TE OGH 1997/5/21 7Ra126/97v

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Veröffentlicht am 21.05.1997
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr.Hellwagner (Vorsitzender) und die Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Mayrhofer und DDr.Huberger in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei L*****, vertreten durch Dr.Gustav Teicht, Rechtsanwalt in 1010 Wien, wider die beklagte Partei F*****, wegen Feststellung und S 122.056,-- brutto s.A. infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 7.3.1997, 6 Cga 187/96b-5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahingehend abgeändert, daß er lautet:

"Der Zustellantrag der klagenden Partei vom 27.2.1997 wird bewilligt."

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung:

Der Kläger brachte gegen die beklagte Partei zu 6 Cga 187/96b die Klage wegen Feststellung sowie Zahlung von S 122.056,-- brutto s.A. ein und gab als Anschrift der beklagten Partei die im Spruch genannte an.

Das Erstgericht beraumte mit Beschluß vom 2.12.1996 die erste Tagsatzung an und verfügte die Zustellung der Klage und dieses Beschlusses an die beklagte Partei per im Spruch genannter Adresse.

Beide Schriftstücke kamen mit Postfehlbericht und Hinweis "Empfänger verzogen" zurück.

Davon verständigte das Erstgericht den Kläger und beraumte die erste Tagsatzung ab.

Mit Zustellantrag vom 27.2.1997 begehrte die beklagte Partei die neuerliche Zustellung der Klage und des Beschlusses über die Anberaumung der ersten Tagsatzung an der im Spruch angeführten Adresse der beklagten Partei, da diese nach wie vor als maßgebliche Geschäftsanschrift im Firmenbuch angegeben sei.

Mit Beschluß vom 7.3.1997 wies das Erstgericht den Zustellantrag des Klägers mit der Begründung ab, es bestehe für jede Abgabestelle, also auch für den Ort, an dem der Empfänger seinen Betrieb führt, die Voraussetzung, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhalte. Da sich die beklagte Partei nicht regelmäßig an der Adresse 4053 Haid, Beethovengasse 4a, aufhalte, sei eine Hinterlegung nicht zulässig; auch die Voraussetzungen für eine Hinterlegung ohne Zustellversuch lägen nicht vor.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß im stattgebenden Sinn abzuändern.

Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 8 Abs 1 ZustellG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, ZustellG hat eine Partei, die während eines Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen.

Im gegenständlichen Fall hat die beklagte Partei zwar keine Kenntnis von einem Verfahren bzw. ist ein solches noch gar nicht anhängig, allerdings ist sie eine GmbH und als solche im Firmenbuch eingetragen.

Gemäß § 3 Z 4 Firmenbuchgesetz ist unter anderem von jedem Rechtsträger die maßgebliche Geschäftsanschrift im Firmenbuch einzutragen. Gemäß § 26 GmbHG trifft die Geschäftsführer die Verpflichtung, jede Änderung der für die Zustellung an die Gesellschafter maßgeblichen Anschrift unverzüglich anzumelden.Gemäß Paragraph 3, Ziffer 4, Firmenbuchgesetz ist unter anderem von jedem Rechtsträger die maßgebliche Geschäftsanschrift im Firmenbuch einzutragen. Gemäß Paragraph 26, GmbHG trifft die Geschäftsführer die Verpflichtung, jede Änderung der für die Zustellung an die Gesellschafter maßgeblichen Anschrift unverzüglich anzumelden.

Rechtsfolge einer unterlassenen Anmeldung der geänderten Anschrift kann nur sein, daß die im Firmenbuch eingetragene Adresse Abgabestelle gemäß § 4 ZustellG ist und bleibt. Dies ergibt sich schon aus der dem Firmenbuch anhaftenden Publizitätswirkung: das Firmenbuch schürzt das Vertrauen Dritter bzw. Beteiligter auf den bekanntgemachten Firmenbuchinhalt. Insbesondere muß, wer eine unrichtige Eintragung veranlaßt bzw. eine ursprünglich richtige Eintragung nicht ändert, die nicht mehr den Tatsachen entspricht, obwohl er dazu verpflichtet wäre, sie für gut gläubige Dritte, die im Vertrauen auf diesen Rechtsschein im Geschäftsverkehr gehandelt haben, als richtig gelten lassen. Ob den Beteiligten ein Verschulden trifft, ist einerlei. Hiebei handelt es sich um eine Veranlassungshaftung im Rahmen des allgemeinen Grundsatzes der Erklärungstreue (vgl. Holzhammer, Handelsrecht6 36ff).Rechtsfolge einer unterlassenen Anmeldung der geänderten Anschrift kann nur sein, daß die im Firmenbuch eingetragene Adresse Abgabestelle gemäß Paragraph 4, ZustellG ist und bleibt. Dies ergibt sich schon aus der dem Firmenbuch anhaftenden Publizitätswirkung: das Firmenbuch schürzt das Vertrauen Dritter bzw. Beteiligter auf den bekanntgemachten Firmenbuchinhalt. Insbesondere muß, wer eine unrichtige Eintragung veranlaßt bzw. eine ursprünglich richtige Eintragung nicht ändert, die nicht mehr den Tatsachen entspricht, obwohl er dazu verpflichtet wäre, sie für gut gläubige Dritte, die im Vertrauen auf diesen Rechtsschein im Geschäftsverkehr gehandelt haben, als richtig gelten lassen. Ob den Beteiligten ein Verschulden trifft, ist einerlei. Hiebei handelt es sich um eine Veranlassungshaftung im Rahmen des allgemeinen Grundsatzes der Erklärungstreue vergleiche Holzhammer, Handelsrecht6 36ff).

