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23/01 Konkursordnung;Norm
BAO §216;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde der B GmbH in G, vertreten durch die Zumtobel Kronberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Giselakai 51, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 7. Oktober 2002, Zl. RV 547/1-5/02, betreffend Abrechnungsbescheid, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Rahmen eines Berufungsverfahrens betreffend Nachsicht (Berufung vom 4. Mai 2001) stellte die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2001 den Antrag, "über die Zusammensetzung des gegenständlichen Rückstands und der Buchungen auf dem Aussetzungskonto einen Abrechnungsbescheid gem. § 216 BAO zu erlassen". Über Aufforderung des Finanzamtes erläuterte die Beschwerdeführerin diesen Antrag mit Schreiben vom 14. Jänner 2002 dahingehend, dass sich lt. Buchungsmitteilung Nr. 1/2001 ein Gesamtsaldo von 585.277 S ergebe. Davon seien 238.104 S zu stornieren, weil "kein Grund für ein Wiederaufleben der Forderung vorliegt", und Buchungen von insgesamt 262.589 S "nicht richtig und daher zu löschen" (wie ausführlich in der Berufung vom 4. Mai 2001 dargelegt).
Auf Grund des Antrages vom 20. Dezember 2001 erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid (datiert mit 15. März 2002), mit dem gemäß § 216 BAO entschieden wurde, dass die Verpflichtung zur Zahlung der "Forderung aufgrund Wiederauflebens" im Betrag von 17.303,69 EUR (entspricht 238.104 S) nicht erloschen sei. Nach § 156 Abs. 1 KO werde der Gemeinschuldner durch den rechtskräftig bestätigten Ausgleich von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall zu ersetzen oder für die sonst gewährte Begünstigung nachträglich aufzukommen, gleichviel, ob sie am Konkursverfahren oder an der Abstimmung über den Ausgleich teilgenommen oder gegen den Ausgleich gestimmt haben oder ob ihnen ein Stimmrecht überhaupt gewährt worden ist. Eine Anmeldung der Forderung werde nicht gefordert. Ein Zwangsausgleich gelte auch gegenüber Gläubigern, die ihre Forderung nicht angemeldet hätten (vgl. OGH 28. Juni 1994, 5 Ob 64/94). Gemäß § 156 Abs. 4 KO trete Wiederaufleben ein, wenn der Schuldner mit der Erfüllung des Ausgleichs in Verzug gerate. Ein solcher Verzug sei erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens 14-tägigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht gezahlt habe. Die Mahnung nach dieser Gesetzesstelle müsse die Höhe des geforderten Betrages enthalten und auf den Ausgleich Bezug nehmen. Die "Mahnung vom 4.8.1999 enthält alle diese Punkte". Das Wiederaufleben der Forderung von 238.104 S sei daher zu Recht erfolgt.
In der dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, die Rechtsansicht des Finanzamtes, dass der Betrag von 17.303,69 EUR (238.104 S) wieder aufleben würde, sei unzutreffend. Das Finanzamt habe nach Abschluss des Konkursverfahrens und nach Erfüllung des Zwangsausgleiches eine Forderung erhoben, die bereits im Konkursverfahren hätte angemeldet werden müssen. Da die Forderung im Konkursverfahren nicht angemeldet und geprüft worden sei, habe der Masseverwalter bzw. die Beschwerdeführerin im Konkursverfahren keine Erklärung zu dieser Forderung abgeben können. Aus § 156 Abs. 4 KO ergebe sich, dass die durch den Ausgleich gewährten Begünstigungen im Hinblick auf diejenigen Gläubiger hinfällig würden, gegenüber welchen der Schuldner mit der Erfüllung des Ausgleiches in Verzug gerate. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin die Zwangsausgleichsquote in Höhe von 81.350 S (5.911,94 EUR) fristgerecht erfüllt, sodass es zu keinem Wiederaufleben einer Forderung gemäß § 156 Abs. 4 KO gegenüber dem Finanzamt habe kommen können, weshalb dieser Betrag am Finanzamtskonto zu stornieren sei.
Das Finanzamt habe ein mit 4. August 1999 datiertes Schreiben an die Beschwerdeführerin übermittelt, welches unrichtig und in sich widersprüchlich sei. Diesem als "Mahnung der Zwangsausgleichsquote" bezeichneten Schreiben hafteten folgende Fehler an:
Im Schreiben sei die Behauptung aufgestellt worden, die Beschwerdeführerin habe die mit Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 12. Dezember 1997 festgesetzte 20%-ige Quote binnen 14 Tagen ab Annahme des Zwangsausgleichsvorschlages nur teilweise bezahlt. Dies sei unrichtig, da die Beschwerdeführerin am 23. Dezember 1997 den Betrag, der sich aus dem Zwangsausgleichsvorschlag ergeben habe, nämlich 81.350 S (5.911,94 EUR), fristgerecht bezahlt habe. Im Schreiben vom 4. August 1999 sei weder der Grund für die bestehende Forderung noch deren Höhe angegeben gewesen, lediglich die angeblich fehlende Quote aus dem Zwangsausgleichsvorschlag in Höhe von 59.526 S (4.325,92 EUR) sei eingefordert worden. Die Passage in dem Schreiben, wonach bei sonstigem Terminverlust und Wiederaufleben gemäß § 156 Abs. 4 KO "die restliche Quote" zur Einzahlung zu bringen sei, sei für die Beschwerdeführerin wegen der bereits erfolgten Bezahlung der Zwangsausgleichsquote unverständlich gewesen.
Beim Schreiben vom 4. August 1999 habe es sich somit um keine Mahnung im Sinne des § 156 Abs. 4 KO gehandelt, wobei diese Bestimmung im vorliegenden Fall ohnehin nicht zur Anwendung komme. Das Wiederaufleben der Forderung in Höhe von 17.303,69 EUR (238.104 S) sei damit zu Unrecht angenommen worden. Der Betrag sei somit auf dem Konto zu stornieren, zumal die Beschwerdeführerin den Betrag von 4.325,92 EUR (59.526 S) auch am 24. Februar 2000 bezahlt habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Über das Vermögen der Beschwerdeführerin sei mit Edikt des zuständigen Landesgerichtes vom 18. August 1997 der Konkurs eröffnet und am 12. Dezember 1997 mit einem Zwangsausgleich beendet worden, der den Konkursgläubigern eine 20%- ige Quote zugesichert habe. Die vom Finanzamt im Konkursverfahren angemeldete Forderung habe 406.751 S betragen, wodurch die zustehende Quote mit 81.350,20 S bemessen worden sei. Dieser Betrag sei von der Beschwerdeführerin auch innerhalb der dafür vorgesehenen Frist an das Finanzamt entrichtet worden. Mit 12. Jänner 1998 sei die Aufhebung des Konkurses durch das Landesgericht Salzburg erfolgt.
Nach einer für die Jahre 1995 bis 1997 durchgeführten Betriebsprüfung sei die Ausgleichsquote mit 140.876 S neu bemessen worden, wodurch sich ein offener Betrag von 59.526 S ergeben habe, welcher durch das Finanzamt mit Schreiben vom 4. August 1999 unter Setzung einer zweiwöchigen Entrichtungsfrist und Hinweis auf § 156 Abs. 4 KO ordnungsgemäß eingemahnt worden sei. Die Entrichtung der restlichen Quote in Höhe von 59.526 S (4.325,92 EUR) sei aber erst mit 24. Februar 2000 erfolgt, wodurch es zum Wiederaufleben der strittigen Abgabenschuldigkeit gemäß § 156 Abs. 4 KO gekommen sei. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, wonach das Finanzamt die Forderung im Konkursverfahren auf Grund eines Organisationsversehens nicht angemeldet habe, werde nicht geteilt. Die Durchführung der Betriebsprüfung sei im Jahr 1999 erfolgt, also zu einem Zeitpunkt, in dem das Konkursverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen und der Zwangsausgleich bestätigt gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit einem Abrechnungsbescheid nach § 216 BAO ist über umstrittene abgabenbehördliche Gebarungsakte schlechthin zu entscheiden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, 98/13/0199).
Im Beschwerdefall ist strittig, ob nach rechtskräftiger Bestätigung eines Zwangsausgleiches unter Anwendung der Bestimmung des § 156 Abs. 4 KO die Wirkungen des durch den Ausgleich gewährten Nachlasses gegenüber dem Abgabengläubiger hinfällig wurden. Die Bestimmungen über das Wiederaufleben der Forderungen beziehen sich auf nicht angemeldete Forderungen genauso wie auf angemeldete (vgl. z.B. das Urteil des OGH vom 11. Oktober 2001, 8 Ob 132/01x, Mohr, KO10, E 98 zu § 156).
Gemäß § 156 Abs. 4 KO werden der Nachlass und die sonstigen Begünstigungen, die der Ausgleich gewährt, für diejenigen Gläubiger hinfällig, gegenüber welchen der Schuldner mit der Erfüllung des Ausgleichs in Verzug gerät. Ein solcher Verzug ist erst anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Verbindlichkeit trotz einer vom Gläubiger unter Einräumung einer mindestens vierzehntägigen Nachfrist an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung nicht gezahlt hat.
Das Schreiben des Finanzamtes vom 4. August 1999, an das sich nach Meinung der belangten Behörde die Rechtsfolge des § 156 Abs. 4 KO knüpfte, hatte folgenden Wortlaut:
"Betrifft: Mahnung der Zwangsausgleichsquote
Der Beschluss des Landesgerichtes Salzburg vom 12.12.1997, in dem die Annahme des Zwangsausgleiches bestätigt wurde, enthält die Bestimmung, dass die Konkursgläubiger eine 20 %ige Quote binnen 14 Tagen ab Annahme des Zwangsausgleichsvorschlages erhalten. Sie haben die 20 %ige Quote, die bereits fällig war, nur teilweise bezahlt. Sie werden hiermit aufgefordert, die restliche Quote in Höhe von S 59.526,-- binnen 2 Wochen bei sonstigem Terminverlust und Wiederaufleben gem. § 156 (4) KO mittels beiliegendem Erlagschein einzuzahlen."
Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat die qualifizierte Mahnung nach § 156 Abs. 4 BAO den Zweck, den Schuldner eindringlich auf die drohenden Folgen seines Verzuges hinzuweisen, wobei wegen dieser schwer wiegenden Folgen ein bestimmter notwendiger Inhalt gefordert ist, der auch die Höhe des geforderten Betrages enthalten muss (vgl. das Urteil vom 14. Dezember 1988, 3 Ob 197/88, Mohr, KO10, E 128 zu § 156).
In der Beschwerde wird gerügt, die belangte Behörde sei in Verkennung der Rechtslage nicht auf die (in der Berufung angesprochene) mangelhafte Gestaltung des Mahnschreibens vom 4. August 1999 eingegangen (dieses sei nämlich "mit seinem gesamten Inhalt völlig sinnwidrig und irreführend gewesen"). Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht:
Angesichts der bereits erwähnten besonderen Bedeutung einer Mahnung nach der Vorschrift des § 156 Abs. 4 zweiter Satz KO ist zu fordern, dass die nach Ansicht des Gläubigers von der mangelhaften Erfüllung eines Ausgleiches betroffene Verbindlichkeit zweifelsfrei bezeichnet wird. Zutreffend weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass das Schreiben vom 4. August 1999 keinerlei Bezugnahme auf eine bestimmte Steuerschuld enthielt, sodass die geforderte Summe nicht habe zugeordnet werden können (dies habe erst wechselseitiger Korrespondenz und zahlreicher Telefonate mit dem Finanzamt bedurft). Aus der Formulierung des Schreibens ergab sich auch nicht eindeutig, dass damit eine aus den Ergebnissen einer durchgeführten Betriebsprüfung resultierende (zusätzliche) Steuerschuld angesprochen sein sollte, die zudem eine im Konkursverfahren nicht angemeldete Forderung darstellte. Die Annahme der Möglichkeit eines Irrtums (wegen Einforderung lediglich der "restlichen Quote" unter bloßer Bezugnahme auf den abgeschlossenen Zwangsausgleich vom 12. Dezember 1997, dessen Quote aber bereits zur Gänze bezahlt war) war somit aber auch nicht ausgeschlossen.
Im Ergebnis ist damit der Beschwerdeführerin darin zu folgen, dass das Mahnschreiben vom 4. August 1999 nicht dazu geeignet war, die Rechtswirkungen des § 156 Abs. 4 KO auszulösen. Der angefochtene Bescheid erweist sich damit als inhaltlich rechtswidrig und war daher nach § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Ob - wie in der Beschwerde weiters gerügt wird - das Mahnschreiben nicht an die Steuerberatungskanzlei des Beschwerdeführers hätte zugestellt werden dürfen (arg. "… an ihn gerichteten schriftlichen Mahnung …" nach § 156 Abs. 4 KO), kann damit dahingestellt bleiben (vgl. zu den Erfordernissen bzgl. Zustellung an einen Vertreter im Übrigen das Urteil des OGH vom 27. Jänner 1999, 3 Ob 350/97k).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. Juli 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006140029.X00Im RIS seit
21.08.2006