Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Franz Ovesny und Mag.Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Rudolf V*****, Spengler,***** vertreten durch Dr.Georg Krasser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am 1. Oktober 1995 verstorbenen Franz R*****, vertreten durch Dr.Peter Scheuch, Referatsleiter der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien, wegen S 238.706,18 brutto sA abzüglich S 9.351,- netto (Revisionsinteresse S 55.072,05 brutto abzüglich S 9.351,- netto) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.September 1996, GZ 8 Ra 169/96y-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13.Oktober 1995, GZ 24 Cga 15/95s-10, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen, die im Zuspruch von S 13.951 brutto sA und in der Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von S 169.683,13 brutto als unangefochten unberührt bleiben, werden im Umfang des noch streifverfangenen Anspruches von S 55.072,05 brutto abzüglich S 9.351,- netto sA aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird in diesem Rahmen an das Prozeßgericht erster Instanz zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Urteilsfällung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte mit seiner Klage insgesamt S 238.706,18 brutto abzüglich S 9.351 netto sA (darin ua S 82.437,42 brutto an Urlaubsentschädigung für 78 Werktage), weil ihn die beklagte Partei ungerechtfertigt entlassen habe.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger sei zu Recht wegen Trunkenheit entlassen worden. Zudem sei er zur Geltendmachung der Urlaubsentschädigung im Hinblick auf insofern gewährte Vorschüsse des Arbeitsamtes nicht legitimiert. In den Urlaubsaufzeichnungen des Klägers habe dieser den Urlaubsverbrauch in Arbeitstagen, den Urlaubsanspruch aber in Werktagen berechnet. Weiters habe er 1993 vier und 1995 fünf Urlaubstage nicht verzeichnet. Er habe eine Urlaubsabfindung von S 9.351,- brutto erhalten. Hilfsweise werde Verjährung der geltend gemachten Urlaubsansprüche eingewendet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zu den Ansprüchen des Klägers wegen nicht verbrauchten Urlaubes - nur diese sind Gegenstand des Revisionsverfahrens - traf es folgende Feststellungen:
Der Kläger, der bereits 1982 bis März 1986 bei der beklagten Partei gearbeitet hatte, begann am 13.4.1987 wieder bei ihr zu arbeiten. Er konsumierte 1992 Urlaub im Ausmaß von 16 Arbeitstagen, 1993 im Ausmaß von 25 Arbeitstagen und 1994 im Ausmaß von 11 Arbeitstagen. Abgesehen von je zweiwöchigen Urlauben 1992 und 1993 wurde der Urlaub tageweise verbraucht. Die Urlaubsberechnung wurde sowohl vom Dienstgeber als auch vom Kläger in Arbeitstagen vorgenommen. Aufgrund der Endabrechnung erhielt der Kläger eine Urlaubsabfertigung für zwei Wochen Resturlaub.
