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L37139 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe SondermüllabgabeNorm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des Rechtsanwaltes Dr. S R als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der T-GmbH, vertreten durch Dr. Johannes Jaksch und Dr. Alexander Schoeller, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Reischachstraße 3/12A, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 30. Dezember 2002, Zl. MA22-5047/02, betreffend Kostenvorschreibung für eine Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juli 2002 wurde der T. GmbH (der nunmehrigen Gemeinschuldnerin) gemäß § 45 Abs. 2 Wr. AWG aufgetragen, auf einer genannten Liegenschaft in Wien gelagerte Abfälle, nämlich den im Einfahrtsbereich zum Areal etwa zur Hälfte unter einem Flugdach und etwa zur Hälfte im Freien gelagerten Hausmüll bzw. hausmüllähnlichen Gewerbeabfall (ca. 2.000 m3) sowie das neben dem Hausmüll bzw. hausmüllähnlichen Gewerbemüll gelagerte Abbruchholz (ca. 90 m3) binnen einer Frist von einer Woche ab Rechtskraft dieses Bescheides zu beseitigen und über den Verbleib dieser Abfälle Aufzeichnungen zu führen, wobei die Fahrzeugkennzeichnung, die Masse, das Datum und der Verbleib der Fuhre zu dokumentieren ist.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 18. Juli 2002 wurde über das Vermögen der T. GmbH das Konkursverfahren eröffnet und der Beschwerdeführer zum Masseverwalter bestellt.
Mit Schreiben vom 22. Juli 2002 drohte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, unter Bezugnahme auf den Bescheid vom 12. Juli 2002 mangels Erbringung der sich aus diesem Bescheid ergebenden Verpflichtung gemäß § 4 VVG die Ersatzvornahme an und setzte eine weitere Frist von einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens.
Mit Schreiben vom 23. Juli 2002 teilte der Beschwerdeführer Bezug nehmend auf die zitierte Androhung der Ersatzvornahme dem Magistrat der Stadt Wien mit, dass er nicht in der Lage sei, der mit Bescheid vom 12. Juli 2002 erteilten Räumungsverpflichtung nachzukommen. Er habe als Masseverwalter gegen den Vollzug der Ersatzvornahme keine Einwendungen, jedoch vertrete er die Rechtsauffassung, dass die Kosten für die Ersatzvornahme lediglich als Konkursforderung geltend gemacht werden könnten.
Mit dem an die Gemeinschuldnerin, zu Handen des Beschwerdeführers als Masseverwalter, adressierten Bescheid des Magistrates Wien, Magistratsabteilung 6, vom 29. Juli 2002, wurde gemäß § 4 VVG die Durchführung der angedrohten Ersatzvornahme ab 30. Juli 2002 angeordnet. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit einem weiteren Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom 29. Juli 2002, adressiert an die Gemeinschuldnerin, zu Handen des Beschwerdeführers als Masseverwalter, wurde die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme auf Grund einer Kosteneinschätzung in der Höhe von EUR 78.726,00 aufgetragen.
Gegen diesen zuletzt genannten Bescheid betreffend die Anordnung einer Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme erhob der Beschwerdeführer Berufung mit der Begründung, dass die Kosten der Ersatzvornahme eine Konkursforderung darstellten und daher nur durch Anmeldung beim Konkursgericht, nicht jedoch durch bescheidmäßige Vorschreibung an den Beschwerdeführer als Masseverwalter geltend gemacht werden könnten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 2002 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides wird nach Darstellung des Sachverhaltes und der einschlägigen Rechtsvorschriften und unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 22. Februar 2001, Zl. 2001/07/0018, ausgeführt, dass zu der im gegenständlichen Fall entscheidenden Qualifizierung der mit dem erstinstanzlichen Bescheid vorgeschriebenen Kostenforderung als Masse- und Konkursforderung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs das rechtliche Entstehen der vorgeschriebenen Kosten relevant sei. Anzuknüpfen sei dabei nicht an ein fiktives, sondern an ein tatsächliches Behördenhandeln. Der Bescheid über die Anordnung der Ersatzvornahme sowie der Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme seien der Berufungswerberin zu Handen des Masseverwalters am 29. Juli 2002 zugestellt worden. Die Grundlage für die Entstehung des gegenständlichen Kostenvorauszahlungsanspruches sei nicht bereits in der Erteilung des Behandlungsauftrages, sondern erst in der Verfügung der Ersatzvornahme zu sehen, die zeitlich nach der Konkurseröffnung erfolgt sei. Eine Anmeldung der gegenständlichen Forderung nach § 14 KO sei nicht in Frage gekommen, weil die Anwendbarkeit dieser Bestimmung voraussetze, dass eine im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits bestehende Forderung vorliege.
Der mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 29. Juli 2002 begründete Kostenvorauszahlungsanspruch sei daher als Masseforderung gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 KO zu qualifizieren. Die bescheidmäßige Vorschreibung der Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme während des Konkursverfahrens an den Masseverwalter als Vertreter der Gemeinschuldnerin (mit Beschränkung auf die Konkursmasse) sei rechtens gewesen.
Dem mit Klage vom 13. Jänner 2003 gestellten Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers beim Landesgericht Korneuburg (LG), dass die Kosten der Ersatzvornahme keine Masseforderung darstellten, wurde mit Urteil vom 14. Mai 2003 stattgegeben und vom Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 27. August 2003 im Berufungswege bestätigt.
Die dagegen von der Stadt Wien erhobene Revision wurde mit Urteil des OGH vom 26. Februar 2004, Zl. 8 Ob 155/03g, für zulässig erklärt, jedoch als nicht berechtigt erkannt. Inhaltlich teilte der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht der Vorinstanzen. Begründend führte er aus, dass sich der an die Gemeinschuldnerin gerichtete Beseitigungsauftrag der Behörde vom 11. Juni 2002 auf § 45 Abs. 2 Wr. AWG gründe. Unbestritten sei, dass der Beseitigungsanspruch bereits vor Konkurseröffnung entstanden sei. Die Nichtbefolgung des zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung schon bestehenden Beseitigungsanspruches habe zur Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 und 2 VVG geführt (Ersatzvornahme; Vorauszahlungsauftrag bezüglich der Ersatzvornahmekosten). Damit sei aber der bereits zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestehende Beseitigungsanspruch der Behörde unter § 14 Abs. 1 KO zu subsumieren. Nach Lehre und Rechtsprechung fielen Ansprüche auf Beseitigung und Wiederherstellung des vorigen Zustandes unter § 14 Abs. 1 KO. Es sei daher mit den dazu in Österreich vertretenen Literaturmeinungen davon auszugehen, dass bereits zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestehende Beseitigungsansprüche als im Sinne des § 51 Abs. 1 KO bereits vor der Konkurseröffnung begründete Forderungen anzusehen seien, weshalb auch die Ersatzvornahmekosten als Konkursforderungen dem § 14 Abs. 1 KO unterlägen. Das gelte uneingeschränkt jedenfalls für den - hier vorliegenden - Fall, dass die Gefahrenlage vor der Konkurseröffnung weder vergrößert worden, noch eine andere (neue) Gefahr nach Konkurseröffnung entstanden sei. Dass hier nach Konkurseröffnung eine Vergrößerung oder Veränderung des umweltwidrigen Zustandes eingetreten wäre, behaupte nicht einmal die beklagte Partei (Stadt Wien). Soweit der Verwaltungsgerichtshof von einer anderen Rechtsauffassung ausgehe, werde sie daher vom OGH nicht geteilt. Die Revisionsbeantwortung verweise allerdings zutreffend darauf, das die in verwaltungsgerichtlichen Erkenntnissen behandelte Frage der Zulässigkeit der Erlassung eines Beseitigungsauftrages im Sinne des § 32 AWG (vergleichbar dem § 45 Abs. 2 Wr. AWG) auch gegen den Masseverwalter nichts mit der Frage der Einordnung der Ersatzvornahmekosten als Masse- oder Konkursforderungen zu tun habe.
Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 2002 die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, mit welcher er sich in seinem Recht verletzt erachtet, nicht zur Bezahlung von Ersatzvornahmekosten als Masseforderungen herangezogen zu werden, die tatsächlich Konkursforderungen darstellten; er macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und begehrte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet insbesondere ein, er werde durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, nicht zur Bezahlung von Ersatzvornahmekosten als Masseforderungen herangezogen zu werden, die tatsächlich Konkursforderungen darstellten. Die Ersatzvornahmekosten seien jedenfalls dann keine Masseforderungen, wenn die Gefahr, die über Veranlassung der Behörde nach Konkurseröffnung beseitigt werde, schon vor der Konkurseröffnung entstanden sei. Zur Beurteilung der Frage, ob eine Konkurs- oder eine Masseforderung vorliege, seien die ordentlichen Gerichte berufen. Der Beschwerdeführer habe daher bereits eine (negative) Feststellungsklage gegen die Stadt Wien eingebracht, mit der begehrt werde festzustellen, dass eine Masseforderung nicht vorliege.
§ 14 der Konkursordnung (KO) lautet:
"(1) Forderungen, die nicht auf eine Geldleistung gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt oder nicht in inländischer Währung festgesetzt ist, sind nach ihrem Schätzwert in inländischer Währung zur Zeit der Konkurseröffnung geltend zu machen.
(2) Betagte Forderungen gelten im Konkurse als fällig.
(3) Betagte unverzinsliche Forderungen können nur in dem Betrage geltend gemacht werden, der mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der Konkurseröffnung bis zur Fälligkeit dem vollen Betrage der Forderung gleichkommt."
§ 4 VVG lautet:
"(1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.
(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."
Was Gegenstand eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides einer Verwaltungsbehörde ist, bestimmt sich nach dem Inhalt des Spruches des Bescheides auch dann, wenn eine - allenfalls mangelhafte - dem Bescheid beigegebene Begründung diesen Spruch nicht zur Gänze deckt. Bestehende Begründungsmängel können Gründe für eine erfolgreiche Anfechtung eines Bescheides sein; eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung kommt ihnen, ist der Spruch eindeutig, nicht zu. Nur dann, wenn der Spruch eines rechtskräftigen Bescheides, für sich allein beurteilt, Zweifel an seinem Inhalt offen lässt, kann die beigegebene Begründung als Auslegungsbehelf herangezogen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1976, VwSlg. 9112/A).
Gegenstand des Spruches des im vorliegenden Beschwerdefall in Rechtskraft erwachsenen Bescheides ist ausschließlich die Vorschreibung einer Vorauszahlung der Kosten für eine Ersatzvornahme. Da der Spruch an seinem Inhalt keine Zweifel offen lässt, ist auch nicht die Begründung des angefochtenen Bescheides, in der diese Vorauszahlung von der belangten Behörde als Masseforderung qualifiziert wurde, für die Auslegung des in Rechtskraft erwachsenen Spruches heranzuziehen.
Wenngleich der OGH in seinem vorzitierten Urteil vom 26. Februar 2004 - abweichend von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2001, Zl. 2001/07/0018) - die hier zu beurteilende Vorauszahlung als Konkursforderung und nicht als Masseforderung qualifizierte, hat dies für die Beurteilung einer allfälligen Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers schon deshalb keine Bedeutung, weil diese Qualifikation nicht Gegenstand des Spruches des im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheides ist.
Weder dem VVG noch der KO ist eine Norm zu entnehmen, die die Erlassung eines Vorauszahlungsbescheides nach Eröffnung eines Konkurses gegenüber dem Gemeinschuldner verbieten würde. Dass dieser Vorauszahlungsbescheid aufgrund der im zivilgerichtlichen Verfahren erfolgten Auslegung als Konkursforderung - mangels rechtzeitiger Anmeldung im Konkursverfahren (vgl. § 14 Abs. 1 KO) -
allenfalls nicht (erfolgreich) vollstreckt werden kann, führt jedoch zu keiner Verletzung von subjektiven Rechten des Beschwerdeführers (Masseverwalters). Die gerügte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 6. Juli 2006
Schlagworte
Spruch und BegründungMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003070018.X00Im RIS seit
09.08.2006Zuletzt aktualisiert am
25.03.2011