TE OGH 1997/7/10 8Ob229/97b

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.1997
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.D. W*****, Hoch- und Tiefbau GmbH, ***** vertreten durch Prof.Dr.Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde K*****, vertreten durch den Bürgermeister Wolfgang P*****, dieser vertreten durch Dr.Erhard Mack, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen restlicher S 862.047,62 sA (richtig S 835.724,62 sA, Revisionsstreitwert der klagenden Partei S 365.724,62 sA, der beklagten Partei S 211.789,06 sA), infolge Revisionen beider Streitteile gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 6.September 1994, GZ 12 R 138/94-65, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 31.März 1994, GZ 2 Cg 71/93d-58, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1.) zu Recht erkannt:

Spruch

Teilurteil

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung - unter Einbeziehung ihres mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen Teiles (Teilabweisung von S 258.210,94) - lautet:

"Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 470.000,-- sA zu bezahlen, wird abgewiesen."

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten.

2.) den

Beschluß

gefaßt:

Im übrigen (Abweisung des weiteren Begehrens von S 365.724,62 sA) wird der Berufung der klagenden Partei Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden in diesem Umfang aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind in diesem Umfang weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Aufgrund des Leistungsvertrages vom 3.10.1986 errichtete die klagende Partei für die beklagte Stadtgemeinde eine Mülldeponie. Leistungs- und Zahlungsbedingungen stehen außer Streit.

Nach Fällung des Teilurteiles des Oberlandesgerichtes Wien vom 31.3.1993, GZ 12 R 185/92-42, verblieben noch nachstehende Positionen strittig:

1. Wiederholte Einrichtung und Räumung der Baustelle (Positionen 01.01 A und 01.03 A) mit S 470.000,-- (im Berufungs- und Revisionsverfahren infolge Nichtanfechtung der Teilabweisung von S 258.210,94 nur mehr ein restlicher Betrag von S 211.789,06 sA);

2. Bodenauswechslung (Position 02.07 und 02.10.) mit S 188.492,60 und

S 177.232,02, zusammen also S 365.724,62 und

3. ein Zinsenbegehren.

Die klagende Partei brachte vor, die beklagte Partei habe Anfang Juni 1987 die Unterbrechung der Bauarbeiten angeordnet und dies damit begründet, daß der Wasserwirtschaftsfonds die erforderlichen Mittel bisher nicht zur Gänze zur Verfügung gestellt habe. Zu diesem Zeitpunkt sei die beklagte Partei bereits in unzumutbarem Zahlungsverzug gewesen.

Hinsichtlich der Bodenauswechslung sei zwischen den Vertretern der klagenden und der beklagten Partei vereinbart worden, dieses strittige Problem bis zur Schlußrechnungsprüfung zurückzustellen. Ein weiterer schriftlicher Einspruch der klagenden Partei sei daher nicht erforderlich gewesen; die diesbezügliche Eintragung im Bau-Tagesbericht Nr 121 stelle keinen Vertrag dar.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die klagende Partei habe niemals Grund zur Annahme gehabt, die beklagte Partei werde ihrer vertraglichen Zahlungspflicht nicht nachkommen, denn diese sei in den Jahren 1987 und 1988 "mehr als kreditwürdig" gewesen.

Die Bodenauswechslung sei nach Position 02.03 bzw Position 02.05 abzurechnen, da gegen die Eintragung des Ing.D***** im Bau-Tagesbericht nicht binnen 14 Tagen Einspruch erhoben worden sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einen Teilbetrag von S 211.789,06 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 650.258,55 sA (richtig wäre S 623.935,56 sA) ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Mit den Bauarbeiten wurde vertragsgemäß am 20.10.1986 begonnen. Der erste Abschnitt sollte bis 30.4.1987, die weiteren Abschnitte sollten bis 31.3.1988 fertiggestellt werden. Als technische und kaufmännische Bauaufsicht wurde seitens der beklagten Partei Dipl.Ing.T*****, als örtliche Bauaufsicht Ing.H***** namhaft gemacht. Als Bestandteile des Angebotes galten auch die Leistungsverzeichnisse, die in den Ausschreibungsunterlagen angeführten Unterlagen, die besonderen Bedingungen für die Erbringung der gegenständlichen Leistung einschließlich Projektbeschreibung gemäß Ö-Norm A 2060, die besonderen Bestimmungen für die mit Mitteln des Wasserwirtschaftsfonds geförderten Bauvorhaben, alle Ö-Normen technischen Inhaltes, insbesondere aber auch die Ö-Normen A 2060 und B 2110.

Angebotsgemäß hätte das Einrichten der Baustellen nur ein einziges Mal honoriert werden sollen, doch war von Anfang an klar, daß mehrere Bauabschnitte gebildet und zu bestimmten Zeiten beendet werden sollen. Grundsätzlich ist es Sache des Unternehmens, ob die Geräte auf der Baustelle verbleiben und was bei schlechtwetterbedingten Stehzeiten geschieht. Die Baustelle war mit einer Schürfraupe, einer Laderaupe, einem Walzenzug, einer Anhängerüttelwalze und einem Bagger sowie einem Bauwagen ausgestattet.

Bei der Eröffnung des (fertiggestellten) ersten Bauabschnittes am 5.6.1987 gab es ein kleines Fest, bei dem die Finanzstadträtin der beklagten Partei Dr.I***** dem Dip.Ing.W***** (der klagenden Partei) und seinem Bauleiter Ing.T***** mitteilte, daß derzeit kein Geld aufgebracht werden könne, da noch Mittel des Wasserwirtschaftsfonds ausständig seien. Daraufhin räumte die klagende Partei die Baustelle und richtete diese erst im September 1987 auf Aviso wieder ein. Die beklagte Partei nahm dieses Verhalten widerspruchslos hin. Durch den Abtransport der Baustelleneinrichtung entstanden der klagenden Partei Mehrkosten in der Höhe von S 92.998,64, Stillstandskosten in der Höhe von S 32.007,50 und Antransportkosten in der Höhe von S 75.551,68, sohin insgesamt in der Höhe von S 200.557,82; abzüglich 12 % Nachlaß und zuzüglich 20 % USt ergibt sich hieraus ein Betrag von S 211.789,06.

Im Leistungsverzeichnis sind Positionen für den Aushub von Baugruben (02.07), kalkuliert mit S 95,--/m3, sowie für Hinterfüllen von Bauwerken (02.10) mit im Baustellenbereich gelagerten Aushubmaterial, kalkuliert mit S 78,--/m3 angeführt.

Infolge von Hangwasser (wasserführende Schicht innerhalb der Grabungsschicht) war es notwendig, das durchwässerte Material auszutauschen und nachzufüllen.

Der Bau-Tagesbericht Nr 121 vom 21.9.1987 wurde von Ing.Bruno D*****, der für Dipl.Ing.T***** tätig wurde, "dahingehend verändert, daß die vorgenommenen Arbeiten unter Position 02.03 und Position 02.05 zu verrechnen seien". Bei einer Verrechnung nach Position 02.03 stehen S 18,--/m3 und bei einer Berechnung nach Position 02.05 S 5,60/m3 zu. Daraus ergibt sich bei einem Aushub von 2.318,14 m3 eine Differenz von S 178.496,78, abzüglich 12 % Nachlaß und 20 % USt, sohin ein Betrag von S 188.492,60. Für das Hinterfüllen im Ausmaß von 2.318,14 m3 ergibt sich eine Differenz von S 167.833,34, abzüglich 12 % Nachlaß zuzüglich 20 % USt, sohin ein Betrag von S 177.232,02.

Das Erstgericht verwies in seiner rechtlichen Begründung auf § 1052 ABGB, wonach die Leistung verweigert werden könne, wenn die Gegenleistung durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist. Die klagende Partei habe befürchten müssen, daß die beklagte Partei ihrer vertraglichen Zahlungspflicht mangels liquider Mittel nicht ohne unverhältnismäßige Verzögerung nachkommen würde, zumal die zuständige Finanzstadträtin erklärt habe, daß kein Geld vorhanden sei. Der Abzug der Baustelleneinrichtung von der Baustelle sei daher durch die Beklagte - im Zweifel schuldhaft - veranlaßt worden (§ 1298 ABGB). Aus Punkt 2.15.4.1. der Ö-Norm A 2060 ergebe sich für den mit der Unterbrechung der Arbeiten verbundenen Mehraufwand eine Schadenersatzpflicht der beklagten Partei. Daher habe sie der klagenden Partei nur diesen Mehraufwand, nicht aber das Entgelt für die neuerliche Baustelleneinrichtung zu ersetzen.Das Erstgericht verwies in seiner rechtlichen Begründung auf Paragraph 1052, ABGB, wonach die Leistung verweigert werden könne, wenn die Gegenleistung durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist. Die klagende Partei habe befürchten müssen, daß die beklagte Partei ihrer vertraglichen Zahlungspflicht mangels liquider Mittel nicht ohne unverhältnismäßige Verzögerung nachkommen würde, zumal die zuständige Finanzstadträtin erklärt habe, daß kein Geld vorhanden sei. Der Abzug der Baustelleneinrichtung von der Baustelle sei daher durch die Beklagte - im Zweifel schuldhaft - veranlaßt worden (Paragraph 1298, ABGB). Aus Punkt 2.15.4.1. der Ö-Norm A 2060 ergebe sich für den mit der Unterbrechung der Arbeiten verbundenen Mehraufwand eine Schadenersatzpflicht der beklagten Partei. Daher habe sie der klagenden Partei nur diesen Mehraufwand, nicht aber das Entgelt für die neuerliche Baustelleneinrichtung zu ersetzen.

Da gemäß 2.7.3.1. der Ö-Norm B 2110 die schriftlichen Erklärungen der beklagten Partei im Bau-Tagesbericht, die zusätzlichen Leistungen der klagenden Partei mit den in bestimmt bezeichneten Positionen des Anbots angeführten Einheitspreisen zu honorieren, mangels schriftlichen Einspruchs innerhalb von 14 Tagen als von der klagenden Partei bestätigt zu gelten hätten, sei es solcherart mangels eines Einspruches zu einer vertraglichen Einigung der Parteien über das Entgelt gekommen. Die Abrechnung der Arbeiten mit S 18,-- bzw S 5,60 je m3 sei somit Vertragsinhalt geworden und das Begehren der klagenden Partei, das auf Zahlung der Differenz auf S 78,-- bzw S 95,-- je m3 laute, daher abzuweisen.

Die klagende Partei focht die Abweisung von S 365.724,62 sA (Kosten für Bodenauswechslung) an, während sie die Abweisung von S 258.210,94 sA betreffend die neuerliche Baustelleneinrichtung unbekämpft ließ; die beklagte Partei bekämpfte den Zuspruch, von S 211.789,06 sA.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien nicht Folge.

Es folgerte rechtlich hinsichtlich des Schadenersatzbegehrens, daß gemäß § 1298 ABGB von einer schuldhaften Vertragsverletzung von seiten der beklagten Partei auszugehen sei. § 1296 ABGB sei nicht anzuwenden, weil diese Vorschrift als allgemeine Norm gegenüber der speziellen Bestimmung des § 1298 ABGB zurücktrete. Es träfen sämtliche Voraussetzungen nach den §§ 1295 ff ABGB auf den vorliegenden Sachverhalt zu. Außerdem hätte die klagende Partei angesichts der Ungewißheit über den Zeitpunkt weiterer Zahlungen der beklagten Partei von der weiteren Erbringung von Vorleistungen Abstand nehmen können.Es folgerte rechtlich hinsichtlich des Schadenersatzbegehrens, daß gemäß Paragraph 1298, ABGB von einer schuldhaften Vertragsverletzung von seiten der beklagten Partei auszugehen sei. Paragraph 1296, ABGB sei nicht anzuwenden, weil diese Vorschrift als allgemeine Norm gegenüber der speziellen Bestimmung des Paragraph 1298, ABGB zurücktrete. Es träfen sämtliche Voraussetzungen nach den Paragraphen 1295, ff ABGB auf den vorliegenden Sachverhalt zu. Außerdem hätte die klagende Partei angesichts der Ungewißheit über den Zeitpunkt weiterer Zahlungen der beklagten Partei von der weiteren Erbringung von Vorleistungen Abstand nehmen können.

Hinsichtlich der Bodenauswechslung sei die Eintragung von Ing.D***** nicht als Einspruch gegen jene des Mitarbeiters der klagenden Partei (Polier) zu werten, sondern als selbständige Eintragung anzusehen. Mangels fristgerechten schriftlichen Einspruches der klagenden Partei gegen diese für die Einordnung der Bodenauswechslungsarbeiten unter bestimmte Positionen des Anbotes wesentlichen tatsächlichen Annahmen der beklagten Partei blieben diese für das der klagenden Partei zu leistende Entgelt maßgeblich.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für unzulässig, weil die Bedeutung der vorliegenden Entscheidung über den konkreten Einzelfall nicht hinausgehe.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richten sich die außerordentlichen Revisionen beider Parteien jeweils aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung.

Die klagende Partei beantragt, das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, daß ihr ein zusätzlicher Betrag von S 365.724,62 samt 11 % Zinsen seit 3.6.1989 und 20 % USt aus den Zinsen zugesprochen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt die Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteiles und die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht; hilfsweise die Abänderung im Sinne der weiteren Abweisung eines Teilbetrages von S 211.789,06 sA.

Beide Streitteile beantragen in den ihnen freigestellten Revisionsbeantwortungen, der Revision des Gegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind zulässig und berechtigt, die der klagenden Partei im Sinn ihres Aufhebungsantrages, die der beklagten Partei im Sinn ihres Abänderungsantrages.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, da die Frage der Anfechtbarkeit von Eintragungen in Bau-Tagesberichten in Bauprozessen von entscheidender, und daher über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung ist und diesbezüglich eine höchstgerichtliche Judikatur fehlt.

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß deren bloße Erklärung, weitere Zahlungen vorläufig nicht erbringen zu können, bereits als schuldhafte Vertragsverletzung im Sinne des § 1298 ABGB zu werten sei, mit den Grundsätzen der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen ist.Die Revision der beklagten Partei ist zulässig, weil die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß deren bloße Erklärung, weitere Zahlungen vorläufig nicht erbringen zu können, bereits als schuldhafte Vertragsverletzung im Sinne des Paragraph 1298, ABGB zu werten sei, mit den Grundsätzen der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen ist.

Zur Revision der klagenden Partei:

Die klagende Partei führt in ihrer Revision aus, bei der Eintragung des Ing.D***** im Bau-Tagesbericht habe es sich sehr wohl um einen Einspruch gegen die auf "Bodenauswechslung" lautende Eintragung des Poliers der klagenden Partei gehandelt, was sich aus der Urkunde selbst ergebe. Die rechtliche Beurteilung, diese Eintragung des Ing.D***** sei eine selbständige, mit der Eintragung des Poliers nicht zusammenhängende Eintragung, sei daher verfehlt. Ebenso unrichtig sei die Ansicht des Berufungsgerichtes, wonach eine Eintragung im Bau-Tagesbericht, gegen die nicht schriftlich Einspruch erhoben worden sei, unwiderlegbar als Anerkenntnis zu werten sei. Nach der Rechtsmeinung der Revisionswerberin handle es sich hiebei lediglich um eine widerlegbare Vermutung. Weiters sei im Sinne der Ö-Norm B 2110 eine Klarstellung versucht worden, wobei sich die Parteien einig gewesen seien, daß man dieses Problem bis zur Schlußrechnung vorbehalten werde. Dieses Vorbringen sei nicht weiters geprüft worden.

Auf größeren Baustellen werden üblicherweise Bau-Tagesberichte geführt, die auch der Dokumentation vertragserheblicher Umstände dienen, insbesonde können im Wege des Bau-Tageberichtes dem Vertragspartner aber auch Erklärungen zur Kenntnis gebracht werden. Die einschlägigen Ö-Normen verpflichten die Vertragsparteien, gewisse Feststellungen schriftlich zu treffen und dem Vertragspartner zur Kenntnis zu bringen. Eintragungen im Bau-Tagesbericht kann jeweils auch der andere Vertragspartner vornehmen. Widerspricht ein Vertragspartner einer Eintragung nicht binnen 14 Tagen, so gilt sie gemäß der Ö-Norm B 2110 P 2. 7.3.1. als bestätigt. Im Falle des Einspruches ist umgehend eine einvernehmliche Klarstellung der beeinspruchten Eintragungen anzustreben.

Im allgemeinen stellen solche Eintragungen nur Wissenserklärungen dar, die Tatsachen betreffen. Die Funktion des Bau-Tagesberichtes besteht in einer Beweissicherung hinsichtlich der tatsächlichen Ereignisse auf der Baustelle und der im Zusammenhang damit abgegebenen Wissenserklärungen, wobei an innerhalb einer bestimmten Frist unwidersprochen gebliebene Feststellungen eine Genehmigungsfiktion geknüpft ist. Auch eine durch Schweigen bestätigte Wissenseintragung muß daher als widerrufbar angesehen werden, jedoch obliegt die Beweispflicht dem Vertragspartner, der sich verschwiegen hat (Larcher, Die neuen Ö-Normen des Verdingungswesen A 2060 und B 2110, RdW 1984, 166 ff, insb 204; Krejci über die neuen ÖNORMEN zum Bauwerkvertrag in FS Wenger, 607 ff, insb 616, 623 f).

Der Eintragung im Bau-Tagesbericht Nr 121 von Montag dem 21.9.1987 durch den Polier der klagenden Partei ist hinsichtlich ihrer Richtigkeit durch den Beauftragten der beklagten Partei bzw der Bauaufsicht sogleich widersprochen worden, indem dessen Anmerkung "Bodenauswechslung: 97 fuhrenloses Material a 10 m3 auf Altdeponie transportiert" durchgestrichen, mit einem Verweisungszeichen versehen, und zu dem Zeichen wenige Zeilen darunter eine Entgegnung der Bauleitung zur Bodenauswechslung hinzugefügt wurde: "Die Baustelle wurde nicht entsprechend den Vorbemerkungen der Erdarbeiten (Punkt F) gegen Schäden durch Niederschläge gesichert".

Das Erstgericht hat zwar Feststellungen über die Menge des durch Hangwasser durchfeuchteten Materials (S 10) getroffen, jedoch an die Eintragungen die unrichtige rechtliche Schlußfolgerung im Gewande einer Tatsachenfeststellung angeschlossen "gegen diese Eintragung im Bau-Tagesbericht erhob die klagende Partei keinen Einspruch", weil es - ebenso wie das Berufungsgericht (S 5 f) - von der unrichtigen Prämisse ausging, daß die beiden Eintragungen als voneinander unabhängige selbständige Eintragungen zu betrachten seien. Das ist nicht der Fall. Der Beauftragte der beklagten Partei widersprach mit einer - wie sich später herausstellte - objektiv unrichtigen Wissenserklärung.

Es sind daher hinsichtlich dieses Teiles des Klagebegehrens (betreffend die Bodenauswechslung) ergänzende Feststellungen über die angestrebte "einvernehmliche Klarstellung" ab der Verständigung der klagenden Partei erforderlich, weshalb das Urteil in diesem Umfang aufgehoben und die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurückverwiesen werden muß. Weiters wirken sich diese ergänzenden Feststellungen auf den Zinsenlauf der Teilrechnungen aus, sodaß eine abschließende Entscheidung derzeit noch nicht möglich ist.

Zur Revision der beklagten Partei:

Die beklagte Partei meint, eine abgegebene Äußerung im Rahmen einer den ersten Bauabschnitt betreffenden Abschlußfeier, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt kein Geld vorhanden sei, rechtfertige noch keine Schadenersatzansprüche. Es gelte nämlich der Grundsatz, daß ein Schadenersatzanspruch erst dann gegeben sei, wenn vom geschuldeten Erfolg abgewichen werde, möge der Mißerfolg nun im Ausbleiben der Leistung oder in einer mangelhaften Leistung bestehen. Schadenersatzansprüche gäbe es nur dann, wenn den Schuldner an der Nichterfüllung oder Schlechterfüllung ein Verschulden träfe. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht Verschulden angenommen. Ebenso sei die Anwendung der Bestimmung des § 1052 ABGB verfehlt. Sie sehe lediglich vor, daß derjenige, der zur Vorausleistung verpflichtet sei, seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern könne, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet sei, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mußten. Sie könne jedoch nicht dazu führen, daß der Vertragspartner, der als Werkbesteller nachleistungspflichtig sei, sodann gegenüber dem Werkunternehmer vorleistungspflichtig werde.Die beklagte Partei meint, eine abgegebene Äußerung im Rahmen einer den ersten Bauabschnitt betreffenden Abschlußfeier, daß zu einem bestimmten Zeitpunkt kein Geld vorhanden sei, rechtfertige noch keine Schadenersatzansprüche. Es gelte nämlich der Grundsatz, daß ein Schadenersatzanspruch erst dann gegeben sei, wenn vom geschuldeten Erfolg abgewichen werde, möge der Mißerfolg nun im Ausbleiben der Leistung oder in einer mangelhaften Leistung bestehen. Schadenersatzansprüche gäbe es nur dann, wenn den Schuldner an der Nichterfüllung oder Schlechterfüllung ein Verschulden träfe. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht Verschulden angenommen. Ebenso sei die Anwendung der Bestimmung des Paragraph 1052, ABGB verfehlt. Sie sehe lediglich vor, daß derjenige, der zur Vorausleistung verpflichtet sei, seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern könne, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet sei, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mußten. Sie könne jedoch nicht dazu führen, daß der Vertragspartner, der als Werkbesteller nachleistungspflichtig sei, sodann gegenüber dem Werkunternehmer vorleistungspflichtig werde.