Das Erstgericht erachtete die am 15.11.1994 ausgesprochene Entlassung des Klägers als gerechtfertigt und verneinte die in der Klage geltend gemachten entlassungsabhängigen Ansprüche. Auch den vom Kläger begehrten Novemberlohn habe er bereits erhalten. Da im Betrieb der beklagten Partei das Urlaubsausmaß in Tagen berechnet worden sei, sei von einem Urlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen pro Jahr auszugehen. Für den offenen Urlaubsanspruch für 1994 (14 Tage) habe der Kläger eine Urlaubsabfindung erhalten. 1993 habe er seinen Urlaub verbraucht. Für 1992 bestehe zwar ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung für 9 Arbeitstage; insofern sei der Kläger jedoch im Hinblick auf die Legalzession des § 16 Abs 2 und 4 AlVG nicht klagslegitimiert. Ein allfälliger Urlaubsrest aus den Urlaubsjahren 1987 bis 1991 sei gemäß § 4 Abs 5 UrlG verjährt.Das Erstgericht erachtete die am 15.11.1994 ausgesprochene Entlassung des Klägers als gerechtfertigt und verneinte die in der Klage geltend gemachten entlassungsabhängigen Ansprüche. Auch den vom Kläger begehrten Novemberlohn habe er bereits erhalten. Da im Betrieb der beklagten Partei das Urlaubsausmaß in Tagen berechnet worden sei, sei von einem Urlaubsanspruch von 25 Arbeitstagen pro Jahr auszugehen. Für den offenen Urlaubsanspruch für 1994 (14 Tage) habe der Kläger eine Urlaubsabfindung erhalten. 1993 habe er seinen Urlaub verbraucht. Für 1992 bestehe zwar ein Anspruch auf Urlaubsentschädigung für 9 Arbeitstage; insofern sei der Kläger jedoch im Hinblick auf die Legalzession des Paragraph 16, Absatz 2 und 4 AlVG nicht klagslegitimiert. Ein allfälliger Urlaubsrest aus den Urlaubsjahren 1987 bis 1991 sei gemäß Paragraph 4, Absatz 5, UrlG verjährt.
Das Berufungsgericht gab einer vom Kläger erhobenen Berufung teilweise statt und änderte das Ersturteil im Sinne des Zuspruches von S 13.951 sA (dabei handelt es sich - wie den Urteilsgründen zu entnehmen ist - um einen Bruttobetrag) ab. Auch das Berufungsgericht erachtete die Entlassung des Klägers als gerechtfertigt. Es teilte auch die Meinung des Erstgerichtes, daß allfällige offene Urlaubsansprüche bis 1991 mit Ablauf des Jahres 1993 verjährt seien. Da die Legalzession nach § 16 AlVG die aktive Klagslegitimation des Arbeitnehmers nicht beseitige, stehe dem Kläger für seine noch offenen Urlaubsansprüche eine Urlaubsabfindung zu. Unter Berücksichtigung der Sonn- und Feiertage betrage der offene Urlaubsrest für 1992 und 1993 16 bzw 5 Werktage. Das Jahr 1994 sei bereits abgefunden worden. Daraus errechne sich der zugesprochene Betrag.Das Berufungsgericht gab einer vom Kläger erhobenen Berufung teilweise statt und änderte das Ersturteil im Sinne des Zuspruches von S 13.951 sA (dabei handelt es sich - wie den Urteilsgründen zu entnehmen ist - um einen Bruttobetrag) ab. Auch das Berufungsgericht erachtete die Entlassung des Klägers als gerechtfertigt. Es teilte auch die Meinung des Erstgerichtes, daß allfällige offene Urlaubsansprüche bis 1991 mit Ablauf des Jahres 1993 verjährt seien. Da die Legalzession nach Paragraph 16, AlVG die aktive Klagslegitimation des Arbeitnehmers nicht beseitige, stehe dem Kläger für seine noch offenen Urlaubsansprüche eine Urlaubsabfindung zu. Unter Berücksichtigung der Sonn- und Feiertage betrage der offene Urlaubsrest für 1992 und 1993 16 bzw 5 Werktage. Das Jahr 1994 sei bereits abgefunden worden. Daraus errechne sich der zugesprochene Betrag.
Gegen dieses Urteil, und zwar nur insoweit, als die Urlaubsabfindung mit weniger als S 59.672,05 (nach den Revisionsausführungen gemeint offenbar: S 69.023,05 brutto abzüglich S 9.351,- netto) zugesprochen wurde, richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Zuspruches dieses Betrages abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne des darin gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß die Entlassung des Klägers gerechtfertigt war. Für den im Urlaubsjahr der Entlassung nicht verbrauchten Urlaub steht ihm daher nicht der in der Klage geltend gemachte Anspruch auf Urlaubsentschädigung (§ 9 UrlG), sondern ein Anspruch auf Urlaubsabfindung (§ 10 UrlG) zu. Dies steht einem Zuspruch nicht entgegen, weil der Anspruch auf Urlaubsabfindung gegenüber dem Anspruch auf Urlaubsentschädigung nicht als aliud, sondern als minus anzusehen ist (9 ObA 2142/96g; 9 ObA 2051/96z; 9 ObA 2073/96k ua). Nicht verbrauchte Ansprüche auf Urlaub aus früheren Urlaubsjahren sind hingegen, soweit nicht Verjährung iS § 4 Abs 5 UrlG eingetreten ist, ohne Rücksicht auf die Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu entschädigen (SZ 60/262; 9 ObA 300/89; Cerny, Urlaubsrecht6 121; Kuderna, UrlG2 Rz 5 zu § 10). Schon deshalb ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Berechnung des dem Kläger zugesprochenen Betrages, die auf der Annahme eines Anspruches (nur) auf Urlaubsabfindung für den nicht verbrauchten Urlaubsanspruch früherer Jahre beruht, unzutreffend.Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, daß die Entlassung des Klägers gerechtfertigt war. Für den im Urlaubsjahr der Entlassung nicht verbrauchten Urlaub steht ihm daher nicht der in der Klage geltend gemachte Anspruch auf Urlaubsentschädigung (Paragraph 9, UrlG), sondern ein Anspruch auf Urlaubsabfindung (Paragraph 10, UrlG) zu. Dies steht einem Zuspruch nicht entgegen, weil der Anspruch auf Urlaubsabfindung gegenüber dem Anspruch auf Urlaubsentschädigung nicht als aliud, sondern als minus anzusehen ist (9 ObA 2142/96g; 9 ObA 2051/96z; 9 ObA 2073/96k ua). Nicht verbrauchte Ansprüche auf Urlaub aus früheren Urlaubsjahren sind hingegen, soweit nicht Verjährung iS Paragraph 4, Absatz 5, UrlG eingetreten ist, ohne Rücksicht auf die Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu entschädigen (SZ 60/262; 9 ObA 300/89; Cerny, Urlaubsrecht6 121; Kuderna, UrlG2 Rz 5 zu Paragraph 10,). Schon deshalb ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Berechnung des dem Kläger zugesprochenen Betrages, die auf der Annahme eines Anspruches (nur) auf Urlaubsabfindung für den nicht verbrauchten Urlaubsanspruch früherer Jahre beruht, unzutreffend.
Zu Recht wendet sich der Revisionswerber überdies gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, allfällige Urlaubsansprüche aus den Jahren bis 1991 seien in jedem Falle verjährt.
Gemäß § 4 Abs 5 UrlG verjährt der Urlaubsanspruch nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist. Der Arbeitnehmer hat daher vom Entstehen des Urlaubsanspruches bis zum Ende der Verjährungsfrist insgesamt drei Jahre zur Geltendmachung zur Verfügung (WBl 1995, 418; Cerny aaO 121). Ist ein Verbrauch des Urlaubs während des Urlaubsjahres - aus welchem Grund immer - ganz oder teilweise unterblieben, wird der Urlaubsanspruch von selbst auf das folgende oder gegebenenfalls auch auf das übernächste Urlaubsjahr übertragen. Nicht verbrauchte Urlaube (Urlaubsreste) können auf diese Weise - was die Vorinstanzen unbeachtet ließen - solange auf weitere Urlaubsjahre übertragen werden, als sie nicht verjährt sind; ein im neuen Urlaubsjahr angetretener Urlaub ist vorerst auf den aus dem vergangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub anzurechnen (SZ 57/49; WBl 1995, 418).Gemäß Paragraph 4, Absatz 5, UrlG verjährt der Urlaubsanspruch nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist. Der Arbeitnehmer hat daher vom Entstehen des Urlaubsanspruches bis zum Ende der Verjährungsfrist insgesamt drei Jahre zur Geltendmachung zur Verfügung (WBl 1995, 418; Cerny aaO 121). Ist ein Verbrauch des Urlaubs während des Urlaubsjahres - aus welchem Grund immer - ganz oder teilweise unterblieben, wird der Urlaubsanspruch von selbst auf das folgende oder gegebenenfalls auch auf das übernächste Urlaubsjahr übertragen. Nicht verbrauchte Urlaube (Urlaubsreste) können auf diese Weise - was die Vorinstanzen unbeachtet ließen - solange auf weitere Urlaubsjahre übertragen werden, als sie nicht verjährt sind; ein im neuen Urlaubsjahr angetretener Urlaub ist vorerst auf den aus dem vergangenen Urlaubsjahr übertragenen Urlaub anzurechnen (SZ 57/49; WBl 1995, 418).
Demgemäß ist es aber unmöglich, ohne Feststellungen über den bis 1991 erfolgten Urlaubsverbrauch des Klägers Aussagen darüber zu treffen, ob bzw inwieweit nicht verbrachter Urlaub aus diesem Zeitraum verjährt ist. Damit erweisen sich aber die erstgerichtlichen Feststellungen als ergänzungsbedürftig, sodaß sich die Revision im Sinne des Aufhebungsantrages als berechtigt erweist.
Im fortgesetzten Verfahren wird überdies zu berücksichtigen sein, daß das Urlaubsjahr - also der Zeitraum, innerhalb dessen ein Urlaubsanspruch gebührt - im Zweifel das Arbeitsjahr (und nicht das Kalenderjahr) ist (Kuderna aaO Rz 4 zu § 2; Cerny aaO 45). Die Vereinbarung des Kalenderjahres oder eines anderen Jahreszeitraumes ist zwar unter gewissen Voraussetzungen zulässig (siehe dazu Kuderna, aaO Rz 4, 16 ff); eine solche Vereinbarung wurde hier aber nicht behauptet. Dieser Umstand wird, da beide Parteien (und auch die Vorinstanzen) bislang auf das Kalenderjahr abstellten, mit den Parteien zu erörtern sein.Im fortgesetzten Verfahren wird überdies zu berücksichtigen sein, daß das Urlaubsjahr - also der Zeitraum, innerhalb dessen ein Urlaubsanspruch gebührt - im Zweifel das Arbeitsjahr (und nicht das Kalenderjahr) ist (Kuderna aaO Rz 4 zu Paragraph 2 ;, Cerny aaO 45). Die Vereinbarung des Kalenderjahres oder eines anderen Jahreszeitraumes ist zwar unter gewissen Voraussetzungen zulässig (siehe dazu Kuderna, aaO Rz 4, 16 ff); eine solche Vereinbarung wurde hier aber nicht behauptet. Dieser Umstand wird, da beide Parteien (und auch die Vorinstanzen) bislang auf das Kalenderjahr abstellten, mit den Parteien zu erörtern sein.
Ferner wird zu beachten sein, daß bei tageweisem Verbrauch des Urlaubes der Urlaubsanspruch nach Arbeitstagen zu berechnen ist (SZ 63/191; Kuderna aaO Rz 11 zu § 2). Die Berechnung des Revisionswerbers, in der dem tageweise berechneten Urlaubsverbrauch der nach Werktagen ermittelte Urlaubsanspruch gegenübergestellt wird, ist daher verfehlt.Ferner wird zu beachten sein, daß bei tageweisem Verbrauch des Urlaubes der Urlaubsanspruch nach Arbeitstagen zu berechnen ist (SZ 63/191; Kuderna aaO Rz 11 zu Paragraph 2,). Die Berechnung des Revisionswerbers, in der dem tageweise berechneten Urlaubsverbrauch der nach Werktagen ermittelte Urlaubsanspruch gegenübergestellt wird, ist daher verfehlt.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E46577 09B00447European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:009OBA00044.97D.0611.000Dokumentnummer
JJT_19970611_OGH0002_009OBA00044_97D0000_000