Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Manfred R*****, wider die beklagte Partei Dr.Peter Z*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 280.785 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. Jänner 1997, GZ 12 R 125/96-16, mit dem das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 26.April 1996, GZ 20 Cg 84/95k-12, bestätigt wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der Kläger hatte den Beklagten mit der Einbringlichmachung einer rechtskräftig zuerkannten Honorarforderung gegen die A*****gesellschaft mbH beauftragt. Das zugrundeliegende Urteil war im Oktober 1993 in Rechtskraft erwachsen. Am 5.10.1993 gab der Beklagte einer Kanzleiangestellten den Auftrag, die Grundbuchsauszüge sämtlicher im Eigentum der Verpflichteten stehenden Liegenschaften beim Bezirksgericht H***** zu besorgen. Seine Angestellte kam diesem Auftrag nach und ersuchte eine namentlich nicht bekannte Beamtin der Grundbuchsabteilung des Bezirksgerichtes H***** unter Vorweisung des gegen die Verpflichtete ergangenen Urteiles um die Erstellung von Grundbuchsauszügen sämtlicher im Eigentum der A*****gesellschaft mbH befindlichen Liegenschaften. Sie erhielt zwei Grundbuchsauszüge betreffend die Liegenschaften EZ 61 Grundbuch Kematen an der Krems (Oberösterreich) und das Wohnungseigentumsobjekt EZ 566 Grundbuch Innere Stadt Wien. Unregelmäßigkeiten oder Probleme bei der Grundbuchsabfrage konnte die Kanzleiangestellte des Beklagten nicht erkennen. Sie verlangte keinen Ausdruck aus dem Personenverzeichnis und war vom Beklagten auch dazu nicht beauftragt worden.
Der Beklagte übermittelte dem Kläger beide Auszüge und ersuchte um Mitteilung bzw Weisung, ob und gegebenenfalls welche realexekutiven Maßnahmen ergriffen werden sollten. Die Gattin des Klägers, eine Rechtsanwältin, gab dem Beklagten den Auftrag, dringend die zwangsweise Pfandrechtsbegründung ob beider Liegenschaften vorzunehmen. Bis zu diesem Zeitpunkt war es weder dem Beklagten noch auch dem Kläger oder seiner Gattin aufgefallen, daß die Liegenschaft in Kematen an der Krems nicht im Eigentum der Verpflichteten A*****gesellschaft mbH mit dem Sitz in Wien stand. Eigentümerin war die A*****gesellschaft mbH mit dem Sitz in Linz.
Der Beklagte erörterte mit dem Kläger und seiner Gattin in der Folge, es sei eigenartig, daß die Verpflichtete nur über zwei Liegenschaften verfüge. Sie schätzten jedoch den hinter der Verpflichteten stehenden Michael W***** - mit dem der Kläger vor längerer Zeit befreundet gewesen war - als einen "so raffinierten Typ" ein, daß "alles möglich sei und nicht mit einfacher Plausibilität vorgegangen werden könne". Der Beklagte unternahm daraufhin keinen weiteren Versuch einer Grundbuchsabfrage. Tatsächlich war die Verpflichtete im Oktober 1993 bücherliche Eigentümerin weiterer Liegenschaften in Ober St.Veit, Obersievering, Pfaffstätten, Aspang, Landstraße, Alsergrund und Josefstadt. Der Kläger hätte im Falle zwangsweiser Pfandrechtsbegründungen auf diesen Liegenschaften schon im Oktober 1993 Befriedigung erlangen können. Alle vom Beklagten in der Folge unternommenen Versuche zur exekutiven Hereinbringung der Forderungen des Klägers blieben erfolglos.
Der Kläger begehrt vom Beklagten Zahlung von insgesamt S 280.785.
