TE OGH 1997/4/29 1Ob2391/96s

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Veröffentlicht am 29.04.1997
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Philipp G*****, geboren am 8.Dezember 1993, wegen Unterhaltserhöhung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Minderjährigen, vertreten durch dessen Mutter Wera R*****, diese vertreten durch Dr.Estermann, Dr.Wagner und Dr.Postlmayr, Rechtsanwalt-Kommandit-Partnerschaft in Mattighofen, gegen den Beschluß des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 17.September 1996, GZ 6 R 348/96k-27, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Mattighofen vom 25.Juli 1996, GZ 1 P 2051/95t-23, angeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wird aufgehoben. Diesem wird eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Das am 8.Dezember 1993 geborene Kind befindet sich seit der Scheidung seiner Eltern im Juli 1994 in Obsorge seiner Mutter. Mit rechtskäftigem Beschluß des Erstgerichts vom 4.Mai 1994 wurde der unterhaltspflichtigen Vater, den sonst keine Sorgepflichten treffen, zur Leistung eines monatlichen Unterhalts von 2.500 S verhalten.

Das Erstgericht gab dem - mit verbesserter finanzieller Situation des Vaters begründeten - Antrag des durch seine Mutter vertretenen Kindes, diese monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters auf monatlich 4.500 S ab 1.April 1995 zu erhöhen, statt und stellte dazu im wesentlichen fest: Der Vater betreibt eine Landwirtschaft im Innviertel „unter Mithilfe seiner in der Zwischenzeit in Pension gegangenen Mutter“ und (für einige Monate im Jahr) eines landwirtschaftlichen Praktikanten. Nach dem Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen erzielt der Vater ein jährliches Bruttoeinkommen von insgesamt 584.693 S (Gesamtdeckungsbeitrag [Rohgewinn] aus der Landwirtschaft inklusive der Ausgleichszahlungen von 481.756 S, Ausgleichszahlung für benachteiligtes Gebiet von 33.537 S, erntekostenfreier Zuwachserlös aus dem Jungwald von 8.000 S, Pachteinnahmen von 16.900 S, Erlöse aus Strohverkauf von 4.000 S, aus Heuverkauf von 1.500 S, aus Getreideverkauf von 20.000 S und aus Brennholz- und Schleifholzverkauf von 19.000 S); hievon muß der Vater (mangels Nachweises trotz Aufforderung geschätzte) Sozialversicherungsbeiträge von 60.000 S, 80.000 S für Gebäude- und Hagelversicherung und sonstige Unkosten sowie 69.900 S für den landwirtschaftlichen Praktikanten bezahlen. Bei Abzug dieser Auslagen ergibt sich ein Nettoeinkommen des Vaters von jährlich 365.093 S und monatlich 30.424 S. Rechtlich folgerte das Erstgericht, in Anbetracht dieses Einkommens sei dem Vater eine monatliche Unterhaltsleistung von 4.500 S zuzumuten, zumal damit weder der von der Rechtsprechung als Obergrenze angesehene zweieinhalbfache Durchschnittsbedarf noch der von der Rechtsprechung entwickelte Prozentsatz (16 % des Nettoeinkommens) überschritten werde. Dem Vater wäre bei Anspannung all seiner Kräfte mit Sicherheit möglich, ein höheres Einkommen zu erzielen, weil er es unterlasse, eine näher bezeichnete Wohnung neu zu vermieten, womit bis vor einigen Jahren monatliche Mieteinnahmen von 3.000 S hätten erzielt werden können. Außerdem sei der Hektarsatz im Pachtvertrag mit einem näher bezeichneten Pächter zu niedrig angesetzt, vielmehr entspreche ein solcher von 1.800 S den Tatsachen. Bei einem für die Unterhaltsfestsetzung ausreichenden Einkommen des Unterhaltspflichtigen bestehe kein Anlaß, noch zusätzlich das Vermögen als solches zu berücksichtigen. Es müsse daher auf die Möglichkeit der nützlicheren Bewirtschaftung der Jugendherberge und der Gastwirtschaft bzw einer eventuellen Verpachtung nicht mehr näher eingegangen werden.

Das Gericht zweiter Instanz wies infolge Rekurses des unterhaltspflichtigen Vaters, der die erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen bekämpft hatte, den Unterhaltserhöhungsantrag ab und erachtete den ordentlichen Revisionsrekurs als nicht zulässig. Die zweite Instanz führte aus, dem Erstgericht seien bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage grobe Fehler unterlaufen, sei es doch zwar zunächst von dem vom Sachverständigen errechneten Gesamtdeckungsbeitrag ausgegangen, habe jedoch in weiterer Folge zusätzliche Verkaufserlöse des Vaters, etwa für Heu, Stroh und Getreide hinzugerechnet. Umgekehrt habe das Erstgericht nur die Versicherungsbeiträge und Praktikantenkosten, nicht aber die sonstigen Betriebsausgaben, die nach ständiger Rechtsprechung vom Bruttoeinkommen abzuziehen seien, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Abzüglich aller Fixkosten (Steuern, Versicherungen, Afa für Maschinen und Gebäude, Einsatz an Betriebsmittel usw) von 295.960 S betrage daher das in der Landwirtschaft erzielte Nettoeinkommen des Vaters 174.633 S. Dazu komme, daß der Vater drei bis vier Wochen im Jahr Jugendgruppen beherberge und zweimal jährlich sein Gasthaus geöffnet habe. Selbst wenn er daraus in steuerlicher Hinsicht keine Gewinne verbuche, ergäben sich aus diesen Aktivitäten jedenfalls Nettoeinkünfte von jährlich 20.000 S bis 30.000 S, weshalb sich letztlich das Durchschnittseinkommmen des Vaters auf etwa 16.000 S bis 17.000 S monatlich erhöhe.

Der Durchschnittsbedarf von Kindern in der Altersgruppe bis zu drei Jahren betrage nach den von der Rechtsprechung entwickelten Regelbedarfssätzen seit 1.Juli 1995 monatlich 1.900 S. Zur Bezahlung eines solchen Unterhalts sei iSd „Gleichbehandlungsgrundsatzes Vater - Kind“ ein Unterhaltspflichtiger dann verhalten, wenn er auch selbst ein durchschnittliches Einkommen beziehe. „Verfügt der Unterhaltsschuldner über gehobene Lebensverhältnisse“, so dürfe auch das unterhaltsberechtigte Kind angemessen daran teilhaben. Unterhaltspflichtiger und -berechtigter sollten in annähernd gleichem Ausmaß und Umfang ihre Bedürfnisse zu befriedigen in der Lage sein. Die bisherige Unterhaltsverpflichtung des Vaters übersteige den Regelbedarf um etwa 30 %. Auch entspreche die Unterhaltsleistung des Vaters in etwa den von der Rechtsprechung entwickelten Prozentsätzen (16 % des Nettoeinkommens). Bei einer Unterhaltszahlung von monatlich 2.500 S nehme daher das Kind bereits angemessen an den Lebensverhältnissen seines Vaters teil, sodaß bei seinem derzeitigen Alter eine Unterhaltserhöhung nicht in Betracht komme.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Kindes ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist der Oberste Gerichtshof an den sich darauf beziehenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht gebunden (§ 16 Abs 3 AußStrG; EFSlg 79.648 uva).Bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses ist der Oberste Gerichtshof an den sich darauf beziehenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht gebunden (Paragraph 16, Absatz 3, AußStrG; EFSlg 79.648 uva).

Gemäß § 140 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes anteilig beizutragen. Bei der Unterhaltsbemessung kommt es vor allem auf die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten an; es ist aber auch die konkrete Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Einen Anhaltspunkt dafür, nach welchen Kriterien der Beitrag der Eltern zu ermitteln ist, bietet das Gesetz durch Verknüpfung der Bedürfnisse des Kindes mit den Lebensverhältnissen der Eltern (EvBl 1995/129 = ÖA 1995, 67; EFSlg 73.864 f uva). Ein konkretes Berechnungssystem kann dem Gesetz, das die Bemessungskriterien nur durch unbestimmte Rechtsbegriffe umschreibt, nicht entnommen werden. Es kann daher auch der Oberste Gerichtshof nur jene Umstände aufzeigen, auf die es im Einzelfall ankommt (EvBl 1995/129; EFSlg 70.660 uva). Die ganz herrschende Praxis des Obersten Gerichtshofs bekennt sich allerdings nahezu lückenlos dazu, sich in Durchschnittsfällen bei der allgemeinen Bedarfsermittlung und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners an Prozentsätzen der Einkommensbemessungsgrundlage des betreffenden Elternteils als Richtlinie zu orientieren (Schwimann, Unterhaltsrecht, 33 mwN). Bei überdurchschnittlichen Einkommen wird überwiegend zur Vermeidung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung eine Angemessenheitsgrenze („Luxusgrenze“) als sogenannter „Unterhaltsstop“ als erforderlich erachtet (Schwimann aaO 27).Gemäß Paragraph 140, ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes anteilig beizutragen. Bei der Unterhaltsbemessung kommt es vor allem auf die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten an; es ist aber auch die konkrete Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Einen Anhaltspunkt dafür, nach welchen Kriterien der Beitrag der Eltern zu ermitteln ist, bietet das Gesetz durch Verknüpfung der Bedürfnisse des Kindes mit den Lebensverhältnissen der Eltern (EvBl 1995/129 = ÖA 1995, 67; EFSlg 73.864 f uva). Ein konkretes Berechnungssystem kann dem Gesetz, das die Bemessungskriterien nur durch unbestimmte Rechtsbegriffe umschreibt, nicht entnommen werden. Es kann daher auch der Oberste Gerichtshof nur jene Umstände aufzeigen, auf die es im Einzelfall ankommt (EvBl 1995/129; EFSlg 70.660 uva). Die ganz herrschende Praxis des Obersten Gerichtshofs bekennt sich allerdings nahezu lückenlos dazu, sich in Durchschnittsfällen bei der allgemeinen Bedarfsermittlung und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners an Prozentsätzen der Einkommensbemessungsgrundlage des betreffenden Elternteils als Richtlinie zu orientieren (Schwimann, Unterhaltsrecht, 33 mwN). Bei überdurchschnittlichen Einkommen wird überwiegend zur Vermeidung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung eine Angemessenheitsgrenze („Luxusgrenze“) als sogenannter „Unterhaltsstop“ als erforderlich erachtet (Schwimann aaO 27).

§ 15 AußStrG idF der WGN 1989, welcher vollinhaltlich dem § 503 ZPO entspricht, macht deutlich, daß der Oberste Gerichtshof auch im Verfahren außer Streitsachen nicht Tatsacheninstanz sein soll, sondern nur wegen rechtlicher oder sonst aktenkundiger Fehler angerufen werden darf (991 BlgNR 17.GP, 5; Petrasch in ÖJZ 1989, 743; 1 Ob 507/96 = JBl 1996, 799 [Klicka] = ecolex 1996, 674; 1 Ob 2330/96w ua; RIS-Justiz RS0007236). Es entsprach zwar, der ständigen älteren Rechtsprechung, daß im Verfahren außer Streitsachen der Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht gilt (SZ 47/35 uva; RIS-Justiz RS0006370) doch wurde dieser Grundsatz der Entscheidung 1 Ob 646/92 jedenfalls auf jene besonderen außerstreitigen Verfahren, in denen die Beweise vom Erstrichter nach der Vorschriften der ZPO in mündlicher Verhandlung unmittelbar aufgenommen werden, ausgedehnt. War aus der mangelnden Anwendbarkeit des Grundsatzes der Unmittelbarkeit im Außerstreitverfahren früher abgeleitet worden, das Rekursgericht sei auch berechtigt, von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts abzugehen, die aufgenommenen Beweise unabhängig von deren Würdigung durch das Erstgericht selbst nach freier Überzeugung zu beurteilen und Feststellungen zu treffen (RIS-Justiz RS0001958), stellte der Oberste Gerichtshof durch einen verstärkten Senat in der Entscheidung 6 Ob 650/93 (SZ 66/164 = JBl 1994, 549 [Pichler] = EvBl 1994/53 = JAP 1994/95, 47 [Klicka]) klar, das Rekursgericht dürfe auch in Verfahren, in denen der Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht gelte, die vom Erstgericht unmittelbar aufgenommenen Beweise nicht umwürdigen. Obgleich das Verfahren außer Streitsachen in dieser Entscheidung keine ausdrückliche Erwähnung fand, gelten deren grundsätzlichen Ausführungen nicht minder auch für diese Verfahrensart (JBl 1996, 799 [Klicka mwN aus der Lehre]; 1 Ob 2330/96w; Kodek in Rechberger, § 526 ZPO Rz 4).Paragraph 15, AußStrG in der Fassung der WGN 1989, welcher vollinhaltlich dem Paragraph 503, ZPO entspricht, macht deutlich, daß der Oberste Gerichtshof auch im Verfahren außer Streitsachen nicht Tatsacheninstanz sein soll, sondern nur wegen rechtlicher oder sonst aktenkundiger Fehler angerufen werden darf (991 BlgNR 17.GP, 5; Petrasch in ÖJZ 1989, 743; 1 Ob 507/96 = JBl 1996, 799 [Klicka] = ecolex 1996, 674; 1 Ob 2330/96w ua; RIS-Justiz RS0007236). Es entsprach zwar, der ständigen älteren Rechtsprechung, daß im Verfahren außer Streitsachen der Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht gilt (SZ 47/35 uva; RIS-Justiz RS0006370) doch wurde dieser Grundsatz der Entscheidung 1 Ob 646/92 jedenfalls auf jene besonderen außerstreitigen Verfahren, in denen die Beweise vom Erstrichter nach der Vorschriften der ZPO in mündlicher Verhandlung unmittelbar aufgenommen werden, ausgedehnt. War aus der mangelnden Anwendbarkeit des Grundsatzes der Unmittelbarkeit im Außerstreitverfahren früher abgeleitet worden, das Rekursgericht sei auch berechtigt, von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts abzugehen, die aufgenommenen Beweise unabhängig von deren Würdigung durch das Erstgericht selbst nach freier Überzeugung zu beurteilen und Feststellungen zu treffen (RIS-Justiz RS0001958), stellte der Oberste Gerichtshof durch einen verstärkten Senat in der Entscheidung 6 Ob 650/93 (SZ 66/164 = JBl 1994, 549 [Pichler] = EvBl 1994/53 = JAP 1994/95, 47 [Klicka]) klar, das Rekursgericht dürfe auch in Verfahren, in denen der Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht gelte, die vom Erstgericht unmittelbar aufgenommenen Beweise nicht umwürdigen. Obgleich das Verfahren außer Streitsachen in dieser Entscheidung keine ausdrückliche Erwähnung fand, gelten deren grundsätzlichen Ausführungen nicht minder auch für diese Verfahrensart (JBl 1996, 799 [Klicka mwN aus der Lehre]; 1 Ob 2330/96w; Kodek in Rechberger, Paragraph 526, ZPO Rz 4).

Will somit nach nunmehriger Rechtsprechung das Rekursgericht im Verfahren außer Streitsachen abweichende oder ergänzende Tatsachenfeststellungen treffen, was wegen der Zulässigkeit einer Tatsachenrüge im Rekursverfahren nach § 10 AußStrG zulässig ist, und hat das Erstgericht, wie im vorliegenden Fall, aufgrund einer unmittelbaren Beweisaufnahme (eingehende Vernehmung des Sachverständigen, des unterhaltspflichtigen Vaters, seiner Mutter und der obsorgeberechtigten Mutter) entschieden, muß die zweite Instanz eine gleichwertige unmittelbare Beweisaufnahme mit - schon zufolge des Prinzips eines „fair trial“ (Art 6 EMRK) - beiderseitigem rechtlichen Gehör anberaumen, somit eine mündliche Rekursverhandung durch den Rekurssenat durchführen (JBl 1996, 799). Denn eine auf Grund persönlichen Eindrucks gewonnene Beweiswürdigung kann nur durch eine auf demselben Weg erzielte Beweiswürdigung überprüft und als unrichtig erkannt werden. Die allgemeinen, das Rekursverfahren regelnden Bestimmungen des Außerstreitverfahrens enthalten kein Verbot einer mündlichen Rekursverhandlung, § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG bietet für eine solche sogar eine gewisse dogmatische stütze.Will somit nach nunmehriger Rechtsprechung das Rekursgericht im Verfahren außer Streitsachen abweichende oder ergänzende Tatsachenfeststellungen treffen, was wegen der Zulässigkeit einer Tatsachenrüge im Rekursverfahren nach Paragraph 10, AußStrG zulässig ist, und hat das Erstgericht, wie im vorliegenden Fall, aufgrund einer unmittelbaren Beweisaufnahme (eingehende Vernehmung des Sachverständigen, des unterhaltspflichtigen Vaters, seiner Mutter und der obsorgeberechtigten Mutter) entschieden, muß die zweite Instanz eine gleichwertige unmittelbare Beweisaufnahme mit - schon zufolge des Prinzips eines „fair trial“ (Artikel 6, EMRK) - beiderseitigem rechtlichen Gehör anberaumen, somit eine mündliche Rekursverhandung durch den Rekurssenat durchführen (JBl 1996, 799). Denn eine auf Grund persönlichen Eindrucks gewonnene Beweiswürdigung kann nur durch eine auf demselben Weg erzielte Beweiswürdigung überprüft und als unrichtig erkannt werden. Die allgemeinen, das Rekursverfahren regelnden Bestimmungen des Außerstreitverfahrens enthalten kein Verbot einer mündlichen Rekursverhandlung, Paragraph 2, Absatz 2, Ziffer 5, AußStrG bietet für eine solche sogar eine gewisse dogmatische stütze.

Das Rekursgericht kann somit zwar erstgerichtliche Feststellungen einer anderen rechtlichen Beurteilung unterziehen, etwa welches festgestellte Einkommen oder Einkommensbestandteile der Bemessungsgrundlage des Unterhaltspflichtigen zugrunde zu legen sind und welche Ausgaben (hier Betriebsausgaben) im unterhaltsrechtlichen Sinn abzugsfähig sind, darf aber - wie hier - von diesen Feststellungen bei unmittelbarer Beweisaufnahme durch das Erstgericht nicht ohne Beweiswiederholung abgehen.

Vor Klärung der Tatfrage wäre es verfrüht auf die übrigen Rechtsmittelausführungen einzugehen. Demnach muß der zweitinstanzliche Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage aufgetragen werden.

Textnummer

E45998

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0010OB02391.96S.0429.000

Im RIS seit

15.06.1997

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2017
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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