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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags zur Einbringung eines Individualantrags wegen Aussichtslosigkeit der in Aussicht genommenen Rechtsverfolgung mangels unmittelbarer Betroffenheit des AntragstellersSpruch
Der Antrag des M W, ..., auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Antrags gem. Art140 Abs1 letzter Satz B-VG auf Aufhebung des Art8 Abs2 Europäische Menschenrechtskonvention wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit Schriftsatz vom 8. April 2002 beantragt der Einschreiter, ihm die Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Antrags auf Aufhebung des Art8 Abs2 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) zu bewilligen. Begründend wird dazu im wesentlichen ausgeführt, es sei in dieser Bestimmung nicht festgelegt, "inwieweit eine Behörde eingreifen darf", "Macht- und Amtsmißbrauch" seien daher "Tür und Tor geöffnet".
2. Nach dem letzten Satz des Art140 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet. Eine wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines solchen Antrags besteht somit darin, daß die angefochtene Gesetzesbestimmung unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreift.
Davon kann hier aber keine Rede sein. Der in Art8 Abs2 EMRK, BGBl. Nr. 210/1958 idF BGBl. III Nr. 30/1998, niedergelegte sog. Gesetzesvorbehalt bestimmt bloß, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber ermächtigt ist, das in Art8 Abs1 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Wege eines Gesetzes zu beschränken. Damit ist es aber ausgeschlossen, daß Art8 Abs2 EMRK einen unmittelbaren Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers zu bewirken vermag. Ein derartiger Eingriff könnte sich erst aus einem generellen Rechtsakt (Gesetz) ergeben, mit dem von der in Art8 Abs2 EMRK ausgesprochenen Ermächtigung Gebrauch gemacht wird (s. zB VfSlg. 8978/1980, 11.579/1987, 12.752/1991 uva.). Es kann daher dahinstehen, ob der vorliegende Antrag nicht auch aus anderen Gründen aussichtslos wäre, insbesondere im Hinblick darauf, daß Art8 EMRK im Range eines Bundesverfassungsgesetzes steht (vgl. BGBl. Nr. 59/1964 und das sich auf Art6 EMRK beziehende Erkenntnis VfSlg. 11.500/1987).
3. Im Schriftsatz vom 8. April 2002 wird schließlich ausgeführt, der Einschreiter sehe sich - wegen "Manipulation (s)einer Familie und (s)einer Person" - gezwungen, "Schadenersatz und Wiedergutmachung" einzuklagen. Auch hiezu werde Verfahrenshilfe beantragt.
Damit ist jedoch eine Kompetenz der ordentlichen Gerichte angesprochen (s. §1 Jurisdiktionsnorm sowie §9 Amtshaftungsgesetz). Dem Verfassungsgerichtshof ist durch keine Bestimmung die Kompetenz zugewiesen, über solche Schadenersatzansprüche zu entscheiden.
4. Die in Aussicht genommene Rechtsverfolgung erweist sich somit unter jedem Aspekt als offenbar aussichtslos, zumal der Einschreiter die Zurückweisung eines allfälligen Antrags gem. Art140 Abs1 letzter Satz B-VG bzw. einer allfälligen Klage gem. Art137 B-VG zu gewärtigen hätte.
Da der Antrag somit den Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) insgesamt nicht entspricht, war er abzuweisen.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:G116.2002Dokumentnummer
JFT_09979583_02G00116_00