TE OGH 1997/6/18 3Ob87/97h

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.1997
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionsssache der betreibenden Partei T***** AG, ***** vertreten durch Baier Böhm Orator & Partner Rechtsanwälte, in Wien, wider die verpflichtete Partei protokollierte Firma "D*****" *****, vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 1,993.247,53 sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 17. Dezember 1996, GZ 46 R 1023/96y-30, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 5.Juni 1996, GZ 71 E 5542/95x-19, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben; dem Rekursgericht wird die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der verpflichteten Partei aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Text

Begründung:

Das Erstgericht erklärte mit Beschluß vom 27.12.1995, 71 E 5542/95x-3, auf Antrag der betreibenden Partei einen Schiedsspruch des Schiedsgerichtes bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik und der Agrarkammer der Tschechischen Republik gegen die verpflichtete Partei für vollstreckbar. Dieser Beschluß wurde der verpflichteten Partei am 20.2.1996 zugestellt.

Die verpflichtete Partei brachte am 27.3.1996 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung des Widerspruchs gegen diesen Beschluß ein.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, wobei es davon ausging, daß gegen die Versäumung der Widerspruchsfrist im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung ausländischer Akten und Urkunden die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 58 Abs 2, § 84 Abs 3 EO iVm § 431 EO zulässig ist; beim Verschulden der verpflichteten Partei an der Versäumung der Widerspruchsfrist handle es sich jedoch nicht mehr um einen minderen Grad der Versehens.Das Erstgericht wies diesen Antrag ab, wobei es davon ausging, daß gegen die Versäumung der Widerspruchsfrist im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung ausländischer Akten und Urkunden die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 58, Absatz 2,, Paragraph 84, Absatz 3, EO in Verbindung mit Paragraph 431, EO zulässig ist; beim Verschulden der verpflichteten Partei an der Versäumung der Widerspruchsfrist handle es sich jedoch nicht mehr um einen minderen Grad der Versehens.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß mit der Maßgabe, daß der Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen wurde; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen werde. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes EvBl 1962/216, wonach das erstinstanzliche Verfahren zur Gänze den Bestimmungen der EO unterstellt bleibe und erst in höherer Instanz diejenigen der ZPO eingreifen sollten, gelte weiterhin. Da auch § 84 Abs 3 EO idgF nur festhalte, daß auf das Verfahren die Bestimmungen über das Verfahren vor den Bezirksgerichten (§§ 431 ff ZPO) anzuwenden sind, der Widerspruch aber im übrigen zu einem Verfahren nach der EO führe, komme die Bestimmung des § 58 Abs 2 EO zum Tragen, wonach eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist oder einer Tagsatzung nicht stattfindet.Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß mit der Maßgabe, daß der Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen wurde; es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen werde. Das Rekursgericht vertrat die Rechtsansicht, die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes EvBl 1962/216, wonach das erstinstanzliche Verfahren zur Gänze den Bestimmungen der EO unterstellt bleibe und erst in höherer Instanz diejenigen der ZPO eingreifen sollten, gelte weiterhin. Da auch Paragraph 84, Absatz 3, EO idgF nur festhalte, daß auf das Verfahren die Bestimmungen über das Verfahren vor den Bezirksgerichten (Paragraphen 431, ff ZPO) anzuwenden sind, der Widerspruch aber im übrigen zu einem Verfahren nach der EO führe, komme die Bestimmung des Paragraph 58, Absatz 2, EO zum Tragen, wonach eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist oder einer Tagsatzung nicht stattfindet.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei ist zulässig und berechtigt.

Gegen den Beschluß auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels kann der Antragsgegner gemäß § 84 Abs 1 EO idF EO-Nov 1995 neben Rekurs auch Widerspruch erheben. Gemäß § 84 Abs 3 EO idF EO-Nov 1995 ist über den Widerspruch nach mündlicher Verhandlung durch Urteil zu entscheiden; auf das Verfahren sind die Bestimmungen über das Verfahren vor den Bezirksgerichten (§§ 431 ff ZPO) anzuwenden. Die Gestaltung des Widerspruchs folgt den Vorgaben der Art 36 ff des Lugano-Übereinkommens, BGBl 1996/448 (gleichlautend mit dem Brüsseler Übereinkommen). Es handelt sich beim Widerspruchsverfahren von Anfang an um ein Erkenntnisverfahren und nicht um ein solches nach der EO. Damit wird Art 37 Lugano-Übereinkommen Rechnung getragen, wonach sich der Rechtsbehelf nach den Vorschriften, die für das streitige Verfahren maßgebend sind, zu richten hat (Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht Rz 136).Gegen den Beschluß auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels kann der Antragsgegner gemäß Paragraph 84, Absatz eins, EO in der Fassung EO-Nov 1995 neben Rekurs auch Widerspruch erheben. Gemäß Paragraph 84, Absatz 3, EO in der Fassung EO-Nov 1995 ist über den Widerspruch nach mündlicher Verhandlung durch Urteil zu entscheiden; auf das Verfahren sind die Bestimmungen über das Verfahren vor den Bezirksgerichten (Paragraphen 431, ff ZPO) anzuwenden. Die Gestaltung des Widerspruchs folgt den Vorgaben der Artikel 36, ff des Lugano-Übereinkommens, BGBl 1996/448 (gleichlautend mit dem Brüsseler Übereinkommen). Es handelt sich beim Widerspruchsverfahren von Anfang an um ein Erkenntnisverfahren und nicht um ein solches nach der EO. Damit wird Artikel 37, Lugano-Übereinkommen Rechnung getragen, wonach sich der Rechtsbehelf nach den Vorschriften, die für das streitige Verfahren maßgebend sind, zu richten hat (Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht Rz 136).

Seit der EO-Nov 1995 ist die bisherige Rechtsprechung (EvBl 1962/216 ua) zum Widerspruch gegen eine Exekutionsbewilligung aufgrund eines ausländischen Exekutionstitels, wonach es sich beim Verfahren erster Instanz um ein solches nach der EO handelt, überholt.

Gegen die Versäumung der Frist zum Widerspruch gegen die Vollstreckbarerklärung (§ 84 Abs 2 EO) ist somit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig, weil auf dieses Verfahren gemäß § 84 Abs 3 Satz 2 EO die Bestimmungen über das Verfahren vor den Bezirksgerichten (§§ 431 ff ZPO) anzuwenden sind; dazu zählen nach § 431 Abs 1 ZPO auch die §§ 146 ff ZPO. Dieser Rechtslage entspricht im übrigen auch § 58 Abs 2 EO, wonach der Ausschluß der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht für die im Laufe eines Exekutionsverfahrens und aus Anlaß desselben sich ergebenden Prozesse gilt, die nach den Bestimmungen der ZPO zu verhandeln und zu entscheiden sind.Gegen die Versäumung der Frist zum Widerspruch gegen die Vollstreckbarerklärung (Paragraph 84, Absatz 2, EO) ist somit die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig, weil auf dieses Verfahren gemäß Paragraph 84, Absatz 3, Satz 2 EO die Bestimmungen über das Verfahren vor den Bezirksgerichten (Paragraphen 431, ff ZPO) anzuwenden sind; dazu zählen nach Paragraph 431, Absatz eins, ZPO auch die Paragraphen 146, ff ZPO. Dieser Rechtslage entspricht im übrigen auch Paragraph 58, Absatz 2, EO, wonach der Ausschluß der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht für die im Laufe eines Exekutionsverfahrens und aus Anlaß desselben sich ergebenden Prozesse gilt, die nach den Bestimmungen der ZPO zu verhandeln und zu entscheiden sind.

Das Rekursgericht wird daher die aufgrund seiner verfehlten Rechtsansicht unterlassene Behandlung des Rekurses der verpflichteten Partei in der Sache selbst nachzuholen haben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, § 52 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 78, EO, Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E46753 03A00877

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0030OB00087.97H.0618.000

Dokumentnummer

JJT_19970618_OGH0002_0030OB00087_97H0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten