TE OGH 1997/6/19 6Ob170/97m

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Veröffentlicht am 19.06.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Melanie S*****, in teilweiser Obsorge des unehelichen Vaters Johann L*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Steflitsch und Mag.Wolfgang Steflitsch, Rechtsanwälte in Oberwart, und der Tante Friederike K*****, vertreten durch Dr.Andreas Wippel, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wegen Übertragung der Obsorge, infolge Rekurses der Tante gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 9.April 1997, GZ 17 R 10/97k-71, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluß des Bezirksgerichtes Aspang vom 9. Dezember 1996, GZ P 1256/95w-65, aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekursbeantwortung des Vaters wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das jetzt fast sieben Jahre alte Kind ist die uneheliche Tochter der Christine S***** und des Johann L*****. Die Eltern und das Kind lebten zunächst im Haus der väterlichen Großeltern. Danach verzog die Mutter mit dem Kind zur mütterlichen Großmutter, der Vater zog in eine Wohnung. Er und die Mutter des Kindes begannen, ein Wohnhaus zu bauen. Sie verbrachten die Wochenenden gemeinsam mit dem Kind, während der Woche arbeitete der Vater in Wien. Die Mutter verstarb am 31.7.1993. Vor ihrem Tod deponierte sie den Wunsch, das Kind solle von seiner Tante Friederike K***** für den Fall gepflegt werden, daß der Mutter bei der bevorstehenden Herzoperation etwas zustoße.

Nach dem Tod der Mutter stellten der Vater und die genannte Tante des Kindes den Antrag, ihnen die alleinige Obsorge über das Kind zu übertragen. Die väterlichen Großeltern beantragten, ihnen die Obsorge im Teilbereich der Pflege und Erziehung zu übertragen. Im Hinblick auf diesen Antrag schränkte der Vater seinen Antrag dahin ein, daß ihm die Obsorge in den Teilbereichen Vertretung und Verwaltung des Kindesvermögens übertragen werden möge (S 5 in ON 10).

Am 1.12.1993 erklärte sich der Vater grundsätzlich damit einverstanden, daß die Tochter weiterhin bei der Tante in Pflege und Erziehung verbleibe (ON 14).

Mit dem rechtskräftigen Beschluß vom 22.12.1993 verfügte das Erstgericht, daß die Obsorge im Teilbereich der Vertretung und Vermögensverwaltung dem Vater zukomme, im Teilbereich der Pflege und Erziehung aber der Pflegemutter Friederike K***** (Tante des Kindes). Der Antrag der väterlichen Großeltern auf Übertragung der Obsorge im Teilbereich der Pflege und Erziehung wurde abgewiesen. Das Erstgericht traf weiters eine Besuchsrechtsregelung hinsichtlich des Besuchsrechtes des Vaters (ON 16). Das Erstgericht begründete seine Entscheidung damit, daß es dem Kindeswohl entspreche, die Obsorge zu teilen. Der Vater habe eine enge Beziehung zu seinem Kind gehabt, es sei allerdings zu berücksichtigen, daß er während der Woche in Wien berufstätig sei und nur an den Wochenenden und im Urlaub für seine Tochter Zeit habe. Eine Übertragung der gesamten Obsorge an ihn hätte zur Folge, daß die Tochter bei den väterlichen Großeltern aufwachsen müßte. Es entspreche aber eher dem Kindeswohl und dem Wunsch der verstorbenen Mutter, daß das Kind im Haushalt der Tante aufwachse.

Am 5.12.1995 beantragte der Vater, ihm die Pflege und Erziehung des Kindes zu übertragen. Die Teilung der Obsorge gefährde das Kindeswohl. Das Kind lebe einerseits im Haushalt der Pflegemutter, andererseits fühle es sich bei seinen Besuchen beim Vater sehr wohl. Es seien Entwicklungsstörungen zu befürchten. Das vom Vater erbaute Haus sei nunmehr im Erdgeschoß bewohnbar, das Kinderzimmer sei fertig. Der Vater lebe seit einem Jahr in Lebensgemeinschaft mit einer Frau, die eine vierjährige Tochter habe. Der Vater wolle heiraten. Die Lebensgefährtin sei nicht berufstätig und könne sich um das Kind kümmern.

Die Tante des Kindes sprach sich gegen den Antrag des Vaters aus. Die Veränderung der bisherigen Lebensbedingungen sei dem Kindeswohl abträglich. Die Kontinuität der Betreuung sollte nicht gestört werden. Das Haus des Vaters sei noch nicht fertig. Er sei Pendler, weshalb die Pflege und Erziehung von der Lebensgefährtin ausgeübt werden müßten. Diese sei mit dem Kind noch nicht sehr vertraut. Mangels einer Eheschließung könne auch noch nicht von stabilen Verhältnissen des Vaters ausgegangen werden.

Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters ab. Es beurteilte den Sachverhalt dahin, daß zwar sowohl die Pflegemutter als auch der Vater in der Lage seien, das Kind zu pflegen und zu erziehen. Der Vater könne aber die Erziehung nur beschränkt ausüben, weil er berufsbedingt wochentags kaum zu Hause sei. Er verlasse jeweils am Montag in der Früh das Haus und kehre erst am Donnerstag am späten Nachmittag zurück. Die Pflege und Erziehung müßte in seiner Abwesenheit die Lebensgefährtin ausüben. Die Lebensgemeinschaft dauere bisher knapp zwei Jahre. Die bisherigen Verhältnisse bei der Tante hätten sich nicht geändert. Es diene nicht dem Kindeswohl, das Kind aus der gewohnten Umgebung herauszureißen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters Folge und hob den angefochtenen Beschluß zur Verfahrensergänzung auf. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Rekursgericht im wesentlichen folgende Ansichten:

Es gehe nicht um die erstmalige Zuteilung der Obsorge nach dem Tod der allein obsorgeberechtigten unehelichen Mutter im Sinne des § 145 Abs 1 ABGB, es liege vielmehr ein Fall des § 186a ABGB vor. Danach könne die Übertragung der Obsorge an Pflegeeltern wieder aufgehoben werden, wenn dies dem Wohl des Kindes entspreche. Als Grund hiefür komme in Betracht, daß die leiblichen Eltern (der Elternteil) sich wieder um das Kind sorgen wollten und könnten und die Voraussetzungen für das Kind bei den Pflegeeltern und den leiblichen Eltern (dem Elternteil) annähernd gleich seien. In diesem Fall sei den leiblichen Eltern der Vorzug zu geben. Die Dauer eines Pflegeverhältnisses könne nur dann entscheidend sein, wenn sie zur gefühlsmäßigen Bindung an die Pflegeeltern und zur Entfremdung von den leiblichen Eltern geführt habe. Auf den vorliegenden Fall seien die vom Obersten Gerichtshof zur Aufhebung eines Pflegschaftsvertrages vertretenen Grundsätze anwendbar. In JBl 1991, 515 habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß für die Aufhebung eines Pflegschaftsvertrages durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefährdung des Kindeswohls nicht erforderlich sei. Es genüge, wenn die Aufhebung dem Wohl des Kindes entspreche. Unter diesen Voraussetzungen komme eine Aufhebung des Pflegevertrages auch in Betracht, wenn die Pflegeeltern ihre Aufgabe zur vollen Zufriedenheit erfüllt hätten. Ein Grund für die Aufhebung könne sein, daß sich die leiblichen Eltern wieder um das Kind kümmern wollten und könnten. Es seien die Entwicklungsmöglichkeiten und die Neigungen des Kindes sowie die Dauer des Pflegeverhältnisses zu berücksichtigen, wenn diese dazu beigetragen hätten, das Kind gefühlsmäßig an seine Pflegeeltern zu binden. Es seien die Vor- und Nachteile, die die Veränderung für das Kind bringen könnte, umfassend zu beurteilen. Die Lebensverhältnisse beim Vater und bei der Pflegemutter seien einander gegenüberzustellen. Die mit einem Wechsel regelmäßig verbundene, meist aber vorübergehende Belastung des Kindes sei in Kauf zu nehmen, wenn die Eltern eine ordnungsgemäße Erziehung gewährleisteten.Es gehe nicht um die erstmalige Zuteilung der Obsorge nach dem Tod der allein obsorgeberechtigten unehelichen Mutter im Sinne des Paragraph 145, Absatz eins, ABGB, es liege vielmehr ein Fall des Paragraph 186 a, ABGB vor. Danach könne die Übertragung der Obsorge an Pflegeeltern wieder aufgehoben werden, wenn dies dem Wohl des Kindes entspreche. Als Grund hiefür komme in Betracht, daß die leiblichen Eltern (der Elternteil) sich wieder um das Kind sorgen wollten und könnten und die Voraussetzungen für das Kind bei den Pflegeeltern und den leiblichen Eltern (dem Elternteil) annähernd gleich seien. In diesem Fall sei den leiblichen Eltern der Vorzug zu geben. Die Dauer eines Pflegeverhältnisses könne nur dann entscheidend sein, wenn sie zur gefühlsmäßigen Bindung an die Pflegeeltern und zur Entfremdung von den leiblichen Eltern geführt habe. Auf den vorliegenden Fall seien die vom Obersten Gerichtshof zur Aufhebung eines Pflegschaftsvertrages vertretenen Grundsätze anwendbar. In JBl 1991, 515 habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß für die Aufhebung eines Pflegschaftsvertrages durch eine gerichtliche Entscheidung die Gefährdung des Kindeswohls nicht erforderlich sei. Es genüge, wenn die Aufhebung dem Wohl des Kindes entspreche. Unter diesen Voraussetzungen komme eine Aufhebung des Pflegevertrages auch in Betracht, wenn die Pflegeeltern ihre Aufgabe zur vollen Zufriedenheit erfüllt hätten. Ein Grund für die Aufhebung könne sein, daß sich die leiblichen Eltern wieder um das Kind kümmern wollten und könnten. Es seien die Entwicklungsmöglichkeiten und die Neigungen des Kindes sowie die Dauer des Pflegeverhältnisses zu berücksichtigen, wenn diese dazu beigetragen hätten, das Kind gefühlsmäßig an seine Pflegeeltern zu binden. Es seien die Vor- und Nachteile, die die Veränderung für das Kind bringen könnte, umfassend zu beurteilen. Die Lebensverhältnisse beim Vater und bei der Pflegemutter seien einander gegenüberzustellen. Die mit einem Wechsel regelmäßig verbundene, meist aber vorübergehende Belastung des Kindes sei in Kauf zu nehmen, wenn die Eltern eine ordnungsgemäße Erziehung gewährleisteten.

Das Rekursgericht führte weiters aus, daß hier nach der Aktenlage von einer engen Beziehung zwischen dem Kind und dem Vater auszugehen sei. Mit dem Erfordernis der Aufrechterhaltung der bisherigen Lebensumstände des Kindes sei eine Abweisung des Antrages des Vaters nicht zu rechtfertigen. Es komme auf die Lebensumstände in ihrer Gesamtheit und die Vorteile einer Zuordnung des Kindes zum Vater an. Neben dem materiellen Interesse an möglichst guter Verpflegung und Unterbringung sei auch das Interesse des Kindes an einer guten Erziehung, sorgfältigen Beaufsichtigung und ordnungsgemäßen seelischen und geistigen Entwicklung maßgeblich. Zu diesen Fragen seien noch konkrete Feststellungen erforderlich, um die Frage des Kindeswohls beurteilen zu können. Es fehlten verläßliche Feststellungen über die für die Betreuung des Kindes bedeutsamen Lebensverhältnisse beim Vater, insbesondere während seiner berufsbedingten Abwesenheit und der dadurch notwendigen Erziehung durch die Lebensgefährtin. Allenfalls sei eine andere Form der Fremdpflege in Erwägung zu ziehen. Das Verfahren sei auch noch durch Ergänzung des Gutachtens nach Befragung des Kindes betreffend das Verhältnis zu allen Beteiligten ergänzungsbedürftig. Ausschlaggebend sei, wo sich das Kind glücklicher fühle. Es sei auch noch zu prüfen, ob bei einer weiteren Teilung der Obsorge psychische Folgen für das Kind zu befürchten seien. Es müßten die Präferenzen des nunmehr fast siebenjährigen Kindes geprüft werden.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es fehle eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Obsorgeübertragung an Pflegeeltern wieder aufzuheben sei.

Mit ihrem Rekurs beantragt die Tante des Kindes die Abänderung dahin, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die vom Erstgericht im Jahr 1993 angeordnete geteilte Obsorge zwischen dem unehelichen Vater und der Tante des Kindes kann nicht auf eine ausdrückliche Gesetzesregelung gestützt werden. Nach dem Tod der unehelichen Mutter wäre eine Teilung der Obsorge gemäß § 145 Abs 1 ABGB iVm § 166 ABGB nur zwischen dem überlebenden Elternteil und den Großeltern des Kindes in Frage gekommen. Wenn diesen Personen aus Gründen des Kindeswohls die Obsorge nicht übertragen hätte werden können, wäre gemäß § 187 ABGB die Bestellung eines Vormundes zu veranlassen gewesen (EFSlg 68.912). Ein Jugendwohlfahrtsträger ist mit der Obsorge zu betrauen, wenn das Kindeswohl beim bisher Obsorgeberechtigten gefährdet und die Obsorge daher zu entziehen ist (§ 176a ABGB). Dieser Fall lag nach dem Tod der unehelichen Mutter nicht vor. Es ging um die notwendig gewordene Erstzuteilung der Obsorge und die Entscheidung über die konkurrierenden Anträge des unehelichen Vaters, der väterlichen Großeltern sowie der Tante des Kindes, der nach dem Willen der verstorbenen Mutter zumindest die Pflege des Kindes zukommen sollte. Die Tante hätte wohl zum Vormund bestellt werden können, die angestrebte Teilung der Obsorge war jedoch nach dem Gesetz nicht auf die vom Erstgericht verfügte Weise möglich. Das angestrebte Ergebnis hätte nur in der Form erreicht werden können, daß dem unehelichen Vater die Obsorge zur Gänze übertragen worden wäre, dieser gleichzeitig einen Pflegevertrag mit der Tante abgeschlossen hätte und dies vom Gericht auch genehmigt worden wäre (§ 186 Abs 1 iVm § 137a ABGB) und daß sodann auf Antrag der Tante (Pflegemutter) dieser die Obsorge im Teilbereich der Pflege und Erziehung übertragen worden wäre (§ 186a Abs 1 ABGB). Die vom Erstgericht verfügte Teilung der Obsorge erwuchs in Rechtskraft. Verfahrensgegenständlich ist nun eine Abänderung dieser Entscheidung. Strittig sind die Voraussetzungen hiefür. Das Rekursgericht hat den Sachverhalt nach den vom Obersten Gerichtshof zu Pflegeverträgen entwickelten Grundsätzen beurteilt und hält eine Entziehung der teilweisen Obsorge der Tante und die Übertragung dieser Obsorge an den unehelichen Vater schon aus Gründen des Kindeswohls für zulässig (§ 186a Abs 3 ABGB). Die Tante des Kindes steht demgegenüber auf dem Standpunkt, daß eine Entziehung der Obsorge im Teilbereich der Pflege und Erziehung nur im hier nicht vorliegenden Fall einer Gefährdung des Kindeswohls durch die Tante, also unter den Voraussetzungen des § 176 ABGB, in Frage käme. Dazu hat der erkennende Senat folgendes erwogen:Die vom Erstgericht im Jahr 1993 angeordnete geteilte Obsorge zwischen dem unehelichen Vater und der Tante des Kindes kann nicht auf eine ausdrückliche Gesetzesregelung gestützt werden. Nach dem Tod der unehelichen Mutter wäre eine Teilung der Obsorge gemäß Paragraph 145, Absatz eins, ABGB in Verbindung mit Paragraph 166, ABGB nur zwischen dem überlebenden Elternteil und den Großeltern des Kindes in Frage gekommen. Wenn diesen Personen aus Gründen des Kindeswohls die Obsorge nicht übertragen hätte werden können, wäre gemäß Paragraph 187, ABGB die Bestellung eines Vormundes zu veranlassen gewesen (EFSlg 68.912). Ein Jugendwohlfahrtsträger ist mit der Obsorge zu betrauen, wenn das Kindeswohl beim bisher Obsorgeberechtigten gefährdet und die Obsorge daher zu entziehen ist (Paragraph 176 a, ABGB). Dieser Fall lag nach dem Tod der unehelichen Mutter nicht vor. Es ging um die notwendig gewordene Erstzuteilung der Obsorge und die Entscheidung über die konkurrierenden Anträge des unehelichen Vaters, der väterlichen Großeltern sowie der Tante des Kindes, der nach dem Willen der verstorbenen Mutter zumindest die Pflege des Kindes zukommen sollte. Die Tante hätte wohl zum Vormund bestellt werden können, die angestrebte Teilung der Obsorge war jedoch nach dem Gesetz nicht auf die vom Erstgericht verfügte Weise möglich. Das angestrebte Ergebnis hätte nur in der Form erreicht werden können, daß dem unehelichen Vater die Obsorge zur Gänze übertragen worden wäre, dieser gleichzeitig einen Pflegevertrag mit der Tante abgeschlossen hätte und dies vom Gericht auch genehmigt worden wäre (Paragraph 186, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 137 a, ABGB) und daß sodann auf Antrag der Tante (Pflegemutter) dieser die Obsorge im Teilbereich der Pflege und Erziehung übertragen worden wäre (Paragraph 186 a, Absatz eins, ABGB). Die vom Erstgericht verfügte Teilung der Obsorge erwuchs in Rechtskraft. Verfahrensgegenständlich ist nun eine Abänderung dieser Entscheidung. Strittig sind die Voraussetzungen hiefür. Das Rekursgericht hat den Sachverhalt nach den vom Obersten Gerichtshof zu Pflegeverträgen entwickelten Grundsätzen beurteilt und hält eine Entziehung der teilweisen Obsorge der Tante und die Übertragung dieser Obsorge an den unehelichen Vater schon aus Gründen des Kindeswohls für zulässig (Paragraph 186 a, Absatz 3, ABGB). Die Tante des Kindes steht demgegenüber auf dem Standpunkt, daß eine Entziehung der Obsorge im Teilbereich der Pflege und Erziehung nur im hier nicht vorliegenden Fall einer Gefährdung des Kindeswohls durch die Tante, also unter den Voraussetzungen des Paragraph 176, ABGB, in Frage käme. Dazu hat der erkennende Senat folgendes erwogen:

Aus mehreren Gesetzesbestimmungen ist abzuleiten, daß der Gesetzgeber in der Frage der Obsorge dem Grad der Blutsverwandtschaft einen hohen Stellenwert zumißt. Der schon zitierte § 145 Abs 1 ABGB, der gemäß § 166 ABGB auch für uneheliche Kinder Anwendung findet, sieht vor, daß das Gericht im Fall des Todes eines Elternteils unter Beachtung des Wohls des Kindes zu entscheiden hat, ob die Obsorge ganz oder teilweise dem anderen Elternteil oder dem und welchem Großelternpaar (Großelternteil) zukommen soll (RZ 1991/80 mwN). Es wurde schon ausgesprochen, daß bei gleich günstigen Verhältnissen dem Elternteil (als näherem Blutsverwandten) der Vorzug zu geben ist (JBl 1994, 608). Aus der zitierten Gesetzesstelle ist jedenfalls abzuleiten, daß die Obsorge nur den nächsten Blutsverwandten in gerader Linie zukommen soll, nicht aber Seitenverwandten. Der Vorrang des Elternteils gegenüber Großeltern kann schon mit der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 145 Abs 1 ABGB unter dem Gesichtspunkt des Grundrechtes auf Familienleben (Art 8 EMRK) begründet werden. Dieses Recht steht nicht nur intakten Familien mit einem Elternpaar und Kindern zu, es gilt auch für das Recht auf Zusammenleben zwischen einem (dem überlebenden) Elternteil und den Kindern. Dies muß umso mehr für den Fall der Konkurrenz zwischen dem Elternteil und einem Seitenverwandten gelten.Aus mehreren Gesetzesbestimmungen ist abzuleiten, daß der Gesetzgeber in der Frage der Obsorge dem Grad der Blutsverwandtschaft einen hohen Stellenwert zumißt. Der schon zitierte Paragraph 145, Absatz eins, ABGB, der gemäß Paragraph 166, ABGB auch für uneheliche Kinder Anwendung findet, sieht vor, daß das Gericht im Fall des Todes eines Elternteils unter Beachtung des Wohls des Kindes zu entscheiden hat, ob die Obsorge ganz oder teilweise dem anderen Elternteil oder dem und welchem Großelternpaar (Großelternteil) zukommen soll (RZ 1991/80 mwN). Es wurde schon ausgesprochen, daß bei gleich günstigen Verhältnissen dem Elternteil (als näherem Blutsverwandten) der Vorzug zu geben ist (JBl 1994, 608). Aus der zitierten Gesetzesstelle ist jedenfalls abzuleiten, daß die Obsorge nur den nächsten Blutsverwandten in gerader Linie zukommen soll, nicht aber Seitenverwandten. Der Vorrang des Elternteils gegenüber Großeltern kann schon mit der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des Paragraph 145, Absatz eins, ABGB unter dem Gesichtspunkt des Grundrechtes auf Familienleben (Artikel 8, EMRK) begründet werden. Dieses Recht steht nicht nur intakten Familien mit einem Elternpaar und Kindern zu, es gilt auch für das Recht auf Zusammenleben zwischen einem (dem überlebenden) Elternteil und den Kindern. Dies muß umso mehr für den Fall der Konkurrenz zwischen dem Elternteil und einem Seitenverwandten gelten.

Auch aus § 198 ABGB ist die Absicht des Gesetzgebers klar ersichtlich. Diese Gesetzesstelle sieht vor, daß im Fall mangelnder letztwilliger Bestimmung eines Vormundes oder der letztwilligen Bestimmung eines ungeeigneten Vormundes der nächste geeignete Verwandte (§ 41 ABGB) zum Vormund des Kindes zu bestellen ist. Der Gesetzgeber räumt somit sowohl bei der Obsorgeentscheidung als auch bei der Vormundbestellung (wenn für die Obsorge geeignete nächste Blutsverwandte in gerader Linie fehlen) dem Grad der Verwandtschaft entscheidende Bedeutung ein. Auch der erkennende Senat hat im Sinne der ständigen Rechtsprechung bereits ausgesprochen, daß den Eltern primär das Obsorgerecht ihrer Kinder zukommt und daß dem Verlangen des unehelichen Vaters (gegenüber dem konkurrierenden Antrag des Ehemanns der verstorbenen Mutter, also des Stiefvaters des Kindes) nach dem Tod der bisher allein obsorgeberechtigten Mutter zu entsprechen und die Obsorge dem Vater nur bei einem Mißbrauch des Erziehungsrechtes zu verweigern sei (6 Ob 521/93 = ÖA 1993, 149). Die dargelegte Absicht des Gesetzgebers über den Vorrang der nächsten Blutsverwandten zwingt trotz der Rechtskraft der Entscheidung über die geteilte Obsorge zur Auffassung, daß der uneheliche Vater die Übertragung der Obsorge in vollem Umfang schon dann erreichen kann, wenn dies dem Kindeswohl entspricht und nicht erst dann, wenn (überdies) das Kindeswohl bei Fortdauer der Obsorge der Tante im Teilbereich der Pflege und Erziehung gefährdet wäre. Die verfügte Teilung der Obsorge zwischen dem unehelichen Vater und der Tante des Kindes war keine Obsorgeentscheidung nach § 145 Abs 1 ABGB, die nur unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen über die Entziehung der Obsorge abgeändert werden könnte. Das Ergebnis der Entscheidung entsprach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten. Auch ohne Einhaltung der hiefür vorgesehenen einzelnen Verfahrensschritte (Übertragung der vollen Obsorge an den unehelichen Vater; Abschluß eines Pflegevertrages; Übertragung der Obsorge im Teilbereich der Pflege und Erziehung an die Tante und Pflegemutter) ist die nunmehr vorliegende Konkurrenz der Interessen des unehelichen Vaters und der Tante des Kindes in analoger Anwendung des § 186a Abs 3 ABGB zu lösen. Eine Änderung der Obsorgeverhältnisse zugunsten des Vaters ist daher schon zulässig, wenn Gründe des Kindeswohls dafür sprechen. Das Rekursgericht hat zutreffend in seinem Aufhebungsbeschluß zur Ergänzung des Sachverhalts die vom Obersten Gerichtshof zur Auflösung von Pflegeverträgen entwickelten Grundsätze unter Zitierung der Entscheidung 7 Ob 657/90 (= JBl 1991, 515) für maßgeblich erklärt. In dieser auch in SZ 63/165 veröffentlichten Entscheidung wurde neben den vom Rekursgericht richtig wiedergegebenen Grundsätzen ausgeführt, daß ein Pflegschaftsvertrag aufgehoben werden könne, wenn seine Aufrechterhaltung dem Interesse des Kindes zuwiderlaufen würde. Anders als im Fall des § 176 ABGB sei eine Gefährdung des Kindeswohls nicht erforderlich. Es sei daher auch eine Aufhebung des Vertrages möglich, wenn Pflegeeltern ihre Aufgabe zur vollen Zufriedenheit erfüllten. Dies gilt aus den dargelegten Gründen auch hier. Wenn das Rekursgericht den Sachverhalt noch für ergänzungsbedürftig hielt, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten, weil das Rekursgericht nicht von einer falschen Rechtsansicht ausging. Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin ist die Sache keineswegs im Sinne einer Abweisung des Antrages des Vaters aus dem Grund spruchreif, weil festgestellt wurde, daß sich der Vater berufsbedingt von Montag bis Donnerstag nicht bei seiner Familie aufhält und in dieser Zeit das Kind von der Lebensgefährtin des Vaters betreut werden müsse. Zu dieser Frage hat der Oberste Gerichtshof schon dahin Stellung genommen, daß der Umstand der Berufstätigkeit des Vaters und die dadurch notwendig werdende Fremdpflege keinen Grund bilden, dem Vater die Obsorge auch nur teilweise zu versagen (1 Ob 544, 545/91 = RZ 1991/80). Dem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß ist daher nicht Folge zu geben.Auch aus Paragraph 198, ABGB ist die Absicht des Gesetzgebers klar ersichtlich. Diese Gesetzesstelle sieht vor, daß im Fall mangelnder letztwilliger Bestimmung eines Vormundes oder der letztwilligen Bestimmung eines ungeeigneten Vormundes der nächste geeignete Verwandte (Paragraph 41, ABGB) zum Vormund des Kindes zu bestellen ist. Der Gesetzgeber räumt somit sowohl bei der Obsorgeentscheidung als auch bei der Vormundbestellung (wenn für die Obsorge geeignete nächste Blutsverwandte in gerader Linie fehlen) dem Grad der Verwandtschaft entscheidende Bedeutung ein. Auch der erkennende Senat hat im Sinne der ständigen Rechtsprechung bereits ausgesprochen, daß den Eltern primär das Obsorgerecht ihrer Kinder zukommt und daß dem Verlangen des unehelichen Vaters (gegenüber dem konkurrierenden Antrag des Ehemanns der verstorbenen Mutter, also des Stiefvaters des Kindes) nach dem Tod der bisher allein obsorgeberechtigten Mutter zu entsprechen und die Obsorge dem Vater nur bei einem Mißbrauch des Erziehungsrechtes zu verweigern sei (6 Ob 521/93 = ÖA 1993, 149). Die dargelegte Absicht des Gesetzgebers über den Vorrang der nächsten Blutsverwandten zwingt trotz der Rechtskraft der Entscheidung über die geteilte Obsorge zur Auffassung, daß der uneheliche Vater die Übertragung der Obsorge in vollem Umfang schon dann erreichen kann, wenn dies dem Kindeswohl entspricht und nicht erst dann, wenn (überdies) das Kindeswohl bei Fortdauer der Obsorge der Tante im Teilbereich der Pflege und Erziehung gefährdet wäre. Die verfügte Teilung der Obsorge zwischen dem unehelichen Vater und der Tante des Kindes war keine Obsorgeentscheidung nach Paragraph 145, Absatz eins, ABGB, die nur unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen über die Entziehung der Obsorge abgeändert werden könnte. Das Ergebnis der Entscheidung entsprach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten. Auch ohne Einhaltung der hiefür vorgesehenen einzelnen Verfahrensschritte (Übertragung der vollen Obsorge an den unehelichen Vater; Abschluß eines Pflegevertrages; Übertragung der Obsorge im Teilbereich der Pflege und Erziehung an die Tante und Pflegemutter) ist die nunmehr vorliegende Konkurrenz der Interessen des unehelichen Vaters und der Tante des Kindes in analoger Anwendung des Paragraph 186 a, Absatz 3, ABGB zu lösen. Eine Änderung der Obsorgeverhältnisse zugunsten des Vaters ist daher schon zulässig, wenn Gründe des Kindeswohls dafür sprechen. Das Rekursgericht hat zutreffend in seinem Aufhebungsbeschluß zur Ergänzung des Sachverhalts die vom Obersten Gerichtshof zur Auflösung von Pflegeverträgen entwickelten Grundsätze unter Zitierung der Entscheidung 7 Ob 657/90 (= JBl 1991, 515) für maßgeblich erklärt. In dieser auch in SZ 63/165 veröffentlichten Entscheidung wurde neben den vom Rekursgericht richtig wiedergegebenen Grundsätzen ausgeführt, daß ein Pflegschaftsvertrag aufgehoben werden könne, wenn seine Aufrechterhaltung dem Interesse des Kindes zuwiderlaufen würde. Anders als im Fall des Paragraph 176, ABGB sei eine Gefährdung des Kindeswohls nicht erforderlich. Es sei daher auch eine Aufhebung des Vertrages möglich, wenn Pflegeeltern ihre Aufgabe zur vollen Zufriedenheit erfüllten. Dies gilt aus den dargelegten Gründen auch hier. Wenn das Rekursgericht den Sachverhalt noch für ergänzungsbedürftig hielt, kann dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten, weil das Rekursgericht nicht von einer falschen Rechtsansicht ausging. Entgegen der Auffassung der Rekurswerberin ist die Sache keineswegs im Sinne einer Abweisung des Antrages des Vaters aus dem Grund spruchreif, weil festgestellt wurde, daß sich der Vater berufsbedingt von Montag bis Donnerstag nicht bei seiner Familie aufhält und in dieser Zeit das Kind von der Lebensgefährtin des Vaters betreut werden müsse. Zu dieser Frage hat der Oberste Gerichtshof schon dahin Stellung genommen, daß der Umstand der Berufstätigkeit des Vaters und die dadurch notwendig werdende Fremdpflege keinen Grund bilden, dem Vater die Obsorge auch nur teilweise zu versagen (1 Ob 544, 545/91 = RZ 1991/80). Dem Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß ist daher nicht Folge zu geben.

Die Rekursbeantwortung des Vaters war mangels Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens zurückzuweisen.

Anmerkung

E46618 06A01707

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00170.97M.0619.000

Dokumentnummer

JJT_19970619_OGH0002_0060OB00170_97M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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