TE OGH 1997/7/17 6Ob2/97f

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Veröffentlicht am 17.07.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Monika K*****, vertreten durch Dr.Ursula Leissing, Rechtsanwältin in Bregenz, wider die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei Hermann K*****, vertreten durch Dr.Gerold Hirn und Dr.Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen einstweiligen Unterhalts (Streitwert 48.760 S) und Leistung eines Prozeßkostenvorschusses (Streitwert 50.000 S), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 20. November 1996, GZ 1 R 493/96z-98, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 4.September 1996, GZ 1 C 63/94s-88, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes, die in Ansehung der Abweisung weiterer einstweiliger Unterhaltsbeiträge von monatlich 4.400 S für den Zeitraum vom 1.Oktober bis 18.Februar 1995 sowie eines weiteren Prozeßkostenvorschusses von 30.000 S als unangefochten unberührt bleibt, wird in Ansehung der Leistung einstweiliger Unterhaltsbeiträge von monatlich 10.600 S für den Zeitraum vom 1. Oktober bis 18.Februar 1995 monatlich bestätigt und in Ansehung der Leistung eines Prozeßkostenvorschusses von 50.000 S als nichtig aufgehoben.

Die auf den Nichtigkeitsausspruch entfallenden Kosten beider Parteien werden gegenseitig aufgehoben.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die am 8.November 1990 geschlossene Ehe der klagenden und gefährdeten Frau (im folgenden nur Klägerin) und des beklagten Mannes und Gegners der gefährdeten Partei (im folgenden nur Beklagter) wurde mit Urteil des Berufungsgerichtes vom 6.Juni 1995 aus gleichteiligem Verschulden beider Parteien rechtskräftig geschieden. Beide sind österr. Staatsbürger, ihr gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt ist nach wie vor in der vormaligen Ehewohnung.

Mit der am 21.April 1994 beim Erstgericht überreichten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten monatliche Unterhaltsbeiträge von 15.000 S ab 1.Jänner 1994 sowie eine einstweilige Verfügung auf a) vorläufige monatliche Unterhaltsbeiträge von 15.000 S ab 1.Jänner 1994 bis zur Rechtskraft des Urteils über das Unterhaltsbegehren sowie b) einen Prozeßkostenvorschuß von 50.000 S binnen 14 Tagen.

Nachdem sich der Beklagte mit Vergleich vom 15.Juni 1994 ON 8 AS 71 gegenüber der Klägerin zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 15.000 S für die Zeit vom 1.April bis 30.September 1994 verpflichtet hatte und sodann Ruhen des Verfahrens eingetreten war, modifizierte die Klägerin mit Schriftsatz vom 5.Oktober 1994 ON 15 AS 99 a) ihr Klagebegehren auf Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 15.000 S für die Zeit vom 1.Jänner bis 31.März 1994 und ab 1.Oktober 1994 (Punkt 1.) und b) ihren Sicherungsantrag dahin, ihr ab 1.Oktober 1994 bis zur Rechtskraft des Urteils über das Unterhaltsbegehren einen vorläufigen monatlichen Unterhalt von 15.000 S (Punkt 2.) und binnen 14 Tagen einen Prozeßkostenvorschuß von 50.000 S, in eventu von 80.000 S, zu bezahlen (Punkt 3.). In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22.März 1996 ON 70 AS 385 f schränkte die Klägerin ihr Klagebegehren ein auf monatliche Unterhaltsbeiträge von 15.000 S vom 1.Jänner 1994 bis 31.März 1994 und vom 1.Oktober 1994 bis 18.Februar 1995 ein, ohne auch ihr Sicherungsbegehren einzuschränken.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang den "Antrag der klagenden Partei ... vom 20.April 1994, modifiziert durch die Anträge AS 99, 359 und 387, nämlich der beklagten Partei mittels einstweiliger Verfügung aufzutragen, der klagenden Partei vom 1.Jänner 1994 bis einschließlich 31.März 1994 und für den Zeitraum 1.Oktober 1994 bis 18. Februar 1995 einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbetrag von 15.000 S ... zu bezahlen", ab. Zwar habe die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch nicht verwirkt, jedoch liege wegen ihres eigenen Einkommens und der Bestreitung der Wohnungsbenützungskosten durch den Beklagten keine Bedürftigkeit der Klägerin vor. Im übrigen sei der Unterhaltsanspruch durch Kompensation mit den vom Beklagten eingewendeten Betrag von 80.000 S (Abhebung durch die Klägerin von einem Sparbuch des Beklagten) erloschen.