Dem Beklagten bzw seiner Kanzleiangestellten, für die dieser einzustehen habe, sei insoweit ein Fehler unterlaufen, als sie bei Erhebung des Liegenschaftsbesitzes der Verpflichteten nicht alle zur Wahrung der Interessen des Klägers erforderliche und zumutbare Sorgfalt angewendet hätten. So sei eine Abschrift aus dem Personenverzeichnis unterblieben, wodurch sich schon im Oktober 1993 der gesamte Liegenschaftsbesitz der Schuldnerin hätte feststellen lassen. Der Beklagte und seine Sekretärin hätten sich mit einer mündlichen Auskunft der Grundbuchsangestellten nicht begnügen dürfen. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der mündlich erteilten Auskunft hätten sich schon deshalb ergeben müssen, weil die Liegenschaft in Kematen nicht im Eigentum der Schuldnerin, sondern im Eigentum einer Gesellschaft ähnlichen Firmenwortlauts gestanden sei. Der Beklagte hafte dem Kläger daher für Kapitalforderung, Zinsen und Kosten, für die dem Beklagten bereits bezahlten (Vertretungs)Kosten sowie für frustrierten Rettungsaufwand, der dadurch entstanden sei, daß der Kläger versucht habe, seine Forderung noch einbringlich zu machen.
Der Beklagte beantragte Klageabweisung. Er habe die ihm zumutbare Sorgfalt aufgewendet. Seine Kanzleiangestellte habe unter Vorlage der erst- und zweitinstanzlichen Urteile in der Grundbuchsabteilung des Bezirksgerichtes H***** um Bekanntgabe aller im Eigentum der Schuldnerin stehenden Liegenschaften in Österreich und um Ausdruck der entsprechenden Grundbuchsauszüge ersucht. Es sei ihr mitgeteilt worden, daß die Schuldnerin nur über eine Liegenschaft in Kematen an der Krems und eine Eigentumswohnung in der Inneren Stadt in Wien verfüge. Ein Grund, an dieser Auskunft zu zweifeln, habe nicht bestanden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es konnte nicht feststellen, daß bei der Grundbuchsabfrage im Bezirksgericht H***** ein Fehler aufgetreten sei. Die Gründe für die Falschinformation des Beklagten über das Ausmaß des Liegenschaftsbesitzes konnten nicht aufgeklärt werden.
Vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ausgehend verneinte das Erstgericht eine Sorgfaltspflichtverletzung. Der Beklagte habe keinen Anlaß gehabt, über die geforderten Grundbuchsauszüge aller im Eigentum der Schuldnerin stehenden Liegenschaften hinaus eine Abschrift aus dem Personenverzeichnis zu verlangen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge.
Der Beklagte und seine Angestellte hätten keinen Anlaß gehabt, nach Erhalt der beiden Grundbuchsauszüge zusätzlich eine Abschrift aus dem Personenverzeichnis zu beantragen. Wenngleich es auffällig gewesen sei, daß eine Gesellschaft, die sich mit dem An- und Verkauf und der Sanierung von Liegenschaften befasse, Eigentümerin von nur zwei Liegenschaften in Österreich sei, habe der Beklagte diesen Umstand mit dem Kläger und seiner Gattin erörtert. Danach habe kein Anlaß mehr bestanden, am Ergebnis der Grundbuchsabfrage zu zweifeln. Auch der Umstand, daß die Grundbuchsbedienstete erkennbar unrichtig einen Grundbuchsauszug einer in Oberösterreich gelegenen Liegenschaft ausfolgte, habe keinen Beweis dafür geliefert, daß die Auskunft im übrigen unvollständig gewesen wäre.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof über einen vergleichbaren Fall noch nicht entschieden habe.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor:Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (Paragraph 508 a, Absatz eins, ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes liegen die Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht vor:
Auf das der entgeltlichen Besorgung von Geschäften dienende Vertragsverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinen Klienten sind die Bestimmungen der RAO und des ABGB über den Bevollmächtigungsvertrag anzuwenden. Nach § 9 Abs 1 RAO hat der Anwalt die übernommene Vertretung dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten. § 1009 Abs 1 ABGB verpflichtet den Rechtsanwalt, das Geschäft seinem Zweck entsprechend "emsig und redlich" zu besorgen. Er hat die nach den Umständen erforderliche, ihm zumutbare Sorgfalt anzuwenden, ohne für den Erfolg der übernommenen Besorgung zu haften (Strasser in Rummel ABGB2 Rz 9 zu § 1009 mwN). Allerdings dürfen die Anforderungen an seine Sorgfaltspflicht nicht überspannt werden. Das Maß der Sorgfalt orientiert sich gemäß § 1299 ABGB am durchschnittlichen Anwalt. Es können von ihm nur der Fleiß und die Kenntnisse verlangt werden, die Vertreter seines Berufsstandes gewöhnlich aufweisen (AnwBl 1990, 42; RIS-Justiz RS0026584; Reischauer in Rummel aaO Rz 2 zu § 1299; Bydlinski, Zur Haftung der Dienstleistungsberufe in Österreich und nach dem EG-Richtlinienvorschlag JBl 1992, 341 [344]; Völkl, Die Haftung der rechtsberatenden Berufe im Spiegel der Rechtsprechung ÖJZ 1989, 513 [517]).Auf das der entgeltlichen Besorgung von Geschäften dienende Vertragsverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und seinen Klienten sind die Bestimmungen der RAO und des ABGB über den Bevollmächtigungsvertrag anzuwenden. Nach Paragraph 9, Absatz eins, RAO hat der Anwalt die übernommene Vertretung dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten. Paragraph 1009, Absatz eins, ABGB verpflichtet den Rechtsanwalt, das Geschäft seinem Zweck entsprechend "emsig und redlich" zu besorgen. Er hat die nach den Umständen erforderliche, ihm zumutbare Sorgfalt anzuwenden, ohne für den Erfolg der übernommenen Besorgung zu haften (Strasser in Rummel ABGB2 Rz 9 zu Paragraph 1009, mwN). Allerdings dürfen die Anforderungen an seine Sorgfaltspflicht nicht überspannt werden. Das Maß der Sorgfalt orientiert sich gemäß Paragraph 1299, ABGB am durchschnittlichen Anwalt. Es können von ihm nur der Fleiß und die Kenntnisse verlangt werden, die Vertreter seines Berufsstandes gewöhnlich aufweisen (AnwBl 1990, 42; RIS-Justiz RS0026584; Reischauer in Rummel aaO Rz 2 zu Paragraph 1299 ;, Bydlinski, Zur Haftung der Dienstleistungsberufe in Österreich und nach dem EG-Richtlinienvorschlag JBl 1992, 341 [344]; Völkl, Die Haftung der rechtsberatenden Berufe im Spiegel der Rechtsprechung ÖJZ 1989, 513 [517]).
Die Entscheidung des Berufungsgerichtes, das aufgrund der vorliegenden konkreten Umstände eine Verletzung der objektiv gebotenen Sorgfalt verneinte, weil der Beklagte keinen Anlaß gehabt habe, an der Richtigkeit der von einer Gerichtsbediensteten ausgeführten Grundbuchsabfrage zu zweifeln, steht mit dieser in Lehre und Rechtsprechung vertretenen Auffassung in Einklang.
Sie ist auch nicht zu beanstanden, zumal die vom Beklagten (bzw seiner Angestellten) verlangten Grundbuchsauszüge eine Abfrage der Gerichtsbediensteten im Eigentümerverzeichnis Gesamtösterreichs ohnehin zwingend voraussetzte, wozu der Beklagte als Anwalt nicht berechtigt war. Die Gerichtsbedienstete mußte, um die begehrten Auszüge erstellen zu können, zunächst eine Abfrage im Personenverzeichnis (§ 4 Abs 2 GUG) für alle Bundesländer durchführen, ohne daß hiefür ein gesonderter Ausdruck des Suchergebnisses erforderlich gewesen wäre. Diese Abfrage ergab eine Liegenschaft in Wien und eine weitere in Oberösterreich, woraus der Beklagte erkennen konnte, daß in mehreren Bundesländern abgefragt wurde. Daß die Eigentümerin der in Oberösterreich gelegenen Liegenschaft nicht mit der Verpflichteten ident ist, mußte Zweifel an der Richtigkeit der Abfrage schon deshalb nicht erwecken, weil beide Firmen in ihren für die Abfrage wesentlichen Bestandteilen ("A*****gesellschaft mbH") ident sind. Der Beklagte mußte daher auch nicht daran zweifeln, daß die Abfrage alle Eigentümer mit diesen Firmenbestandteilen "A*****" und *****gesellschaft mbH" in Österreich erfasse. Weitere in Anbetracht des geringen Abfrageergebnisses geäußerte Bedenken wurden dadurch zerstreut, daß der Kläger und seine Gattin die Ansicht vertraten, der Geschäftsführer der Schuldnerin (den der Kläger aufgrund seines früheren freundschaftlichen Verhältnisses kennen mußte) sei "ein so raffinierter Typ", es sei "alles möglich" und es könne "mit einfacher Plausibilität nicht vorgegangen werden". Eine die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung des anzuwendenden Sorgfaltsmaßstabes durch das Berufungsgericht kann daher verneint werden.Sie ist auch nicht zu beanstanden, zumal die vom Beklagten (bzw seiner Angestellten) verlangten Grundbuchsauszüge eine Abfrage der Gerichtsbediensteten im Eigentümerverzeichnis Gesamtösterreichs ohnehin zwingend voraussetzte, wozu der Beklagte als Anwalt nicht berechtigt war. Die Gerichtsbedienstete mußte, um die begehrten Auszüge erstellen zu können, zunächst eine Abfrage im Personenverzeichnis (Paragraph 4, Absatz 2, GUG) für alle Bundesländer durchführen, ohne daß hiefür ein gesonderter Ausdruck des Suchergebnisses erforderlich gewesen wäre. Diese Abfrage ergab eine Liegenschaft in Wien und eine weitere in Oberösterreich, woraus der Beklagte erkennen konnte, daß in mehreren Bundesländern abgefragt wurde. Daß die Eigentümerin der in Oberösterreich gelegenen Liegenschaft nicht mit der Verpflichteten ident ist, mußte Zweifel an der Richtigkeit der Abfrage schon deshalb nicht erwecken, weil beide Firmen in ihren für die Abfrage wesentlichen Bestandteilen ("A*****gesellschaft mbH") ident sind. Der Beklagte mußte daher auch nicht daran zweifeln, daß die Abfrage alle Eigentümer mit diesen Firmenbestandteilen "A*****" und *****gesellschaft mbH" in Österreich erfasse. Weitere in Anbetracht des geringen Abfrageergebnisses geäußerte Bedenken wurden dadurch zerstreut, daß der Kläger und seine Gattin die Ansicht vertraten, der Geschäftsführer der Schuldnerin (den der Kläger aufgrund seines früheren freundschaftlichen Verhältnisses kennen mußte) sei "ein so raffinierter Typ", es sei "alles möglich" und es könne "mit einfacher Plausibilität nicht vorgegangen werden". Eine die Rechtssicherheit gefährdende Fehlbeurteilung des anzuwendenden Sorgfaltsmaßstabes durch das Berufungsgericht kann daher verneint werden.
Mangels Vorliegens einer Sorgfaltspflichtverletzung erübrigt es sich, auf die von der Revision angesprochenen Fragen der Kausalität einzugehen.
Diese Erwägungen führen zu einer Zurückweisung der Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).Diese Erwägungen führen zu einer Zurückweisung der Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO (Paragraph 510, Absatz 3, letzter Satz ZPO).
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen, so daß seine Rechtsmittelgegenschrift zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf Paragraphen 41 und 50 Absatz eins, ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen, so daß seine Rechtsmittelgegenschrift zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war.
Anmerkung
E46386 04A01297European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:0040OB00129.97T.0527.000Dokumentnummer
JJT_19970527_OGH0002_0040OB00129_97T0000_000