TE Vwgh Erkenntnis 2006/7/31 2004/05/0101

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Veröffentlicht am 31.07.2006
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;

Norm

BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Herbert Nemsovszky in Wien, vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 4/22, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. Dezember 2003, Zl. RU1-V-03142/01, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Pillichsdorf), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 war dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Instandsetzung der beiden bestehenden Presshäuser bzw. Weinkeller auf dem Grundstück Nr. 2685 in der mitbeteiligten Gemeinde, Untere Kellergasse, erteilt worden.

Aus dem bewilligten Bauplan lässt sich insbesondere entnehmen, dass die bestehenden Erdgeschoßdecken beider Presshäuser abgebrochen und neu errichtet, jeweils der Kniestock neu zur Ausführung gelangen und die Dachdeckungen erneuert werden sollten, wobei ein Satteldach mit 43 Grad Neigung (First parallel zur Straße) vorgesehen war. Aus dem Plan lässt sich weiters entnehmen, dass die Fußbodenkante der Dachgeschoße sich auf dem gleichen Niveau wie das anschließende gartenseitige Gelände befindet. Nur bei einem der beiden Presshäuser ist an der Rückseite aus dem Dachraum ein Ausgang in das Gelände vorgesehen.

Am 21. August 2003 fand eine Besichtigung durch die Baubehörde statt. Gegenüber dem baubehördlich bewilligten Bauplan wurden folgende Änderungen festgestellt.

"Die Traufenhöhe in der Kellergasse beträgt laut baubehördlich bewilligten Einreichplan 3,40 Meter. Tatsächlich wurde die Traufenhöhe an der höchsten Stelle um ca. 1 Meter höher ausgeführt. Ebenso wurde die Firsthöhe des Daches um 1 Meter höher errichtet. Der First überragt nun beide Firste der Anrainerkeller.

An der Nordseite wurde im Bereich des Dachbodens ein Zubau ausgeführt. Die Umfassungswände dieses Zubaues sind in Holzkonstruktion hergestellt. Dieser Zubau besitzt eine Bereite von ca. 5 Meter und eine Tiefe von ca. 3 Meter. Der Zubau besitzt ein Satteldach mit Ziegeleindeckung. Die Traufenhöhe beträgt ca. 2 Meter. Die Firsthöhe beträgt ca. 3 Meter. Zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheines war die Dachkonstruktion mit Zubau samt Eindeckung fertig gestellt. Weiters wurde festgestellt, dass neben dem nordseitig gelegenen Zubau an Stelle der geplanten Ausgangstüre eine Dachgaupe mit einer Breite ca. 1,50 bis 2 Meter zusätzlich errichtet wurde."

Aus den im Gemeindeakt erliegenden Fotos ist ersichtlich, dass im Obergeschoß (also gartenseitig ebenerdig) der überdachte Zubau normal zur Gebäudehauptachse errichtet wurde.

Mit Bescheid vom 24. August 2003 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer den Auftrag, den in der Niederschrift vom 21. August 2003 angeführten Zubau bis 30. September 2003 abzubrechen. Für diesen Zubau liege keine Baubewilligung vor, der Zubau würde den Bebauungsvorschriften für die Kellergassen widersprechen und sei daher unzulässig, weshalb auch im Falle einer nachträglichen Antragstellung eine Baubewilligung nicht zu erteilen wäre.

In seiner dagegen erstatteten Berufung bestritt der Beschwerdeführer, dass dieser Zubau von den Bebauungsvorschriften für die Kellergassen abweiche, zumal der an der Hinterseite des Gebäudes errichtete Holzzubau von der Kellergasse nicht einsichtig sei. Diese Berufung wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 10. Oktober 2003 als unbegründet ab. Im Einreichplan, der dem Bescheid vom 15. Mai 2001 zu Grunde gelegt worden sei, sei dieser Zubau nicht eingezeichnet. Die Errichtung sei daher ohne Bewilligung auf einem Grundstück mit der Widmung "Grünland" erfolgt.

In seiner dagegen erhobenen Vorstellung brachte der Beschwerdeführer vor, der Zubau sei nicht bewilligungspflichtig, weil kein Bauwerk vorliege, für welches ein wesentliches Maß an bautechnischem Können erforderlich sei. Selbst wenn das Gebäude bewilligungspflichtig wäre, läge keine Unzulässigkeit vor, weil der Beschwerdeführer in den verfahrensgegenständlichen Presshäusern einen Winzerbetrieb betreibe, die Gebäude seien ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Auch der Zubau diene nur dem landwirtschaftlichen Erwerb. Daher bestehe kein Widerspruch zur Grünlandwidmung. Gerügt wurde schließlich, dass die Baubehörde erster Instanz am 22. August 2003 einen Bescheid erlassen habe, mit welchem die Fortsetzung der Ausführung des nicht bewilligten Bauvorhabens auf dem gegenständlichen Grundstück untersagt wurde und eine Frist bis 30. September 2003 gesetzt wurde, innerhalb der um nachträgliche Baubewilligung anzusuchen sei. Trotz dieser Fristsetzung habe die Baubehörde mit Bescheid vom 24. August 2003 bereits den Auftrag zum Abbruch erteilt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Sie stellte fest, dass der Holzzubau auf dem der Bewilligung vom 15. Mai 2001 zu Grunde liegenden Einreichplan nicht eingezeichnet war und im gesamten Aktenverlauf erstmals in der Niederschrift über die Besichtigung vom 21. August 2003 aufscheine. Die Bewilligungspflicht des gegenständlichen Zubaues nach § 14 NÖ BauO 1996 stehe für die Aufsichtsbehörde fest; verwiesen wurde darauf, dass selbst eine Gerätehütte mit einer Grundrissfläche bis zu 6 m2 der Bestimmung des § 35 Abs. 2 Z. 3 NÖ BauO 1996 unterliegen würde. Es liege ein Widerspruch zu § 20 Abs. 1 Z. 2 NÖ BauO 1996 (Bebauungsplan) vor, weshalb sich eine Beurteilung der betrieblichen Notwendigkeit im Sinne des § 19 Abs. 4 NÖ RaumOG erübrige. Den gegenständlichen Bebauungsbestimmungen sei zu entnehmen, dass sie sich auch auf die Hinterseite der Gebäude beziehen, zumal beispielsweise die Dächer in Form von gleichschenkeligen Satteldächern ausgeführt werden müssen, Dachflächenfenster nicht und Dachgaupen nur im Bereich der straßenabgewendeten Seite zulässig seien. Bezüglich des verfügten vorläufigen Baustopps wird darauf verwiesen, dass sich der gegenständliche Beseitigungsauftrag auf ein vollendetes Bauwerk bezieht.

Mit Beschluss vom 23. Februar 2004, B 143/04, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen, ursprünglich an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer geltend, der Zubau sei zulässig, weshalb ihm eine Nachfrist hätte gewährt werden müssen. Es stelle sich die Frage, in welchen Punkten konkret das Vorhaben den Bebauungsplänen widerspreche. Dies sei nicht ermittelt worden, man hätte sich mit dieser Frage nicht auseinander gesetzt. In der Niederschrift vom 21. August 2003 hätte man sich mit Cirka-Angaben begnügt. Der Zubau sei im Grunde nichts anderes als eine Türe, die der Teilbebauungsplan im Giebelbereich erlaube, wenn im Gebäudeinneren kein Stiegenaufgang vorhanden sei. Dies sei hier der Fall. Der Abbruchbescheid hätte auch deshalb nicht erlassen werden dürfen, da in derselben Sache zwei Tage vorher ein Baustopp samt Nachfrist zur nachträglichen Einreichung verhängt worden sei. Damit lägen zwei widersprüchliche Bescheide vor. Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der hier ergangene Abbruchauftrag ist im § 35 Abs. 2 NÖ BauO 1996 in der Fassung LGBl. 8200-8 (BO) geregelt. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

     "(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks

anzuordnen, wenn

     1. ... oder

     2. ... oder

3.

für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt und

-

das Bauwerk unzulässig ist (§ 15 Abs. 3 und § 23 Abs. 1) oder

-

der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.

Für andere Vorhaben gilt Z. 3 sinngemäß."

Unzulässig ist ein Bauwerk einerseits unter anderem dann, wenn es den Bestimmungen der BO oder des NÖ RaumOG widerspricht (§ 15 Abs. 3 BO), aber auch, wenn ihm die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart oder der Bebauungsplan (§ 23 Abs. 1 mit dem Verweis auf § 20 Abs. 1 Z. 1 und 2 BO) entgegenstehen. Dass der ausgeführte Zubau der Baubewilligung vom 15. Mai 2001 entsprechen würde, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Die Beschwerde rügt aber, dass der Widerspruch zu den Bebauungsbestimmungen nicht im Detail festgestellt worden wäre.

Die §§ 1 bis 3 der mit Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. Juni 2003 beschlossenen Bebauungsvorschriften für die Kellergassen in der mitbeteiligten Gemeinde lauten:

"§ 1 Gebäudestellung

Die Gebäude müssen traufständig errichtet werden.

     § 2 Dachgestaltung

     1)        Die Dächer müssen in Form von gleichschenkeligen

Satteldächer ausgeführt werden.

     2)        Die Dachneigung muss 40 Grad  betragen, wobei eine

Abweichung von 5 Grad  zulässig ist.

     3)        Die Dachdeckung hat mit kleinteiligen, unglacierten

ziegelfarbigen Dachziegel zu erfolgen.

              4)              Der Dachüberstand darf maximal 50 cm betragen.

§ 3 Gebäudeöffnungen

              1)              Die Fenster dürfen eine Maximalgröße von 80 cm in der Breite und 60 cm in der Höhe nicht überschreiten. Die Fensterbreite muss (außen bei Dachgaupenfenster) größer oder gleich der Fensterhöhe sein.

     2)        Dachflächenfenster sind nicht zulässig.

     3)        Türen müssen zweiflügelig und aus Holz ausgeführt

werden und dürfen eine maximale Höhe von 2,5 m und eine maximale Breite von 2 .m nicht überschreiten.

              4)              Es sind maximal 2 Dachgaupen pro Gebäude und nur im Bereich der straßenabgewandten Seite zulässig. Die Breite der Dachgaupen darf maximal 1,2 m betragen. Die Fensterhöhe von Dachgaupen wird mit maximal 1,0 m und die Fensterbreite mit maximal 0,7 m begrenzt.

     5)        Zuglöcher sind im Bereich der Giebelmauer nur dann

zulässig, wenn keine Dachgaupen vorhanden sind.

     6)        Türen sind im Giebelbereich nur dann zulässig, wenn

innerhalb des Gebäudes kein Aufgang zum Dachraum vorhanden ist.

     7)        Rauchfänge dürfen nur an der straßenabgewandten

Seite errichtet werden und die Oberkante des Rauchfanges darf maximal die Firsthöhe erreichen."

Wenn auch den Gemeindebescheiden wie auch dem Vorstellungsbescheid eine präzise Zuordnung der erfolgten Errichtung zu den zitierten Bebauungsbestimmungen fehlt, lässt sich aus der Anführung im angefochtenen Bescheid, dass Dächer in Form von gleichschenkeligen Satteldächern ausgeführt werden müssen, doch die Feststellung eines solchen Widerspruches entnehmen, weil die hier erfolgte Ausführung - normal zur Gebäudehauptachse wurde ein überdachter Zubau errichtet - dieser Anforderung keineswegs genügen kann. Der Widerspruch zu § 2 Z. 1 der Bebauungsvorschriften liegt auf der Hand, da durch die Weiterführung des Daches über den Zubau von einer gleichschenkeligen Ausführung keine Rede sein kann. Auf das Vorbringen, der "cirka" 15 m2 große Zubau (der Beschwerdeführer bemängelt zwar die "Cirka"-Angaben, gibt aber nicht bekannt, wie groß der Zubau seiner Auffassung nach sei) sei "im Grunde genommen eine Türe", ist daher nicht weiter einzugehen.

Ist die vorgenommene Ausführung somit konsenslos und unzulässig, so wurde zu Recht mit einem Abbruchauftrag vorgegangen.

Richtig ist, dass der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 22. August 2003 die Fortsetzung der Ausführung des nicht bewilligten Vorhabens untersagt und angekündigt hat, dass dann, wenn nicht bis spätestens 30. September 2003 um die nachträgliche Baubewilligung angesucht werde, die Baubehörde die Wiederherstellung des früheren Zustandes verfügen würde. Die diesbezügliche Bestimmung des § 29 BO lautet auszugsweise:

"§ 29

Baueinstellung

Die Baubehörde hat die Fortsetzung der Ausführung eines Bauvorhabens zu untersagen, wenn

              1.              die hiefür notwendige Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) nicht vorliegt oder

              2.              ...

Im ersten Fall hat die Baubehörde die Herstellung eines Zustandes, der dem vorherigen entspricht, zu verfügen, wenn nicht innerhalb einer von der Baubehörde bestimmten Frist um nachträgliche Baubewilligung angesucht oder die Anzeige vorgelegt wird. Darf eine Baubewilligung nicht erteilt werden (§ 23 Abs. 1) oder ist das Bauvorhaben zu untersagen (§ 15 Abs. 3), hat diese Verfügung nach der Baueinstellung zu erfolgen.

Im zweiten Fall ..."

Aus dem dazu ergangenen Berufungsbescheid vom 14. Oktober 2003 ergibt sich, dass die Baueinstellung die eingangs zitierten Abweichungen von der Baubewilligung, also auch den Zubau betroffen hat. Eine Rechtswidrigkeit des zwei Tage später erlassenen Bauauftrages bezüglich des offenkundig schon vollendeten Zubaus liegt schon deshalb nicht vor, weil im Falle der Unzulässigkeit der Ausführung im Anschluss an die Verfügung der Baueinstellung gleich ein Auftrag zur Wiederherstellung zu erteilen ist; nach Vollendung kommt allerdings nur mehr der Abbruchauftrag nach § 35 Abs. 2 Z 3 BO in Betracht (Hauer-Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht7, 418). Daher war der hier gegenständliche Bauauftrag bezüglich des Zubaues keinesfalls rechtswidrig. Einer Erörterung, ob dem Beschwerdeführer auf Grund des Untersagungsbescheides ein Recht darauf erwachsen ist, um Baubewilligung anzusuchen, kann unterbleiben, weil nach der Aktenlage und nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers ein solches Bauansuchen bis zum 30. September 2003 nicht gestellt wurde.

Damit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 31. Juli 2006

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004050101.X00

Im RIS seit

25.08.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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