Es geht nicht an, daß derjenige, der sich um die Richtigkeit der Eintragung zu kümmern hat, Dritten gegenüber Vorteile daraus schlägt, daß das Firmenbuch unrichtige Eintragungen enthält (vgl. Krejci, Handelsrecht, 179 f).Es geht nicht an, daß derjenige, der sich um die Richtigkeit der Eintragung zu kümmern hat, Dritten gegenüber Vorteile daraus schlägt, daß das Firmenbuch unrichtige Eintragungen enthält vergleiche Krejci, Handelsrecht, 179 f).

Aus diesen Grundsätzen läßt sich zwingend nur ableiten, daß die ins Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift eine für gerichtliche Zustellungen verbindliche Adresse sein soll, sodaß nach den Regeln des Zustellgesetzes allenfalls mit Edikt (§ 25 ZustellG) vorgegangen werden könnte, wenn an der eingetragenen Geschäftsanschrift nicht zugestellt werden kann, weil der Rechtsträger unbekannt wohin verzogen ist. Es muß sich daher der Rechtsträger, der eine Geschäftsanschrift zur Eintragung mitteilt, unter dieser Geschäftsanschrift Zustellungen gefallen lassen, solange das Gericht von einer Änderung nicht durch eine neue Mitteilung oder sonst wie amtlich Kenntnis erlangt (vgl. Graff, Ecolex 1990, 736; Auer, Der Österreichische Rechtspfleger 1990/2, 5).Aus diesen Grundsätzen läßt sich zwingend nur ableiten, daß die ins Firmenbuch eingetragene Geschäftsanschrift eine für gerichtliche Zustellungen verbindliche Adresse sein soll, sodaß nach den Regeln des Zustellgesetzes allenfalls mit Edikt (Paragraph 25, ZustellG) vorgegangen werden könnte, wenn an der eingetragenen Geschäftsanschrift nicht zugestellt werden kann, weil der Rechtsträger unbekannt wohin verzogen ist. Es muß sich daher der Rechtsträger, der eine Geschäftsanschrift zur Eintragung mitteilt, unter dieser Geschäftsanschrift Zustellungen gefallen lassen, solange das Gericht von einer Änderung nicht durch eine neue Mitteilung oder sonst wie amtlich Kenntnis erlangt vergleiche Graff, Ecolex 1990, 736; Auer, Der Österreichische Rechtspfleger 1990/2, 5).

Dies erscheint schon deshalb billig, weil dadurch der gängigen Praxis insolventer Firmen, sich durch ständiges Wechseln der Geschäftsanschrift ohne Änderung der Adresse im Firmenbuch den Gläubigern zu entziehen, entgegengetreten werden kann.

Die vom Erstgericht zitierte Entscheidung des OGH vom 16.6.1987, 15 Os 86/87, ist auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anwendbar, zumal es sich bei der dort angeführten Betriebsstätte um einen Würstelstand, der mit der Geschäftsadresse nicht im Firmenbuch eingetragen war, handelte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 52 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 2, ASGG, 52 Absatz eins, ZPO.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 47 Abs 1 iVm 46 Abs 1 ASGG, zumal keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu lösen war.Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf Paragraphen 47, Absatz eins, in Verbindung mit 46 Absatz eins, ASGG, zumal keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu lösen war.

Gemäß §§ 11 a Abs 1 Z 3 iVm Abs 2 Z 2 lit a ASGG waren der Entscheidung keine fachkundigen Laienrichter beizuziehen.Gemäß Paragraphen 11, a Absatz eins, Ziffer 3, in Verbindung mit Absatz 2, Ziffer 2, Litera a, ASGG waren der Entscheidung keine fachkundigen Laienrichter beizuziehen.

Anmerkung

EW00202 07A01267

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:1997:0070RA00126.97V.0521.000

Dokumentnummer

JJT_19970521_OLG0009_0070RA00126_97V0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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