Dem Vorleistungspflichtigen, wie dem klagenden Werkunternehmer, steht grundsätzlich die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nicht zu. Gleichwohl kann er gemäß § 1052 Satz 2 ABGB seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist. Die Unsicherheitseinrede ist nach überwiegender Meinung Ausdruck der clausula rebus sic stantibus (Aicher-Rummel ABGB2 Rz 28 zu § 1052; Binder in Schwimann ABGB2 V § 1052 Rz 73; Wimmer, Die Einrede der Unsicherheit in Zielschuldverhältnissen, ÖJZ 1980, 449). Voraussetzung für die Unsicherheitseinrede ist, daß durch die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse die Gegenleistung gefährdet ist. Diese Gefährdung liegt vor, wenn im Zeitpunkt des Erfüllungsverlangens durch den Nachleistungsberechtigten bei objektiver Beurteilung der gesamten Sachlage zu befürchten ist, daß die volle und zeitgerechte Bewirkung der Gegenleistung in Frage gestellt ist. Eine Gefährdung durch schlechte Vermögensverhältnisse ist nicht nur dann gegeben, wenn der Nachleistungsberechtigte zahlungsunfähig ist, sondern auch wenn der zahlungsfähige Schuldner infolge unwirtschaftlicher Gebarung oder aus anderen Gründen die zur Deckung seiner Schulden notwendigen Geldmittel nicht oder nicht in absehbarer Zeit flüssig machen kann, sodaß der Vorleistungspflichtige mit einer unverhältnismäßigen Verzögerung der Gegenleistung, wenn nicht mit deren Erzwingung im Exekutionsweg rechnen muß (Aicher aaO Rz 29 zu § 1052).Dem Vorleistungspflichtigen, wie dem klagenden Werkunternehmer, steht grundsätzlich die Einrede des nicht erfüllten Vertrages nicht zu. Gleichwohl kann er gemäß Paragraph 1052, Satz 2 ABGB seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist. Die Unsicherheitseinrede ist nach überwiegender Meinung Ausdruck der clausula rebus sic stantibus (Aicher-Rummel ABGB2 Rz 28 zu Paragraph 1052 ;, Binder in Schwimann ABGB2 römisch fünf Paragraph 1052, Rz 73; Wimmer, Die Einrede der Unsicherheit in Zielschuldverhältnissen, ÖJZ 1980, 449). Voraussetzung für die Unsicherheitseinrede ist, daß durch die Verschlechterung der Vermögensverhältnisse die Gegenleistung gefährdet ist. Diese Gefährdung liegt vor, wenn im Zeitpunkt des Erfüllungsverlangens durch den Nachleistungsberechtigten bei objektiver Beurteilung der gesamten Sachlage zu befürchten ist, daß die volle und zeitgerechte Bewirkung der Gegenleistung in Frage gestellt ist. Eine Gefährdung durch schlechte Vermögensverhältnisse ist nicht nur dann gegeben, wenn der Nachleistungsberechtigte zahlungsunfähig ist, sondern auch wenn der zahlungsfähige Schuldner infolge unwirtschaftlicher Gebarung oder aus anderen Gründen die zur Deckung seiner Schulden notwendigen Geldmittel nicht oder nicht in absehbarer Zeit flüssig machen kann, sodaß der Vorleistungspflichtige mit einer unverhältnismäßigen Verzögerung der Gegenleistung, wenn nicht mit deren Erzwingung im Exekutionsweg rechnen muß (Aicher aaO Rz 29 zu Paragraph 1052,).

Die Äußerung der Finanzstadträtin der beklagten Partei, daß derzeit kein Geld aufgebracht werden könne, da noch Mittel des Wasserwirtschaftsfonds ausständig seien (S 9 des Ersturteils), berechtigte die klagende Partei nicht sogleich (Urteilsfeststellung:

"Darauf räumte die Klagsseite die Baustelle und richtete diese erst im September 1987 auf Aviso wieder ein") die Baustelle zu räumen. Es wäre für die klagende Partei geboten gewesen, die von ihr als Gefährdung der Vermögenslage der beklagten Partei mißdeutete Äußerung der Stadträtin zu "hinterfragen" und auf eine Klarstellung zu dringen und sodann die Unsicherheitseinrede mit hinreichender Deutlichkeit zu erheben. Dies ergibt sich schon aus der für den Nachleistungspflichtigen gegebenen Möglichkeit, die Zurückhaltung durch Stellung einer Sicherheit abzuwenden, deren Tauglichkeit gemäß §§ 1373 f ABGB zu beurteilen ist (Binder aaO Rz 80; Koziol-Welser Grundriß I10, 231). Zu den unterschiedlichen, von der Lehre für den Fall der Verweigerung der Sicherstellung vertretenen Ansichten (vgl Koziol-Welser aaO mwN in FN 18; Aicher aaO Rz 34; Binder aaO Rz 81) muß hier nicht Stellung genommen werden, denn durch die Unterlassung einer Unsicherheitseinrede gab die klagende Partei der beklagten Partei keine Gelegenheit, die (vermeintliche) Unsicherheit aufzuklären oder durch Sicherstellung zu beseitigen. Gerade diese Möglichkeit bestätigt aber, daß die klagende Partei redlicherweise dazu verpflichtet gewesen wäre, die beklagte Partei von ihrem Vorhaben, die Baustelle zu räumen, vorweg zu verständigen. Sie kann daher aus ihrem rechtswidrigen Verhalten (sofortige Räumung) auch keine Schadenersatzansprüche gegen die beklagte Partei ableiten; sie hat sich vielmehr die ihr durch dieses Verhalten erwachsenen Mehrkosten selbst zuzuschreiben und aus eigenem zu tragen."Darauf räumte die Klagsseite die Baustelle und richtete diese erst im September 1987 auf Aviso wieder ein") die Baustelle zu räumen. Es wäre für die klagende Partei geboten gewesen, die von ihr als Gefährdung der Vermögenslage der beklagten Partei mißdeutete Äußerung der Stadträtin zu "hinterfragen" und auf eine Klarstellung zu dringen und sodann die Unsicherheitseinrede mit hinreichender Deutlichkeit zu erheben. Dies ergibt sich schon aus der für den Nachleistungspflichtigen gegebenen Möglichkeit, die Zurückhaltung durch Stellung einer Sicherheit abzuwenden, deren Tauglichkeit gemäß Paragraphen 1373, f ABGB zu beurteilen ist (Binder aaO Rz 80; Koziol-Welser Grundriß I10, 231). Zu den unterschiedlichen, von der Lehre für den Fall der Verweigerung der Sicherstellung vertretenen Ansichten vergleiche Koziol-Welser aaO mwN in FN 18; Aicher aaO Rz 34; Binder aaO Rz 81) muß hier nicht Stellung genommen werden, denn durch die Unterlassung einer Unsicherheitseinrede gab die klagende Partei der beklagten Partei keine Gelegenheit, die (vermeintliche) Unsicherheit aufzuklären oder durch Sicherstellung zu beseitigen. Gerade diese Möglichkeit bestätigt aber, daß die klagende Partei redlicherweise dazu verpflichtet gewesen wäre, die beklagte Partei von ihrem Vorhaben, die Baustelle zu räumen, vorweg zu verständigen. Sie kann daher aus ihrem rechtswidrigen Verhalten (sofortige Räumung) auch keine Schadenersatzansprüche gegen die beklagte Partei ableiten; sie hat sich vielmehr die ihr durch dieses Verhalten erwachsenen Mehrkosten selbst zuzuschreiben und aus eigenem zu tragen.

Somit erweist sich der Teil des Klagebegehrens, der auf die Mehrkosten der Baustellenräumung samt der hierauf entfallenden Zinsen entfällt, als spruchreif im Sinn der Klagsabweisung.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 und 2 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, Absatz eins und 2 ZPO.

Anmerkung

E46891 08A02297

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0080OB00229.97B.0710.000

Dokumentnummer

JJT_19970710_OGH0002_0080OB00229_97B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten