TE OGH 1997/6/19 6Ob60/97k

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Veröffentlicht am 19.06.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr.Johann F*****, wider die beklagten und Gegner der gefährdeten Parteien 1. C***** AG, ***** 2. Dr.Friedrich W*****, beide vertreten durch Dr.Ludwig Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Widerrufs, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 15.Jänner 1997, GZ 17 R 1/97k, 2/97g-10, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. November 1996, GZ 20 Cg 283/96a-3, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches begehrt der Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der den beklagten Parteien geboten werde, die Behauptung und/oder Verbreitung von Äußerungen zu unterlassen, der Kläger habe

a) ohne Information der erstbeklagten Partei und ohne Absprache von Lastenfreistellungen Anteile von Liegenschaften der P***** Handelsgesellschaft mbH veräußert,

b) im Vollmachtsnamen der P***** GesmbH ohne Zustimmung der C***** und in Kenntnis der Unerreichbarkeit einer Lastenfreistellung nach Fälligstellung der Forderung der erstbeklagten Partei Liegenschaftsanteile der P***** HandelsgesmbH veräußert,

c) die vertraglich ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Käufern von Anteilen von Liegenschaften der P***** HandelsgesmbH für deren Verbindlichkeiten als Vertragsverfasser in Kauf genommen,

d) neben offiziellen Kaufpreisen von Liegenschaftskäufern "Handgelder" verlangt.

Der Zweitbeklagte habe diese unwahren Behauptungen wider besseres Wissen namens der Erstbeklagten in einem Schreiben an die Anwaltskammer aufgestellt.Er zeige damit treuwidriges Verhalten des Klägers auf und brächte zum Ausdruck, daß dieser bewußt falsch informiert und Schwarzgeld entgegengenommen habe. Diese Behauptungen beleidigten nicht nur die Ehre des Klägers, sondern seien auch geeignet, seinen Kredit als Rechtanwalt zu schädigen, erfüllten somit die Tatbestände des § 1330 Abs 1 und Abs 2 ABGB. Ungeachtet der Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwaltskammer sei die öffentliche Verbreitung dadurch gegeben, daß die Beschuldigungen einem größeren Personenkreis dadurch zur Kenntnis gelangten, daß inhaltsgleiche Behauptungen Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen der Beklagten gegenüber den Anteilskäufern aus der ihnen gegenüber geltend gemachten Solidarhaftung seien. Zur Bescheinigung seines Vorbringens berief sich der Kläger auf eine Reihe von mit seinem Antrag vorgelegten Urkunden und seine Einvernahme als Auskunftsperson.Der Zweitbeklagte habe diese unwahren Behauptungen wider besseres Wissen namens der Erstbeklagten in einem Schreiben an die Anwaltskammer aufgestellt.Er zeige damit treuwidriges Verhalten des Klägers auf und brächte zum Ausdruck, daß dieser bewußt falsch informiert und Schwarzgeld entgegengenommen habe. Diese Behauptungen beleidigten nicht nur die Ehre des Klägers, sondern seien auch geeignet, seinen Kredit als Rechtanwalt zu schädigen, erfüllten somit die Tatbestände des Paragraph 1330, Absatz eins und Absatz 2, ABGB. Ungeachtet der Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwaltskammer sei die öffentliche Verbreitung dadurch gegeben, daß die Beschuldigungen einem größeren Personenkreis dadurch zur Kenntnis gelangten, daß inhaltsgleiche Behauptungen Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen der Beklagten gegenüber den Anteilskäufern aus der ihnen gegenüber geltend gemachten Solidarhaftung seien. Zur Bescheinigung seines Vorbringens berief sich der Kläger auf eine Reihe von mit seinem Antrag vorgelegten Urkunden und seine Einvernahme als Auskunftsperson.