TE OGH 1997/6/17 13R193/97y

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.06.1997
beobachten
merken

Kopf

Das Landesgericht Eisenstadt als Rekursgericht hat durch den Vizepräsidenten des Landesgerichtes Dr. Josef Wimmer als Vorsitzenden sowie durch die Richter Dr.Herbert Gassner und Dr. Georg Kodek im Schuldenregulierungsverfahren der L***** S*****, g***** über den Rekurs der Schuldnerin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 9.5.1997, GZ 5 S 15/97h-6, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben, der angefochtene Beschluß ersatzlos aufgehoben und dem Erstgericht die Fortführung des Verfahrens aufgetragen.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig.

Text

Begründung:

Die Schuldnerin bezieht als unselbständig Erwerbstätige von der Merkur Versicherung ein Monatseinkommen von S 14.000,--. Daneben gab sie - zunächst nicht näher konkretisierte - Ansprüche aus "selbständiger Erwerbstätigkeit" im Ausmaß von S 2.000,-- bis S 2.500,-- monatlich an. Daraufhin forderte das Erstgericht die Schuldnerin mit Beschluß vom 28.2.1997 auf, bekanntzugeben, ob sie ein (eigenes) Unternehmen betreibe, ob dieses im Firmenbuch eingetragen sei, wo sich dessen wirtschaftlicher Mittelpunkt befinde sowie welcher Art ihre Ansprüche aus selbständiger Erwerbstätigkeit seien.

Die Schuldnerin teilte daraufhin mit Eingabe vom 6.3.1997 (ON 4) mit, sie sei bei der Merkur Versicherung als Versicherungsangestellte im Außendienst beschäftigt. Sie besitze keinerlei Firmen udgl. Daraufhin forderte das Erstgericht die Schuldnerin neuerlich auf, anzugeben, welcher Art die von ihr angeführten Ansprüche aus selbständiger Erwerbstätigkeit von S 2.000,-- bis S 2.500,-- monatlich seien (ON 5). Daraufhin teilte die Schuldnerin mit Schreiben vom 9.5.1997 (AS 81) mit, diese Einkünfte stammen von Abschlüssen bei der Bausparkasse ABV und Wüstenrot. In diesem Jahr sei erst ein Abschluß getätigt worden, da sie durch zusätzliche Seminare keine Möglichkeit gehabt habe, zusätzlich für die Bausparkasse tätig zu sein.

Mit dem angefochtenen Beschluß erkärte sich das Erstgericht für unzuständig und überwies die Rechtssache gemäß § 44 JN an das Landesgericht Eisenstadt. Bei der Tätigkeit der Schuldnerin handle es sich um eine auf Dauer angelegte, organisierte, selbständige wirtschaftliche Tätigkeit, die unter den Unternehmensbegriff falle. Dafür werde keine bestimmte Betriebsgröße, kein Mindestkapital und keine Mindestorganisation verlangt. Es sei daher für das Konkursverfahren der Gerichtshof zuständig.Mit dem angefochtenen Beschluß erkärte sich das Erstgericht für unzuständig und überwies die Rechtssache gemäß Paragraph 44, JN an das Landesgericht Eisenstadt. Bei der Tätigkeit der Schuldnerin handle es sich um eine auf Dauer angelegte, organisierte, selbständige wirtschaftliche Tätigkeit, die unter den Unternehmensbegriff falle. Dafür werde keine bestimmte Betriebsgröße, kein Mindestkapital und keine Mindestorganisation verlangt. Es sei daher für das Konkursverfahren der Gerichtshof zuständig.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Schuldnerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Rekurs ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 182 KO ist, wenn der Schuldner kein Unternehmen betreibt, Konkursgericht das zum Zeitpunkt der Antragstellung örtlich zuständige Bezirksgericht. Nach den Gesetzesmaterialien (abgedruckt etwa bei Feil, Konkursordnung 403 f) sollen für das Konkursverfahren von Personen, die kein Unternehmen betreiben, die Bezirksgerichte zuständig sein, weil diese Verfahren an die Stelle von Exekutionsverfahren, die derzeit gegen zahlungsunfähige Personen geführt werden, treten und der persönliche Kontakt zwischen Schuldner und Gericht mehr in den Vordergrund tritt, insbesondere, weil ein Masseverwalter nur in Ausnahmefällen bestellt wird. Bei Auslegung des Begriffes des Unternehmens könne § 1 Abs. 2 KSchG, der eine Legaldefinition dieses Begriffs enthalte, herangezogen werden. Nach Paragraph 182, KO ist, wenn der Schuldner kein Unternehmen betreibt, Konkursgericht das zum Zeitpunkt der Antragstellung örtlich zuständige Bezirksgericht. Nach den Gesetzesmaterialien (abgedruckt etwa bei Feil, Konkursordnung 403 f) sollen für das Konkursverfahren von Personen, die kein Unternehmen betreiben, die Bezirksgerichte zuständig sein, weil diese Verfahren an die Stelle von Exekutionsverfahren, die derzeit gegen zahlungsunfähige Personen geführt werden, treten und der persönliche Kontakt zwischen Schuldner und Gericht mehr in den Vordergrund tritt, insbesondere, weil ein Masseverwalter nur in Ausnahmefällen bestellt wird. Bei Auslegung des Begriffes des Unternehmens könne Paragraph eins, Absatz 2, KSchG, der eine Legaldefinition dieses Begriffs enthalte, herangezogen werden.

