Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Franz Ovesny und Mag.Thomas Kallab als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Partei Bundesland Niederösterreich, vertreten durch Dr.Stefan Gloß und Dr.Hans Pucher, Rechsanwälte in St.Pölten, und der Nebenintervenientin auf seiten der klagenden Partei Stadt Wien, vertreten durch Dr.Wolfgang Heufler, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Gertrude Sch*****, Krankenschwester, ***** 2. Eva L*****, Krankenschwester, ***** beide vertreten durch Dr.Reinhard Armster, Rechtsanwalt in Maria Enzersdorf, wegen 1. S 182.357,80 sA und 2. S 175.616,80 sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.November 1996, GZ 9 Ra 196/96a-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 22.Jänner 1996, GZ 4 Cga 267/94t-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.622,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.937,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist gemäß § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zulässig, weil die strittige Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Kündigung oder Austritt) bei der mit Ende des Arbeitsverhältnisses entstandenen Rückzahlungsverpflichtung der Ausbildungskosten eine damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Vorfrage bildet.Die Revision ist gemäß Paragraph 46, Absatz 3, ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zulässig, weil die strittige Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Kündigung oder Austritt) bei der mit Ende des Arbeitsverhältnisses entstandenen Rückzahlungsverpflichtung der Ausbildungskosten eine damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Vorfrage bildet.
Die klagende Partei hat die Höhe und die Zusammensetzung der Klageforderungen sowie deren Fälligkeit behauptet. Das Erstgericht hat nach Durchführung eines Beweisverfahrens die diesem Vorbringen entsprechenden Feststellungen zur Höhe und Berechnung der Klageforderung getroffen. Der Vorwurf, daß kein Prozeßvorbringen vorliege, entbehrt daher der aktenmäßigen Grundlage. Ob und inwieweit das festgestellte Ergebnis aus den Beweisergebnissen rechtlich nicht abgeleitet werden konnte, legen die Rechtsmittelwerber nicht dar. Daß das Berufungsgericht sich mit diesem Einwand des mangelnden Prozeßvorbringens nicht ausdrücklich befaßt hat, begründet sohin keinen relevanten Verfahrensmangel.
Im übrigen hat das Berufungsgericht die Rückforderbarkeit der Ausbildungskosten der Beklagten zutreffend bejaht, sodaß auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden kann (§ 48 ASGG).Im übrigen hat das Berufungsgericht die Rückforderbarkeit der Ausbildungskosten der Beklagten zutreffend bejaht, sodaß auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden kann (Paragraph 48, ASGG).
Ergänzend ist auszuführen:
Die Berechtigung der in erster Instanz siegreichen Partei, für sie ungünstige Feststellungen auch noch in der Revision zu bekämpfen (SSV-NF 7/31; 10 ObS 251/94, 9 ObA 66/95) erfordert, daß diese Feststellungen für die Sachentscheidung von Bedeutung sind. Ob für die Beklagten auch finanzielle Erwägungen bei der Selbstkündigung maßgeblich waren, ist deshalb nicht von Bedeutung, weil sie nicht nachweisen konnten, daß ihrer Selbstkündigung ein wichtiger, durch den Arbeitgeber verschuldeter Grund im Sinne eines Austrittsgrundes zugrundelag (Resch, Klauseln über Ausbildungskostenrückersatz, DRdA 1993, 8 f; Weinmeier, Zur Rückzahlung von Ausbildungskosten, RdW 1993, 13). Die sonstigen Motive zur Kündigung des Dienstverhältnisses sind daher nicht ausschlaggebend. Die Beklagten wurden nach der Ausbildung vertragsgemäß als Diplomkrankenschwestern entlohnt und auch wie bisher gemäß dem Vertrag in einem Pflegeheim verwendet. Sie hatten sich ja verpflichtet, ihr Dienstverhältnis als Diplomkrankenschwestern in einem niederösterreichischen Landespensionistenheim oder Pflegeheim auch nach ihrer Ausbildung aufrechtzuerhalten. Daß sie dort nicht ausschließlich nur zu qualifizierten Tätigkeiten einer Diplomkrankenschwester herangezogen werden würden, mußte ihnen schon aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeit an den Pflegestationen bekannt sein. Andererseits erfolgte entgegen der Ansicht der Revisionswerberinnen dennoch, eine wenn auch geringe Verwendung als qualifizierte Diplomkrankenschwestern, weil sie, wie das Erstgericht feststellte, nun auch berechtigt waren, selbständig Infusionen und Insulinspritzen zu verabreichen. Einen Austrittsgrund durch vertragswidriges, die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses unzumutbares verschuldetes Verhalten des Dienstgebers durch ausschließliche vertragswidrige Verwendung im Sanitätshilfsdienst setzte die klagende Partei daher nicht. Im übrigen handelt es sich bei der Tätigkeit als Diplomkrankenschwester nicht um eine so spezielle Tätigkeit, bei der das teilweise Brachliegen der Kenntnisse zu einem wesentlichen Qualitätsverlust und zu einer nur schwer zu beseitigenden Minderung der Kenntnisse und Fähigkeiten führt (9 ObA 2263/96a).
Die Vereinbarung über den Rückersatz der Ausbildungskosten bewirkte keine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen (Resch aaO, 10). Die wirtschaftliche Nutzung der verbesserten Berufsqualifikation war gewährleistet und die wirtschaftlichen Vorteile der verbesserten Berufschancen am Arbeitsmarkt waren bereits zur Gänze erworben (DRdA 1994/19 [Dirschmid]), sodaß die wirtschaftliche Kündigungsbeschränkung für den nicht unüblichen Zeitraum von fünf Jahren (DRdA 1990/19 [Resch]) interessensmäßig aufgewogen war (Resch aaO, 17). Eine unverhältnismäßige und unausgewogene Belastung der Beklagten mit den Ausbildungskosten, die über die dem Dienstgeber tatsächlich entstandenen Kosten (Resch, Ausbildungskosten für nicht ärztliches Personal, RdM 1994, 42; ecolex 1994, 835; Arb 11.336) nicht hinausgingen und die nach der Rechtsprechung auch die Lohnkosten enthalten dürfen (WBl 1993, 399 = Arb 11.101; DRdA 1994/19 [Dirschmid]) ist bei einem Ausscheiden nur vier Monate nach Beendigung der Ausbildung aus eigenem Antrieb ohne ein zugrundeliegendes Verschulden des Dienstgebers nicht gegeben, wo doch für den Arbeitgeber die auf seine nicht unerheblichen Kosten erworbenen zusätzlichen Fähigkeiten der Beklagten im Rahmen der für ihn gegebenen Möglichkeiten nicht mehr nutzbar waren.
Da die Geltendmachung der aliquoten Ausbildungskosten die bereits "abgearbeiteten" Kosten berücksichtigt (Resch aaO, 18) ist auch dem Grundsatz entsprochen, daß nur die tatsächlichen Ausbildungskosten in einem gewissen Rahmen zurückgefordert werden dürfen (DRdA 1990/19 [Resch]; DRdA 1994/19 [Dirschmid]), sodaß sich auch daraus keine grobe Verletzung der rechtlich geschützten Interessen der Beklagten ergibt. Eine Mäßigung der Ausbildungskosten ist nicht möglich, weil es sich bei dieser Vereinbarung des Ausbildungskostenrückersatzes im Regelfall um keine Vertragsstrafe handelt (Resch aaO, RdM 1994, 49; EvBl 1983/105).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E46442 09B01287European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:009OBA00128.97G.0611.000Dokumentnummer
JJT_19970611_OGH0002_009OBA00128_97G0000_000