TE OGH 1997/6/25 9ObA108/97s

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Veröffentlicht am 25.06.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Wolfgang Stelzmüller und Dr.Manfred Dafert als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Leopold L*****, Installateur, ***** vertreten durch Dr. Kurt Klein ua, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Republik Österreich (Finanzlandesdirektion für Steiermark), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen Feststellung des Fortbestehens des Dienstverhältnisses, infolge Revision der beklagten Partei und infolge Kostenrekurses der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.Dezember 1996, GZ 8 Ra 209/96h-14, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 17.April 1996, GZ 31 Cga 212/95b-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

13.725 (darin S 2.287,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Kostenrekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 28.1.1954 geborene Kläger wurde am 20.4.1976 bei der Beklagten als Vertragsbediensteter eingestellt. Er war als Dateneingeber beim Postzollamt Graz beschäftigt. Kundenverkehr hatte er nicht zu bewältigen; er arbeitete meist allein. Seit 22.4.1993 ist er "begünstigter Behinderter" iS § 2 Abs 1 BEinstG.Der am 28.1.1954 geborene Kläger wurde am 20.4.1976 bei der Beklagten als Vertragsbediensteter eingestellt. Er war als Dateneingeber beim Postzollamt Graz beschäftigt. Kundenverkehr hatte er nicht zu bewältigen; er arbeitete meist allein. Seit 22.4.1993 ist er "begünstigter Behinderter" iS Paragraph 2, Absatz eins, BEinstG.

Am 18.9.1995 befand sich der Kläger im Krankenstand. Am Abend dieses Tages wollten zwei Kriminalbeamte, die im Zusammenhang mit einem Raubüberfall ermittelten, den gerade "etwas angeheitert", aber nicht stark betrunken das Haus Graz, Babenbergerstraße 24, verlassenden Kläger kontrollieren. Der Kläger leistete den Beamten Widerstand. Die Aufforderung zur Ausweisleistung beantwortete er mit den Worten: "Was willst Du Trottel, wer bist Du ?" und mit der Aufforderung an einen Beamten, er solle sich "schleichen". Auf den Hinweis eines der Beamten, er sei Kriminalbeamter, reagierte der Kläger mit der lautstark geäußerten Antwort, das könne jeder behaupten, der Beamte solle sich schleichen, er (der Kläger) sei ein freier Staatsbürger und müsse der Aufforderung nicht nachkommen. Als die Kriminalbeamten ihre Dienstkokarden vorwiesen und dem Kläger den Grund ihres Einschreitens nannten, verstärkte dieser seine Beschimpfungen und versuchte plötzlich, davonzulaufen. Aus dem Versuch der Beamten, ihn festzuhalten, entstand ein Handgemenge, in dessen Verlauf der Kläger den Beamten "ein Bein stellte" und sie zu Fall brachte. Gegen einen Beamten führte er einen Faustschlag. Als sich dieser Beamte - um dem Schlag zu entgehen - an den Kläger klammerte, versuchte letzterer, den Beamten in den "Schwitzkasten" zu nehmen. Mit Hilfe eines weiteren Kollegen gelang es den Beamten schließlich, dem Kläger Handschellen anzulegen und ihn festzunehmen. Sowohl der Kläger als auch einer der Kriminalbeamten wurden bei diesem Vorfall verletzt.

Am 13.10.1995 wurde die Präsidial- und Personalabteilung der Finanzlandesdirektion als vorgesetzte Dienststelle des Klägers durch eine Kopie der Anzeige von diesem Vorfall verständigt. Nach Überprüfung der Anzeige in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht teilte die Finanzlandesdirektion dem Fachausschuß für die Bediensteten der Verwaltung mit Schreiben vom 31.10.1995 die Absicht mit, das Dienstverhältnis mit dem Kläger gemäß § 34 Abs 2 lit bVGB wegen schwerwiegender Verletzung seiner Dienstpflichten vorzeitig aufzulösen. Der Fachausschuß beantragte, die Entlassung vorerst nicht auszusprechen und das gerichtliche Verfahren abzuwarten, zumal eine Entlassung wegen dieser einmaligen Entgleisung des Klägers eine unverhältnismäßige Maßnahme darstelle. Dennoch erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 15.11.1995 die Auflösung des Dienstverhältnisses mit sofortiger Wirkung.Am 13.10.1995 wurde die Präsidial- und Personalabteilung der Finanzlandesdirektion als vorgesetzte Dienststelle des Klägers durch eine Kopie der Anzeige von diesem Vorfall verständigt. Nach Überprüfung der Anzeige in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht teilte die Finanzlandesdirektion dem Fachausschuß für die Bediensteten der Verwaltung mit Schreiben vom 31.10.1995 die Absicht mit, das Dienstverhältnis mit dem Kläger gemäß Paragraph 34, Absatz 2, Litera b, fünf G, B, wegen schwerwiegender Verletzung seiner Dienstpflichten vorzeitig aufzulösen. Der Fachausschuß beantragte, die Entlassung vorerst nicht auszusprechen und das gerichtliche Verfahren abzuwarten, zumal eine Entlassung wegen dieser einmaligen Entgleisung des Klägers eine unverhältnismäßige Maßnahme darstelle. Dennoch erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 15.11.1995 die Auflösung des Dienstverhältnisses mit sofortiger Wirkung.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 15.1.1996 wurde der Kläger wegen des Vorfalles vom 18.9.1995 der Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 269 Abs 1 1.Deliktsfall StGB und der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen a S 100.- verurteilt.Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 15.1.1996 wurde der Kläger wegen des Vorfalles vom 18.9.1995 der Vergehen des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach Paragraph 269, Absatz eins, 1.Deliktsfall StGB und der fahrlässigen Körperverletzung nach Paragraph 88, Absatz eins, StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 160 Tagessätzen a S 100.- verurteilt.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, daß sein Dienstverhältnis über den 15.11.1995 hinaus aufrecht fortbestehe. Er habe keinen Entlassungsgrund gesetzt. Sein Verhalten mache ihn für die Beklagte nicht vertrauensunwürdig, da es mit seiner dienstlichen Funktion in keinem Zusammenhang stehe. Auch für das Ansehen des Dienstgebers sei kein Nachteil entstanden. Die Entlassung sei von der Beklagten, die bereits am 13.10.1995 vom Vorfall verständigt worden sei, verspätet ausgesprochen worden. Hilfsweise werde vorgebracht, daß zum Zeitpunkt der Entlassung der Entlassungsgrund noch nicht verwirklicht gewesen sei; die Beklagte hätte das Strafverfahren abwarten müssen.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe gegen die in § 5 VBG normierte Pflicht verstoßen, sich auch außerhalb des Dienstes angemessen und ehrenhaft zu betragen. Der Vorfall sei geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Zollverwaltung und den Kläger als deren Bediensteten erheblich herabzusetzen. Sein Verhalten lasse den Kläger des Vertrauens der Beklagten unwürdig erscheinen und verwirkliche den Entlassungstatbestand des § 34 Abs 2 lit b VBG. Erschwerend sei, daß der Kläger gegen Beamte in Ausübung ihres Dienstes vorgegangen sei. Der Beklagten sei die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zumutbar.Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Der Kläger habe gegen die in Paragraph 5, VBG normierte Pflicht verstoßen, sich auch außerhalb des Dienstes angemessen und ehrenhaft zu betragen. Der Vorfall sei geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Zollverwaltung und den Kläger als deren Bediensteten erheblich herabzusetzen. Sein Verhalten lasse den Kläger des Vertrauens der Beklagten unwürdig erscheinen und verwirkliche den Entlassungstatbestand des Paragraph 34, Absatz 2, Litera b, VBG. Erschwerend sei, daß der Kläger gegen Beamte in Ausübung ihres Dienstes vorgegangen sei. Der Beklagten sei die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zumutbar.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es erachtete die Entlassung zwar nicht als verspätet, aber als nicht gerechtfertigt. Die strafbare Handlung des Klägers stehe in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Daher sei die Zumutbarkeit, dieses fortzusetzen, besonders sorgfältig zu prüfen. Es sei zu beachten, daß das Strafgericht mit Rücksicht auf die Unbescholtenheit des Klägers nur eine Geldstrafe von S 16.000,- verhängt habe. Da es sich um einen einmaligen Vorfall handle, der kein überdurchschnittliches Aufsehen erregt habe und nicht in auffälliger Weise publik geworden sei, sei weder ein Vertrauensverlust der Öffentlichkeit in die Zollverwaltung noch eine Rufschädigung zu besorgen. Auch der in Betracht kommende Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit f VBG sei nicht verwirklicht, da das einmalige Verhalten des Klägers außer Dienst den Interessen des Dienstes nicht abträglich sein könne. Gemäß § 30 Abs 3 letzter Halbsatz VBG sei daher die Entlassung unwirksam.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es erachtete die Entlassung zwar nicht als verspätet, aber als nicht gerechtfertigt. Die strafbare Handlung des Klägers stehe in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Daher sei die Zumutbarkeit, dieses fortzusetzen, besonders sorgfältig zu prüfen. Es sei zu beachten, daß das Strafgericht mit Rücksicht auf die Unbescholtenheit des Klägers nur eine Geldstrafe von S 16.000,- verhängt habe. Da es sich um einen einmaligen Vorfall handle, der kein überdurchschnittliches Aufsehen erregt habe und nicht in auffälliger Weise publik geworden sei, sei weder ein Vertrauensverlust der Öffentlichkeit in die Zollverwaltung noch eine Rufschädigung zu besorgen. Auch der in Betracht kommende Kündigungsgrund des Paragraph 32, Absatz 2, Litera f, VBG sei nicht verwirklicht, da das einmalige Verhalten des Klägers außer Dienst den Interessen des Dienstes nicht abträglich sein könne. Gemäß Paragraph 30, Absatz 3, letzter Halbsatz VBG sei daher die Entlassung unwirksam.

Das von der Beklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es ließ die Frage, ob der geltend gemachte Entlassungsgrund verwirklicht sei, dahingestellt, erachtete aber die Entlassung als verspätet. Die Erklärung der vorzeitigen Auflösung eines Dienstverhältnisses müsse unverzüglich nach Kenntnis des Vertragspartners vom Vorliegen eines wichtigen Auflösungsgrundes erfolgen. Auch wenn dieser Grundsatz nicht überspannt werden dürfe und bei Behörden des Bundes auf Aktenlauf und Kompetenzverteilung Bedacht zu nehmen sei, sei hier die erst am 31.10.1995 erfolgte Verständigung der Personalvertretung als verspätet zu betrachten. Eine Konversion der Entlassung in eine Kündigung könne aus den zutreffenden Überlegungen des Erstgerichtes nicht stattfinden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, es iS der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben und erhob seinerseits Rekurs gegen die Kostenentscheidung des Berufungsurteiles.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Beklagte stützte die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses auf § 34 Abs 2 lit b VBG. Danach kann das Dienstverhältnis vorzeitig aufgelöst werden, wenn sich der Vertragsbedienstete "einer Handlung oder einer Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen läßt, insbesondere wenn er sich Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen Vorgesetzte oder Mitbedienstete zuschulden kommen läßt oder wenn er sich in seiner dienstlichen Tätigkeit oder im Zusammenhang damit von dritten Personen Vorteile zuwenden läßt". Ob Vertrauensunwürdigkeit gegeben ist, hängt davon ab, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung besteht, daß seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien. Maßgebend ist, ob das Verhalten des Angestellten das Vertrauen des Dienstgebers so schwer erschüttert hat, daß diesem die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (Arb 10.212; 10.001). Hiebei ist nicht nur der letzte, unmittelbar zur Entlassung führende Vorfall, sondern das Gesamtverhalten des Dienstnehmers innerhalb eines längeren Zeitraumes zu berücksichtigen (Arb 10.212; 4 Ob 117/76). Ob die Befürchtung, daß die Belange des Dienstgebers durch den Angestellten gefährdet seien, gerechtfertigt ist, entscheidet allerdings nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers, sondern ein objektiver Maßstab, der nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung des Umstandes des Einzelfalles anzuwenden ist (Arb 10.212; 9091; 8733). Die Vertrauensunwürdigkeit kann auch auf Handlungen beruhen, die mit dem Arbeitsverhältnis in keinem oder keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen (Arb 10.212; ARD 4506/18/93; Kuderna, Entlassungsrecht2 87f). Solche Handlungen müssen so beschaffen sein, daß sie das dienstliche oder geschäftliche Vertrauen des Arbeitgebers zu beeinflussen vermögen. Daß eine Handlung gerichtlich strafbar ist, bewirkt noch nicht, daß sie jedenfalls auch einen Entlassungsgrund bildet. Gerade bei strafbaren Hanldungen, die mit dem Arbeitsverhältnis in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen, ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob sie so beschaffen sind, daß dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (Arb 10.212; ARD 4506/18/93).Die Beklagte stützte die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses auf Paragraph 34, Absatz 2, Litera b, VBG. Danach kann das Dienstverhältnis vorzeitig aufgelöst werden, wenn sich der Vertragsbedienstete "einer Handlung oder einer Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen läßt, insbesondere wenn er sich Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen Vorgesetzte oder Mitbedienstete zuschulden kommen läßt oder wenn er sich in seiner dienstlichen Tätigkeit oder im Zusammenhang damit von dritten Personen Vorteile zuwenden läßt". Ob Vertrauensunwürdigkeit gegeben ist, hängt davon ab, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung besteht, daß seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien. Maßgebend ist, ob das Verhalten des Angestellten das Vertrauen des Dienstgebers so schwer erschüttert hat, daß diesem die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (Arb 10.212; 10.001). Hiebei ist nicht nur der letzte, unmittelbar zur Entlassung führende Vorfall, sondern das Gesamtverhalten des Dienstnehmers innerhalb eines längeren Zeitraumes zu berücksichtigen (Arb 10.212; 4 Ob 117/76). Ob die Befürchtung, daß die Belange des Dienstgebers durch den Angestellten gefährdet seien, gerechtfertigt ist, entscheidet allerdings nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers, sondern ein objektiver Maßstab, der nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung des Umstandes des Einzelfalles anzuwenden ist (Arb 10.212; 9091; 8733). Die Vertrauensunwürdigkeit kann auch auf Handlungen beruhen, die mit dem Arbeitsverhältnis in keinem oder keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen (Arb 10.212; ARD 4506/18/93; Kuderna, Entlassungsrecht2 87f). Solche Handlungen müssen so beschaffen sein, daß sie das dienstliche oder geschäftliche Vertrauen des Arbeitgebers zu beeinflussen vermögen. Daß eine Handlung gerichtlich strafbar ist, bewirkt noch nicht, daß sie jedenfalls auch einen Entlassungsgrund bildet. Gerade bei strafbaren Hanldungen, die mit dem Arbeitsverhältnis in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen, ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob sie so beschaffen sind, daß dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (Arb 10.212; ARD 4506/18/93).

Im hier zu beurteilenden Fall reicht das Verhalten des Klägers gerade noch nicht aus, den dargelegten Entlassungsgrund zu verwirklichen. Da das inkriminierte Verhalten des Klägers in keinem Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit steht, ist iS der dargelgten Rechtslage kein so strenger Maßstab anzulegen. Dazu kommt die unbestrittene Unbescholtenheit des Beklagten, die für die Richtigkeit der Annahme spricht, daß es sich beim Verhalten des Beklagten um einen Einzelfall handelte und die auch das Strafgericht dazu veranlaßte, eine verhältnismäßig milde Strafe zu verhängen. Vor allem aber ist zu berücksichtigen, daß das Dienstverhältnis des Klägers zum Zeitpunkt des Vorfalles fast 20 Jahre bestand und daß frühere Vorfälle, die für die Vertrauenswürdigkeit des Klägers sprechen, von der Beklagten nicht einmal behauptet wurden. Gerade in dieser Hinsicht unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von jenem, der der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung JBl 1955,529 zugrundeliegt: In dieser Entscheidung war für die Bejahung der Vertrauensunwürdigkeit des Dienstnehmers mitentscheidend, daß es schon vor dem den Anlaß der Entlassung bildenden Vorfall "öfters Anstände wegen Trunkenheit" - von den behaupteten siebzig Fällen in den letzten fünf Jahren waren sieben nachgewiesen - gegeben hatte. Hier hingegen spricht gerade der Umstand, daß Beanstandungen des Klägers während der fast 20jährigen Dauer seines Dienstverhältnisses nicht einmal behauptet wurden, dagegen, eine zwar gravierende, aber offenkundig einmalige Entgleisung zum Anlaß für die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses zu machen.

Da sich somit die Meinung des Erstgerichtes, der Entlassungsgrund sei nicht verwirklicht, als zutreffend erweist, braucht auf das Vorbringen der Revisionswerberin, mit der sie sich gegen die Annahme des Berufungsgerichtes wendet, die Entlassung sei verspätet erfolgt, nicht mehr eingegangen zu werden.

Eine entgegen den Vorschriften des § 34 VBG ausgesprochene Entlassung gilt nach § 30 Abs 3 VBG als Kündigung, wenn der angeführte Auflösungsgrund einen Kündigungsgrund iS § 32 Abs 2 VBG darstellt; liegt auch kein Kündigungsgrund vor, so ist die ausgesprochene Entlassung rechtsunwirksam. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen ist der Oberste Gerichtshof der Ansicht, daß das Verhalten des Klägers den Kündigungsgrund des § 32 Abs 2 lit f VBG (Verhalten des Vertragsbediensteten, das dem Ansehen oder den Interessen des Dienstes abträglich ist, sofern nicht die Entlassung in Frage kommt) verwirklicht hat. Dies hat aber hier nicht die Beendigung des Diensverhältnisses zur Folge, weil dem Kläger die Stellung eines "begünstigten Behinderten" iS § 2 Abs 1 BEinstG zukommt und der besondere Kündigungsschutz des BEinstG auch auf kündbare Dienstverhältnisse im öffentlichen Dienst Anwendung findet (Ernst/Haller, BEinstG Rz 7 zu § 8). Demgemäß bedarf die Kündigung des Klägers der Zustimmung des Behindertenausschusses. Diese wurde aber hier nicht erteilt; sie kam auch gar nicht in Betracht, weil eine Kündigung nicht ausgesprochen wurde (Ernst/Haller, aaO Rz 60 zu § 8). Die ungerechtfertigte Entlassung des behinderten Klägers löste daher das Dienstverhältnis nicht auf (RdW 1992,121; 9 ObA 26/97g ua).Eine entgegen den Vorschriften des Paragraph 34, VBG ausgesprochene Entlassung gilt nach Paragraph 30, Absatz 3, VBG als Kündigung, wenn der angeführte Auflösungsgrund einen Kündigungsgrund iS Paragraph 32, Absatz 2, VBG darstellt; liegt auch kein Kündigungsgrund vor, so ist die ausgesprochene Entlassung rechtsunwirksam. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen ist der Oberste Gerichtshof der Ansicht, daß das Verhalten des Klägers den Kündigungsgrund des Paragraph 32, Absatz 2, Litera f, VBG (Verhalten des Vertragsbediensteten, das dem Ansehen oder den Interessen des Dienstes abträglich ist, sofern nicht die Entlassung in Frage kommt) verwirklicht hat. Dies hat aber hier nicht die Beendigung des Diensverhältnisses zur Folge, weil dem Kläger die Stellung eines "begünstigten Behinderten" iS Paragraph 2, Absatz eins, BEinstG zukommt und der besondere Kündigungsschutz des BEinstG auch auf kündbare Dienstverhältnisse im öffentlichen Dienst Anwendung findet (Ernst/Haller, BEinstG Rz 7 zu Paragraph 8,). Demgemäß bedarf die Kündigung des Klägers der Zustimmung des Behindertenausschusses. Diese wurde aber hier nicht erteilt; sie kam auch gar nicht in Betracht, weil eine Kündigung nicht ausgesprochen wurde (Ernst/Haller, aaO Rz 60 zu Paragraph 8,). Die ungerechtfertigte Entlassung des behinderten Klägers löste daher das Dienstverhältnis nicht auf (RdW 1992,121; 9 ObA 26/97g ua).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.

Da Rekurse gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt ausnahmslos unzulässig sind (SZ 68/104; SZ 66/15; RZ 1990/118; SZ 57/43 uva), war der Kostenrekurs des Klägers zurückzuweisen.

Anmerkung

E46904 09B01087

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:009OBA00108.97S.0625.000

Dokumentnummer

JJT_19970625_OGH0002_009OBA00108_97S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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