufe 5 erfülle, sei dem - nicht näher spezifizierten - Klagebegehren in diesem Umfang stattzugeben.Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin ab 1.4.1996 ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 5 im gesetzlichen Ausmaß zu zahlen und wies das Mehrbegehren ab. Unter Zugrundelegung der Einstufungsverordnung zum Bundespflegegeldgesetz (EinstV) würde sich folgende funktionelle Einstufung der Klägerin ergeben: 20 Stunden für die Hilfe beim An- und Auskleiden, 25 Stunden für die tägliche Körperpflege, 30 Stunden für die Zubereitung der Mahlzeiten, 30 Stunden für die Verrichtung der Notdurft, jeweils 10 Stunden für die Herbeischaffung der Lebensmittel und Medikamente, der Reinigung der Wohnung und der persönlichen Gebrauchsgegenstände, der Pflege der Leib- und Bettwäsche und der Mobilitätshilfe im weiteren Sinn. Dies ergebe 145 Stunden monatlich. Gemäß Paragraph 8, EinstV seien bei Personen, die zur Fortbewegung überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen sind, ohne weitere Prüfung ein Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich und ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand anzunehmen, wenn ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten gegeben sei (Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV). Aus dieser diagnosebezogenen Einstufung ergebe sich ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 5. Ein Ausfall beider oberer Extremitäten sei dabei nicht erforderlich. In einem solchen Fall könnte nämlich der Pflegegeldwerber seinen Bewegungsradius durch den Rollstuhl gar nicht erweitern, weil dann beide Arme für das Dirigieren des Rollstuhls nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Der zusätzliche Pflegeaufwand bei der Hilfe beim Transfer in und aus dem Rollstuhl, der mehrmals täglich erforderlich sein könne, bliebe bei einer anderen Interpretation unberücksichtigt und könnte maximal unter dem Titel der Mobilitätshilfe im engeren Sinn angesetzt werden. Da die Klägerin die Voraussetzungen für eine diagnosebezogene Einstufung gemäß Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV in die Pflegegeldstufe 5 erfülle, sei dem - nicht näher spezifizierten - Klagebegehren in diesem Umfang stattzugeben.
Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung der beklagten Partei dieses Urteil dahin ab, daß es die Beklagte schuldig erkannte, der Klägerin ab 1.4.1996 ein Pflegegeld der Stufe 3 im gesetzlichen Ausmaß zu zahlen, das darüber hinausgehende Mehrbegehren jedoch abwies. Für eine Einstufung nach § 8 Z 3 EinstV sei erforderlich, daß beide oberen Extremitäten von einem deutlichen Ausfall von Funktionen betroffen sein müßten. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, da lediglich eine obere Extremität, nämlich der linke Arm von einer praktisch völligen Lähmung betroffen sei. Richtigerweise sei gemäß § 8 Z 1 EinstV ein Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 120 Stunden monatlich anzunehmen, da kein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten und auch keine Stuhl- oder Harninkontinenz und auch keine Blasen- oder Mastdarmlähmung vorlägen. Diese Einstufung rechtfertige ebenso wie die Anwendung der §§ 1 und 2 EinstV, aus denen sich ein Pflege- und Hilfsbedarf von 145 Stunden monatlich ergebe, nur ein Pflegegeld der Stufe 3.Das Berufungsgericht änderte infolge Berufung der beklagten Partei dieses Urteil dahin ab, daß es die Beklagte schuldig erkannte, der Klägerin ab 1.4.1996 ein Pflegegeld der Stufe 3 im gesetzlichen Ausmaß zu zahlen, das darüber hinausgehende Mehrbegehren jedoch abwies. Für eine Einstufung nach Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV sei erforderlich, daß beide oberen Extremitäten von einem deutlichen Ausfall von Funktionen betroffen sein müßten. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, da lediglich eine obere Extremität, nämlich der linke Arm von einer praktisch völligen Lähmung betroffen sei. Richtigerweise sei gemäß Paragraph 8, Ziffer eins, EinstV ein Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 120 Stunden monatlich anzunehmen, da kein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten und auch keine Stuhl- oder Harninkontinenz und auch keine Blasen- oder Mastdarmlähmung vorlägen. Diese Einstufung rechtfertige ebenso wie die Anwendung der Paragraphen eins und 2 EinstV, aus denen sich ein Pflege- und Hilfsbedarf von 145 Stunden monatlich ergebe, nur ein Pflegegeld der Stufe 3.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.
Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der zulässigen Revision war der stattgebende Teil des angefochtenen Urteils (Zuspruch eines Pflegegeldes der Stufe 3 ab 1.4.1996) als nichtig aufzuheben, weil das Berufungsgericht übersehen hat, daß der Klägerin bereits mit rechtskräftigen Bescheid vom 20.11.1995 ein Pflegegeld in Höhe der Stufe 3 ab 1.1.1995 zuerkannt wurde, dieser Bescheid durch die vorliegende Klage in keiner Weise berührt wurde und daher nicht mit einem gerichtlichen Urteil neuerlich bereits über den rechtskräftig zuerkannten Teil abgesprochen werden kann.
Im übrigen ist die Revision der Klägerin aber berechtigt.
Nach § 4 Abs 5 (nunmehr Abs 3) BPGG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales unter anderem ermächtigt, Mindesteinstufungen für bestimmte Gruppen von behinderten Personen mit einem weitgehend gleichartigen Pflegebedarf vorzunehmen. Nach § 8 der Einstufungsverordnung zum BPGG, BGBl 1993/314 (EinstV) ist bei Personen, die zur Fortbewegung überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen sind, mindestens folgender Pflegebedarf ohne weitere Prüfung nach § 4 BPGG anzunehmen: 1. Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 120 Stunden monatlich, wenn kein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten und weder eine Stuhl- oder Harninkontinenz noch eine Blasen- oder Mastdarmlähmung vorliegen (entspricht Stufe 3); 2. Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich, wenn kein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten, jedoch eine Stuhl- oder Harninkontinenz bzw eine Blasen- oder Mastdarmlähmung vorliegen (entspricht Stufe 4); 3. Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich und ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand, wenn ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten gegeben ist (entspricht Stufe 5). Während das BPGG und die EinstV grundsätzlich vom Konzept der funktionsbezogenen Beurteilung des Pflegebedarfes ausgehen, dh von der individuell erforderlichen Betreuung und Hilfe, so werden für bestimmte Behindertengruppen mit weitgehend gleichartigem Pflegebedarf - insoweit also diagnosebezogen - Mindesteinstufungen im Verordnungsweg vorgenommen (Gruber/Pallinger, BPGG Rz 59 zu § 4; Pfeil, BPGG 99; 10 ObS 2349/96f uva).Nach Paragraph 4, Absatz 5, (nunmehr Absatz 3,) BPGG ist der Bundesminister für Arbeit und Soziales unter anderem ermächtigt, Mindesteinstufungen für bestimmte Gruppen von behinderten Personen mit einem weitgehend gleichartigen Pflegebedarf vorzunehmen. Nach Paragraph 8, der Einstufungsverordnung zum BPGG, BGBl 1993/314 (EinstV) ist bei Personen, die zur Fortbewegung überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen sind, mindestens folgender Pflegebedarf ohne weitere Prüfung nach Paragraph 4, BPGG anzunehmen: 1. Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 120 Stunden monatlich, wenn kein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten und weder eine Stuhl- oder Harninkontinenz noch eine Blasen- oder Mastdarmlähmung vorliegen (entspricht Stufe 3); 2. Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich, wenn kein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten, jedoch eine Stuhl- oder Harninkontinenz bzw eine Blasen- oder Mastdarmlähmung vorliegen (entspricht Stufe 4); 3. Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich und ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand, wenn ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten gegeben ist (entspricht Stufe 5). Während das BPGG und die EinstV grundsätzlich vom Konzept der funktionsbezogenen Beurteilung des Pflegebedarfes ausgehen, dh von der individuell erforderlichen Betreuung und Hilfe, so werden für bestimmte Behindertengruppen mit weitgehend gleichartigem Pflegebedarf - insoweit also diagnosebezogen - Mindesteinstufungen im Verordnungsweg vorgenommen (Gruber/Pallinger, BPGG Rz 59 zu Paragraph 4 ;, Pfeil, BPGG 99; 10 ObS 2349/96f uva).
Eine nähere Umschreibung der in § 8 EinstV geregelten Einstufungsvoraussetzungen versucht § 22 der vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger erlassenen Richtlinien für die einheitliche Anwendung des BPGG nach § 31 Abs 5 Z 23 ASVG, veröffentlicht in SozSi 1994, 686 ff - Amtliche Verlautbarung Nr 120/1994. Danach kann die diagnosebezogene Einstufung bei Menschen, die zur Fortbewegung überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen sind, dann erfolgen, wenn der Betroffene weitgehend selbständig in der Lage ist, seinen Bewegungsradius zu erweitern und seinen Lebenslauf möglichst eigenständig zu gestalten (Abs 2). Dies gelte jedoch nicht, wenn der Rollstuhl wegen zunehmender Gebrechlichkeit oder ähnlicher Leidenszustände angeschafft wurde, um den Betroffenen durch andere Menschen fortzubewegen (Abs 3). Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß diese Richtlinien des Hauptverbandes zwar im Hinblick auf den einheitlichen Vollzug des BPGG von den davon erfaßten Entscheidungsträgern anzuwenden sind, jedoch keine verbindliche Kraft für die in Sozialrechtssachen berufenen Gerichte beanspruchen können (10 ObS 2349/96f, 10 ObS 2396/96t, 10 ObS 2474/96p ua). An dieser Auffassung ist festzuhalten. Es ist zwar richtig, daß § 8 EinstV vor allem jene Personen zu unterstellen sind, die mit Hilfe des Rollstuhles ihren Bewegungsradius erweitern können und dadurch in die Lage versetzt werden, Verrichtungen, wie sie in §§ 1 und 2 EinstV vorgesehen sind, (weitgehend) eigenständig vorzunehmen. Gerade im Hinblick auf § 8 Z 3 EinstV, wo von einem deutlichen Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten die Rede ist, aber auch unter Berücksichtigung des Zweckes des Pflegegeldes (§ 1 BPGG) kann es nach Meinung des Obersten Gerichtshofs nicht ausschlaggebend sein, ob der Betreffende sich mit dem Rollstuhl (weitgehend) selbständig bewegen kann oder ob er durch andere Menschen fortbewegt werden muß. Der Unterscheidung zwischen sogenannten "aktiven" und "passiven" Rollstuhlfahrern wurde daher für die Einstufung nach § 8 EinstV keine rechtserhebliche Relevanz zuerkannt (10 ObS 2349/96f ua). Im vorliegenden Fall ist die Klägerin nach den Feststellungen auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen, mit dem sie sich zwar innerhalb der Wohnung, nicht jedoch außerhalb derselben alleine fortbewegen kann. Abgesehen von der Frage, ob sie sich außerhalb ihrer Wohnung nicht mit einem elektrischen Rollstuhl alleine fortbewegen könnte, kommt wie eben ausgeführt der Frage, ob sie den Rollstuhl selbst bewegen kann oder ob er durch andere Menschen fortbewegt werden muß, keine entscheidende Bedeutung zu. Zu prüfen ist lediglich, ob die Klägerin nach § 8 Z 3 EinstV einzustufen ist, ob also bei ihr ein "deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten gegeben ist."Eine nähere Umschreibung der in Paragraph 8, EinstV geregelten Einstufungsvoraussetzungen versucht Paragraph 22, der vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger erlassenen Richtlinien für die einheitliche Anwendung des BPGG nach Paragraph 31, Absatz 5, Ziffer 23, ASVG, veröffentlicht in SozSi 1994, 686 ff - Amtliche Verlautbarung Nr 120/1994. Danach kann die diagnosebezogene Einstufung bei Menschen, die zur Fortbewegung überwiegend auf den Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen sind, dann erfolgen, wenn der Betroffene weitgehend selbständig in der Lage ist, seinen Bewegungsradius zu erweitern und seinen Lebenslauf möglichst eigenständig zu gestalten (Absatz 2,). Dies gelte jedoch nicht, wenn der Rollstuhl wegen zunehmender Gebrechlichkeit oder ähnlicher Leidenszustände angeschafft wurde, um den Betroffenen durch andere Menschen fortzubewegen (Absatz 3,). Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß diese Richtlinien des Hauptverbandes zwar im Hinblick auf den einheitlichen Vollzug des BPGG von den davon erfaßten Entscheidungsträgern anzuwenden sind, jedoch keine verbindliche Kraft für die in Sozialrechtssachen berufenen Gerichte beanspruchen können (10 ObS 2349/96f, 10 ObS 2396/96t, 10 ObS 2474/96p ua). An dieser Auffassung ist festzuhalten. Es ist zwar richtig, daß Paragraph 8, EinstV vor allem jene Personen zu unterstellen sind, die mit Hilfe des Rollstuhles ihren Bewegungsradius erweitern können und dadurch in die Lage versetzt werden, Verrichtungen, wie sie in Paragraphen eins und 2 EinstV vorgesehen sind, (weitgehend) eigenständig vorzunehmen. Gerade im Hinblick auf Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV, wo von einem deutlichen Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten die Rede ist, aber auch unter Berücksichtigung des Zweckes des Pflegegeldes (Paragraph eins, BPGG) kann es nach Meinung des Obersten Gerichtshofs nicht ausschlaggebend sein, ob der Betreffende sich mit dem Rollstuhl (weitgehend) selbständig bewegen kann oder ob er durch andere Menschen fortbewegt werden muß. Der Unterscheidung zwischen sogenannten "aktiven" und "passiven" Rollstuhlfahrern wurde daher für die Einstufung nach Paragraph 8, EinstV keine rechtserhebliche Relevanz zuerkannt (10 ObS 2349/96f ua). Im vorliegenden Fall ist die Klägerin nach den Feststellungen auf den Gebrauch eines Rollstuhles angewiesen, mit dem sie sich zwar innerhalb der Wohnung, nicht jedoch außerhalb derselben alleine fortbewegen kann. Abgesehen von der Frage, ob sie sich außerhalb ihrer Wohnung nicht mit einem elektrischen Rollstuhl alleine fortbewegen könnte, kommt wie eben ausgeführt der Frage, ob sie den Rollstuhl selbst bewegen kann oder ob er durch andere Menschen fortbewegt werden muß, keine entscheidende Bedeutung zu. Zu prüfen ist lediglich, ob die Klägerin nach Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV einzustufen ist, ob also bei ihr ein "deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten gegeben ist."
Der Auffassung des Berufungsgerichtes, eine solche Einstufung käme nur dann in Betracht, wenn beide oberen Extremitäten von einem deutlichen Ausfall der Funktionen betroffen werden, kann nicht beigetreten werden. Daß von dem Ausfall nicht beide Arme betroffen sind (Halbseitenlähmung), spricht nicht gegen die Annahme der Voraussetzungen des § 8 Z 3 EinstV. Die Voraussetzung "deutlicher Ausfall der oberen Extremitäten" kann auch dann angenommen werden, wenn ein Arm, wie es bei der Klägerin der Fall ist, praktisch gebrauchsunfähig (gelähmt) ist (ebenso 10 ObS 87/97k). Ausschlaggebend ist aber, ob der oder die Betroffene noch in der Lage ist, sich von selbst, also ohne fremde Hilfe, vom Bett in den Rollstuhl zu setzen und umgekehrt. Ist der oder die Betroffene wegen des Ausfalles der Funktionen auch nur einer oberen Extremität dazu nicht mehr in der Lage, dann sind die Voraussetzungen nach § 8 Z 3 EinstV anzunehmen. § 22 Abs 4 der bereits genannten Richtlinien des Hauptverbandes hält einen Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich und einen außergewöhnlichen Pflegeaufwand (also die Pflegegeldstufe 5) dann für gegeben, wenn "der selbständige Transfer in und aus dem Rollstuhl wegen eines deutlichen Ausfalles der Funktionen der oberen Extremitäten nicht mehr möglich ist". Der Oberste Gerichtshof hält diese Umschreibung für sachgerecht und legt daher § 8 Z 3 EinstV ebenfalls dahin aus, daß ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten dann anzunehmen ist, wenn dem Betroffenen ein selbständiger Transfer in und aus dem Rollstuhl nicht mehr möglich ist. Nach den Feststellungen ist die Klägerin wegen ihrer Halbseitenlähmung insbesondere wegen der Lähmung des linken Armes nicht mehr in der Lage, den Transfer vom Bett in ihren Rollstuhl und umgekehrt selbständig, dh ohne fremde Hilfe vorzunehmen. Nach § 8 Z 3 EinstV iVm § 4 Abs 2 BPGG hat sie daher Anspruch auf Pflegegeld in Höhe der Stufe 5.Der Auffassung des Berufungsgerichtes, eine solche Einstufung käme nur dann in Betracht, wenn beide oberen Extremitäten von einem deutlichen Ausfall der Funktionen betroffen werden, kann nicht beigetreten werden. Daß von dem Ausfall nicht beide Arme betroffen sind (Halbseitenlähmung), spricht nicht gegen die Annahme der Voraussetzungen des Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV. Die Voraussetzung "deutlicher Ausfall der oberen Extremitäten" kann auch dann angenommen werden, wenn ein Arm, wie es bei der Klägerin der Fall ist, praktisch gebrauchsunfähig (gelähmt) ist (ebenso 10 ObS 87/97k). Ausschlaggebend ist aber, ob der oder die Betroffene noch in der Lage ist, sich von selbst, also ohne fremde Hilfe, vom Bett in den Rollstuhl zu setzen und umgekehrt. Ist der oder die Betroffene wegen des Ausfalles der Funktionen auch nur einer oberen Extremität dazu nicht mehr in der Lage, dann sind die Voraussetzungen nach Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV anzunehmen. Paragraph 22, Absatz 4, der bereits genannten Richtlinien des Hauptverbandes hält einen Pflegebedarf von durchschnittlich mehr als 180 Stunden monatlich und einen außergewöhnlichen Pflegeaufwand (also die Pflegegeldstufe 5) dann für gegeben, wenn "der selbständige Transfer in und aus dem Rollstuhl wegen eines deutlichen Ausfalles der Funktionen der oberen Extremitäten nicht mehr möglich ist". Der Oberste Gerichtshof hält diese Umschreibung für sachgerecht und legt daher Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV ebenfalls dahin aus, daß ein deutlicher Ausfall von Funktionen der oberen Extremitäten dann anzunehmen ist, wenn dem Betroffenen ein selbständiger Transfer in und aus dem Rollstuhl nicht mehr möglich ist. Nach den Feststellungen ist die Klägerin wegen ihrer Halbseitenlähmung insbesondere wegen der Lähmung des linken Armes nicht mehr in der Lage, den Transfer vom Bett in ihren Rollstuhl und umgekehrt selbständig, dh ohne fremde Hilfe vorzunehmen. Nach Paragraph 8, Ziffer 3, EinstV in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz 2, BPGG hat sie daher Anspruch auf Pflegegeld in Höhe der Stufe 5.
In Stattgebung ihrer Revision war das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen. Aus diesem Anlaß war lediglich zu verdeutlichen, daß es sich nicht um die erstmalige Festsetzung, sondern um die Erhöhung eines bestehenden Pflegegeldanspruchs handelt; überdies wurde das zuerkannte Pflegegeld in einem ziffernmäßig bestimmten Ausmaß zugesprochen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASVG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, ASVG.
Anmerkung
E46037 10C01287European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:010OBS00128.97I.0429.000Dokumentnummer
JJT_19970429_OGH0002_010OBS00128_97I0000_000