Die zweite Instanz änderte diesen Beschluß dahin ab, daß sie den Beklagten verpflichtete, der Klägerin binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses die bereits fällig gewordenen einstweiligen Unterhaltsbeiträge von monatlich 10.600 S vom 1.Oktober 1994 bis 18. Februar 1995 sowie einen Prozeßkostenvorschuß von 50.000 S zu bezahlen und das Mehrbegehren - Leistung weiterer einstweiliger Unterhaltsbeiträge von monatlich 4.400 S vom 1.Oktober 1994 bis 18. Februar 1995 sowie eines weiteren Prozeßkostenvorschusses von 30.000 S - abwies. Der ordentliche Revisionsrekurs wurde nicht zugelassen.

In rechtlicher Hinsicht erwog die zweite Instanz im wesentlichen:

Zwar habe es das Erstgericht unterlassen, ausdrücklich über den Antrag auf Zuerkennung eines Prozeßkostenvorschusses zu entscheiden, jedoch sei dem Spruch und der Begründung sinngemäß zu entnehmen, daß der gesamte Provisorialantrag abgewiesen werde. Dem Rekursgericht sei es daher nicht verwehrt, über den Antrag auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses zu entscheiden.

Voraussetzung für die Bewilligung einstweiligen Unterhalts sei die Verletzung der Unterhaltspflicht im Zeitpunkt des Antrags oder doch zumindest bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den eingebrachten Antrag. Die Antragstellerin habe den Unterhaltsanspruch und die Unterhaltsverletzung zu behaupten und zu bescheinigen. Letztere liege vor, wenn die dem Unterhaltsberechtigten zustehenden Leistungen entweder der Höhe oder der Fälligkeit nach nicht im entsprechenden Maß erbracht würden, Geld- oder Naturalleistungen seien zu kumulieren. Die in Betracht kommenden Naturalleistungen seien nur soweit von der Unterhaltsrente abzugsfähig, als sie dem unterhaltsberechtigten Teil auch zugute kämen. Trage der Unterhaltspflichtige also die Wohnungskosten, vermindere sich dadurch der Geldanspruch des Unterhaltsberechtigten wegen der Deckung eines Teiles seiner Lebensbedürfnisse. Nach den für den fraglichen Zeitraum (1.Oktober 1994 bis 18.Februar 1995) maßgeblichen Feststellungen seien dem Beklagten monatlich etwa 80.000 S für seine private Verwendung zur Verfügung gestanden, er habe die monatlichen Betriebskosten des von den Streitteilen bewohnten Hauses von 5.000 S getragen und die Darlehensrückzahlungen von monatlich 20.513,50 S getragen. Da auch der Beklagte das gemeinsame Wohnhaus noch benutze, seien die Betriebskosten und Darlehensrückzahlungen zur Hälfte als Naturalleistungen zu berücksichtigen. Ob der Beklagte die Darlehensrückzahlungen aus seinem laufenden Einkommen bestritten oder deswegen Kredite aufgenommen habe, ändere nichts an deren Einstufung als Naturalunterhaltsleistungen. Die von der Klägerin bezogene Notstandshilfe von monatlich 8.900 S sei als eigenes Einkommen anzurechnen. In Ansehung der von der Klägerin bezogenen Abfertigung erscheine es sachgerecht, angesichts des kurzen hier noch zur Beurteilung anstehenden Zeitraums den Betrag von 25.000 S auf die einzelnen Monate angemessen aufzuteilen. Zusammengefaßt errechne sich der vorläufige Unterhaltsbeitrag der Klägerin für den Zeitraum 1. Oktober 1994 bis 18.Februar 1995 wie folgt: Das monatliche Einkommen des Beklagten von etwa 80.000 S, die Notstandshilfe der Klägerin 8.900 S und die auf Monate aufgeteilte Abfertigung der Klägerin von etwa 5.000 S ergebe ein Familieneinkommen von 94.400 S; 40 % hievon 37.760 S. Abzuziehen seien hievon die Notstandshilfe der Klägerin und ihre Abfertigung, die Hälfte der Darlehensrückzahlungen des Beklagten von 10.256 S sowie die halben Betriebskosten von 2.500 S. Dies ergebe rechnerisch einen Unterhaltsanspruch der Klägerin von

