TE OGH 1997/4/29 10ObS130/97h

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Veröffentlicht am 29.04.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer als weitere Richter sowie durch die fachkundigen Laienrichter Ing.Mag.Gustav Liebhart (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dipl.Ing.Raimund Tschulik (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Werner S*****, ohne Beschäftigung, *****, vertreten durch Dr.Heinrich Koth, Rechtsanwalt in Gänserndorf, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.Dezember 1996, GZ 8 Rs 339/96y-21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 2. Mai 1996, GZ 7 Cgs 338/95z-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 16.8.1941 geborene Kläger legte 1957 die landwirtschaftliche Gehilfenprüfung ab und ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "Landwirtschaftsgehilfe" zu führen. Er hat 437 Leistungsmonate erreicht. Innerhalb der letzten fünfzehn Jahre vor dem Stichtag (1.5.1995) liegen 165 Beitragsmonate vor, in denen er unselbständig als Lastkraftwagen-Fahrer bei verschiedenen Unternehmen beschäftigt war. Aufgrund verschiedener krankheitsbedingter Veränderungen scheiden für den Kläger schwere Arbeiten aus; hingegen kann er leichte und mittelschwere Arbeiten zu den üblichen Zeiten mit den üblichen Pausen ohne Einschränkung der Körperhaltung durchführen. Die Wegstrecken zur Erreichung des Arbeitsplatzes unter städtischen und ländlichen Verhältnissen sind nicht begrenzt.

Mit Bescheid vom 28.9.1995 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter den Antrag des Klägers auf Zuerkennung einer Invaliditätspension zum Stichtag 1.5.1995 ab.

Das Erstgericht wies das dagegen gerichtete Klagebegehren ab. Es ging davon aus, daß der Kläger bei dem vorliegenden medizinischen Leistungskalkül seine bisherige Tätigkeit als LKW-Lenker weiterhin verrichten könne und daher nicht invalid im Sinn des § 255 Abs 3 ASVG sei.Das Erstgericht wies das dagegen gerichtete Klagebegehren ab. Es ging davon aus, daß der Kläger bei dem vorliegenden medizinischen Leistungskalkül seine bisherige Tätigkeit als LKW-Lenker weiterhin verrichten könne und daher nicht invalid im Sinn des Paragraph 255, Absatz 3, ASVG sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes, daß der Kläger seine bisherige Tätigkeit als Kfz-Chauffeur weiter ausüben könne, denn es sei notorisch, daß eine solche Tätigkeit die Kategorie der mittelschweren Arbeiten nicht übersteige, die dem Kläger jedoch zumutbar sei. Soweit die Rechtsrüge dies bestreite, gehe sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt der Kläger, daß sich das Gericht zweiter Instanz mit seiner in der Berufung erhobenen Mängelrüge nicht auseinandergesetzt habe. Zur Klärung der Frage, ob er noch weiterhin seine bisherige Tätigkeit verrichten könne, wäre die Beweisaufnahme durch Einholung eines berufskundlichen Sachverständigengutachtens geboten gewesen. Die Einstufung der Tätigkeit eines LKW-Lenkers als höchstens mittelschwere Arbeit sei nämlich nicht zutreffend.

Es ist richtig, daß der Kläger in seiner Berufung ausdrücklich dargelegt hatte, das Erstgericht habe die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens unterlassen. Es ist auch richtig, daß das Gericht zweiter Instanz auf diesen Teil der Mängelrüge nicht eingegangen war, sodaß an sich eine mangelhafte Begründung vorliegt.

Dieser Verfahrensmangel wirkt sich jedoch im Ergebnis nicht aus:

Weder das Vorbringen des Klägers, noch die Feststellungen oder überhaupt die Beweisergebnisse lassen einen Schluß dahin zu, daß der Kläger Berufsschutz als angelernter Berufskraftfahrer genießt. Ein angelernter Beruf liegt nach § 255 Abs 2 ASVG vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Die Kenntnisse und Fähigkeiten eines angelernten Berufskraftfahrers sind am Berufsbild des Lehrberufes "Berufskraftfahrer" (BGBl 1992/508; vorher Ausbildungsversuch BGBl 1987/396) zu messen. Im vorliegenden Fall fehlen alle Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger die wesentlichen Tätigkeiten des Lehrberufes Berufskraftfahrer ausgeübt und beherrscht hat und über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügte, die über das hinausgehen, was von jedem Lenker eines LKW anläßlich der Führerscheinprüfung verlangt wird (vgl SSV-NF 4/80, 8/17, 8/103, 9/35, 9/63 uva). War der Kläger aber nicht überwiegend, daß heißt in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG während der letzten fünfzehn Jahre vor dem Stichtag in einem erlernten oder angelernten Beruf tätig, gilt er nur dann als invalid, wenn er infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, durch eine auf dem Arbeitsmarkt noch bewertete und ihm zumutbare Tätigkeit wenigstens die Lohnhälfte zu erzielen (§ 255 Abs 3 ASVG). Daß es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angesichts des medizinischen Leistungskalküls des Klägers eine Vielzahl von Tätigkeiten gibt, die nicht mit schweren Belastungen verbunden sind, ist offenkundig und bedarf daher keiner näheren Begründung. Selbst wenn er also nicht in der Lage wäre, die bisher ausgeübte Tätigkeit eines LKW-Lenkers weiterhin auszuüben, würde er nicht die Voraussetzungen für eine Invaliditätspension erfüllen. Ob er einen Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach § 253d ASVG hat, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu untersuchen.Weder das Vorbringen des Klägers, noch die Feststellungen oder überhaupt die Beweisergebnisse lassen einen Schluß dahin zu, daß der Kläger Berufsschutz als angelernter Berufskraftfahrer genießt. Ein angelernter Beruf liegt nach Paragraph 255, Absatz 2, ASVG vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind. Die Kenntnisse und Fähigkeiten eines angelernten Berufskraftfahrers sind am Berufsbild des Lehrberufes "Berufskraftfahrer" (BGBl 1992/508; vorher Ausbildungsversuch BGBl 1987/396) zu messen. Im vorliegenden Fall fehlen alle Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger die wesentlichen Tätigkeiten des Lehrberufes Berufskraftfahrer ausgeübt und beherrscht hat und über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügte, die über das hinausgehen, was von jedem Lenker eines LKW anläßlich der Führerscheinprüfung verlangt wird vergleiche SSV-NF 4/80, 8/17, 8/103, 9/35, 9/63 uva). War der Kläger aber nicht überwiegend, daß heißt in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach dem ASVG während der letzten fünfzehn Jahre vor dem Stichtag in einem erlernten oder angelernten Beruf tätig, gilt er nur dann als invalid, wenn er infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, durch eine auf dem Arbeitsmarkt noch bewertete und ihm zumutbare Tätigkeit wenigstens die Lohnhälfte zu erzielen (Paragraph 255, Absatz 3, ASVG). Daß es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angesichts des medizinischen Leistungskalküls des Klägers eine Vielzahl von Tätigkeiten gibt, die nicht mit schweren Belastungen verbunden sind, ist offenkundig und bedarf daher keiner näheren Begründung. Selbst wenn er also nicht in der Lage wäre, die bisher ausgeübte Tätigkeit eines LKW-Lenkers weiterhin auszuüben, würde er nicht die Voraussetzungen für eine Invaliditätspension erfüllen. Ob er einen Anspruch auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit nach Paragraph 253 d, ASVG hat, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu untersuchen.

Unrichtige Tatsachenfeststellung gehört nicht zu den in § 503 ZPO erschöpfend aufgezählten Revisionsgründen.Unrichtige Tatsachenfeststellung gehört nicht zu den in Paragraph 503, ZPO erschöpfend aufgezählten Revisionsgründen.

Der Revision war daher im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E45889 10C01307

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:010OBS00130.97H.0429.000

Dokumentnummer

JJT_19970429_OGH0002_010OBS00130_97H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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