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrages. Eine (öffentliche) Verbreitung von Tatsachen scheide schon deshalb aus, weil die inkriminierte Handlung in der Erstattung einer Anzeige an die zur Verschwiegenheit verpflichtete Standesbehörde bestehe. Es handle sich um eine vertrauliche Mitteilung im Sinn des § 1330 Abs 2 dritter Satz ABGB. Sollten sich diese Behauptungen als objektiv unrichtig herausstellen, wäre der Tatbestand des § 1330 ABGB nur dann erfüllt, wenn der Anzeiger die Behauptungen wider besseres Wissen erhoben hätte. Dies sei nicht der Fall. Wiederholungsgefahr fehle, weil schon die Tatsache, daß die Beklagten lediglich die Standesbehörde vom vorliegenden Sachverhalt in Kenntnis gesetzt hätten, zeige, daß sie nicht beabsichtigen, die Öffentlichkeit über diese Angelegenheit zu informieren. Die Beklagten hätten die der Anwaltskammer erteilte Information auch nicht in den bereits anhängigen Gerichtsverfahren vorgebracht. Zur Bescheinigung ihres Vorbringens bezogen sich die Beklagten auf vorliegende Schreiben und die Einvernahme namentlich genannter Auskunftspersonen.Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrages. Eine (öffentliche) Verbreitung von Tatsachen scheide schon deshalb aus, weil die inkriminierte Handlung in der Erstattung einer Anzeige an die zur Verschwiegenheit verpflichtete Standesbehörde bestehe. Es handle sich um eine vertrauliche Mitteilung im Sinn des Paragraph 1330, Absatz 2, dritter Satz ABGB. Sollten sich diese Behauptungen als objektiv unrichtig herausstellen, wäre der Tatbestand des Paragraph 1330, ABGB nur dann erfüllt, wenn der Anzeiger die Behauptungen wider besseres Wissen erhoben hätte. Dies sei nicht der Fall. Wiederholungsgefahr fehle, weil schon die Tatsache, daß die Beklagten lediglich die Standesbehörde vom vorliegenden Sachverhalt in Kenntnis gesetzt hätten, zeige, daß sie nicht beabsichtigen, die Öffentlichkeit über diese Angelegenheit zu informieren. Die Beklagten hätten die der Anwaltskammer erteilte Information auch nicht in den bereits anhängigen Gerichtsverfahren vorgebracht. Zur Bescheinigung ihres Vorbringens bezogen sich die Beklagten auf vorliegende Schreiben und die Einvernahme namentlich genannter Auskunftspersonen.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag mit der wesentlichen Begründung ab, die Beklagten hätten in Ausübung ihres Anzeigerechts an eine zur Verschwiegenheit verpflichtete Standesbehörde gehandelt. Auf das Vorbringen des Klägers, die Beklagten hätten die Anzeige wider besseres Wissen erhoben und die inkriminierten Sachverhalte auch anläßlich bereits anhängiger Gerichtsverfahren vorgebracht, ging das Erstgericht nicht ein. Es traf keinerlei Sachverhaltsfeststellungen, die Einvernahme von Auskunftspersonen unterblieb.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es verneinte die Wiederholungsgefahr, ohne auf die Behauptung des Klägers einzugehen, die inkriminierten Vorwürfe seien nicht nur der Standesbehörde gegenüber, sondern auch als Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen den Anteilskäufern gegenüber erhoben worden.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig, weil die Vorinstanzen die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage wissentlich falscher Anzeigeerhebung nicht beachtet und entscheidungswesentliches Vorbringen des Klägers sowie die von ihm zu dieser Frage angebotenen Bescheinigungsmittel nicht berücksichtigt haben. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

Zu beurteilen sind rufschädigende Tatsachenbehauptungen, die zugleich Ehrenbeleidigungen sind (§ 1330 Abs 1 und 2 ABGB). In diesem Fall hat der Verletzte nur die Tatsachenverbreitung, der Beklagte als Täter die Wahrheit der Tatsachenbehauptung sowie die fehlende Vorwerfbarkeit, somit den Mangel der Rechtswidrigkeit zu beweisen (MR 1995, 16 mwN; zuletzt 6 Ob 2281/96s und 6 Ob 2235/96m).Zu beurteilen sind rufschädigende Tatsachenbehauptungen, die zugleich Ehrenbeleidigungen sind (Paragraph 1330, Absatz eins und 2 ABGB). In diesem Fall hat der Verletzte nur die Tatsachenverbreitung, der Beklagte als Täter die Wahrheit der Tatsachenbehauptung sowie die fehlende Vorwerfbarkeit, somit den Mangel der Rechtswidrigkeit zu beweisen (MR 1995, 16 mwN; zuletzt 6 Ob 2281/96s und 6 Ob 2235/96m).

Nach § 1330 Abs 2 dritter Satz ABGB wird für eine nicht öffentlich vorgebrachte - wenngleich inhaltlich unrichtige - Mitteilung, deren Unwahrheit der Mitteilende nicht kannte, nicht gehaftet, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein besonderes Interesse hatte. Dieser Rechtfertigungsgrund wird dann bejaht, wenn das Handeln in Ausübung eines Rechts geschehen ist, was für die von der Rechtsordnung vorgesehene Rechtsverfolgung wie Strafanzeigen, aber auch für Anzeigen an der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Standesbehörden gilt (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 26 zu § 1330; ÖBl 1991, 23). Die Rechtsausübung wäre nur dann nicht gerechtfertigt, wenn es sich um eine wissentlich falsche Anzeige handelt, die objektiv unrichtige Beschuldigung somit vom Anzeiger wider besseres Wissen erhoben würde (JBl 1987, 324; ÖBl 1991, 23; SZ 23/4 und 59/190; 6 Ob 2133/96m; Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht, 60). Die Beweislast für die Kenntnis der Unwahrheit und den Vorsatz des Täters trifft den Kläger (Reischauer in Rummel aaO Rz 24 mwN; Korn/Neumayer aaO 68).Nach Paragraph 1330, Absatz 2, dritter Satz ABGB wird für eine nicht öffentlich vorgebrachte - wenngleich inhaltlich unrichtige - Mitteilung, deren Unwahrheit der Mitteilende nicht kannte, nicht gehaftet, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein besonderes Interesse hatte. Dieser Rechtfertigungsgrund wird dann bejaht, wenn das Handeln in Ausübung eines Rechts geschehen ist, was für die von der Rechtsordnung vorgesehene Rechtsverfolgung wie Strafanzeigen, aber auch für Anzeigen an der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Standesbehörden gilt (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 26 zu Paragraph 1330 ;, ÖBl 1991, 23). Die Rechtsausübung wäre nur dann nicht gerechtfertigt, wenn es sich um eine wissentlich falsche Anzeige handelt, die objektiv unrichtige Beschuldigung somit vom Anzeiger wider besseres Wissen erhoben würde (JBl 1987, 324; ÖBl 1991, 23; SZ 23/4 und 59/190; 6 Ob 2133/96m; Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht, 60). Die Beweislast für die Kenntnis der Unwahrheit und den Vorsatz des Täters trifft den Kläger (Reischauer in Rummel aaO Rz 24 mwN; Korn/Neumayer aaO 68).

Der Kläger hatte dazu Vorbringen erstattet und Bescheinigungsmittel angeboten. Die Vorinstanzen haben jedoch ein Bescheinigungsverfahren nicht durchgeführt und keine Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung darüber zulassen, ob der Zweitbeklagte namens der Erstbeklagten wissentlich falsche Anschuldigungen erhoben hat. Das Erstgericht wird daher das Bescheinigungsverfahren nachzuholen und entsprechende Feststellungen zu treffen haben.

Allerdings besteht eine besondere Sorgfaltspflicht des Anzeigers, die vorliegenden Verdachtsgründe auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen und das Für und Wider selbst abzuwägen, nicht. Es genügt daher grundsätzlich das Vorliegen nicht offenkundig bereits widerlegter Verdachtsgründe für die Annahme, daß die Strafanzeige nicht wider besseres Wissen und somit rechtmäßig erstattet wurde (SZ 59/190; JBl 1987, 324).

Auch zur Frage der Wiederholungsgefahr ist das Verfahren unvollständig geblieben. Das Berufungsgericht hat die Wiederholungsgefahr mit der Begründung verneint, die Beklagten hätten ihre Anzeige (nur) an die Anwaltskammer gerichtet. Es ist dabei nicht auf die Behauptungen des Klägers eingegangen, wonach die inkriminierten Vorwürfe nicht nur der Standesbehörde gegenüber, sondern auch als Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber den Anteilskäufern erhoben wurden. Der Kläger hatte zu dieser Frage eine Reihe von Unterlagen vorgelegt, auch die Beklagte hat dazu Bescheinigungsmittel angeboten. Ein Bescheinigungsverfahren und Feststellungen darüber, ob diese Vorwürfe nur der Anwaltskammer oder auch Dritten gegenüber erhoben wurden, sind jedoch unterblieben. Mit Rücksicht auf die Behauptungen des Klägers kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, daß die Wiederholungsgefahr bei Erstattung der gegenständlichen Anzeige jedenfalls ausgeschlossen ist. Dem Verfahren SZ 27/298 lag insoweit ein anderer Sachverhalt zugrunde, als dort festgestelltermaßen nur eine Strafanzeige erhoben wurde.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben, die Entscheidung der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Das Erstgericht wird nach Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens Feststellungen zu treffen haben, die eine Beurteilung zulassen, ob die Beklagten die Sachverhaltsdarstellung an die Anwaltskammer wider besseres Wissen, somit in Kenntnis der Unrichtigkeit der von ihr aufgestellten Behauptungen, erstattete. Ferner wird festzustellen sein, ob die Beklagten gleichartige Behauptungen auch anderen Personen gegenüber aufgestellt haben.

Anmerkung

E46690 06AA0607

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00060.97K.0619.000

Dokumentnummer

JJT_19970619_OGH0002_0060OB00060_97K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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