10.604 S, es sei daher angemessen, die vorläufigen Unterhaltsbeiträge mit 10.600 S zu bemessen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß der Beklagte für seinen Sohn nur mehr Naturalunterhalt in Form der Wohnmöglichkeit im gemeinsamen Haus und in der Wohnung leiste.

Aus dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt lasse sich nicht ausreichend verläßlich ableiten, daß dem Beklagten gegen die Klägerin tatsächlich ein Anspruch auf 80.000 S zukomme; die vom Beklagten nicht bekämpften Feststellungen seien für eine rechtliche Schlußfolgerung in dieser Richtung unzureichend.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.

a) Gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit a erster Satz EO sind Sicherungsmittel,

die das Gericht je nach Beschaffenheit des im einzelnen Falle zu

erreichenden Zweckes auf Antrag anordnen kann, die Bestimmung eines

einstweilen von einem Ehegatten oder einem geschiedenen Ehegatten dem

anderen ... zu leistenden Unterhalts, jeweils im Zusammenhang mit

einem Verfahren auf Leistung des Unterhaltes. Die inhaltlichen

Voraussetzungen richten sich dabei nach § 94 ABGB. Nach stRspr des

Obersten Gerichtshofes kann ein derartiger einstweiliger Unterhalt

für die Vergangenheit nicht begehrt werden, weil dieser nach seinem

Sinn nicht für die Vergangenheit bestimmt ist und schon nach seinem

Charakter als vorläufige Leistung laufender Unterhaltszahlungen zu

verstehen ist (stRspr: 2 Ob 608, 609/90 = SZ 63/205 = EvBl 1991/38 =

ÖA 1991, 108 = AnwBl 1991, 188; 5 Ob 569, 570/93 = EFSlg 73.151; 7 Ob

629/94 = EFSlg 76.194 ua; RIS-Justiz RS0005914, RS0005917). Daß

einstweiliger Unterhalt nicht für die Vergangenheit begehrt werden kann, bedeutet, daß er nur ab dem Tag der Antragstellung (SZ 63/205) zugesprochen werden kann, aber nicht, das Gericht habe vorläufigen Unterhalt nur ab dem Tag seiner Entscheidung zuzusprechen. Der erste Antrag der Klägerin auf Zuspruch vorläufigen Unterhalts datiert hier vom 20.April 1994, durch das Rekursgericht wird daher mit dem Zuspruch von vorläufigem Unterhalt für den Zeitraum vom 1.Oktober 1994 bis 18.Februar 1995 keineswegs vorläufiger Unterhalt für die Vergangenheit im oben dargestellten Sinn zugesprochen. Insoweit besteht daher kein Hindernis für einen Zuspruch von vorläufigem Unterhalt.

In der Frage der vom Beklagten erhobenen compensando-Forderung von 80.000 S lagen unbekämpfte Feststellungen des Erstgerichts vor, die das Rekursgericht zutreffend als nicht ausreichend beurteilte, um über diesen Anspruch des Beklagten auch mit den Maßstäben des Provisorialverfahrens sicher absprechen zu können. Auch wenn, wie festgestellt wurde, das Sparbuch vom Beklagten angelegt wurde, die eingezahlten Geldleistungen von ihm gekommen seien, die Kontobezeichnung sein Geburtstag war und der Beklagte von diesem Sparbuch laufend Ein- und Auszahlungen tätigte, muß dessen ungeachtet noch kein Anspruch des Beklagten gegenüber der Klägerin wegen der Abhebung von 80.000 S bestehen, zumal nach dem Akteninhalt zwischen den Parteien noch ein Aufteilungsverfahren anhängig ist und nicht ausgeschlossen werden kann, daß es sich um eheliche Ersparnisse handelt. Die Frage nach der Unpfändbarkeit gesetzlicher Unterhaltsansprüche zufolge des mit der EO-Novelle eingefügten § 290a Abs 1 Z 10 EO iVm §§ 291b, 291c EO und damit zufolge § 293 Abs 3 EO der Unzulässigkeit einer Aufrechnung (vgl dazu Honsell/Heidinger in Schwimann2 § 1440 ABGB Rz 14) stellt sich damit hier nicht.In der Frage der vom Beklagten erhobenen compensando-Forderung von 80.000 S lagen unbekämpfte Feststellungen des Erstgerichts vor, die das Rekursgericht zutreffend als nicht ausreichend beurteilte, um über diesen Anspruch des Beklagten auch mit den Maßstäben des Provisorialverfahrens sicher absprechen zu können. Auch wenn, wie festgestellt wurde, das Sparbuch vom Beklagten angelegt wurde, die eingezahlten Geldleistungen von ihm gekommen seien, die Kontobezeichnung sein Geburtstag war und der Beklagte von diesem Sparbuch laufend Ein- und Auszahlungen tätigte, muß dessen ungeachtet noch kein Anspruch des Beklagten gegenüber der Klägerin wegen der Abhebung von 80.000 S bestehen, zumal nach dem Akteninhalt zwischen den Parteien noch ein Aufteilungsverfahren anhängig ist und nicht ausgeschlossen werden kann, daß es sich um eheliche Ersparnisse handelt. Die Frage nach der Unpfändbarkeit gesetzlicher Unterhaltsansprüche zufolge des mit der EO-Novelle eingefügten Paragraph 290 a, Absatz eins, Ziffer 10, EO in Verbindung mit Paragraphen 291 b,, 291c EO und damit zufolge Paragraph 293, Absatz 3, EO der Unzulässigkeit einer Aufrechnung vergleiche dazu Honsell/Heidinger in Schwimann2 Paragraph 1440, ABGB Rz 14) stellt sich damit hier nicht.

In der Frage der allfälligen Verwirkung des Unterhalts, die beide Vorinstanzen übereinstimmend als nicht gegeben erachteten, bemängelt der Beklagte das Fehlen einer entsprechenden Sachverhaltsgrundlage in erster Instanz und macht damit in unzulässiger Weise Verfahrensmängel erster Instanz zum Gegenstand seines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof. Im übrigen stellt § 94 Abs 2 zweiter Satz ABGB den Unterhaltsanspruch des Ehegatten ausdrücklich unter einen Rechtsmißbrauchsvorbehalt ("Unterhaltsverwirkung"). Dieser ist bei entsprechendem Vorbringen auch im Provisorialverfahren nach § 382 EO zu prüfen (Schwimann in Schwimann, § 94 ABGB Rz 30 mwN). Nach herrschender Auffassung bewirken aber ehewidrige Verhaltensweisen nicht schon unter allen Umständen die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs, vielmehr erlöschen die gesetzlichen Unterhaltsansprüche des § 94 ABGB dann, wenn nach den Umständen des Einzelfalls aus schuldhaften krassen Eheverfehlungen eine derart deutliche Eheablehnung spricht, daß die Aufrechterhaltung des Unterhaltsanspruches für den Verpflichteten "grob unbillig" wäre (Schwimann aaO Rz 31 mwN aus der Rspr). Dabei ist einerseits das objektive Gewicht der als bescheinigt angenommenen ehewidrigen Verhaltensweisen in Betracht zu ziehen, andererseits auch das Maß der subjektiven Verantwortlichkeit des Ehegatten, der auf vorläufigen Unterhalt Anspruch hat. Die hier vom Beklagten ins Treffen geführten Verhaltensweisen der Klägerin sind überwiegend bereits Gegenstand des Scheidungsverfahrens gewesen, in dem die Ehe der Streitteile mit Billigung des Obersten Gerichtshofs (AZ 9 Ob 1577/95) aus gleichteiligem Verschulden geschieden wurde. Die Scheidung aus beiderseitigem Verschulden schließt nun zwar nicht eo ipso die Verwirklichung eines Rechtsmißbrauchs bei der Geltendmachung von vorläufigem Unterhalt aus, die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen ist aber angesichts des anzulegenden strengen Maßstabs (Schwimann aaO Rz 31 mwN und Rz 33 mit weiteren beipielhaften Fällen aus der Rspr), der Behauptungs- und Beweislast des unterhaltspflichtigen Gatten (stRspr: EFSlg 58.684; Schwimann aaO Rz 35 mwN) und der hier der Klägerin vom Beklagten zum Vorwurf gemachten Vorfälle nicht zu beanstanden.In der Frage der allfälligen Verwirkung des Unterhalts, die beide Vorinstanzen übereinstimmend als nicht gegeben erachteten, bemängelt der Beklagte das Fehlen einer entsprechenden Sachverhaltsgrundlage in erster Instanz und macht damit in unzulässiger Weise Verfahrensmängel erster Instanz zum Gegenstand seines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof. Im übrigen stellt Paragraph 94, Absatz 2, zweiter Satz ABGB den Unterhaltsanspruch des Ehegatten ausdrücklich unter einen Rechtsmißbrauchsvorbehalt ("Unterhaltsverwirkung"). Dieser ist bei entsprechendem Vorbringen auch im Provisorialverfahren nach Paragraph 382, EO zu prüfen (Schwimann in Schwimann, Paragraph 94, ABGB Rz 30 mwN). Nach herrschender Auffassung bewirken aber ehewidrige Verhaltensweisen nicht schon unter allen Umständen die Verwirkung des Unterhaltsanspruchs, vielmehr erlöschen die gesetzlichen Unterhaltsansprüche des Paragraph 94, ABGB dann, wenn nach den Umständen des Einzelfalls aus schuldhaften krassen Eheverfehlungen eine derart deutliche Eheablehnung spricht, daß die Aufrechterhaltung des Unterhaltsanspruches für den Verpflichteten "grob unbillig" wäre (Schwimann aaO Rz 31 mwN aus der Rspr). Dabei ist einerseits das objektive Gewicht der als bescheinigt angenommenen ehewidrigen Verhaltensweisen in Betracht zu ziehen, andererseits auch das Maß der subjektiven Verantwortlichkeit des Ehegatten, der auf vorläufigen Unterhalt Anspruch hat. Die hier vom Beklagten ins Treffen geführten Verhaltensweisen der Klägerin sind überwiegend bereits Gegenstand des Scheidungsverfahrens gewesen, in dem die Ehe der Streitteile mit Billigung des Obersten Gerichtshofs (AZ 9 Ob 1577/95) aus gleichteiligem Verschulden geschieden wurde. Die Scheidung aus beiderseitigem Verschulden schließt nun zwar nicht eo ipso die Verwirklichung eines Rechtsmißbrauchs bei der Geltendmachung von vorläufigem Unterhalt aus, die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen ist aber angesichts des anzulegenden strengen Maßstabs (Schwimann aaO Rz 31 mwN und Rz 33 mit weiteren beipielhaften Fällen aus der Rspr), der Behauptungs- und Beweislast des unterhaltspflichtigen Gatten (stRspr: EFSlg 58.684; Schwimann aaO Rz 35 mwN) und der hier der Klägerin vom Beklagten zum Vorwurf gemachten Vorfälle nicht zu beanstanden.

Für die Berechnung des vorläufigen Unterhalts kann es mit dem Hinweis auf die zutreffenden und durch die herrschende Rechtsprechung belegten Ausführungen des Rekursgerichtes sein Bewenden haben. Die Einbeziehung der von der Klägerin bezogenen Notstandshilfe und Abfertigung in das Familieneinkommen wurde von der Klägerin nicht zum Gegenstand eines eigenen Rechtsmittels gemacht. Die Entscheidung des Rekursgerichts ist somit insoweit zu bestätigen.

b) Das Erstgericht nahm zum Provisorialantrag der Klägerin auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses von 50.000 S, in eventu von 80.000 S, weder im Spruch noch in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich Stellung. Die zweite Instanz vertrat die Auffassung, dem Spruch und der Begründung des Erstrichters sei sinngemäß zu entnehmen, daß der gesamte Provisorialantrag abgewiesen worden sei, weshalb es ihr nicht verwehrt sei, über den Antrag auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses zu entscheiden.

Dem kann nicht beigetreten werden.

Nach der weit überwiegenden Rechtsprechung kennt das Verfahrensrecht schon stillschweigende Parteihandlungen im allgemeinen nicht (RZ 1995/41; SZ 66/178 ua, zuletzt 1 Ob 139/97s). Nach Auffassung des erkennenden Senats sind stillschweigende Gerichtshandlungen noch strenger zu beurteilen. Ganz abgesehen davon, daß die Möglichkeit konkludenter Entscheidungen oder Verfügungen eines Gerichtes im allgemeinen grundsätzlich abzulehnen ist, weil das Gericht seinen Entscheidungswillen nur in der vom Gesetz vorgeschriebenen Form zum Ausdruck zu bringen hat (5 Ob 76-79/72, 1 Ob 32/79, 4 Ob 302/80 ua; für das Verfahren außer Streitsachen 6 Ob 633/86), hat auch sonst bloßes Schweigen grundsätzlich keinen Erklärungswert, nur ausnahmsweise kann es mit Rücksicht auf die Übung des redlichen Verkehrs als Erklärung in bestimmter Richtung aufgefaßt werden (vgl nur Rummel in Rummel2, § 863 ABGB Rz 15). Beschlüsse über widerstreitende und antragsabweisende Anträge der Parteien müssen überdies nach der ausdrücklichen Anordnung des § 428 Abs 1 ZPO immer begründet werden. Es mag daher im Einzelfall nicht schaden, wenn das Erstgericht irrtümlicherweise über einen Antrag nur in den Gründen seiner Entscheidung, nicht auch im Spruch abgesprochen hat, sofern sein Entscheidungswillen daraus unzweifelhaft hervorgeht. Es geht aber nicht an, bei Fehlen auch jeder Begründung einen entsprechenden Entscheidungswillen anzunehmen, kann es doch den Parteien nicht zugemutet werden, Erwägungen darüber anzustellen, ob eine Entscheidung ungeachtet des Fehlens eines entsprechenden Spruches und einer entsprechenden Begründung dennoch einen relevanten Entscheidungswillen des Gerichtes zum Ausdruck bringt, der gegebenenfalls die Erhebung eines Rechtsmittels notwendig machen könnte (4 Ob 302/80).Nach der weit überwiegenden Rechtsprechung kennt das Verfahrensrecht schon stillschweigende Parteihandlungen im allgemeinen nicht (RZ 1995/41; SZ 66/178 ua, zuletzt 1 Ob 139/97s). Nach Auffassung des erkennenden Senats sind stillschweigende Gerichtshandlungen noch strenger zu beurteilen. Ganz abgesehen davon, daß die Möglichkeit konkludenter Entscheidungen oder Verfügungen eines Gerichtes im allgemeinen grundsätzlich abzulehnen ist, weil das Gericht seinen Entscheidungswillen nur in der vom Gesetz vorgeschriebenen Form zum Ausdruck zu bringen hat (5 Ob 76-79/72, 1 Ob 32/79, 4 Ob 302/80 ua; für das Verfahren außer Streitsachen 6 Ob 633/86), hat auch sonst bloßes Schweigen grundsätzlich keinen Erklärungswert, nur ausnahmsweise kann es mit Rücksicht auf die Übung des redlichen Verkehrs als Erklärung in bestimmter Richtung aufgefaßt werden vergleiche nur Rummel in Rummel2, Paragraph 863, ABGB Rz 15). Beschlüsse über widerstreitende und antragsabweisende Anträge der Parteien müssen überdies nach der ausdrücklichen Anordnung des Paragraph 428, Absatz eins, ZPO immer begründet werden. Es mag daher im Einzelfall nicht schaden, wenn das Erstgericht irrtümlicherweise über einen Antrag nur in den Gründen seiner Entscheidung, nicht auch im Spruch abgesprochen hat, sofern sein Entscheidungswillen daraus unzweifelhaft hervorgeht. Es geht aber nicht an, bei Fehlen auch jeder Begründung einen entsprechenden Entscheidungswillen anzunehmen, kann es doch den Parteien nicht zugemutet werden, Erwägungen darüber anzustellen, ob eine Entscheidung ungeachtet des Fehlens eines entsprechenden Spruches und einer entsprechenden Begründung dennoch einen relevanten Entscheidungswillen des Gerichtes zum Ausdruck bringt, der gegebenenfalls die Erhebung eines Rechtsmittels notwendig machen könnte (4 Ob 302/80).

Im vorliegenden Fall verweist zwar der Erstrichter im Spruch seiner antragsabweisenden Entscheidung auf die Anträge AS 99, 359 und 387. In AS 99 (inneliegend im Antrag ON 15 vom 5.Oktober 1994) werden jedoch auch die Anträge auf vorläufigen Unterhalt angesprochen, sodaß keineswegs ausreichend deutlich klargestellt ist, daß auch der Antrag auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses - der an sich Teil des Anspruchs auf vorläufigen Unterhalt ist (vgl Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 333) ist - tatsächlich abgewiesen werden sollte. Auf AS 359 (inneliegend im Verhandlungsprotokoll vom 1. Februar 1996 ON 64) wurde der Sicherungsantrag nicht geändert oder modifiziert, sondern nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolls brachte der Beklagte vor, der Streitwert betrage seit der Verhandlung vom 21.September 1995 nur mehr 120.000 S. Auf AS 387 (inneliegend im Verhandlungsprotokoll vom 22.März 1996 ON 70) wurde über den Sicherungsantrag überhaupt nicht verhandelt, sondern der Klagevertreter erklärte über Aufforderung des Verhandlungsrichters, wie das eingeschränkte Klagebegehren laute. Deshalb kann bei dieser Sachlage nicht frei von Zweifeln davon ausgegangen werden, daß der Erstrichter auch den Antrag der Klägerin auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses zum Inhalt seines Beschlusses gemacht hätte, zumal er durch das Wort "... nämlich ..." sogar eine Klarstellung seines Spruchs in der Richtung vornahm, daß von ihm nur über die einstweiligen Unterhaltsbeiträge abgesprochen wird. In der Begründung wird auf diesen Vorschußantrag nicht näher eingegangen. Bezeichnenderweise ging auch die Klägerin in ihrem Rekurs gegen den erstrichterlichen Beschluß (ON 93 AS 524) ausdrücklich davon aus, daß über ihren Antrag auf Prozeßkostenvorschuß vom Erstgericht noch nicht entschieden worden sei.Im vorliegenden Fall verweist zwar der Erstrichter im Spruch seiner antragsabweisenden Entscheidung auf die Anträge AS 99, 359 und 387. In AS 99 (inneliegend im Antrag ON 15 vom 5.Oktober 1994) werden jedoch auch die Anträge auf vorläufigen Unterhalt angesprochen, sodaß keineswegs ausreichend deutlich klargestellt ist, daß auch der Antrag auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses - der an sich Teil des Anspruchs auf vorläufigen Unterhalt ist vergleiche Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 333) ist - tatsächlich abgewiesen werden sollte. Auf AS 359 (inneliegend im Verhandlungsprotokoll vom 1. Februar 1996 ON 64) wurde der Sicherungsantrag nicht geändert oder modifiziert, sondern nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolls brachte der Beklagte vor, der Streitwert betrage seit der Verhandlung vom 21.September 1995 nur mehr 120.000 S. Auf AS 387 (inneliegend im Verhandlungsprotokoll vom 22.März 1996 ON 70) wurde über den Sicherungsantrag überhaupt nicht verhandelt, sondern der Klagevertreter erklärte über Aufforderung des Verhandlungsrichters, wie das eingeschränkte Klagebegehren laute. Deshalb kann bei dieser Sachlage nicht frei von Zweifeln davon ausgegangen werden, daß der Erstrichter auch den Antrag der Klägerin auf Leistung eines Prozeßkostenvorschusses zum Inhalt seines Beschlusses gemacht hätte, zumal er durch das Wort "... nämlich ..." sogar eine Klarstellung seines Spruchs in der Richtung vornahm, daß von ihm nur über die einstweiligen Unterhaltsbeiträge abgesprochen wird. In der Begründung wird auf diesen Vorschußantrag nicht näher eingegangen. Bezeichnenderweise ging auch die Klägerin in ihrem Rekurs gegen den erstrichterlichen Beschluß (ON 93 AS 524) ausdrücklich davon aus, daß über ihren Antrag auf Prozeßkostenvorschuß vom Erstgericht noch nicht entschieden worden sei.

Damit hat das Rekursgericht durch seine Sachentscheidung über den Antrag der Klägerin auf Zuspruch eines Prozeßkostenvorschusses seine funktionelle Zuständigkeit überschritten, darf es doch nicht über Punkte absprechen, über die das Erstgericht noch nicht verhandelt und entschieden hat (Kodek in Rechberger, § 527 ZPO Rz 1 mwN). Diese absolute Unzuständigkeit führt dazu, daß die Entscheidung des Rekursgerichts insoweit gemäß den §§ 78 und 402 EO iVm § 477 Abs 1 Z 3 ZPO als nichtig aufgehoben werden muß (vgl SZ 57/13 ua; RIS-Justiz RS0042059).Damit hat das Rekursgericht durch seine Sachentscheidung über den Antrag der Klägerin auf Zuspruch eines Prozeßkostenvorschusses seine funktionelle Zuständigkeit überschritten, darf es doch nicht über Punkte absprechen, über die das Erstgericht noch nicht verhandelt und entschieden hat (Kodek in Rechberger, Paragraph 527, ZPO Rz 1 mwN). Diese absolute Unzuständigkeit führt dazu, daß die Entscheidung des Rekursgerichts insoweit gemäß den Paragraphen 78 und 402 EO in Verbindung mit Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO als nichtig aufgehoben werden muß vergleiche SZ 57/13 ua; RIS-Justiz RS0042059).

Auf inhaltliche Bedenken des Beklagten gegen den Zuspruch eines Prozeßkostenvorschusses kann demnach noch nicht eingegangen werden.

Das Rechtsmittelinteresse der Parteien am bestätigenden und am aufhebenden Teil dieser Entscheidung sind annähernd gleich. Demnach sind die auf den Nichtigkeitsausspruch entfallenden halben Kosten beider Parteien nach den §§ 78 und 402 EO iVm § 51 Abs 2 ZPO gegenseitig aufzuheben.Das Rechtsmittelinteresse der Parteien am bestätigenden und am aufhebenden Teil dieser Entscheidung sind annähernd gleich. Demnach sind die auf den Nichtigkeitsausspruch entfallenden halben Kosten beider Parteien nach den Paragraphen 78 und 402 EO in Verbindung mit Paragraph 51, Absatz 2, ZPO gegenseitig aufzuheben.

Die außerhalb der vierzehntägigen Frist des § 402 Abs 3 EO erhobene Revisionsrekursbeantwortung ist zurückzuweisen.Die außerhalb der vierzehntägigen Frist des Paragraph 402, Absatz 3, EO erhobene Revisionsrekursbeantwortung ist zurückzuweisen.

Anmerkung

E46768 06A00027

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00002.97F.0717.000

Dokumentnummer

JJT_19970717_OGH0002_0060OB00002_97F0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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