Dem Erstgericht ist zuzugeben, daß für das Vorliegen eines Unternehmens im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG grundsätzlich weder eine bestimmte Betriebsgröße, ein bestimmtes Mindestkapital oder eine bestimmte Mindest- organisation verlangt werden (vgl. Mohr, Privatkonkurs 8 unter Berufung auf SZ 55/157). Unter Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG ist vielmehr jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit zu verstehen. Der Unternehmensbegriff ist daher durch das KSchG sehr weit gefaßt. Dazu gehören nicht nur Kaufleute, sondern auch etwa die Angehörigen der freien Berufe, land- und fortswirtschaftliche sowie gewerbliche Tätigkeiten (Krejoi in Rummel, ABGB II**2 Rz 14 zu § 1 KSchG).Dem Erstgericht ist zuzugeben, daß für das Vorliegen eines Unternehmens im Sinne des Paragraph eins, Absatz 2, KSchG grundsätzlich weder eine bestimmte Betriebsgröße, ein bestimmtes Mindestkapital oder eine bestimmte Mindest- organisation verlangt werden vergleiche Mohr, Privatkonkurs 8 unter Berufung auf SZ 55/157). Unter Unternehmen im Sinne des Paragraph eins, Absatz 2, KSchG ist vielmehr jede auf Dauer angelegte Organisation selbständiger wirtschaftlicher Tätigkeit zu verstehen. Der Unternehmensbegriff ist daher durch das KSchG sehr weit gefaßt. Dazu gehören nicht nur Kaufleute, sondern auch etwa die Angehörigen der freien Berufe, land- und fortswirtschaftliche sowie gewerbliche Tätigkeiten (Krejoi in Rummel, ABGB II**2 Rz 14 zu Paragraph eins, KSchG).

Die KO enthält jedoch keinen ausdrücklichen Verweis auf § 1 Abs. 2 KSchG; dabei handelt es sich nur um eine in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachte Auffassung.Die KO enthält jedoch keinen ausdrücklichen Verweis auf Paragraph eins, Absatz 2, KSchG; dabei handelt es sich nur um eine in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachte Auffassung.

Diese Anknüpfung an das KSchG wurde im Schrifttum wiederholt kritisiert (vgl. Kossak, Die Zuständigkeit der Bezirksgerichte für Privatkonkurse, RZ 1995,2,26, insbesondere 29 f). Das KSchG hat nämlich einen völlig anderen rechts- und sozialpolitischen Hintergrund. Der Unternehmensbegriff spielt in vielen anderen Bereichen des österreichischen Rechts eine zentrale Rolle, ohne dort jeweils gesetzlich definiert zu sein (so im Handels- und Gesellschaftsrecht, vgl. dazu Hämmerle- Wünsch I4 144 ff), im Arbeitsverfassungsrecht, Sozialversicherungs- recht, Steuerrecht, nach § 1409 ABGB, § 87 Abs. 2 JN, § 341 EO usw; vgl. Kossak, aaO, 29).Diese Anknüpfung an das KSchG wurde im Schrifttum wiederholt kritisiert vergleiche Kossak, Die Zuständigkeit der Bezirksgerichte für Privatkonkurse, RZ 1995,2,26, insbesondere 29 f). Das KSchG hat nämlich einen völlig anderen rechts- und sozialpolitischen Hintergrund. Der Unternehmensbegriff spielt in vielen anderen Bereichen des österreichischen Rechts eine zentrale Rolle, ohne dort jeweils gesetzlich definiert zu sein (so im Handels- und Gesellschaftsrecht, vergleiche dazu Hämmerle- Wünsch I4 144 ff), im Arbeitsverfassungsrecht, Sozialversicherungs- recht, Steuerrecht, nach Paragraph 1409, ABGB, Paragraph 87, Absatz 2, JN, Paragraph 341, EO usw; vergleiche Kossak, aaO, 29).

Die angeführten Bereiche setzen den Begriff des Unternehmens jeweils voraus, ohne ihn eigens zu definieren. Eine allgemeine Definition des Begriffs des Unternehmens ist in Anbetracht der völlig verschiedenen Konstellationen, in denen das Vorliegen eines Unternehmens Bedeutung entfalten kann, und der völlig verschiedenen von den jeweiligen gesetzlichen Regelungen verfolgten Zwecke wohl nicht möglich. Vielmehr kann der rechtliche Begriff des Unternehmens nur durch Auslegung konkreter einzelner Rechtsnormen und der Gesetze, in denen sie stehen, gewonnen werden (Fabricius, Grundbegriffe des Handels-, Wirtschafts- und Unternehmensrechts 5, 25; zustimmend Kossak, aaO, 29).

Während das KSchG in dem Bestreben, den Verbraucher gegenüber dem Unternehmer zu schützen, einen weiten Unternehmensbegriff zugrunde legt, muß dies nicht unbedingt auch für die Konkursordnung gelten. Ratio des § 182 KO war es - wie sich aus den zitierten Materialien ergibt -, jene Verfahren vom Gerichtshof wegzuverlagern, bei denen im Regelfall die Bestellung eines Masseverwalters nicht erforderlich ist. In diesen vom Gesetzgeber zu Recht als einfacher angesehenen Verfahren ist auch die Sachkenntnis und Erfahrung der an den Gerichtshöfen tätigen Insolvenzrichter von geringerer Bedeutung, liegt doch das Schwergewicht des Verfahrens regelmäßig nicht auf der Erfassung und Realisierung vorhandenen Vermögens, sondern auf der Herbeiführung eines Konsenses über die Rückzahlungmodalitäten, wie dieser im Zwangsausgleich oder vor allem im Zahlungsplan seinen Niederschlag findet. Soferne ein derartiges Einvernehmen nicht zustande kommt, liegt das Schwergewicht des Verfahrens auf der Verteilung der Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit.Während das KSchG in dem Bestreben, den Verbraucher gegenüber dem Unternehmer zu schützen, einen weiten Unternehmensbegriff zugrunde legt, muß dies nicht unbedingt auch für die Konkursordnung gelten. Ratio des Paragraph 182, KO war es - wie sich aus den zitierten Materialien ergibt -, jene Verfahren vom Gerichtshof wegzuverlagern, bei denen im Regelfall die Bestellung eines Masseverwalters nicht erforderlich ist. In diesen vom Gesetzgeber zu Recht als einfacher angesehenen Verfahren ist auch die Sachkenntnis und Erfahrung der an den Gerichtshöfen tätigen Insolvenzrichter von geringerer Bedeutung, liegt doch das Schwergewicht des Verfahrens regelmäßig nicht auf der Erfassung und Realisierung vorhandenen Vermögens, sondern auf der Herbeiführung eines Konsenses über die Rückzahlungmodalitäten, wie dieser im Zwangsausgleich oder vor allem im Zahlungsplan seinen Niederschlag findet. Soferne ein derartiges Einvernehmen nicht zustande kommt, liegt das Schwergewicht des Verfahrens auf der Verteilung der Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit.

§ 182 KO will lediglich sicherstellen, daß Konkurse, bei denen typischerweise mit dem Auftreten unternehmensspezifischer Probleme zu rechnen ist, wie bisher in der Zuständigkeit des Gerichtshofes verbleiben.Paragraph 182, KO will lediglich sicherstellen, daß Konkurse, bei denen typischerweise mit dem Auftreten unternehmensspezifischer Probleme zu rechnen ist, wie bisher in der Zuständigkeit des Gerichtshofes verbleiben.

Der Gesetzgeber kann aber wohl nicht gewollt haben, daß der Konkurs eines Fabriksarbeiters, der in seiner Freizeit seine Frau bei der Bewirtschaftung der gemeinsamen Landwirtschaft unterstützt, eines nebenbei Honig oder Wein verkaufenden Angestellten, eines in seiner Freizeit pfuschenden Mechanikers oder einer durch Näh- oder Schreibarbeiten ein Zusatzeinkommen verdiendenden Hausfrau vor den Gerichtshof gehört (Kossak, aaO, 29). Das gelegentliche zusätzliche Verdienen von Provisionen im Zusammenhang mit dem Abschluß von Bausparverträgen durch eine hauptberuflich bei einer Versicherung angestellte und im Außendienst eingesetzte Dienstnehmerin ist durchaus mit den vorerwähnten Fällen vergleichbar, wobei im konkreten Fall im heurigen Jahr nach den unbedenklichen Angaben der Gemeinschuldnerin erst einmal ein derartiger Abschluß vermittelt wurde. Dabei handelt es sich jedenfalls um eine bloß fallweise und beiläufig ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit, die auch nach der Auffassung von Mohr (Privatkonkurs 8) nicht als Unternehmen im Sinne des § 182 KO anzusehen ist.Der Gesetzgeber kann aber wohl nicht gewollt haben, daß der Konkurs eines Fabriksarbeiters, der in seiner Freizeit seine Frau bei der Bewirtschaftung der gemeinsamen Landwirtschaft unterstützt, eines nebenbei Honig oder Wein verkaufenden Angestellten, eines in seiner Freizeit pfuschenden Mechanikers oder einer durch Näh- oder Schreibarbeiten ein Zusatzeinkommen verdiendenden Hausfrau vor den Gerichtshof gehört (Kossak, aaO, 29). Das gelegentliche zusätzliche Verdienen von Provisionen im Zusammenhang mit dem Abschluß von Bausparverträgen durch eine hauptberuflich bei einer Versicherung angestellte und im Außendienst eingesetzte Dienstnehmerin ist durchaus mit den vorerwähnten Fällen vergleichbar, wobei im konkreten Fall im heurigen Jahr nach den unbedenklichen Angaben der Gemeinschuldnerin erst einmal ein derartiger Abschluß vermittelt wurde. Dabei handelt es sich jedenfalls um eine bloß fallweise und beiläufig ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeit, die auch nach der Auffassung von Mohr (Privatkonkurs 8) nicht als Unternehmen im Sinne des Paragraph 182, KO anzusehen ist.

Der angefochtene Beschluß war daher in Stattgebung des Rekurses spruchgemäß aufzuheben und dem Erstgericht die Durchführung des Verfahrens aufzutragen.

Gemäß §§ 500 Abs. 2 Z 2, 526 Abs. 3 ZPO iVm § 171 KO war ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses aufzunehmen, da eine - wie hier - ersatzlose Aufhebung eines Beschlusses inhaltlich als Abänderung anzusehen ist (Kodek in Rechberger, ZPO, RZ 3 zu § 527 ZPO). Der Revisionsrekurs war gem. § 528 Abs. 1 ZPO zuzulassen, da zur Auslegung des Unternehmensbegriffs des § 182 KO - soweit ersichtlich - bisher eine Entscheidung des OGH nicht vorliegt.Gemäß Paragraphen 500, Absatz 2, Ziffer 2,, 526 Absatz 3, ZPO in Verbindung mit Paragraph 171, KO war ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses aufzunehmen, da eine - wie hier - ersatzlose Aufhebung eines Beschlusses inhaltlich als Abänderung anzusehen ist (Kodek in Rechberger, ZPO, RZ 3 zu Paragraph 527, ZPO). Der Revisionsrekurs war gem. Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zuzulassen, da zur Auslegung des Unternehmensbegriffs des Paragraph 182, KO - soweit ersichtlich - bisher eine Entscheidung des OGH nicht vorliegt.

Landesgericht Eisenstadt

Anmerkung

EES00001 13R01937

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00309:1997:01300R00193.97Y.0617.000

Dokumentnummer

JJT_19970617_LG00309_01300R00193_97Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten